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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Noffen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. «HF Freitag, den 8. Mai l863. 19. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Bon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang beträgt t0 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. «»zeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werde« in Wilsdruff sowohl (in der Redaktion), als auch >n der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen lofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honortrt. Di- Umschau. Die Kriegslrompeteu in Frankreich find fast ganz verstummt; die Schwierigkeiten eines Kriegs mit Rußland mögen den Kaiser etwas ruhiger ge stimmt haben. Am Rhein mit Preußen anzubln- den, wäre leichter gewesen, aber in diesem Falle hätte er sich ganz Deutschland auf den Hals ge zogen und obenem England beleidigt. So blieb nur ein- übrig: eine Armee zu Schiffe an die russische Küste zu schaffen und mit Schweden ge meinschaftlich das Riesenreich anzugrcisen, bas zwar in der Ferne keine große Macht entwickeln kann, zu Hause aber schwer zu besiegen ist. Die Schwie rigkeiten eines solchen Feldzugs hat der Oheim des jetzigen Kaisers 1812 und dieser selbst im Krimkriege erfahren. Den Ausschlag soll aber der 8inanzmlnister Fould gegeben haben. So lange den einem Kriege gegen Preußen die Rede war, hatte er nichts dagegen; da hoffte er, würde sich die Armee in der reichen Rheinprovinz schon selbst ernähren, wie sie es von 1806 bis 1813 gethan hat; zu einem so entfernten Kriege seien die Finan zen aber nicht angethan. Der Krieg in Mexiko, der schon Hunderte von Millionen kostet, liegt ihm ohnehin wie ein Alp aus dem Herzen. — Je günstiger für den Frieden die Nachrichten aus Paris kttngen, desto unverschämter tritt eine Partei in Berlin auf. Die militärischen Blätter, rin Tummelplatz der Gardeosfiziere, brachte kürzlich eine Berechnung der Streitkräfte von Frankreich Und Preußen. „Wir können", sagt das Blatt, "fast immer L französischen Bataillonen 3 preu ßische eutgegenstellen und es ist viel wahrschein- iicher, daß der preußische Adler mit mächtigen Schwingen über Paris dahin rauscht, als daß der gallische Hahn sein Siegeskrähen von der Berliner Schloßkuppel her ertönen läßt." Wenn es wahr wäre, daß Preußen ein größeres Heer unterhielte, als Frankreich, daun hätte ja das Abgeordneten haus Recht, wenn es gegen eine Vermehrung der Armee protestirt, denn Preußen hat nur 18, Frank reich mehr als 40 Millionen Einwohner. Die preußischen Junker geberden sich wie vor 1806 bis zu der kläglichen Niederlage bei Jena. — Der Streit zwischen England und Amerika, welcher ernst zu werden drohte, ist beigelegt. Die weggenommenen Schiffe find einem unparteiischen Gericht übergeben und die Postpackete nicht geöffnet, sondern befördert worden. Die englische Regierung hat sich bei diesem Verfahren beruhigt. Offenbar wünschte sie, bei den drohenden europäischen Ver wickelungen die Hände frei zu behalten. — In der amtlichen Zeitung des Grvßherzog- thums Baden erschien kürzlich ein Artikel, der die Politik des Ministeriums Bismark auf eine Weise behandelte, wie kaum die Berliner Volks zeitung gethan hat. Die Sache macht großes Auf sehen , da der Großherzog der Schwiegeyohn des Königs von Preußen ist und kurz vorher bei der Königin zu Besuch gewesen war. Daß diese mit den jetzigen Zuständen nicht zufrieden ist, zeigt sie schon durch ihre fortdauernde Abwesenheit vou Berlin.— Das Abgeordnetenhaus tagt noch immer. Von einem Ministerverantwortlichkeitsgesetze, das berathen wurde, wollte die Regierung nichts wis sen; der Kultusminister behauptete, er sei nur seinem Gewissen und dem höhern Richler verant wortlich. Kladderadatsch verarbeitet ihn dafür in folgendem Zwiegespräch: . Schultze. Du weeßt doch, Muller, daß Du mir noch was schuldig bist?