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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Reffen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für -ns Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — JnsertionSgebühren für den Naum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. ^5 11. Jieustag, den 9. Februar 1869. Tages geschichte. Wilsdruff, den 9. Februar 1869. Am 3. d. Mts. ging der Gutsbesitzerssohn Eduard Otto Pietzsch in Lampersdorf, im 22. Lebensjahre stehend, in den seiner Mut ter gehörigen Steinbruch, um die daselbst mit Schuttausgraben be schäftigten 3 Leute zu beaufsichtigen. Derselbe hat sich wiederholt unter die etwas überhängende Wand begeben, und als er zufällig in etwas gebückter Stellung da gestanden, hat sich jedenfalls infolge des aus der Erde gewichenen Frostes und der dadurch eingedrunge nen Feuchtigkeit etwas Schutt und darunter größere Steine losgelöst und sind diese Steine, von einer Höhe von 2 Ellen, Pietzschen auf den Kopf gefallen und haben demselben den Hirnschädel eingeschla- gen, so daß sein Tod auf der Stelle erfolgt ist. Von den 3 Arbei tern ist nur der Eine ganz unerheblich an beiden Füßen und an der einen Hand verletzt worden. Am Sonnabend Abends 10 Uhr brannte der Gasthof zu Ober- Eula darnieder. Am vorigen Sonntage wnrden allhier 3 Paar getraut, gewiß ein recht gutes Zeichen stammerhaltcnder Gesinnungen. Wir freuen uns jedesmal, wenn das Herz eines Junggesellen sich rührt und das Leben an der Hand einer getreuen Gefährtin von Neuem beginnt. Möchten doch noch recht Viele dem gegebenen Beispiele folgen, denn auch hier mangelt es weder an Junggesellen, noch an heirathslustigen Mädchen. — Die ausfallend warme Frühlingswitterung, welche seit mehreren Tagen herrscht, hat auch das Erscheinen von Vorboten des Erwachens der Natur aus ihrem Ainterschlafe zur Fslge gehabt, so hören wir, daß hier und da Schmetterlinge gesehen wurden. Als etwas Seltenes dürfte auch zu verzeichnen sein, daß wir am Sonn abend, den 6. d. M. 21 und am Sonntag gegen Mittag sogar 24 Grad Wärme hatten. In Dresden haben sich von 1856 bis 1867 die Steuereinhei ten von 2,899,000 auf 4,300,000, der Grundwerth von 18 auf 451/2 Mill., die Gewerbe- und Pcrsonalstcucr vvn 151,000 auf 523,000 Thaler, die Stadtanlagen von 106,000 auf 253,000 Thlr. gesteigert. Das neuste „Justizministerialblatt" gicbt ein Verzeichniß der Gar nisonen der k. sächs. Armee. Darnach liegt Infanterie in Dresden, Bautzen, Zwickau, Chemnitz, Zitta», Löbau, Camenz, Schneeberg, Plauen, Oelsnitz, Marienberg, Döbeln, Leisnig, Mittweida; Schützen in Leipzig und Wurzen ; Jäger in Freiberg und Meißen. —Cavallcrie in Dresden, Grimma, Pirna, Großenhain, Lausigk, Borna, Pegau, Oschatz, Riesa, Rochlitz, Roßwein; Artillerie in Dresden, Freiberg, Radeberg, Geithain, Pionniere und Train in Dresden. Wie man hört, hat das Direktorium der Leipzig-Dresdner Ei- senbahngescllschaft sich bereit erklärt, die Anschlußbahn von Nossen nach Freiberg zu bauen, wenn Seiten der Stadtgemcindc Freiberg sowie der betreffenden Landgemeinden gewisse Bedingungen im Be treff der Abtretung des erforderlichen Terrains re. erfüllt werden. Es würde sich also in der Hauptsache noch darum handeln, ob die Gesellschaft selbst auf den Bau dieser Zweigbahn cingehen wird. Roßwein, 3. Febr. Heute früh ^9 Uhr bei Ankunft des um 7 Uhr in Dresden abgelasscnen Personenzuges stürzte aus einem Coup« des letzteren eine Frau heraus und berichtete unter Jammern und Wehklagen den Bahnhofsbeamten, daß bald nach Abgang des Zuges von der Station Nossen sich plötzlich die Wagcnthür geöffnet habe und ihr an derselben stehendes 3 Jahre altes Töchterchen, ehe sie zuzugreifen vermocht, hinausgestürzt sei. Sofort bestieg unser Herr Vahnhofsinspcctor mit einigen andern Bahnhofsbeamten eine Draisine und eilte auf derselben nach Nossen zurück. Eine für die verzweifelnde Mutter zur Ewigkeit werdende halbe Stunde verstrich, endlich aher erschien er mit dem Kinde wieder und zwar konnte er letzteres bis auf eine blutige Schramme am Kopfe, ganz unverletzt der neu auflebcnden und dankbar zum Himmel blickenden Mutter in die Arme legen; es hatte in der Nähe von Zella, also etwa IV2 Stunde von hier zurück, wehklagend auf der Bahn gestanden. (Kur.) Der Vorschußvercin in Frankenberg, welcher am 25. Febr. seine Generalversammlung abznhallcn gedenkt, wird 6766 Thlr. als Reingewinn auf das Jahr 1868 zur Verthcilung bringen, davon kommen u. A. 5024 Thlr. oder 50 '/<, auf Nückfallszinsen und 671 Thlr. oder 4 auf die VermögenStheilc. Zittau, 2. Febr. In der vergangenen Nacht ist im nahen Eckartsberg ein Spitzbube in seinem Beruf gestorben. In die Scheune des Gutsbesitzers Trenkler wurde, jedenfalls von zwei Dieben, ein Einbruch versucht, und zwar hatten dieselben das Hintere Thor der Scheune zum Eingang gewählt; da dieses Thor sich jedoch nicht ausheben ließ, hatten sie den Hebebaum an der Seite eingezwängt und das Thor aus der untern Angel gerissen. Hierdurch war nun der Zwischenraum so groß geworden, daß der eine Dieb nothdürf tig durchschlüpfen zu können meinte; ob nun aber fein Cumpan den Baum nicht erhalten konnte, oder was sonst für ein Zufall im Spiele war, kurz das Thor fchlug zu und quetschte den Dieb ein. Heute früh wurde er, treulos verlassen von den Gefährten feines letzten Geschäftsganges, in der fatalen Stellung zwischen Thür und Angel zwar noch lebend, aber ohne Besinnung aufgcfunden. Bevor der herbeigerufene Arzt an Ort und Stelle anlangcn konnte, war der Dieb eine Leiche. Bis Nachmittags war noch nicht festgestellt, wer der Tode ist. Bei einem dieser Tage in Ottcwitz bei Ostrau stattgefundenen Schadenfeuer ist nicht blos das Haus, sämmtliches Hab und Gut des Tischlermeisters Schulze niedergebrannt, sondern es erlitt auch die Ehefrau des mit im Hause wohnenden Tagarbeiters Stoppe so bedeutende Beschädigungen beim Retten ihrer geringen Habe, daß sie am Nachmittage bereits eine Leiche war. Der ganz arme Mann be weint nicht blos sein mühsam erworbenes Gut, sondern auch mit seinen 3 Kindern von 4, 3 und 2 Jahren die sorgende Mutter und Hausfrau. (Dr. I.) Aus einer ausgestellten Uebcrsicht ist zu entnehmen, daß im Jahre 1868 in Dresden die Zahl der aufgcfundenen Leichname von Selbst mördern 36, von Personen, deren Todesart sich nicht bestimmt er mitteln ließ, 7, von in der Elbe Verunglückten 13 und von neuge borenen Kindern 5 betrug, sowie daß außerdem 33 Unglücksfälle mit tödtlichem Erfolg, 63 dergleichen ohne tödtlichen Erfolg, 19 Selbst mordversuche, eine Tvdtung mit Einwilligung der betreffenden Per son und eine Aussetzung eines neugebornen Kindes in Dresden vor- gekommcn sind. Chemnitz, 3 Febr. In der letzten Sitzung des Kirchenvorstan des zu St. Johannis wurde der Antrag gestellt und der Verfassungs- Deputation zur Erwägung und Berichterstattung überwiesen: „Der Kirchenvorstand wolle in Erwägung ziehen, ob 'es nicht an der Zeit sei, dahin zu wirken, daß die gesetzlichen Bestimmungen des Kcusch- heitsprädicats bei den Trauungen betreffend, in Wegfall kommen, je denfalls aber von fernerer Erhebung von Kirchenstrafen für unbe rechtigte Beilegung dieses Prädicats abgesehen werde." Die „Kreuz.-Ztg." vom 4. d. M. bringt folgende Nachricht: „Nach den vor 8 Tagen erfolgten Mittheilungcn einer der großen Regierungen, welche Preußen befreundet sind/ ist das Leben des Minister-Präsidenten Grafen von Bismarck wiederum von Mör derhand bedroht; ein Student, aus Hannover gebürtig, wird als betraut mit der Ausführung des Attentats namhaft gemacht. (!?) In Berlin ists in einer Arbeitervcrsammlui-g zwischen denLassa- leanern und Schultze-Delitzsch zu einer Schlacht gekommen. Die Las- salleancr stimmten die Marseillaise an, ließen Schweitzer hochleben und hieben „in der Begeisterung, für die Sache der Arbeit die erste Schlacht schlagen zu können," mit Stöcken, Schlittschuhen auf ihre Gegner ein, die Schultze leben ließen. Schweitzers Social-Demokrat rühmt, „es fiel Hieb auf Hieb auf die feindlichen Schädel, die Uns- rigen standen im Kampfe fest wie die Felsen in der Brandung der See; ihre Haltung war vorzüglich." Die Verwundungen waren sehr zahlreich. Das Herrenhaus in Berlin ist weder mit der Regierung und noch weniger mit dem Volkshaus zufrieden. Herr v. Senfft-Pilsach