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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertiopsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 8. Freitag, den 22. Januar 1869. T » gesgeschich te. Am Moutag hat sich in Dresden in der großen Jnfanterie- kaserne auf der Hauptstraße der Feldwebel der 5. Compagnie des ^eibgrenadierregiments, Namens Gäbert, mit einem Dienstgewehre erschossen. Das Motiv der That ist unbekannt. G. war ein ehren- werther Mann, ein braver Soldat und ein guter Familienvater. Er hinterläßt eine Wtttwe und 2 unerzogne Kinder. In der Nacht des 17. Januar "ist in Dresden auf der Carus- straße ein 22 Jahre altes Mädchen infolge des Einathmens von Kohlendämpfen gestorben. Ein von der Entseelten hinterlassener Brief läßt auf Selbstmord schließen. Seit Anfang dieses Jahres sind die Vorsteher der Postämter 1. Claffe im OberpostdirectionSbezirk Leipzig, die zeitherigen Post meister, mit wenigen Ansnahmen zu Postdirectoren ernannt worden. Meißen, 18. Jan. Wie von verschiedenen, auch glaubwürdigen Seiten verlautet, geht das Direktorium der Leipzig-Dresdner Eisen bahn damit um, für die Stadt Meißen auf der Obergasse eine Hal testelle einzurichten und dadurch den billigen Wünschen der Meißner Einwohnerschaft und des gcsammten hier verkehrenden Publikums ge recht zu werden. Ans der Leipziger Neujahrsmesse war der Absatz von Tuchwaa- ren höchst ungünstig. Die Zahlungseinstellungen namhafter Tuch fabrikanten mehren sich und die dadurch hervorgerufenen Auktionen ebenso. Der Absatz nach Nordamerika ist durch die hohen Zölle sehr beschränkt. Auch im Lcderhandel waren die Preise gedrückt. Der Barometrius in Dresden prophezeit am 18. Jan., daß die Kälte nicht lange anhalten, sondern eine gemäßigte Temperatur (we nig über den Gefrierpunkt) eintreten werde. Freiberg. Die offizielle Kunde von der am 1. März bevor stehenden Eröffnung der Bahn von hier nach Chemnitz hat hier all gemeine Freude erregt. Man freut sich schon auf die Sonntagsaus flüge nach Augustusburg, dem Kunnerstein, Lichtenwalde u. f. w. und der Aussicht aus Droschken, die wir bisher schmerzlich entbehr ten; manche find der Meinung, es fange nun erst allmählig an hübsch in Freiberg zu werden. Wäre nur auch die Bahn nach Nossen erst gesichert! Meerane, 13. Jan. Gestern Mittag haben sich in einem nahe liegenden Dorfe zwei fremde Männer in Begleitung eines Frauen- « zrmmers in einer dortigen Wirthschaft eingefunden und dem Wirthe daselbst, sowie einem benachbarten. Manne bedeutet, ihnen gegen gute Cassenscheine Silbergeld, welches in Böhmen sehr rar sei, zu verschaffen; gern wollten sie für 50 Thaler in Silbergcld 55 Thlr. in Cassenschemen geben. Dieselben haben auch alsbald 100 Thlr. in Silbergeld ausgezahlt erhalten, welches von einem der fremden Männer eingestrichen worden ist mit der Bemerkung, mit ihnen nach Meerane zu gehen, wo ihr Herr, welcher im Bairischen Hof logire, ihnen das Geld sofort auszahlen würde. Damit einverstanden, gehen die zwei Dorfbewohner mit nach der Stadt bis vor Grundmann's Restauration, woselbst sich der eine Fremde mit dem Frauenzimmer entfernte, der Andere aber, welcher das Geld eingestrichen, die Land bewohner ersuchte, sich einstweilen in die Restauration zu begeben, er wolle sofort das Geld im Bairischen Hof holen und werde spätestens in einer halben Stunde wieder zurück sein. Es vergeht indessen eine halbe Stunde nach der andern, ohne daß der Mann das Geld brachte. Alle polizeilichen Nachforschungen etwas zu entdecken, sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben. Aus der südlichen Lausitz, 17. Jan. berichtet man den „B. N.": Mit dem gestrigen Tage hat sich in unserer Nachbarschaft ein Ereigniß vollzogen, das in oer Folge sür unsere Gegend von bedeu tender Tragweite sein wird. Wir meinen die Eröffnung der böhmischen Nordbahn bis Rumburg und Warnsdorf, welche gestern in aller ' Stille stattgefunden hat. Beide Ausmündungen dieser Bahn erstrecken sich nunmehr bis dicht an die sächsische Landesgrenze und wir sehen sehnlichst dem uns so nöthigen baldigen direkten Anschluß an beide Punkte entgegen, Die nun bald (am 31. d.) zu Ende gehende Jagd hat fürJagd- liebhabcr und Wildprethändler nicht günstig abgeschlossen. Die ge linde, oft nasse Witterung verdarb den Jägern das Vergnügen des Durchstreifens von Wald und Flur, die wenigen kälteren Tage konn ten sie nicht entschädigen. Viele angesagte Treibjagden haben nicht abgehalten werden können, da die eingeladenen Jäger des schlechten Wetters wegen sich nicht einstellten. Vorzüglich trifft der Schaden aber diejenigen Wildprethändler, welche mit größeren Revieren (z. B. in Böhmen) abgeschlossen hatten und das in größeren Mengen nach Dresden geschaffte Wild kontraktmäßig übernehmen und die leicht dem Verderben ausgesetzte Waare fast zu jedem Preis losschlagen mußten. In Leisnig, wo seit langer Zeit ein lebhaft besuchter Getreide markt wöchentlich gehalten wird, soll eine Börse für Getreide, Oel, Spiritus und andere landwirthschaftliche Produkte eingerichtet werden und sind hierzu alle erforderlichen Veranstaltungen in so weit ge troffen, daß für nächsten Sonnabend, den 23. Janur eine Versamm lung von Landwirthen, Einkäufern, Händlern rc. zur Begründung eines Börsenvereins, Annahme einer Börsenordnung und Wahl eines Vcreinsausschusses ausgeschrieben ist. Waldheim, 18. Januar. In voriger Nacht ist es zwei Ge fangenen der königlichen Strafanstalt gelungen, aus derselben zu entweichen. Ihre Flucht ist mit großer Frechheit ausgeführt worden. Die ausgcsandten Militärpatrouillen haben, wie man hört, wohl ihre Spur entdeckt, aber die Entflohenen selbst nicht erlangt. — 19. Jan. Einer der gestern aus der Strafanstalt entwichenen Gefangenen ist bereits wieder erlangt. Jedenfalls infolge der bei der Entweichung, insbesondere aber bei dem Sprunge von der hohen Mauer, erlittenen Verletzungen hat er seine Flucht'blos bis in das nahe gelegene Dorf MeinSberg fortsetzen können, wo er in denHeu- vorräthen einer Scheune Schutz vor der Kälte gesucht hat und von 'dTst Bewohnern gefunden worden ist. In sicherer Begleitung ist er wieder eingelieferr worden. (Ch. Tgbl.) Zittau, 17. Jan. Neber die reiche Erbschaft, welche die Stadt Zittau als Univcrsalerbin des im' 'November v. I. in Dresden ver storbenen Senator Just gemacht hat, liegen nun auch offizielle Anga ben in einem dem Andenken des Verstorbenen gewidmeten Nachruf des Stadtralhes und der Stadtverordneten vor. Darnach beträgt die Summe der zur öffentlichen Verwendung sür bestimmte Zwecke der Stadt Zittau ausgesetzter. Vermächtnisse und Legate 136,500 Thlr. — davon 90,000 für die Wasserleitung, 15,000 Thlr. für die Augen heilanstalt, 12,000 zur Erbauung einer Turnhalle, 6000 zur Erbau ung eines Stadtbadcs, das Uebrigc zum Besten der Armen, Waisen, Gymnasiasten, Klcinkindcrbewahranstalt re. Im Jahre 1869 tritt der höchst seltene Fall ein, daß Ostern schon auf den 28. März, Himmelfahrt auf den 6. Mai und Pfingsten auf den 16. Mai fallen wird, mithin jedes dieser drei Feste 14 Tage früher als im Jahre 1868 und 3 Wochen früher als im Jahre 1867. Durch den frühem Eintritt von Ostern kommt in diesem Jahre der eben so seltene Fall vor, daß Mariä Verkündigung und grüner Don nerstag auf einen und denselben Tag, nämlich auf den 25. März fallen. Wie durch die Bundesgesetzgebung verschiedene Hindernisse bei Eheschließungen aufgehoben worden sind, so ist auch den Militürper- sonen in neuerer Zeit die Verehelichung wesentlich erleichtert worden. Früher konnte ein Soldat nur nach vollendeter sechsjähriger Dienst zeit unter Nachweis eines Vermögens von 300 Thalern und nur dann sich verhcirathen, wenn in der geschlossenen Zahl der Verheiratheten, die für jedes Regiment festgesetzt war, eine Vakanz entstand. Jetzt dagegen kann Jeder, der drei Jahr gedient hat und 200 Thaler Ver mögen nachweisen kann, sich verehelichen. Doch wird seit Einführung dieser Bestimmung den Ehefrauen von Militärs ein Anspruch auf Quartier rc. nicht mehr gewährt. Für den gcsammten Umfang des norddeutschen Bundes wird im preußischen Kriegsministerinm gegenwärtig eine neue Instruction für die theoretisch und practische Ausbildung der Einjährig - Frei- willigen ausgearbeitet.