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ArMM-öturOhrt Ms Kl Nordsee. Der Abschluß der Flottenmanöver. Die große F l o tt en b e s i ch t i g u n g bei Helgo land durch die Arbeitsfront hat wegen des Sturmes ab gesagt werden müssen, aber die Flottenübungen gingen trotzdem weiter. Die libungen der deutschen Kriegs marine in der Nordsee sind jetzt abgeschlossen. Als am Freitagnachmiltag als letzte Einheit die 3. Torpedoboot halbflottille, Chef Korvettenkapitän Meendsen-Bohlken, aus Curhaven einlief, behauptete sozusagen jeder an Bord des „Tiger", „Iltis", „Wolf" und „Jaguar" mitgefahrene Pressevertreter, die Fahrt über die Nordsee sei ihm herr lich bekommen. Es wehte „Knbinngen", wie der Seemann zu sagen pflegt. Windstärke 9 bis 10, also richtiger Stnrm. Ein ganz vortrefflicher Anschauungsunterricht für alle, die es nicht begreifen können, daß die in der Zeit der jetzt beendeten Manöver geplante große Flottenschau für ein Publikum von über 20 000 Köpfen mit Rücksicht auf diese Volksgenossen der arbeitenden Front abgesagt worden war. Schon am Mittwoch hatte die Nordsee ihr Veto ge sprochen. Ans dem Linienschiff „Schlesien" hatten über kommende Seen sogar die fingerdicken Scheiben der Kom- mandobrücke hoch oben eingeschlagen. Ein wenig hatte an diesem Freitag der Stnrm schon nachgelassen. Aber die sogenannte hohle See wühlte noch immer riesige Wellen berge in weißem Gischt auf. Da hinein bohrten nun die Torpedoboote tief ihre Nasen oder sie bäumten sich hoch auf, warfen sich auf die Seite und taten überhaupt so. als seien sie der Korb eines Fesselballons im Gewittersturm. Es regnete nicht. Stundenweise schien sogar die Sonne. Aber der Signal meister des Führerbootes „Tiger" bekam den Befehl: „Heitz L. F.!" (Die Flaggen L. F., Langsame Fahrt) für die Flottille, weil bei Volldampf die Boote das Wasser unterschneiden und dann kentern würden. Man mutzte es schon aushalten. Wenn die Seen bis über die Kommando brücke überkamen, man also kübelweise natzgeschüttet wurde, brauchte man den Regen nicht zu vermissen. Selbst verständlich waren die Offiziere in der bei solchem Wetter üblichen Gesellschaftstoilette, ältestem Bordjackett mit Grünspan-Achselstücken, Sweaters, Handtuch um deu Hals, die Mannschaften an Deck in Ölzeug und Seestiefeln. Trotz des Stnrmes machte ein Filmoperateur der Ufa seine Aufnahme. Es müssen grandiose Bilder sein, die er vom „Tiger" aus von „Iltis", „Wolf" und „Jaguar" ausnehmen konnte, die zwischen Wellenbergen verschwanden, vom Wasserschwall überfegt wurden, hoch aufstampften oder sich ächzend ans die Seite warfen. Dienst bei jedem Wetter, das Hohelied von unserer Reichs marine, die Männer ausbildet, die im Erüstfall auch etwas leisten können. Beim Feuerschiff „Elbe IV" ging es noch mit dem Seegang, bei „Elbe I" aber dachte mau schon an die Ver ¬ sicherungssumme für seinen irgendwo festgezurrten Reise- koffcr. Es war eine Frcndc, bei einer solchen Sturmsahrt zu beobachten, wie unsere Torpedobootsleute mit der größten Selbstverständlichkeit und Dienstfreudigkeit ihre Pflicht tun, als sei Windstärke 10 ein Fest. Man atmete auf, als endlich am Nachmittag — nur langsamste Fahrt war möglich — Wangcroog quer ab lag und etlichen Windschutz gewährte. Nun nahm die Jade die Boote auf, das Wasser wurde immer ruhiger, da sab man schon die Schocke wo eine am Ufer zum Empfang bercitstand. Der Halbflottillenchef, Korvettenkapitän Meendsen-Bohlken, verabschie dete sich nach dieser letzten Fahrt durch Flaggenspruch von seinen Leuten. Der Hcrbststellcnwcchscl bringt eine neue Besatzung. Von der bisherigen Mannschaft des Führerbootes, Kommandant Kapitänleutnant Wolf, kommen nicht weniger als 60 Prozent auf die Unler offizierschule, der beste Beweis für ihre Fähigkeit und treffliche Ausbildung. Es sind im wahrsten Sinne sturm erprobte Seemänner. Heimreise der Torpedoboote. Nach Abschuß der Flottenmanöver hat die UI. Torpedo-» boothalbslottillc ihre Heimreise nach Wilhelmshaven an» getreten. — Die Schiffe auf der Fahrt. (Weltbild — M.) Sklei-lerle Tilgung der Ehestands- deihilsen. Die Ehestandsdarlehen werden zinslos ge geben und sind mit 1 Prozent zn tilgen. Nach der Geburt eines jeden Kindes werden 25 Prozent des Darlehns- betrages erlassen. Außerdem kann nach der Geburt eines Kindes Aussetzung der Tilgungszahlen auf die Dauer eines Jahres gewährt werden. Nach einem neuen Er laß, der nach einer Meldung des „India" in diesen Tagen an die Finanzämter hinausgehen wird, wird die Tilgung noch mehr erleichtert; sie beträgt danach nicht nur 1 Prozent des ursprünglichen Darlehnsbetrages, son dern 1 Prozent desjenigen Betrages, der nach Abzug des Erlaßbetrages für das Kind vom ursprünglichen Dar lehensbetrag verbleibt. Der Zweck der bezeichneten Er mäßigung besteht darin, den Ehepaaren die Möglichkeit zu geben, die Tilgung auf eine größere Zeit zu erstrecken und infolgedessen einen größeren Betrag durch die Geburt eines Kindes erlassen zu erhalten. Vor dem Abschluß eines Waren- unb Zahlungsabkommens mit Polen. Seit etwa acht Wochen finden in Berlin mit der polnischen Regierung Verhandlungen über den Abschluß eines Waren- und Zahlungs- ab kommens statt. Diese Verhandlungen haben nun- mehr weitgehend zu praktischen Ergebnissen geführt. Die polnische Abordnung ist nach Warschau zurückgekehrt, um ihrer Negierung über den Stand der. Verhandlungen Be richt zu erstatten und ihre Entscheidung in einigen grund sätzlichen Fragen einzuholen. Die Frage der einge frorenen polnischen Guthaben hat bei den Verhandlungen keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Grundsteinlegung zur AeichssteuersHule in Herrsching. Der Reichsfinanzministcr spricht. Bei herrlichem Herbstwetter fand nahe bei Herr sching am Ammersee der erste Spatenstich zum Gebäude der R e i ch s st e u c r s ch u l e statt. Die Be grüßungsansprache hielt Staatssekretär Reinhardt. Hierauf legte Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk den Grundstein, nachdem er in einer Ansprache betont hatte, daß der Ausbildung und Schulung des Bcamtennachwnchses besondere Aufmerk samkeit gewidmet werden müsse, und daß die Gründung der Reichssteuerschule zeige, wie ernst die leitenden Männer der Neichsfinanzverwaltung es mit der Aufgabe der Heranbildung eines entsprechenden schlagkräftigen Nachwuchses nehmen. Der Reichsfinanzminister unter strich weiter den S p a r w i l l e n d e r N e i ch s f i n a n z- verwaltung und die Notwendigkeit, daß die Beamten schaft und insbesondere ihr Nachwuchs von Treue zu Volk und Führer erfüllt sein müsse. Das Fest aus der Mes'n in vollem Gang. Der Beginn des Münchener Oktoberfestes, des traditionellen Volksfestes der lebensfrohen Stadt an der Isar, das Heuer sein 125jähriges Jubiläum feiert, wurde auf der Thcrcsicnwiese durch drei Böllerschüsse verkündet. Zwei geschmückte Portale weisen auf die große Tradition des Oktobcrfestes hin, das im Zeichen der Ver bundenheit zwischen Stadt und Land steht. Nach dem malerischen Auszug der Wiesenwirte wurde ein Ehreufaß angestochen und den Ehrengästen der gefüllte Maßkrng kredenzt. Dann bewegte sich ein von Fanfarenbläsern angeführter Festzug, der die an den Wicscnrenncn be teiligten Gruppen zeigte, an den Tribünen vorbei. Darauf begann das Rennen. Aus allen Teilen des Reiches werden Sonderzüge nach München fahren. Die Reichsbahn rechnet einschließ lich der Sonderzüge der NSG. „Kraft durch Freude" mit hundert Sondcrzügcn. Ser größte Rundfunksender der Welt. In Zeesen bei K ö n i g s w n st e r h a u s e n fand das Richtfest der dort erstehenden Großsendeanlage statt, die — noch größer als die Station Nauen — die größte der Welt werden soll. Bis zum Frühjahr hofft man, den Zeesener Großsender so weit fertig zu haben, daß die Kurzwellensendungen mit ihm ausgenommen' Werden können. Der Großsender besteht aus zwölf mit Richtstrahlantennen versehenen Masten von je 100 Meter Höhe, auf denen gleichzeitig auf elf Kurzwellen in elf verschiedenen Sprachen gesendet werden kann. -- Die Rückgliederung des Saarlandes macht es Deutsch land zur Pflicht, die'bessere Versorgung des nunmehr end gültig deutschen Gebiets mit deutschem Rundfunk beschleu nigt in die Wege zu leite». Zu diesem Zweck wird im Saarland von der Deutschen Reichspost an einer noch zn bestimmenden Stelle ein Rundfunksender mit eine r Telepho n ielei st ungvon 17 Kilo watt ausgestellt werden. Für diesen Sender wird unter Ein Haltung der Bestimmungen des Luzerner Rundfunkver« träges die Welle 1249 Kiloherz (240,2 Meter) verwendet. Da der Sender erst im Jahre 1936 fcrtiqqestcllt fein kann, wird auf der genannten Welle vom 23. September an ein behelfsmäßiger Rundfunksender mit einer Telephonie» leistung von 0,7 Kilowatt mit einem Teil des regelmäßi gen Programms in den Dienst gestellt. In etwa vier Monaten wird dieser Sender durch einen anderen vor läufig benutzten Sender mit einer Telephonieleistung von 1,5 Kilowatt ersetzt werden, der in der Lage sein wird» das volle Programm anszusenden. Vereidigung des Bischofs von Mainz. Am Wochenende erschien der ncuernannte Bischof von Mainz, Professor Dr. Stohr, im Amtsgebäude deS Reichsstatthalters in Hessen, nm den vorgeschriebenen Treueid zu leisten. Nach der Vereidigung erfolgte eine zwanglose Unterhaltung, in deren Verlauf der Bischof seinem Wunsche aus ein herzliches Zusammenarbeiten zwischen Kirche und Staat Ausdruck gab. FAF - V L - vrkoberrsektsckutr: küak Türme« Verlag, Hall« (Zsale). s53 In ihrem Bedürfnis zu trösten, sagte sie es so be deutungsvoll, daß es Lorenza auffallen mußte. Mit Augen, die von Tränen verschleiert waren, sah sie die Kleine an, die an ihrem Halse hing. „Haben Sie eine Vermutung, wer das Schreckliche getan haben könnte?" fragte sie hastig. Ein Verdacht, den sie mit sich herumtrug, stand wieder vor ihr, bedrängte und quälte sie. Aber es war und blieb eine heikle Sache, bei einem so schweren Verbrechen gegen jemand Verdacht zu äußern, wenn man dafür keinen Beweis besaß. Dietlinde lag es auf der Zunge, einen Namen zu nennen; aber noch rechtzeitig fiel ihr ein, wie sie heute vormittag von Doktor Schütz gelobt worden war, weil sie zu keinem Menschen von ihrem Verdacht gesprochen, nicht einmal zu ihrer Mutter. Und ihr fiel auch ein, es wußte hier niemand etwas über den wirklichen Grund ihres heutigen Vormittagsbcsuchs in der Kreisstadt. Sie wollte und mußte also auch weiter Schweigen be wahren, und so antwortete sie leichthin: „Ich habe keinen Verdacht; ich fühle jedoch, der wirkliche Schuldige wird bald gefaßt werden." Lorenza flüsterte: „Ich aber habe einen Verdacht, doch wage ich nicht, ihn auszusprechen." Sie machte sich von der Jüngeren frei, sagte abgerissen und überhastig: „Ver gessen Sie bitte, was mir eben über die Lippen kam! Ich bin völlig überreizt, und man soll niemanden mit einem so entsetzlichen Verdacht belasten, wenn man nichts Sicheres gegen ibn Vorbringen kann." Das Mävelchen mit dem hellbraunen Lockenhaar wehrte mit leichter Handbewegung ab. „Zu mir dürfen Sie sagen, was Sie wollen, Lorenza — ich kann sehr gut schweigen. Vielleicht tut es Ihnen aber gut, wenn Sie Ihren Verdacht, den sie niemand gegenüber zu äußern wagen, wenigstens mir verraten. Falls ich Ihnen keine Antwort gebe auf das, was Sie mir sagen werden, können Sie annehmen, ich denke genau so wie Sie, Lorenza! Und das dürfte Ihnen vielleicht schon ein bißchen helfen in Ihrer Not." Lorenza besann sich nicht erst, ein Name wollte sich un gestüm über ihre Lippen drängen. Sie gehorchte dem inneren Zwang, neigte sich nieder und flüsterte den Namen in Lindels Ohr. Drei Silben hatte der Name nur, aber das kleine Ohr schien ihm noch immer nachzulauschen, nachdem er schon lange ausgesprochen und kein Hauch mehr davon zurück geblieben. Dietlinde war es, als klänge er überlaut durch den Wald, wie von einem Hellen Horn hinausgeschmettert, der NaMe: Kurt Exner. Sie sah Lorenza an, aber ihre Lippen preßten sich dabei fest aufeinander, ganz fest. Sie mußte ja schweigen. Lorenza erwiderte den Blick der Jüngeren, und das lange, tiefe Schweigen war beredter als viele Worte. In dem Schweigen verstanden sich beide völlig. Die Tränen in Lorenzas Augen waren plötzlich wie von unsichtbarer Hand weggewischt, und auf ihrem Gesicht lag ein Hoff nungsschein, über den sich Linde! freute. Es war windig heute, und ab und zu ging ein Rauschen durch die hohen Bäume. Wer das Rauschen, die Sprache der Bäume, richtig zu deuten wußte, dem blieb nicht ver borgen, was Lorenzas Mund hauchleise ausgesprochen. Ein kurzer Name wurde von Zweig zu Zweig geworfen wie ein Ball, und bald erfuhr der ganze Wald, was noch wie ein Geheimnis war zwischen den beiden Mädchen. Kurt Exner, hüte dich! Was schon der ganze Wald weiß, wird nicht mehr lange Geheimnis bleiben! Lindel hängte sich mit ihrem rechten Arm in den linken Lorenzas, und still schritten sie nebeneinander her. Sie dachten beide an dasselbe, und es war, als hielten sie stumme Zwiesprache, denn ab und zu schauten sie sich an mit ernstem Lächeln. Einundzwanzigstes Kapitel. Kurt Exner war voll fieberhafter Unruhe. Hätte er nur den verschlossenen Umschlag herbeischaffen können, dann wäre ihm ganz anders zumute gewesen. Aber das rätselhafte Verschwinden des wichtigen Dokuments setzte seinen Nerven böse zu. In das Arbeitszimmer konnte»er nicht gelangen, es war polizeilich verschlossen; aber er war sich auch endgültig darüber einig geworden, in dem Zimmer befand sich das von ihm so sehr Gesuchte bestimmt nicht. Wie ein Er trinkender an einen Strohhalm, so klammerte er sich an die Hoffnung, der Zufall hätte den Umschlag vielleicht auf eine Weise verschwinden lassen, daß er nie mehr, zum Vor schein käme. Damit suchte er sich zu trösten, sich Mut zu machen, wenn er innerlich jammervoll zusammensackte. Aber eigentlich glaubte er nicht recht an solchen Zufall. Wenn das schwerwiegende Papier verschwunden blieb, war er der Erbe von Michaelshof; kam es zum Vorschein, war er ein armer Schlucker, der wieder irgendwo draußen in der Welt herumabentenern mußte. Er saß in seinem Zimmer und hatte auch hier oben gegessen, denn ihm graute vor dem stillen Eßzimmer, in dem ihm die fischäugige Frau noch vor ein paar. Tagen am Tisch gegenübergesessen. Im Eßzimmer fürchtete er, sie leibhaftig zu sehen; zu deutlich sah er schon sonst überall ihr schwammiges Gesicht, über dem das rötliche Haar mit dem verblaßten Ansatz zu eigen farblos wirkte. Er hatte nicht viel gegessen, aber mehrere Gläser Wein getrunken. Von dem schweren Burgunder, den ihm Frau Sabine wohl nur an einem Festtag hingestellt hätte. Das Küchenmädchen Meta hatte ihm aufgetragcn; aber als er geklingelt, um abrüumen zu lassen, erschien Hannchen. (Fortsetzung kolat.)