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Wochenblatt für Wils-ruf, Lharan-, soffen, Srehenleh« nn- die UmgrgenSen. Zehnter Jahrgang. Freitag, den 19. April 1850. 10. Verantwortlicher Redacteur und Verleger; Albert Reinhold. Bo» dieser Zeitschrift erscheint alle Freitaae eine Nummer. Der Pret- für den Dierteljadr^ang detrSgt 10 Nqr. SämmOtche Könlgl. Poß- 0mter de-Inlandes nebmen Bestellungen darauf an. Bekanntmachungen, welche im nächsten Sluck erscheinen sollen, werden tu WilSdru? -i- Montag Abend- 7 Ubr, in Tharaud bi- Montag Nachmittags 5 Uhr, und in Nossen bis Mittwoch Vormittags 11 Uhr cnge.i. mme». Auch können bi6 Mittwoch Mittag eingehende Zusendungen aus Verlangen durch die Post an den Drucken befördert werden, so da- ür in der nächsten Nummer erscheinen. Wir erbmen un6 dieselben ur ter den Adrcpcn: ,,An die Redaction des Wochenblattes in WilsdNN". „an die Agentur deS Wochenblattes in Tharand " und „an die Wochenblatts - Expedition in Rossen". In Meißen werden Aufträge nd Bestellungen in der Buchhandlung von E. E Kltnkicht und Sohn besorgt. Etwaige Verträge, welche der Lenden» deL LlarteS »lkceckcn, »ollen stet- mit großem Danke angenommen werden. Die Redaction. Was ist Pöbel? Zunächst ist nicht Alics Pöbel, was manche Leute darunter verstehen. In der Regel ist man nur gar zu geneigt, den Pöbel in den kurzen Jacken und in den Hemdsärmeln, also in irgend einem Stande zu suchen. Das ist ein Jrrthum. Oer Pöbel steckt nicht in der Jacke, sondern in der Gesinnung. Wer in seinen Handlungen und in seinem Betragen eine gemeine Gesinnung offen bart, der zählt, welchem Stande er der bürgerlichen Ordnung nach angeboren mag, zum Pöbel! CS läßt sich sonach ein vornehmer und ein gemei ner Pöbel unterscheiden, der eine in keinen, der andere in feinen Röcken; der eine ist Pöbel, weil ihm die Bildung fehlt, der andere, weil er eine verkehrte besitzt. Jeder Stand hat seine Mit glieder, deren er sich schämen muß. Je weniger wahre Volksbildung, desto mehr Pöbel. Man würde indessen sehr irren, jede rohe Kraft zum Pöbel zählen zu wollen. Der ungeschliffene Edelstein ist darum noch kein gemeiner Kiesel, so wenig dieser, wenn man ihn kostbar faßt, zum Diamanten wird. Unter einem groben Kittel schlägt oft ein sehr edles Herz, und wir müssen es um so mehr aberkennen, als es für die armen Menschen, für einen großen Theil des Arbcikersiandes sehr schwer ist, auf rechtliche Weise zu bestehen*). Wodurch kennzeichnet sich der edle Mensch? Nicht dadurch, daß er überall Achtung vor den Rechten seiner Mitmenschen an den Tag legt? Daß " selbst nach sittlichen Gesetzen handelt, also wahr spricht, weil er wahr ist? Daß er sein Wohl dem ') Mirabeau erklärte im vorigen Jahrhundert, er kenne nur drei Mittel, in der (damaligen StaatS-) Ge sellschaft fort,«kommen: att Dieb, Bettler «Ler Bc- soldeter. allgemeinen Wohle unterordnet, also im Stande ist, für das Beste seines Volkes, sei es in einem kleinen oder größeren Kreise mit Aufopferung zu wirken? Wenn demnach Achtung vor und Streben nach Recht und Freiheit; wenn Wahr heit im eigenen Charakter; wenn gemeinnützige Aufopferungsfähigkeit den guten Menschen oder Bürger charakterisircn: so ist uns damit auch der Maßstab zur Beurtheilung Derer, die zum Pöbel gehören, gegeben. Gewöhnlich bezeichnet m^n Die als xöbelbaf's welche in ihren Redrn und Handlungen den Anstand verletzen. Aber ist der Anstand, ein durch Gewohn heit entstandenes Uebereinkochmcn, mehr als Tugend, und Wahrheit? Ist er mehr als Freiheit und Recht? Wir wollen es keineswegs billigen, wenn Jemand unser gebildetes Ohr durch grobe Ausdrucks- formcn beleidigt, wenn er durch sein Betragen gegen die guten Sitten verstößt. Aber, wenn dies schon als pöbelhaft bezeichnet wird, so muß Derjenige, welcher die Achtung, die er ungleich höheren Gütern schuldig ist, verletzt, oder dem diese Achtung völlig abgeht, noch mit weit mehr Recht zum Pöbel ge zählt werden. Wo ist die Tugend den meisten Gefahren ausgesetzt? Etwa in den Klassen Derer, die da grobe Röcke oder kurze Jacken tragen? Mit Nichten. Man lese nur die Chroniken des russischen, französischen und spanischen Hofes, und man wird erkennen, wie Tugend und Sittlichkeit dort eben mit Füßen getreten wurden. Es ist jedenfalls zu beklagen, daß in den untern Volksklaffen Gesinnungen und Handlungen Vorkom men, welche den gebildeten Menschen verletzen und die Menschenwürde entehren aber tragen daran nicht auch solche Menschen Schuld, welche die nied rig gestellten Mitmenschen für eine ganz besondere Menschensorle ansehen, als eine solche, die mit ihnen