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Hovcks Solderken. Gesckickllicke Skirre von Herbert LGlüter. Der König will kommen! Hundert Meter vor seinem Stabe hält General Dorck. Prüfend überschaut er die Fronten seiner Armee. Tadellos ausgcrichtet steht da Regiment neben Regiment, Fußvolk, Reiterei und Geschütz in endlosen Reihen;! und darüber lnstig flatternde schwarz-Weiße Lanzeufähnchcn, rauschende Fahnen, wehende Federbüsche... Ein schöner Anblick aus der Ferne, die Armee Aorck! — Aus der Ferne...§ Frierend in ihren zerschlissenen Monturen, aber froher! Erwartung voll, stehen die preußischen Soldaten im nässens Schnee. Die Stiefel zerrissen, die Sohlen mit Baud und Tuch-, ftreifcn notdürftig festgebunden, große andersfarbige Flicken m den verblichenen Uniformen, — eine Paradetruppe sind; sie nicht, diese kampferprobten Besieger des Korsen. Aber für all das hat Aorck heute keine Augen. In ihm! ist Freude: Der König will kommen! Will dem alten Dorck' die Hand geben — zur Versöhnung — nud ihm danken..^ Sinnend blickt er über das Weiße Feld. .Ja, Dank hat er wohl verdient für den bitterschweren Entschluß jener Dezembernacht! des Jahres 18l2 in der Mühle zu Tauroggen, da er, diej Sternenstnnde Preußens erkennend, nach härtestem Seelen-; kampf ohne königlichen Befehl auf eigene Faust gehandelt,! das NcutralitätSabkommen mit dem Russengeneral geschlossen^ und so die verborgen schwelende Glut der Frciheilsschnsucht> des preußischen Volkes zur heißen Flamme dieses heiligen! Krieges entfacht hatte. In der Ferne wird eine Ncitergruppe: sichtbar. Der König! Sjorck wendet seinen hochbeinigen Rappen. „Achtung!"! Kommandos gellen, ein Ruck geht durch die Reihen, Musik klingt auf. Noch einmal jagt Dorck in langgestrecktem Galopp an der vorderen Linie entlang, seine Augen leuchten. — Der. König! — Jetzt sprengt er seinem Herrn entgegen. Die Linke; reißt den Gcneralshut von dem weißen, wehenden Haar. Mit lauter, Heller Stimme erstattet er die Meldung. , Friedrich Wilhelms des Dritten blasses Gesicht bleibt unbewegt, flüchtig reicht er dem General die Hand und wendet' sich sogleich den Truppen zu. Dorcks Augen werden groß. — Kein Wort? Er folgt dem König, der an den Linien entlangreitet. Gestrafft stehen die Soldaten, die froststarren Hände um das' Gewehr geklammert, die Augen fest auf ihren König gerichtet. Der aber erwidert die Blicke nicht. Mit verkniffenem Gesicht mustert er die abgezehrten Gestalten in den zertragenen Mon turen, deren geflickte Dürftigkeit vor dem Hellen Hintergrund des weiten Schneefeldes noch unbarmherziger sich darbietet. Beim letzten Mann der ersten Linie pariert Friedrich Wilhelm sein Pferd. Mit abweisenden Augen wendet er sich dem General zu. Unfreundlich knarrt seine Stimme: „Bin nicht zufrieden, General! Leute schlecht geputzt und gekleidet!" Verständnislos starrt 'Zorck den König an. — Ein Tadel? Tadel für seine Tapferen? — Er sucht nach einer Antwort. „Ew. Majestät, die Strapazen des Winterfeldzuges..." Ungeduldig Winkt der König ab. „Nichts da! Habcn's ja selbst nicht anders gewollt, nun müssen's eben ertragen!" Lässig legt er dis Hand an den Mützenschirm, ein kurzes Neigen des Kopfes, dann sprengt er ohne Gruß an die Armee davon. Aorck starrt ihm nach. War das — alles? Kein Wort, kein freundlicher Blick für seine siegreichen Soldaten, — für ihn? Nur Tadel, kleinlich und ungerecht? Der alte Groll... „Haben's ja selbst nicht anders gewollt, nun müssen's eben ertragen." War dieses spitze Wort der Dank? Dank für — Tauwggen? Totenstille, grenzenlose Einsamkeit ist um ihn... Dorck friert plötzlich. Läßt mich wieder allein, Friedrich Wilhelm, denkt er, so wie du mich damals allein ließest, als ich mir in endlosen Nächten des Zagens und Wartens den Kopf zermarterte, als der russische General mich bedrängte die „Verbündeten" Fran zosen im Stich zu lassen, als ich um deine Entscheidung, deinen Befehl bat, ja, flehte und du die ungeheure Verantwortung, den Hochverrat, an dem das Schicksal Preußens hing, mich ganz allein tragen ließest, mich den Diener, du, der König. Und nun, da wir siegreich auf Frankreichs Erde stehen, ist das...das...der Dank? Er beißt sich auf die Lippen, lacht zornig auf. Er eitler Narr hatte nach Dank gegiert, nach einem gnädigen Wort aus königlichem Munde? "Verdammt, hatte er denn um des Dankes willen ...? Jäb reißt er sein Pferd herum. Da stehen seine Sol daten, still und stumm. Porck sicht sie an. Zehntausend Augenpaare sind auf ihn gerichtet, glühen und lodern. Ta löst sich allmählich sein Gesicht ans zorniger Verkrampfung. Bist du allein, General von Porck? — Zehntausend Augen» paare strömen eine Flut von Liebe und Tank über den alten, enttäuschten Mann und wärmen ihm das gekränkte Herz. Der General entblößt das Weiße Haupt. Seine Lippen beben. Gnade, Ungnade, Dank, Undank eines Königs, was gilt das noch? Dort, dort steht sa Preußen, dankt ihm sein Preußen durch des Volkes beste Söhne für seine freie Tat, die der erste Schwertbieb, der erste Atemzug der Freiheit gewesen! Und mit einem Male — wkr hat's zuerst gerufen? — braust ein Hurra auf, und alle, alle stimmen ein, schwingen die Gewehre, die Säbel, die Mützen, jubeln begeistert ihrem Baler Borck gi. Immer aufs neue erhebt sich das Rufen lind umbrandet den General, der mit ernsten, gütigen Augen dankend nach allen Seiten grüßt. — Langsam wendet er den Kopf. Dort reitet der König mit seinem Gefolge. — Ter Jubel will nicht enden: „Vater Borck, vivat. unser Borck, Hurra!" Hörst du's, Friedrich Wilhelm? denkt Borck, und er lächelt. V«ö »der Made!? Eine vorweihnachtliche Geschichte von Otto Karstädt. Die Gelehrten können das noch nicht vorausbcstimmen; Gerhart konnte es und war doch erst fünf Jahre alt, nein jung, — fünf Jahre klein und klug! „Wenn du recht artig bist, sollst du zu Weihnachten ein Brüderchen bekommen", Hal die Mutter gesagt und ihn dabei lieb an sich gedrückt. „Jst's denn schon wieder Weihnachten?" fragt Gerhart überrascht. Wie die Zeit vergeht, das Hal er nicht recht bemerkt, denn sein Roller vom vorigen Heiligen Abend fährt noch immer in gehorsamen Bogön um jede Straßenkante herum, und sogar ein fester Holzwagen hat einem Sonnennmlaus seit dem Julfcst getrotzt, mit ehrenvollen Wunden und Schrammen zwar, aber er ist noch so erhalten, daß es erst Pfingsten zu sein brauchte. Die Feste scheinen sich aber danach nicht mehr zu richten. „Mutti, dann möchte ich doch lieber ein Kinder-Fahrrad. Fritz Baumann seins ist entzwei, darauf kann ich nun nicht mehr fahren!" Mutter lacht so herzlich, daß Vater hereinsragt: „Kann man da nicht« mal ordentlich mitlachen?" Und schon lachen beide und schütteln sich; Erwachsene sind manchmal jo spaßhaft, daß sie lachen, wo mit bestem Willen kein Grund vorhanden ist. Der Vater findet aber den bekannten Vorschlag zur Güte: Vielleicht wünscht sicv Gerhart lieber eine Schwester? Denn ein Brüderlein oder ein Schwcsterlein möchte der Weihnachtsmann diesmal gern bringen. Wenn's dann nicht nach Gerharts Wunsch ausfällt... ja, dann würde der gute Knecht Ruprecht schon noch was dazu legen: ein richtiges Kraftboot mit richtig brennender Kerze darin, ein Auto, das nirgends herunterfallen kann... ein Zweirad, das sei allerdings viel, neben einem Brüderlein oder Schwesterlein. Ob denn nicht das Rad anstelle des Brüderleins oder der kleinen Schwester treten könne, daneben dann das Boot mit richtiger Kerze... Nein, es war einfach zu wählen! Ein Brüderchen? — Hm, so ein Bruder könnte einem bei stehen gegen die größeren Jungens, Mädchen hauen nicht ordent lich zu oder gar nicht! Ein Schwesterchen? — Mädchen hauen aber auch nicht wie der, sind nicht so stark, daß sie gefährlich werden können, helfen gern beim Spielen, Bauen; Mädchen gehorchen ihrem großen Bruder, Buben tun das nicht. Und wenn Schwesterchen noch klein ist, ißt es nicht soviel wie ein Junge und gibt gewiß eher etwas ab, Schokoladenlveise... Kinder sind schnelleren Entschlusses als die Großen/ die alles hin und her wälzen und erst hundertmal von allen-sieben Seiten ansehen. Also sagt Gerhart' ..Eine Schwester!" „Gut gewählt!" Was die andern so von chr-:. Weihnachtswünschen erzählen, kann mit GcrhariS Neuigkeiten nicht mit. Alles, in der Stcrn- stratze stanni: eine Schwester oder einen Bruder, und wenn's falsch lrijst, sogar noch ein Boot dazu. WaS sind die Wunsche -der andern dagegen! Fritz Baumann sagt nur noch: „Ich habe Dich unmer aus meinem alten Rad fahren lassen, Lasur läßt du mich mit deinem neuen Zweirad fahren... Ist denn .das Motorboot groß genug, daß wir beide Larin sitzen können?" Tas sind seltsame Vor-Wcihnachien. Vater geht ernst um- "her, singt keine Liedes vom Weihnachtsmann, Ler morgen kom men soll. Auch der grimme Knecht Rupprecht poltert nicht herein. Mutti aber ist gar nicht zu sehen. Sie wird doch nicht krank sein? Gerhart hat überall gehcimnisschwer von seinem besonderen Weihnachtsgeschenk gcwcissagt, jetzt scheint ihm Brüderlein oder Schwcsterlein in weite Osterfernen gerückt. Allein als Junge im Hause herrschen, ist zwar auch schön und dankenswert ge wesen. Nun er es aber ausposaunt, muß ihm Loch ein Wech- nachtsgeschwistcr unter den Tannenbaum gelegt werden, soll seine fünfjährige Männerchre nicht ernsthaft Schaden leiden! Und endlich — die Kameraden haben sicher schon alle Be scherung zu Hause gefeiert — eine Hoffnung: Gerhart fall zur Mutter kommen, Mutter liegt gerade zu Weihnachten im Bett. Mutti würde ihn auch krank nicht im Sich lassen. Wo bleibt nur das Weihnachtskind? Da liegt es neben der Mutter — ein Brüderchen! Der Vater steht am Bett: „Nun, Gerhart, es ist nun doch keine Schwester, dafür habe ich aber schon telephonisch ein Zwei rad für dich bestellt, und da steht das Motorboot.mit richtiger Kerze." „Sei lieb zum Brüderchen!" 'agt Mutti. „Es ist nun mal kein Mädelchen!" Gerhart aber strahlt: „Der Junge ist ja ganz richtig!" „Was. das Brüderchen ist ganz richtig?" „Ja, ein Schwesterchen vollts ich eigentlich. Aber dann habe ich beim Weihnachtsmann das Brüderchen bestellt, weil ich doch das Zweirad bekommen sollte, wenn unser Weihnachrs- kind kein Madel wäre!" Die Glock« von Hermannsbrrrg. Eine heitere geschichtliche Erzählung von Oskar G. Foerster. Christian Breyban, der Bauernpfarrer von Hermanns-- bürg, las noch einmal das Schreiben des herzoglichen Kammer rates. Der Schluß dieses Briefes trieb dem Pfarrer die Zorn-' röte in die Stirn: „... und verbieten wir Euch aufs strengste^ den Herrn Herzog noch einmal mit solchen Eingaben um Eure' Glocke zu incommodieren." Wütend zerknüllt Herr Brchban das Papier und warf eK in die Zimmerecke. Für kostspielige Reisen nach Versailles und für allerlei Luxus an seinem Hof hat der Herzog Wilhelm von Celle immer Geld. Aber eine arme Baucrngcmeinde, deren Kirche seit vierzig Jahren keine Glocke mehr hat, darf ihn nicht „incommodieren!" Anno 1640 war es, als die Kroaten das Land brandschatzten, die Höfe verwüsteten, das« Vieh forttricbcu und die Glocken der Kirche in Kanonen um- schmolzen. Und seit jenen furchtbaren 'Tagen schweigt der Turm der Hermannsburger Kirche, weil die Bauern zu arm sind, eine neue Glocke gießen zu lassen. Der Landesherr aber lehnt die Bitte der Gemeinde ab... Christian Breyban kennt diese Not aus eigenem Erleben. Seine Vorfahren saßen als freie Bauern seit zwei Jahr hunderten auf dem Hof, den der Pfarrer geerbt bat und an dem er zäh und treu hängt wie jeder Bauer im Torf. Noch liegen die Lasten des großen Krieges drückend auf Höfen und Bauernschaft, Abgaben und Steuern sind gestiegen, Not und Sorge verschonen niemand in der Gemeinde. Am nächsten Tag fährt Christian Breyban nach Celle. Vor dem herzoglichen Schloß läßt er seinen Wagen halten. Die erste Reichsseesportschule der Marine HI. geweiht. ?n Gegenwart von Vertretern der Reichskriegsmarine und des Reichsheeres wurde die erste Reichsseesporljchule der HH. in Prieros (Mark) durch den Reichsjugendführer Baldur von Schirach offiziell eingeweiht, nachdem der Lehrbetrieb bereits Mitte November ausgenommen wurde. Diese Schule,, die den Namen Evrch Fock trägt und nach deren Muster noch weitere eingerichtet werden sollen, dient der Heranbildung des Marine- Englarch führt Aegypten seine Macht vor. Ein englisches Bombengeschwader über der Zitadelle von Kairo — ein seltsamer Gegensatz zwischen uralter Kultur und moder ner Technik. (Weltbild — M.) Nachwuchses. — Marine-HI. vor dem Flaggenmast während der Einweihungsseicr. (Scherl Bilderdienst — M.) Nennungsrekord für die Winterolympiade Die 4. Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen haben eine Rekordbeteiligung zu verzeichnen: Rund 1000 Ak tive aus 28 Nationen werden am 6. Februar 1036 ihren Ein* zug in das Olympiastadion von Garmisch-Partenkirchen kaltem Unser Bild zeigt die Auslausbahn der Kleinen Olympiasprung* schanze in Garmisch-Partcnkirchcn, dem Schauplatz der Wintrr- olympiade. (Atlantic —