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Dilsdeutter Tageblatt I 3. Blatt Nr. 279. Sonnabend, den 30. November 1935 Klingende Stunde im Licht. Von Hans Zappe. Es ist nicht das Licht des Tages Und sind nicht die Sterne der Nacht, Ist nur ein heimliches Glimmen, Und bin doch aufgewacht. * Die Klampfe hat leise gesungen — Keine Hand hat die Saiten berührt —, Ein Schein ist ins Herz gedrungen Und hat das Lied aufgespürt. Nun klingt es im Kerzenschimmer Und bannt die dunkle Not So selig, als hätte nimmer Der graue Alltag gedroht. Und ist doch im Grunde das eine, Das Röslein in Eis und Schnee, Der Wunderglaube alleine: Gott wendet das heilige Weh. * Du wärmendes Licht im Winter, Du jauchzender Mund in der Nacht, Du Herzenseinfalt der Kinder: Advent — Advent hat die Tür ausgemacht! loovGachfenfahren zur Gee. Eine Aor-lan-fahrt auf dem Urlauberschiff «.Der Deutsche^. (Fortsetzung und Schluß) Am Montagmittag, am 9. September, 12 Uhr, waren Mr von Bremerhaven wcggefahren und am Dienstag in den Abendstunden tauchte die norwegische Küste auf. Am Mittwochmorgen tat sich uns die Eigenart der norwe gischen Alpenwelt an der Nordsee auf. Bei der Einfahrt in die Fjorde anfangs flache Inseln, meist nicht "der nur spärlich bewohnt, Felsenklippen ohne Pflanzen- ivuchs, an denen die Brandung sich bricht, in der Ferne die im blauen Dunst stehenden über zweitausend Meter hohen Berge, um das Schiff her Mövenschwärme, eine leichte Brise, die Land- und Seegeruch vermischt, dazu Sonnenschein und sehr weite Sicht. Wir durchfuhren den Bömmelen-, Langennen- und den Hjeltefjord und fuhren dann in den Sognefjord, einrr der größten und schönsten Fjorde, ein. Eine eigenartige Stimmung legte sich auf die Urlau ber angesichts dieser neuen Welt, die in keiner Hinsicht an die Heimat erinnert. Diesen Eindruck, von einem großen Überseedampfer aus auf diese Bergriesen mit ihren Glet schern, Schluchten, grünen Matten, weit verstreut liegen den Ansiedlungen schauen zu können, um sich das klare schwarzgrüne Wasser des Fjords, dessen User manchmal als auf etwa hundert Meter ancinanderrücken. Von den Ufersiedlungen kommen Boote heran, die mit ihrer Bau art an die Wikingerboote erinnern; die Boote waren be setzt mit zwölf- bis vierzehnjährigen Jungen und Mädel, die uns oft mit „Heil Hitler!" begrüßten. Die Einfahrt in den Näröh-Fjord bildete den Anfang unserer schönsten Fahrerlebnisse. Es fehlen die Worte, um die Schönheit dieses Fjords zu beschreiben; ZU beiden Seiten 1500 bis 2000 Meter hohe Berge, die von emem schmalen Uferrand fast senkrecht emporsteigen, ab und Zu sicht man die Rinnen jetzt trockener Wasserfälle, die nur Während der Schneeschmelze Wasser führen. Neben- uorde schneiden ins Land, dahinter die Bergriesen mit weißen Häuptern. An den Ufern, manchmal auf frühere Gletscher abMsse (Moränen) gebaut, umgeben von grünen Wcidefleichcn, einzelne Gehöfte oder Siedlungen, deren Bewohner mit uns Grüße austanschten; auf den Weiden Rindvieh oder Ziegen. Bis zu etwa 800 Meter Höhe Baum- oder Knieholzbestand, sonst nackter Fels in den eigenarüigsten Formen. AV wir in den Näröh-Fjord einfuhren, stieg Peer- Ghnt-Stimmung auf; Musik aus dieser Wort- dlchtunl, Ibsens und Tondichtung Griegs, den beiden größten Geistern des Nordlandes, klang leise zurück von den au f wenige Meter hcranrückenden Felswänden, eine Werhe- und Huldigungsstunde an den nordischen Geist. Selten hörte man in diesen Stunden ein Wort der Unter- ?Eunsg unter den tausend Menschen; die Uferfelsen, immer Hoher aufragend, zogen langsam an uns vorbei. In dieser Stimmung fuhren wir in den Abend hinein, bis die Dr mkelheit den Vann brach, in dem wir stundenlang gefang enthalten worden waren. Käppn Petermöller dankte den § Zachsenfahrcrn für die Würdigung dieser schönen Stund en damit, daß er außerplanmäßig im Abendsonnen- schein in den Auerland-Fjord einfuhr, einem Sei- wnfjoted des Näröh-Fjordes, der diesem an Schönheit wenig nachsteht. ? Zei der Durchfahrt durch den Sogne-Fjord begegnete Uns , .Monte Sarmiento", mit zweitausend KdF-Urlau- Advent - Zeit seliger Milte, stiller HcmlWeit. Arbeiten, bei denen man nur Freude empfindet. — Ad ventskalender machen die Fenstrrchen auf. — Urväter glauben, Urvätersitte in unsvren heutigen Feiertags- bräuchw. Adventszeit! Welch mäch tigen Zauber birgt dieses Wort! DieAugen derKinder strahlen Heller, wenn das Wort „Weihnachten' fällt, das als leuchtendes Ziel am Ende dieser er wartungsfrohen Wochen steht. Aber auch den Er- Wachsenen teilt sich die kind- liche Freude mit, und zwar um so mehr, je me-hr sie mit Kindern zu tun haben. In erster Linie natürlich unseren Frauen und Müttern. Schon früh befällt die frohe Unruhe der Adventszeit ihre Herzen, um sie schließlich mit der fort schreitenden Zeit so vollkommen zu beherrschen, daß sie kaum einen Gedanken haben, der nicht Weihnachten be trifft. Eine herrliche Zett ist das doch, wo die Gedanken darum kreisen, wie man seinen Nächsten Freude be reiten kann! Fleißige Hände helfen dabei, die Gedan ken zu verwirklichen. Aber wie verschieden ist diese Arbeit in der Adventszeit von der anderer Zeilen. Zunächst die Weihnachtsarbeit! Das ist keine Arbeit, die drückt oder lästig ist, nein, gute Gedanken begleiten sie und die Freude, daß ein anderer sich über sie freuen wird. Oder die W e i b n a ch t s b ä ck e r e i zu Hause! Das ist keine Hausarbeit, das ist ein Fest, besonders wenn Kinder dabei sind. So stark ist der Zauber dieser Weihnachtsvorberei tungen und so unfehlbar ihr Eindruck auf Kindergemüter, daß noch manchmal nach vielen Jahren und Jahrzehnten nur eine Kleinigkeit dazu gehört wie der Duft von Rosen wasser oder frischem Honigkuchen, um mit einem Schlage die selige Adventszeit der Kinderjahre wieder lebendig werden zu lassen. Ein sehr wichtiger Tag zu Beginn der Adventszeit ist der N i k o l a u s t a g am 6. Dezember. Da kommt der Nikolaus in der Nacht persönlich zu den Kindern, um den Wunschzettel zu holen und ein paar Weihnachts näschereien zu hinterlassen, wenn die Kinder artig ge wesen sind. Für die ganz Braven ist manchmal auch ein Adventskalender dabei mit so vielen Fenstern, wie Tage bis Weihnachten sind. Jeden Tag macht nun das er wartungsvolle Kind ein Fensterchen auf, bis keins mehr da ist: dann ist Weihnachten. Die Erinnerungen an Weih nachten sind stets die schönsten Kindheitserinnerungen, oder sollten es wenigstens sein. Die heitere oder trübe Grundstimmnng eines Kindes hängt viel davon ab, ob es frohe oder freudlose Weihnachtserinnerungen hat. Nnd darum sollten wir Frauen auch dafür sorgen, daß nicht nur unsere eigenen Kinder die Weihnachtssreude erleben, sondern daß auch dieKinderarmerVolksgenos- sen einmal im Jahr eine ungetrübte Kindersreude haben. Es gibt keine bessere Gelegenheit, wahre Volksgemein schaft zu verwirklichen, als das Weihnachtssest. Viele alte Polksbräuche werden in der Adventszeit im Volke lebendig nnd legen Zeugnis dafür ab, wie eng unser christlichstes Fest mit altgermanischem Kull verschmolzen ist. Es ist kein Zufall, daß unser schönstes Fest in die dunkelste Zeit des Jahres fällt. Als die Germanen zum Christentum bekehrt wurden, gab eS mancherlei Reibungen und Abfälle, Rückkehr zum Glau ben der Väter. Erst dann war die Ausbreitung des Christentums in Germanien gesichert, als die christliche Kirche in kluger Erkenntnis den alten Germanen, die sehr am Hergebrachten hingen, ihre heidnischen Feste und Bräuche ließ und sich damit begnügte, ihnen einen christ lichen Namen und Sinn anzuhnngen. Die überragende Bedeutung unseres Weihnachtsfestes, die keineswegs i« anderen Ländern ebenso groß ist, erklärt sich allein aus der ebenso überragenden Bedeutung, die einst das Fest der Wintersonnenwende bei unseren Vorfahren innehatte. Wie in unserer christlichen Adventszeit, so erwachte auch bei den Germanen in den Wochen vor dem großen, Wotan geweihten Fest ein reges Leben im Volke. Galt doch diese Zeit mit ihren kurzen Tagen und schier endlosen Nächten, ihren Stürmen und ihrer tiefen Schneeruhe für eine be sonders schicksalsschwere Zeit, in der die Götter den Menschen näher erreichbar waren als sonst. Zog doch Wotan selbst auf seinem Schimmel, begleitet von anderen Göttern, durch die Lande. Aus dem Wotan ist Knecht Ruprecht geworden, der den Nikolaus der christlichen Kirche «ns seinen vorweihnachtlichen Wanderungen be gleitet, der Weihnachten selbst als Spender auftritt und damit für die Kinder zur Hauptperson des Festes wird. In manchen Gegenden, besonders aus dem Lande, ist die Beziehung der Adventszeit zum alten Wotansglauben noch sinnfälliger. Man läßt den alten Germanengott selbst als Schimmelreiter oder in Pferdegestalt erscheinen, allein oder von einem Bären oder Bock begleitet, zieht er als Kinderschreck über das Land. Aus die besondere Be deutsamkeit der Adventszeit gehen die alten Bräuche der Schicksalsfragen zurück. In der Thomas- und in der Andreasnacht kann der Mensch Fragen an die Zukunft! stellen: ob man das kommende Jahr überlebt, ob ein Mädchen heiraten wird und ähnliches. Ein gegen die Tür geschleuderter Schuh, ein krähender bzw. nicht krähen der Hahn sollen diese Fragen beantworten. Daß ein so tief im Volke verwurzeltes Fest tiefsten! Eindruck ausübt, ist verständlich. Die christliche Kirche hat das ihrige getan, dem Fest einen christlichen Inhalt zu geben und seine Bedeutung zu vertiefen. Wie kein an derer Gegenstand der Bibel ist dafür die Geburt des Heilands geeignet. Gott schenk! den Menschen als Zeichen seiner Liebe und Gnade den eigenen Sohn! Wie leuchtet diese Gnade durch das Dunkel der Winternacht, macht unsere Herzen froh und hell. Zündet Kerzen an, die Kerzen des Adventskranzes, damit es auch um uns licht werde! vern auf der Heimfahrt begriffen; herzliche Begrüßnnff ans beiden Seiten. Auf der Rückfahrt fuhren wir die gleiche Strecke zu rück und durch den By- und Selbjörns-Fjord, trafen am Donnerstagmorgen, vor Bergen, dem am stärksten beleb ten Seehafen Norwegens, ein, und nahmen dann unseren Weg durch den Haügesund in die Nordsee hinein. Am Abend passierte uns auf der Hinfahrt in die Fjorde das Urlauberschiff „Sierra Corboda" und später das Urlau berschiff „Oceana". Von beiden Schiffen fahren zur Be grüßung Raketen hoch, beide Schiffe taghell be leuchtend, an den Seiten brennen bengalische Feuer, ins Wasser werden Zeitbomben geworfen, die mit dump fem Dröhnen Hochgehen, Sirenenheulen, laute und herz liche Be-grützung beiderseits, und langsam ziehen die schwimmenden Lichterstädte, mit tausenden froher Men schen besetzt, aneinander vorbei. In der Nacht zum Freitag verschlechtert sich das Wetter; es trübt sich ein, Wolkenbänke schieben aus Süd westen heran, der Wind verstärkt sich, der Wunsch der un erfahrenen Landser nach Seegang wird laut, denn die sonst berggewohnten Sachsen wollen doch auch wirkliche Seefahrt erleben; ihr Wunsch ging in Erfüllung. Am Freitag er reichte der Wind eine Stärke von vier bis sechs, das heißt, es herrschte ziemlich grobe See. Böen! fegten über das Schiff, das jetzt ins Schlingern kam. Am Mittag blieben einige Tischplätze trotz dem schönen Essen unbesetzt, am Nachmittag noch mehr, sogar am „K uchen- tisch" fehlten zwei Drittel der an den schönen Tagen kuchenhunqrigen Mittelsachsen. Bis zum Abend wurde die See noch g'röber, sogar das Abendessen konnte einen großen Teil der die „christliche Seefahrt" herbeigewünschten Sach sen nicht an den Tisch locken. In dem jedem Fahrtteil nehmer auf die Heimfahrt mitgegebenen Auszug aus dem Schiffstagebuch wird schriftlich bestätigt, daß an diesem Tage Windstärke vier bis sechs und ziemlich grobe See herrschte. Während dieses Sturmtages bekamen die Binnen länder einen eindrucksvollen Begriff von der Schwere des Kampfes um den Lebensunterhalt, den die Seefischer Jahr für Jahr bestehen müssen. Ihre Fanggebiete liegen meilenweit von der Küste entfernt, tagelang müssen sie manchmal fahren, um dorthin zu ge langen. Mit drei bis sechs Mann Besatzung, je nach der Größe des Loggers, sind sie tagelang den Gefahren der See ausgesetzt. Wir konnten mehrere Boote beobachten, die sich bei diesem Sturm „die Seele aus dem Leib schlingerten", wie der Seemann sagt. Man muß sich vorstellen, daß die Secfischer außer der Betreuung des Fahrzeuges bei einem solchen Welter auch noch ihre Fangarbeit erledigen müssen. Wenn wir im Binnenland am Tisch den. Hering verzehren, kömmt uns kaum der Gedanke, unter welcher dauern der Lebensgefahr diese sehr gesunde und billige Nahrung geborgen wird. Am Sonnabendmorgen gegen 2.30 Uhr legte „Der Deutsche" in Bremerhaven an; die Seefahrt der Sachsen war beendet. Ueberall hörte man Stimmen des Bedauerns, so schnell aus diesem sorgenfreien Leben, betreut von allen Seiten, herausgehen zn müssen. Die Erinnerung an diese schöne Zeit, die uns bis zum nächstem Urlaub Kraft gibt, den Anforderungen des Lebens am Arbeitsplatz zu ge nügen, bleibt in uns mit dem Vorsatz: im nächsten Jahr möglichst wieder eine Seereise. Die Sparkarte der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" bietet uns die Möglichkeit dazu, die wir reichlich ausnutzen werden. — Die Plätze zum letzten Frühstück an Bord sahen ans wie Weihnachtstische; an jedem Platz stand eine große Pappschachtel, die eine reichhaltige Reiseverpflegung für die Heimfahrt enthielt, und beim Verlassen der Zoll abfertigung wurde uns jedem noch eine große Tüte mit frischem Obst von KdF-Warten in den Arm gedrückt. Nachdem wir von Bord gegangen waren, dankte« wir dergefamten Besatzung für ihre fürsorg liche Betreuung, die sie jedem Urlauber angedeihen ließ; wir haben das Verhalten der Besatzung uns gegenüber als echte Betätigung der Volksgemeinschaft aufgefatzt, deAhatb kam der Dank der Urlauber aus voble-m Herzen. Unserem Führer, der dieses große Werk der Freude schuf, um das uns die ganze Welt beneidet, und