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204 Der Donner, der von vielen Menschen ungleich mehr gefürchtet wird als der vernichtende Blitz, ist nur der durchaus unschädliche Schall desselben. Aebnlich wie nur die Kugel tödtet und der Schall des Schusses keine Gefahr bringt, verhält es sich mit dem Blitze. Daß die Schnelligkeit des Blitzes eine außer ordentliche ist, zeigt uns schon der gewöhnliche An blick desselben. Verschiedene Naturforscher haben sie zu messen gesucht, weichen aber in ihren Angaben sehr ab. Whealston bat sie auf 62,500 geographische Meilen in der Zeitsecunde berechnet. Sie wäre danach Mal so schnell als das Sonnenlicht, das einen Raum von 40,000 Meilen in der Zeitsecunde durchdringt, und würde in einer Secunde 13 Mal den Lauf um unsere Erde machen. Andere geben die Schnelligkeit des Blitzes in der Secunde sogar auf 92,000 Meilen an, andere dagegen nur auf 20,000, sogar nur auf 4000 Meilen. Wheatston's Berechnung hat bis jetzt die größte Wahrscheinlich keit für sich. Daß wir den Donner stets später hören als wir den Blitzstrahl sehen, ist natürlich, weil der Schall sich viel langsamer fortpflanzt als das Licht und der Blitz. Er durchläuft in einer Secunde nur 1080 Preuß. Fuß. Nach dem Zeitraum zwi schen Blitz und Donner kann man deshalb die Entfernung des Gewitters berechnen. Je größer derselbe, je ferner bas Gewitter. An heiteren schwülen Sommerabenben bemerkt man häufig ein schwaches Auftauchen in der Ferne. DaS Volk nennt es Wetterleuchten. Es ist nichts weiter als der Widerschein eines fernen Blitzes, dessen Donner wir der großen Entfernung wegen nicht hören. Die mehr oder minder häufigen Blitze bei einem Gewitter hängen sowohl von der Größe und Aus dehnung -es Gewitters selbst, wie von der Menge der in der Luft enthaltenen Elektriziiät ab. In den heißen Erdstrichen sind die Gewitter viel furchtbarer und die Blitze häufiger und heftiger, als bei uns. Azara erzählt von einem einzigen Gewitter, das sich 1793 über der Stadt Buenos Ayres entlud. In der Zeit von kaum einer Stunde schlug der Blitz 37 Mal ein und tödtete 19 Menschen. Wunderbare Erscheinungen sind oft mit dem Blitze verbunden und obschon sie einen ebenso na türlichen Grund und Zusammenhang wie Alles in der Natur haben, so sind die Menschen dennoch häufig dadurch in Aufregung versetzt und zu dem Glauben an ein geschehenes Wunder veranlaßt. So schlug einst während eines Gewitters der Blitz zwei Mal auf einem Schiffe, New-Jork ge nannt, ein, verbreitete sich über das ganze Schiff ohne zu zünden und einen Menschen zu tödten. Ein Passagier, der seit längerer Zeit an Lähmung ge litten hatte, war auf einmal des Gebrauchs seiner Glieder wieder mächtig geworden und alle Messer und Gabeln, welche sich auf dem Schiff befanden, waren magnetisch geworden. Bei den Magnetna deln , die sich sämmtlich in einem Zimmer befanden, war bei einigen die magnetische Kraft verstärkt, be einigen dagegen geschwächt. Ueber eine andere auffallende Wirkung des Blitzes erzählt Hombres-Firmas Folgendes. Ein junger Mann wurde nicht weit von Zante durch einen aufsteigenden Blitzstrahl getödtet, der von dem rechten Fuße an durch den Körper bis in die Nähe der Schulter gedrungen war, wo er wieder ausgefahren. Der Weg des Blitzes war am Kör per durch einen schwärzlich-braunen Streifen be zeichnet, hin und wieder bemerkte man kleine braune Flecken von der Größe einer Linse. Mitten auf der Schulter, wo der Blitz herausgefahren, waren sechs fleischfarbne Kreise, während die ganze Schul ter durchaus schwärzlich war. Die sechs Kreise waren von drei verschiedenen Größen und Lagen hintereinander, doch so, daß sie an einem Punkte einander berührten. Sie hatten genau die Größe von 6 Goldmünzen, einer spanischen Pistole, drei Guineen und zwei halben Guineen, welche der junge Mann auf der rechten Seite des Gürtels in Papier gewickelt getragen hatte. Weder au diesen Goldstücken noch an dem Papier war eine Spur von einer Einwirkung des Blitzes zu bemerken. Eine Dame, Madame Mörosa de Lagamo, saß wahrend eines Gewitters am Fenster und fühlte Plötzlick eine Erschütterung, die von einem in das Zimmer geschlagenen Blitze berrübrte, indeß keine nachtheiligen Folgen hinterließ. Nur eine Blume, die im Fenster stand, war vollkommen deutlich auf ihrem Schenkel abgebildet, und dies Zeichen blieb bis zum Abend des Tages sichtbar. Im Jahre 1825 traf ein Blitz ein in der Bai von Armiro vor Anker liegendes Kriegsschiff. Nichts am Schiff schien durch ihn beschädigt. Als das Schiff indeß am solgenden Tage in See stach, brach der Mast beim ersten Windstoß, und nun zeigte es sich, daß er der Länge nach von oben bis unten von einem dreieckigen Loche durchbohrt war, das an der Spitze des Mastes viermal so eng als unten war und genau die Gestalt einer dort in den Mast geschlagenen dreieckigen Eisenstange hatte. Ein Matrose desselben Schiffes hatte, als der Blitz am Maste niederfuhr, an demselben gesessen und seine Kleider ausgebeffert, er war durch den Blitz er schlagen. Weder an seinem Körper noch au seiner Kleidung ließ sich irgend eine Verletzung wghr- nehmen. Die Nadel war seiner Hand entglitten und tief in das Bein gedrungen. Nur am Rücken war ein schwacher gelber und schwarzer Fleck sicht bar, der sich über den Hals verbreitete und in der Nierengegend endete. Dort war deutlich das Bild eines Hufeisens in der halben Größe und Form eingeprägt, wie ein am Mast über ihn befindliches Hufeisen hatte, welches eines Aberglaubens zufolge von jonischen Matrosen an den Mast genagelt war. — Auf einem anderen Schiffe, dessen Topmast der Blitz zersplitterte, wurde ein schlafender Matrose erschlagen. Auf seiner linken Brust sand man die Zahl Nr. 44, die er bis dahin nicht auf derselben getragen, eingeprägt. Die Zahlen waren groß und deutlich, ganz so wie die metallnen Zahlen an einem