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387 tung der Todesstrafe, gleich den Nürnbergern, die ihrer Zeit auch ihren rcichstädtischen Galgen beibe- halten wollten, ,,für sich und ihre Kinder." — Der Hofprediger der Königin von England hatte aus den Propheten und der Offenbarung Jo hannis ausgerechnet, im Jahre 1867 müsse die Welt untergeben. Er machte das in einem Buche bekannt und viele seiner Anhänger streuten das im Himmel unnütze Gold mit vollen Händen aus. Manchen fiel es freilich auf, daß der ehrwürdige Amming sich gerade in diesem Jahre ein schönes Haus bauen ließ. Jetzt macht er bekannt, er habe sich verrechnet, zwar nur um eine 1, aber diese EinS bedeutet eine Million Jahre. — In Paris fängt die Polizei selber an, unzu frieden zu werden; sie will Zulage haben. Es sei ein Hundeleben, keine Rub' bei Tag und Nacht und was für Maucranschläge müsse sie abreißen und lesen! Z. E. neulich drei Nächte hintereinan der, einen: „Frankreich gehört sich seit 15 Jahren nicht mehr an, cs hat alle seine Freiheiten verloren. Seine Reichtbümcr find vergeudet, die Ersparnisse eines halben Jahrhunderts vernichtet worden; es «ar die Hoffnung der Völker, es ist heute ihr Alp drücken." Der andere Anschlag fing an: „Franzo sen! Die Regierung Bonapartes wurde auf dem Verbrechen errichtet; sie hat Frankreich seit 16 Jah ren mit Schmach bedeckt. Bonaparte will uns zum Werkzeug der Unterdrückung der andern Völ ker machen!" Und die dritte Proklamation: „Volk von Paris! Vor 16 Jahren wurde die Republik nächtlicher Weile erwürgt. Mn Mann setzte sich in den Besitz der Freiheiten aller u. s. w." — Das alles, sagt die Polizei, müsse sie lesen und hinunter würgen, das könne kein ehrlicher Mann aushalten. Kaiserin Eugenie wird von den Parisern die Spanierin genannt. ES ist die- kein Schmei chelname, eS steckt bei den Franzosen immer ein geheimer und gefährlicher Groll dahinter, wenn ste ihre Fürstinnen nach ihrer fremden Abstimmung benamsen. Die Kaiserin kann diesen Namen als eine Verwarnung ansehen. Alle Welt wirft ihr vor, daß ste eine wahre Sucht habe, eine politische Rolle zu spielen, und selbst die Anhänger des Kai- sers klagen, daß ste einen verderblichen Einfluß auf den Kaiser übe und nichts weniger sei als sein guter Stern. — DaS junge Italien wandert aus. An 3000 junge Leute, darunter viele Garibaldianer, kamen durch Eöln und zogen nach Amerika. Sie machte» am Rhein einen guten Eindruck. — Ga ribaldi soll die Auszehrung haben; Victor Ema nuel gab ihn frei, damit er nicht im Gesängniß sterbe. — Wie viel ist eine Krone Werth? König Georg hat als Entschädignng für seine verlorene Krone lk Mill. Thaler und die 600,000 Pfd. St. erhalten, die er nach England geflüchtet hatte, Herzog Adolf von Nassau 8 Mill. Tbaler. Die beiden Fürsten taxiren ihre Krone vielleicht höher; die preußischen Abgeordneten taxiren ste niedriger, hnen scheinen die Entschädigungssummen viel zu hoch. Graf Bismarck gestand in der Budgetcom- misfion, diese Entschädigungen seien sein eigenstes Werk, ste seien zu hoch, König Georg habe 4 Mill. Thaler zu viel erhalten, die beiden außer Besitz gesetzten Fürsten ständen sich Höber, als da ste noch regierten. Die Gründe für diese Hobe Entschädi gung seien politische; man habe ihnen die Domänen nicht geben wollen, sondern Geld, und die beiden Fürsten hätten durch ihre Unterschrift unter die Entschädigungsverträge ihre Zustimmung zu den neuen Zuständen gegeben. Er, Bismarck, nehme die Verantwortung auf sich. — Die Statistik giebt dem Minister und den Abgeordneten Recht; sie weist nach, daß König Georg für den Kopf jedes verlorenen Untertbanen ca. 10 Sgr., der Herzog von Nassau fast 30 Sgr. erhält, während in Frank reich jeder Kopf etwa 8 Sgr., in Preußen künftig ö*/«Sgr., in Oesterreich 5 Sgr., in Rußland 3'/„ in England 3 Sgr. zur Civilliste beizutragen bat. — Auch da» verstimmt die Budget - Commission, daß diese EntschädigungSgelder au» der vorjährigen 60 Millioneu-Anleihe entnommen worden find, die zu Kriegszwecken bewilligt worden sei. — Telegraphische Nachrichten. Dresden, 5. Decbr., 2 Uhr 50 M. Nach«. Zeituugsgerüchten gegenüber sagt das „Dr. I.": Ueber eine angeblich bevorstehende Verlegung säch- fischer Trappen nach Holstein oder Mainz ist hier orts nichts bekannt. Locales. Heute vor acht Tagen erregte der Transport eines Deserteur vom hiesigen Amthause au» beson dere Aufmerksamkeit. Ein bei der letzten Recruti- rung ausgehobener, dem in Großenhain stehenden Reiterregiment zugetheilter, anscheinend etwas simpler Mensch war desertirt, damit er, wie er sich ansge drückt, vom Militär entlassen werde. Er wurde von der Gensdarmerie in Schmiedewalde eingefan« gen und in die hiesige Frohnfeste eingeliefert, von wo au» er durch einen Unteroffizier und einen Rei ter abgebolt und nach Großenhain zurück iranspor« tirt wurde. Wie gebräuchlich luden die Transpor teure vor dem Amthause ihre Gewehre und zwar so, daß der Gefangene das Einlegen scharfer Pa tronen sehen mußte. Er war froben Muches, lä chelte sogar und ging getrost zwischen den beiden Pferden seinem Ziele zu. Dem Vernehmen nach wird ihn, weil er den Fahneneid noch nicht abgeleistet hat, eine schwere Strafe diesmal nicht treffen, er wird jedenfalls mit einigen Tagen Kasten wegkommeu. Am Montage früh nach 6 Uhr entstand im Brennereigebäude des Rittergutes Rothschönberg Feuer, welches aber sofort im Entstehen erstickt wurde. Die Decke des Locals und zwei Fenster find zerstört und einige kupferne Rohre theilweise geschmolzen. Die Entstehungsursache aber ist bis jetzt nicht ermittelt worden. — 49*