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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt fir das Königl. Verichts^ml Wilsdruff und den Sladtrath daselbst. Freitag, den 25. Mai l866. 21. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für dm Viertel, ahrgang beträgt lv Rgr. und ist ledesmal volauszubezahltn. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stuck er)chemen fallen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redactton), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beitrage, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honortrt. " Die Nedaction. Umschau. Die einzige Friedenshoffnung beruht noch auf dem Congreß. England, Frankreich und Rußland haben gleiche Noten nach Wien, Berlin und Florenz abgchen lassen; eS fragt sich nun, ob die kriegs bereiten Machte auf die Vorschläge eingeben, die man ihnen macht. Die Abtretung Venetiens an Italien, die Ueberlassung Schleswig-Holsteins an Preußen und die deutsche Bundesreform sind die drei Fragen, welche den Congreß beschäftigen werden. Freilich wird Oesterreich weder auf Venedig ver zichten, noch seine Rechte auf Schleswig-Holstein aufgeben ohne eine entsprechende GebietSentschädig- ung. Man spricht von einem Tbeile Schlesiens, der dazu verwendet werden solle. Im preußischen Volke würde eine solche Abtretung viel böses Blut machen. — Man schreibt, daß der Vertrag zwischen Preu ßen und Italien dahin laute: Keiner von beiden Staaten ist verpflichtet, anzugrcifen, sollten jedoch die Feindseligkeiten im Laufe des Monat Mai be ginnen, so ist jeder verpflichtet, dem andern Hilfe zu leisten. Nach Ablauf des Monats ist keiner von beiden noch gebunden. — Anstatt bei Kriegsgefahr die inner» Streitig keiten zu beschwichtigen, hat das preußische Ministe rium einen folgenschweren Schritt gethan, der den Conflict nur noch verschlimmert. 23 Mill. Thaler Papiergeld werden ausqegeben, ohne daß man die Abgeordneten nur darum fragt oder ihre Zustim mung nachträglich in Anspruch nehmen will. Geht das durch, dann ist's mit der Verfassung vollstän dig vorbei. — Die Landstände Sachsens waren zum 23. Mai pach Dresden einberufen, wahrscheinlich, um Geld zu den Kriegsrüstungen zu bewilligen. Die Sitzun gen find aber bis aus Weiteres verschoben worden und zwar so kurz vor dem 23., daß die einzelnen Mitglieder des Landtags telegraphisch davon be nachrichtigt werden mußten. Eine Ablehnung der Geldvorlagen wäre wohl von der Majorität nicht zu befürchten gewesen, wenn auch die Leipziger städtischen Behörden mit ihrer Ansicht über die säch« fischen Rüstungen nicht allein stehen. Besonder» im Erzgebirge macht der Stillstand der Geschäfte seinen Einfluß auf die politischen Anfichten geltend. Eine Begeisterung für den Krieg ist weder in Sachsen, noch im übrigen Deutschland zu spüren, am allerwenigsten in Preußen. Gras Bismark hat fich gründlich verrechnet, wen» er glaubte, daß da» deutsche Volk mit beiden Händen zugreisen würbe, als er ihm das Parlament anbot. Wie wenig man in Preußen selbst hofft, beweist ein Artikel der der Magdeburger Zeitung. Glaube und Zutrauen lassen fich nicht aus «tu- mal eintrichtern, ste wollen durch eine Reihe von Handlungen verdient sein. Das hat wol Gras BiSmark bei seinem Bundesreformantrage gesehen. Wie hätte dieser Antrag jetzt schon die Feinde Preu ßens entwaffnet und heilsam für Deutschland ge wirkt, wenn er au» andern Händen gekommen wäre! Da» Mißtrauen lähmt aber Alle» und läßt nicht» Heilsames zu Stande kommen. Man mißtraut dem BundeSreformantrage, weil er eben in directem Gegensätze zu den bisherigen Regierungsgrundsätzen des Ministeriums steht. Und diese Regierungs grundsätze, die dem Ministerium die Feindschaft de» ganzen preußischen Volks, mit Ausnahme einer Hand voll Feudalen, und den Haß des ganzen deutschen Volk» zugezogen haben, will Gras Bis mark auch jetzt noch festhalten, jetzt, wo das Boll