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68 Rechtspflege. (Vgl. Nr. 8 v. 1.1865.) Ueber die Lhatigkeit des Königl. Gerichtsamtes WilSdruff gewähren folgende statistische Notizen für das Jahr 1865 einigen Ueberblick. An Civil procefsen kamen 305 (im I. 1864 — 2841 zur Verhandlung, von welchen 238 bis zu 50 Thlr. betragende Ansprüche (Bagatell sachen) betrafen, wahrend die Zahl der Prozesse der. übrigen Gattungen der des Vorjahres fast genau gleichsam. Die Zahl der Wechsel klagen (13) hat gegen das Vorjahr keine Steigerung erfahren, ebenso wenig die Anzahl der durch Zahlungsgebot erledigten Ansprüche (29), obwohl sich die streitigen Forderungen, für welche sich das Mahnverfahren eignet (die Bagatellsachen), vermehrt haben. Von sammtlichen 305 Prozessen wurden 118 (im J. 1864 cbensoviele) durch Vergleich, 99 (1864 76) durch Erkenntniß, 64 durch andere Um stände erledigt, 24 als unerledigt in das laufende Zahr hrrübergenommcn. Auch die gütlichen und kostenfreien (!) Verhöre finden noch immer nicht die wünschens- werthe Anwendung (im I. 1864 — 2, im ver gangenen I. 4). Mit Concursen blieb das vergangene Jahr noch völlig verschont, dagegen war die Zahl der Klagen auf Alimentirung außerehelicher Kinder von 8 auf 20 gestiegen! Zu bevormunden waren 732 (Vorjahre: 768,712)Unmündige, 18Geistesschwache, I Ver schwender, IO Abwesende, zusammen 761, die Zahl der Vormundschaften ist fonach wieder gestiegen. Von den zur Anzeige gelangten, vom Gcrichts- amte tim Gegensatz zu den schwereren Bezirksge- richtsfallen)zu untersuchenden Verbrechen waren: 84 (Vorjahre: 46, 75) Diebstahl, 11 (1864 — 23) Betrug, 3(1864 — 8 Unterschlagung, I Partircrei, 2 Medicasterei (Uebergriffe in den ärztlichen Beruf), 2 unerlaubte Selbst ülfe, 5 Fälschung (1864 — 1), 40 Vergeben gegen das Forst rc. -Strafgesetz (gegen 17, 24 Fälle der Vorjahre). Von 64 (1864 — 69) angezeigten Ehren- Verletzungen wurden 49 (1864 — 30) durch Versöhnung der Parteien vor Gericht erledigt. Leider muß wiederum die Zahl der Eigenthums- vergebungen, wenn sie auch in den verschiedenen Ausführungsarten auf- und abschwankt, als eine sehr hohe, eher im Steigen als im Sinken begrif fene bezeichnet werden. Landwirthschaftliches. Benutzung der thierischen Cadaver. Seit Jahr- Hunderten und Jahrtausenden hat man dem Kultur boden durch den Anbau von mancherlei Früchten, am stärksten durch den Bau von Körnerfrüchten be trächtliche Mengen von phosphorsaurem Kalke diesem unerläßlichen knochenbitdenden Stoffe entzogen, in dem man die crcpirten Thiere in den Boden ver scharrte und die Knochen der geschlachteten Thiere nutzlos vergeudete. Erst seitdem durch die Fort schritte der Chemie der Zusammenhang zwischen Bo den und Pflanze, zwischen Pflanze und Thier, zwischen Thier und Boden klar gestellt worden ist, hat man es erkannt, daß bas Thier dem Boden entstammt und darum die Reste der verendeten Thiere dem Boden gehören. Haben sich seit der Zeit viele Abdeckereien in Siedehütten verwandelt, in denen die Cadaver thcils für die Industrie, theils für die Landwirthschaft nutzbar gemacht wer den, so läßt es sich doch nicht verkennen, daß in den meisten Fällen die crepirten Thiere immer noch dem Schindanger übergeben werden, um so mehr dürfte eS daher gerechtfertigt erscheinen, auf diejenigen Ein richtungen hinzuweisen, die die vollständige Aus nutzung der Kadaver zum Zwecke haben. Eine solche Einrichtung besteht bei Herrn Conrad Hasselbach in Heimersheim. Derselbe besitzt zwei sogenannte Fleisch^üllencysternen, in welchen die verendeten Tbiere mü Salzsäure aufgelöst werden. Die Cy- sternen find aus kalkfreien Sandsteinen erbaut. Die zerstückten Thiere werden, nachdem sie von Haut und Fett befreit find, hineingeworfen und lösen sich dann in der mit Wasser stark verdünnten Salzsäure auf. Für Düngungen im Herbste, d. h. für Felder die über Winter unbesamt liegen, wird die Fleisch gülle in fluffiger Form au-gebrocht; für Frühjahrs- düngungen dient sie zur Bereitung von Fleisch- güllencompok, der den Bortheil chietet, daß die dabei verwendete Erde in löblicheren Zustand gelangt. Di« landwinhschaftliche Lehranstalt zu Worm» hat Anlaß gegeben, daß demnächst noch mehrere solcher Einrichtungen in der Provinz Rheinhessen entstehen werden. Stand der Früchte. Aus England wird berichtet, daß sich die Weizensaaten eines so vor trefflichen Standes zu erfreuen hätten, wie man «S seit Jahren nicht mehr beobachtet habe. Eben so lauten aus Frankreich die Nachrichten über den Stand der Winterfrüchte sehr günstig. Auch au» den östlichen und nördlichen Gegenden Deutsch lands berichtet man gut, in Belgien und den süd deutschen Gegenden ist man bezüglich des Stande» von Raps voll Lobe-, wie denn auch die Winter- Halmfrüchte in diesen Gegenden nichts zn wünschen übrig lassen. Vermischtes. Der „Beobachter" erzählt folgende Geschichte zur Beleuchtung der „Aufklärung" in Schwaben: „Im ganz frommen Hohenlohischcn giebi es fromme Hexen. In O. lebt ein Schreiner NamenS Bl.. z mit seiner Bl . . zin, der hat einen Knecht, einen geichcitkn jungen Mann. Dieser Knecht verlangt von seiner Dienstfrau am heiligen Christfest einen Koch löffel, der drei Tage nicht gespült worden ist. Mit diesem ungewaschenen Kochlöffel in der Tasche geht er Vormittags in die Kirche. Während der Pfarrer und Lie Gemeinde daS Vaterunser beten, springt er mit seinem geheimnißvollen Kochlöffel aus der Kirche