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26 In nicht geringen Schrecken wurde eine Schu« sterfamilie in Wien versetzt. Als nämlich um sie ben Uhr Abends das Oberhaupt der Familie von der Arbeit nach Hause kam, stürzte er mit den Worten: „Ich bin General Prim und werde verfolgt" in die Wohnung und gebehrdete sich wie ein Rasender, commandtrte, exercirte und machte schließlich Miene, seine ganze Familie mit einem großen Knittel durchzuprügeln. Anfangs glaubend, daß man es mit einem Wahnsinnigen zu thun habe, schickt man nach einem Arzt, der jedoch erklärte, General Prim sei ganz gesund und hätte nur einen tüchtigen Rausch. — In dem Jockeyklub in Paris spielte ein jun ger Herr, dessen Einkommen etwa 1500 Franks beträgt, aus Ehrenwort und verlor 150,000 FrkS. „Wie wollen Sie die Schuld bezahlen?" — „Ich laß' mir's nach und nach von meiner Gage ab ziehen !" — Seitdem darf nur gegen baareS Geld gespielt werden. — Ein Kaufmann aus Elberfeld, der am 9. Ja nuar in einem Krefelder Gasthofe ein Beafsteak genießen wollte, halte das Unglück, daß schon beim ersten Bissen ihm ein Theil der Speise in die Luft röhre geiicth. Kein Mittel wollte Helsen, das Stück zu entfernen und war der Unglückliche, noch ehe ein Arzt herbeigeholt werden konnte, eine Leiche.— Die den Hölzern so gefährliche Nonnenraupe hat in den Waldungen der Provinz Preußen seit 12 Jahren furchtbare Verwüstungen angerichtet. Weil und breit find die schönsten Rothtannenbestände dahin. Der Schaden beträgt für die Staatsforsten 2600,000 Klftrn. und für die Privatforsten 950,000 Klaftern. — Locales. Am 18. d. Mts. erfolgte Seiten des König!. Commissar Herrn Amt-Hauptmann von Vieth die feierliche Einweisung und Verpflichtung des neuer« wählten Herrn Bürgermeister Liesche. An dem darauf im Gasthof zum Adler ver anstalteten Festessen nahmen außer den König!. Behörden und den Herren Geistlichen die sämmt« Uchen Mitglieder des Stadtraths und der Stadt verordneten, sowie eine größere Anzahl Bürger Theil. Der Stadtverordnetenvorsteher Herr Engelmann brachte zuerst ein Hoch auf Sr. Majestät den König aus, sodann hielt derselbe eine Ansprache an Herrn Bürgermeister Liesche, worin er denselben herzlich begrüßte und den Hoffnungen und Wünschen, die man hege, Ausdruck verlieh. Herr Stadtrath Nahke bedauerte den Abgang des Herrn Bürgermeister Otto, rühmte dessen außer ordentliche Wirksamkeit, ihn als leuchtendes Vor bild der Mitglieder des Stadlraths bezeichnend, dankte ihm im Namen aller guten Bürger für die großen Verdienste, die er sich in Ausübung seines Amte« um die Stadt erworben und brachte ihm ein Lebehoch! Nachdem Herr Kaufmann Rittbausen den Herrn AmtShauptmann von Vieth und Herr StadtgutS« befitzer Wittig die Behörden der Stadt durch einen Toast gefeiert hatte, erwiederte Herr Bürgermeister Liesche die ihm gewordenen Begrüßungen, freute sich über die herzliche Aufnahme, die er gefunden und versprach allezeit für das Beste der Stadt, die er hoch leben ließ, einzustehen. Herr Bürgermeister Otto wies kurz auf die Gründe hin, die ihn bestimmt sein Amt niederzu legen, sprach sich rühmend und anerkennend über das freundliche Entgegenkommen und das besondere Vertrauen, welches ihm die Stadt Wilsdruff und deren Vertreter erzeigt, aus und brachte ebenfalls der Stadt Wilsdruff ein Hoch. Ferner feierten den abgehenden Herrn Bürger meister Otto der Herr GerichtSamtmann Leonhardi, welcher insbesondere einen Rückblick aus das immer bestandene gute Einvernehmen zwischen Gerichtsamt und Stadtrath warf; Herr Pastor Schmidt mit Bezug aus seine Thcktigkeit als Mitglied der Kirchen- und Schulinspection, Herr Stadtgutsbesttzer Häntz schel im Namen der frühern RathSmitglieder und Herr AmtSaciuar Wachler mit einem Glückwunsch auf seine Zukunft. Herrn Amtshauptmann von Vieth rühmte in einem sehr ansprechenden Toaste die Eintracht der städlischen Behörden. Er verglich Stadtrath und Stadtverordnete mit Mann und Frau, deren Zusammenwirken eine gute Ehe erziele. Der Um stand, baß der Herr AmtShauptmann unverheiralhet ist und dennoch die Ehe so treffend schilberle, gab zu mehrer» witzigen Toasten Stoff, die Herr von Vieth mit prächtigen Humor aufnahm. Eine Reihe ernster und heilerer Toaste folgten noch, wobei sich besonders Herr Rektor Beck und Herr Stadtgutsbesttzer Wittig auszeichneten. Das Fest vereinigte einen großen Theil der Gäste bis zum späten Abend. — Mil dem materiellen Theil war man allgemein zufrieden und David erntete verdiente Lobsprüche. — Der von Herrn Zehl am 19. d. veranstal tete Maskenball verlief in harmloser Fröhlichkeit bis zum Morgen. Die Zahl der Masken wurde auf 150 geschätzt. Die Decoration des Saale- war höchst gelungen. Das Einzige, was an dem fröhlichen Abend unangenehm auffiel, war der Hause Kinder und Lehrlinge, die den Eingang de- Gasthofs belagerte und jede eintretende Maske Spieß« rulhen laufen ließ. Einige der Unverschämtesten begnügten sich nicht mit Redensarten, sondern wur« den handgreiflich, holten sich aber dabei von einer handfesten Dame einige so derbe Ohrfeigen, daß sie schworen, ein Mann müsse unter der Crinoline verborgen sein. Sollte künftig dieser Schwarm nicht wegzubringen sein? Gins gefolterte Seele. Novelle von Otto Schreyer. (Fortsetzung). Das Frühjahr, in welchem die göttliche Macht der Natur wallet, zeigte die ersten Vorboten ihrer Neubclebung aus langem Winterschlafe und strömte