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WWEerMebla« Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „WUsdrufser Tageblatt" erschein! werltags nachm. 4 Uhr. Dezugspr. monatt 2 NM. srei Hans, bei Posibeslcllung t.M RM zuzügl Bestellgeld Einzelnummer lv Rps Alle Postanstaltcn, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeit Be- ,, . st-llungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt sllk Wilsdruff U. UmaegeNd sonstiger Bctriebsstörun. gen besteht lein Anspruch '— ' — aus Liescrung der Zei ¬ tung oder Kürzung dcS Bezugspreises. 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Mörz Beim Völkerbundssekretariat ist am Sonnabendabend das Telegramm der französischen Regie rung eingctrosfcn, in dem wegen der deutschen Maßnah men in der entmilitarisierten Zone die sofortige Einberu fung des Völkerbundsrates beantragt wird. Das Tele gramm der französischen Regierung ist sofort den übn- gen Mitgliedern des Völkcrbundsrates sowie der belgi schen und der deutschen Regierung mitgeteilt worden. Wie verlautet, wurde dabei an die deutsche Regierung die An frage aerichtet, ob sie sich bei der Prüfung der Angelegen heit vertreten lassen wolle. Der amtierende Ratspräsidcnt Vrnee (Australien) hat den Rat auf Freitag, 13. März, vormittags 11 Uhr, ein berufen. Auch die belgische Regierung hat den Völkerbundsrat mit der Angelegenheit befaßt. Sanktionen durch den Völkerbund? Die deutsche Denkschrift als „unannehmbar" bezeichnet. Ohne zu übertreiben, kann man sagen, daß die Er klärungen des Deutschen Reichskanzlers Adolf Hitler im Reichstage überall in der Welt wie eine Bombe einge schlagen haben. Mag man im Auslande hier oder dort zwar einen ähnlichen Schritt seit längerer Zeit erwartet haben, so ist die Überraschung doch sehr groß, weil die deutschen Erklärungen ganz plötzlich gekommen sind. Die Folge dieser Erklärungen war ein geschäftiges diplo matisches Treiben in den Hauptstädten Europas, besonders aber zwischen den Negierungen der L o ca rn o m ä ch t e. Ganz groß war die diplomatische Tätigkeit der Pariser Regierung, der es sichtlich un angenehm war, daß der Führer so klare und kennzeich nende Worte über das Wesen des Bündnisses Frankreichs mit dem Moskauer Bolschewismus ausgesprochen hat. Das halbamtliche französische Nachrichtenbüro Havas kündigte daher bald nach den Beratungen in den fran zösischen Regierungskreisen an, das; die französische Negierung den Völkerbundsrat in seiner auf den 10. März festgesetzten Sitzung mit der „einseitigen Kündigung des Locarnovertrages" durch das Deutsche Reich befassen werde sowie mit den Maßnahmen, die sie infolge dieses Schrit tes zu unternehmen gedenke. Später meldete das halb amtliche englische Nachrichtenbüro Neuter aus Paris, daß die französische Regierung sogar beabsichtigen soll, in Gens internationale Sanktionen gegen Deutsch land zu fordern. Sie wolle die Entscheidung des Völkerbundsrates anrufen, daß wirtschaftliche und finan zielle Sanktionsmaßnahmen gegen ein Land ergriffen werden sollen, das einseitig internationale Verpflichtun gen auflöst. Die durch das Deutsche Nachrichtenbüro wiedergegebene Meldung der Reuter-Agentur schließt: Wie erinnerlich, sei diese Entschließung in Stresa nach der Verkündigung der deutschen Wehrfreiheit im März letzten Jahres ausgestellt worden. Der französische Außenminister Flandin Halle sich, nachdem er vom französischen Botschafter telephonisch über die Mitteilung der Reichsregierung wegen des Locarnovertrages in Kenntnis gesetzt worden war, ins französische Ministerpräsidium begeben, um mit dem Ministerpräsidenten Sarraut Rücksprache zu nehmen. An dieser Besprechung nahm der Kriegsminister General Maurin, Staatsminister Paul-Boncour, Minister Mandel und der französische Generalissimus Gamelin teil. Erst später hatte Flandin Besprechungen mit den Vertretern der Locaruomächte und mit dem Sowsetbotschafter. Am Sonntagvormittag trat unter dem Vorsitz des Präsidenten der Französischen Republik ein Ministerrat zusam men, der sich mit dem deutschen Memorandum befaßte. Wie es heißt, hat der Ministerrat die deutsche Denk schrift als unannehmbar bezeichnet und be schlossen, den Völkerbundsrat anzurufen. Der Kriegs- miuister erstattete Bericht über die Sicherungsmaßnahmen sowie über die von der Regierung ungeordneten Truppen bewegungen. Ähnlich wie in Paris fanden anch in Brüssel nach dem Eintreffen der deutschen Denkschrift Besprechungen der zuständigen Minister statt. Im Gegensatz zu der Hal tung der französischen Regierung wurde jedoch in unter richteten politischen belgischen Kreisen erklärt, daß die bel gische Negierung sich bemühe, die neu entstandene Lage in aller Ruhe zu beurteilen. Man meint in Brüssel zwar, daß man die einseitige Aufhebung des Locarnovertrages vurch Deutschland grundsätzlich nicht billigen könne, daß aber die Vorschläge Hitlers andererseits „sehr interessant* seien. In den Kreisen des belgischen Parlaments wird größtenteils die Ansicht vertreten, das; es für die belgische Politik das beste sei, sich nicht einer neuen Gestaltung der Sicherung des europäischen Friedens zu verschließen. Der belgische Ministerpräsident van Zeeland hat im übrigen die belgischen Botschafter in London, Paris und Rom beauftragt, sich mit den Regierungen in London, Paris und Rom in Verbindung Hu setzen. Ksnsmnz der LocmmWe Den Nachrichten aus London zufolge, wird die durch den deutschen Schritt geschaffene neue politisch? Lage von der englischen Negierung einer ruhigen und sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Der englifche Außenminister Eden stattete dem Ministerpräsidenten Baldwin in seinem Landhaus Chequers einen Besuch ab, um mit ihm die aufgeworfenen Fragen zu erörtern. Während des Wochenendes fanden ferner Besprechungen mit den anderen Ministerkollegen Edens statt. Für Montag wurde eine Sitzung des englischen Kabinetts einberufen. Wie aus Paris gemeldet wird, wird der englische Außenminister Eden nach dem englischen Ministerrat am Montag sich nach Paris begeben, um einer Ein ladung der französischen Regierung zu folgen. Ob auch der italienische Unterstaatssekretär Suvich nach Paris kommen wird, stand am Sonntag noch nicht fest. Wahr scheinlich wird an seiner Stelle der italienische Botschafter in Paris, Cerutti, an der Konferenz der Vertre - terderLocarno-Mächtein Paris am Dienstag teilnehmen. Hierzu wird aus Paris gemeldet, daß die französische Regierung voraussichtlich die im Pakt vor gesehenen Sanktionen in Genf gegen Deutschland be antragen wird. Wie aus sranzösischcn Regierungskreisen verlautete, habe die französische Regierung von einigen europäischen Hauptstädten Zusicherungen in bezug auf eine Unterstützung dieser Forderung erhallen. Im übri gen wird aus der Umgebung des französischen Kriegs- Ministers mitgeteilt, daß keine Truppenbewegungen im Innern Frank reichs veranlaßt worden wären. Wie aus Washington gemeldet wird, sieht man die Lage in Europa mit Ruhe an. Durch den Schritt Deutschlands sei kein zwischen Deutschland und den Ver einigten Staaten von Nordamerika bestehender Vertrag verletzt worden. Man hofft in Washington, daß die fried liche Haltung Hitlers in Frankreich hoffentlich doch ver standen werde, und daß seine Bemühungen um die Fest legung des Friedens in Europa in der Welt günstig ausgenommen werde. Gleichberechtigung und Verständigung. „Hitlers Rede ist die Einleitung einer neuen politischen Epoche für Europa und die ganze Welt." Der Satz steht im Stockholmer „Aftonbladet", einem liberalen Blatt. Vielleicht trifft er am besten den Kern der Regierungserklärung des Führers und Reichskanzlers insofern, als er sinngemäß einen Schlußstrich unter die Versailler Periode der europäischen Geschichte zieht. Dem Ausland, insbesondere den Regierungen der westlichen Mächte, ist die Änderung des Statuts von Locarno nicht unerwartet gekommen; englische Blätter haben gerade in den Wochen der Pariser parlamentari schen Verhandlungen über den französisch-bolschewistischen Militärpakt wiederholt darauf hingewiesen, daß die Kün digung von Locarno, ja, eine Wiederbesctznng der deut schen Garnisonen in der entmilitarisierten Zone den Deutschen durch den eindeutigen Charakter des Moskauer Militärpaktsystems geradezu nahegelegt werde. Insofern ist einsichtigen Attslandskreisen auch der Ein zug deutscher Regimenter in die alten Friedensgarnisonen keine allzu große Überraschung gewesen. Man bat sich dort angesichts der Entwicklung der französischen Außen politik, besonders seit dem 3. Februar (Londoner Kom- muniguö), seit Stresa, seit der „Verurteilung" Deutsch lands in Genf vom 17. April und vor allem seit der Unterschreibung des Moskauer Militärpaktes durch Laval vom 2. Mai 1935 immer wieder gefragt, wie lange Deutschland gegenüber derartig konzentrierten Drohun gen noch die völlige Schutzlosigkeit eines großen Gebietes in seinem Westen hinnehmen werde. Es ist vielleicht auch vielen Deutschen erst durch die Ereignisse des 7. März 1936 wieder zum Bewußtsein gekommen, daß die ent militarisierte Zone, die Deutschland durch das Versailler Diktat aufgezwungen war, volle fünfzig Kilometer weit rechts des Rheines reichte. Das bedeutete, daß das Reich in einem Gebiet, das 15 Millionen Einwohner, also saft ein Viertel der deutschen Bevölkerung, und ein Fünftel des gesamten heutigen Reichsgebietes umfaßte, nur eine stark eingeschränkte Staatshoheit (Souveränität) ausüben konnte. Wer könnte daher nicht die stürmische Begeisterung der rheinischen Be völkerung beim Einzug der deutschen Truppen nach 18 Jahren teils fremder Besetzung, teils ständiger Be drohung nachempfindcn! Erst die große Tat vom 7. März 1936 hat dem Rheinland die wahre Befreiung gebracht. Man kann annehmen, daß die Organisierung der Gegenbewegung, die in Paris bereits am Sonn- abendvormittag nach Eingang der deutschen Denkschrift begann, vor allem mit dem Argument der „einseitigen Verletzung" des Locarnovertrages vom Jahre 1925 ge stützt werden wird. Über dis Frage einseitiger Verletzun gen von Verträgen ist angesichts der praktischen Ergebnisse der völlig willkürlichen Behandlung des Diktats von Ver sailles durch Frankreich innerhalb von 16 Jahren ernst hast nicht mehr zu reden. Frankreich selbst aber hat sich auch des letzten Anscheins einer Beweiskraft begeben, als es den Moskauer Pakt als den Ausgangspunkt eines ganzen Systems von Angrifsspakten unterschrieb, im vollen Bewußtsein der Unvereinbarkeit jenes Paktes sowohl mit der Völkerbundssatzung als auch mit dem Wortlaut des Locarnovertrages. Dazu kam aber als besonders erschwerend die ausdrückliche Bestim mung des Moskauer Paktes, nach der ohne jede Rücksicht auf Genf oder gar auf den Haag die Entscheidung über die Frage eines etwaigen Kriegsfalles sowie über die Frage eines etwaigen Angreifers völlig in das Be lieben Frankreichs gestellt wird. Der umfangreiche Rechenschaftsbericht, den das deutsche Staatsoberhaupt über die lange Liste der kon kreten deutschen Verständigungsvorschläge seit Beginn des Jahres 1933 vorlegte, hat den Beweis erbracht, daß die deutsche Friedenspolitik, die in dem großen europäischen Programm Adolf Hitlers vom 21. Mai 1935 (13 Thesen) gipfelte, von Frankreich mit der Vollendung der Ein kreisung Deutschlands beantwortet wurde. Es kennzeichnet diese beiden verschiedenen Welten der Auffassung, daß das bekannte letzte Verständigungsinterview Hitlers im „Paris Midi", in entscheidender Stunde gegeben, von d e r f r a n z ö s i s ch e n R e g i e r u n q a b s ich t l i ch bis nach der Annahme des Rnssenpaktes durch die Kammer dem französischen Volk verheimlicht wurde! Eiu politischer Sabotageakt, der auch der Welt draußen zu denken geben sollte. Die eigentliche und große Überraschung aber bei den Westmächten, von der wir zn Beginn sprachen, liegt in dem wahrhaft großzügigen, wahrhaft staatsmännischen neuen Programm, das Adolf Hitler in sieben Punkten vorlcgte — obwohl die erwähnte lange Liste seiner bisherigen Vorschläge volle drei Jahre hindurch v°u ?en heute noch maßgeblichen Kreisen Frankreichs, der politischen Advokatur, der Generalität und der Rüstungs ¬ industrie, grundsätzlich überhört oder bagatellisiert wurde. Diese Überraschung, die beispielsweise in englischen Kreisen einen nachhaltigen Eindruck hinterließ, äußerte sich bezeichnenderweise in Paris zunächst einmal in einer ge wissen Verärgerung und Nervosität. Sie ist um so begreif licher, als die eminent praktischen neuen Vorschläge Adolf Hitlers: die Einrichtung einer beiderseitigen ent militarisierten Zone im Westen, ein Nichtangriffspakt zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien ans nicht weniger als 2 5 Jahre, die Einladung an England und Italien zur Garantieübernahme, die Hinzuziehung der Niederlande, ein Lnftpakt, Nichtangriffspakte auch im Osten sogar unter Einschluß Litauens und schließlich die Bereitwilligkeit zur Rückkehr nach Genf, es der Gegenseite so gut wie unmöglich machen, sich mit einem Rein erneut als notorische Friedensstörer Europas bloßzustcllen. Dies um so weniger, als der stärkste Akzent der Regierungs ¬ erklärung Adolf Hitlers in jenen zwei Schlußformeln liegt, in denen nicht nur die Bedingungslosigkeit unseres Kampfes um unsere Ehre, sondern ebenso stark auch die Entschlossenheit hervorgehoben wird, „nun erst recht für e i n e V e r st ä n d i g n n g" zn arbeiten. Diese Einstellung Deutschlands gegenüber den ent scheidenden europäischen Aufgaben zeigt der Welt erneut, daß die deutsche Politik von einem friedlichen Geist be stimmt wird. Wie die Saarentscheidung die letzte terri toriale Streitfrage zwischen Deutschland und Frankreich beseitigte, so ist durch die Aufhebung der entmilitarisierten Zone einer der kritischsten Gefahrenherde in Europa ver schwunden. Keine schönere Ehrung konnte dem Heldengcdenktag des deutschen Volkes zuteil werden. Adolf Hitler hat Briands aus dem Versailler Geist gesprochenes Wort: „den Frieden organisieren" in die Praris einer im besten Sinne europäischen Verständigungspolitik über lebt.