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170 die allergcwöhnlichste Weise entsprechen. Diesen gegenüber stehen verliebte, girrende Tauber, schmach tende, liebcblassc Mädchen mit Mondscheingesich tern und fromme Siedler. Nächst diesen lang weiligen iGeschopfen trauriger Dichtcrphantasicn sind die Romane mit Dieben, Räubern und Mör dern aller Art bevölkert, die ihr Handwerk so ekelhaft-mechanisch, so unpoctisch-zunftmäßig, so aller Romantik baar und ledig treiben, daß sic das Interesse des Lesers in keiner Weise in An spruch nehmen. Fragen wir nun, wie es möglich ist, daß den noch dergleichen Romane so häufig gelesen werden, daß in manchen Leihbibliotheken von vielen der selben Doublcttcn sich befinden, so gibt es zwei Antworten darauf. Einmal besteht ein großer Theil der Leser derselben aus Leuten, die keine andere Erholungslectüre kennen, als die in Rede stehende, und zweitens trifft man Biele an, und diese gehören zu der beklagcnswerthestcn Klasse, welche nichts Besseres lesen wollen, weil Das, was ihnen dergleichen Romane bieten, ihrem Ge schmack, dem Grad ihrer Bildung und wohl auch zuweilen ihren eignen Neigungen entspricht. Auf ihre Phantasie, die sich so leicht nicht aufstacheln läßt, wirken gerade die entsetzlichsten Blut- und Schauerscenen am vortheilhaftcsten ein, und je mehr gemordet, geraubt und überhaupt gcbvsc- wichtert wird, desto angenehmer werden sie er wärmt, desto behaglicher wird ihre Stimmung. Diese Leute bekehren zu wollen, hieße tauben Oh ren predigen. Für sie haben wir diesen Aufsatz nicht geschrieben. Aber freuen würde es uns, wenn cs uns hier und da gelingen sollte, Noman leser der zuerst genannten Art auf eine bessere Lectüre aufmerksam zu machen. Wir behalten es uns vor, in einem späteren Artikel die neueren und neuesten Romane der bessern Gattung, soweit wir diese selbst haben kennen lernen, einer kurzen Besprechung in diesem Blatte zu unterwerfen. Wir hoffen, dadurch manchen Leuten nicht gerade den schlechtesten Dienst zu leisten. Vermischtes. Der „Fränkische Merkur" bringt Folgendes: Vor den Rebus ist keine Rettung mehr! Nach dem sie uns in den Journalen lange verfolgt haben, dringen sie nun gar in die Gesellschaften. Die geistreichen Leute plaudern in den Salons nicht mehr, sie zeichnen — Rebus; ja man führt NcbuS auf, wie sonst Charaden oder lebende Bil der, und wir sehen es kommen, daß nächstens ein speculativer Theater-Direktor Rebus darstcüen läßt, Und diese.Rebusmanie zieht sich wie die Cholera durch ganz Europa; am ärgsten wüthet sie in Wien und in Paris. In der letztem Stadt, die nun einmal die Moden angibt, hat man an gefangen, Rebus aufzuführen, z. B. folgenden: Ein Herr erscheint mit einem Buche unrer dein Arme, auf dem man liest: fZ,«,/.-. Ein anderer Herr ist als Abb.' gekleidet und hat ein Glas mit Lisanc in der Hand. Zu diesen beiden ge sellt sich ein kleines Mädchen, das als Amor ge- kleider ist. Was bedeuten liess drei Personen? — // r' .ss Za. Z'aaiaa,'. (//Za./.. — Z'aööe /r.aass/' — Zssmo»,'.) In Berlin hat kürzlich die Thcarcrwuih einem jungen Manne aus sehr achtbarer Familie einen argen Streich gespielt. Um sich Billets zu einigen Operu-Borstellungcn, worin die beruhmic Sophie Löwe sang, zu verschaffen, richtete er ein Gesuch um drei Billets im Namen eines Künstlers an das Billctverkaufsbureau. AlS er dort erschien, um dieselben abzuhvlen, wurde sein Betrug entdeckt und die Sache den Gerichten an gezeigt. — Als der junge Kunstnarr in das Gc- fangniß abgeführt wurde, um höchst erbaulichen, einsamen Betrachtungen sich hinzugcben, soll cr mit bkwundcrungswürdigiin Pathos und unnach ahmlicher Eeberde ausgcrufen haben: „O Sophie, Sophie!" Der den Gefangenen begleitende Po- lizcidiencr soll dabei 2Z Thränen und der Kerker meister eine eZt//o ganze vergossen haben. Auch wollen Nahestehende gehört haben, wie ihm die Worte entschlüpften: „Sire, geben Sie Theater feeiheft!" Weiter ist nichts dabei passtet. Als ohnlangst die Mutter der Königin von Spanien, Madame Munnoz, zur nachträgli-t en Feier ihres Geburtstages aut einem ihrer Lust schlösser ein prächtiges Fest gab, siel ein alter Herzog beim Corrouscl von seinem hölzernen Pferde und verletzte sich den Kopf. — Das allbekannte deutsche Sprichwort bewährt sich leider noch immer bis auf die heutige Stunde, welches da heißt: Alter schützt vor Lhorheit nicht. Bekanntlich machte vor etwa einem halben. Jahre ein Herr Sloman in Hamburg in den Zeitungen bekannt, daß cr in diesem Jahre von Hamburg aus eine Reise um die Welt untcr- tcrnehmen werde. Indem cr zur Thcilnahmc an dieser Reise cinlud, bemerkte cr zugleich, daß die Dauer der Fahrt auf zwei Jahre festgesetzt sei. Mit großer Genauigkeit waren alte Anhaitcpunkle auf der ganzen Reise unter Angabe der Tage, die man an jedem Orte zuzubringen gedenke, bezeich net. Jetzt erklärt Hnr Sloman, daß die Reise dieses Jahr nicht zu Stande komme, weil sich nicht genug Theilnchmer dazu gefunden. Wir hsbcn gleich Anfangs daran gezweifelt, daß das Unternehmen zur Ausführung kommen werde, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil wohl nur wenige Menschen durch die Gunst des Geschicks unabhängig und vermögend genug sind, um einer Expedition, wie der in Rede stehenden, Theil nehmen zu können. Den Wenigen nun,