Volltext Seite (XML)
Grabschändung in der Potsdamer Kriedenstirche. Bubentat in der Königsgruft — Front- kämpferkrenze von Fahnen ab geschnitten. In Potsdam wurde nachmittags von Besuchern der F r i c d e n sk i r ch e festgestellt, daß in der Gruft des historischen Gotteshauses, in der Friedrich Wil helm lV. und seine Gemahlin Elisabeth ruhen, bis her unbekannte Täter versucht hatten, das Eiserne Kreuz von den die Särge deckenden Metallplatten zu entfernen. Ferner wurde sestgestellt, daß von zwei Fahnen die erst vor einiger Zeit befestigten Front- kämpferehrcnkrcuze abgcschnitten worden waren. Die Potsdamer Kriminalpolizei hat sofort die erforderlichen Ermittlungen cingeleitet. Die Polizei vermutet, daß hier ein Andcnkcnjäger am Werke Ivar. Zu dieser gemeinen Tat werden noch folgende Einzelheiten bekannt: In der letzten Zeit schändeten Vubenhände die im Marly garten stehenden M a r m o r p l a stik e n, den „Knaben mit dem Vogel nest" und die „Wasserschöpferin", ohne daß man der Täter habhaft werden konnte. Jetzt wurde nun, vermut lich von derselben Bnbenhand, in der Friedens kirche das Vernichtungswerk fortgesetzt. Dort stehen unter dem Auferstehungsengel die Sarkophage, in denen Friedrich Wilhelm IV. und seine Gemahlin Elisa beth ruhen. Die beiden am oberen Ende zusnmmcn- gelöteten Särge sind von Metallplatten bedeckt, auf denen das Eiserne Kreuz, die Lieblingsdekoration des Königs, angebracht ist. Dieses Eiserne Kreuz hat man mit scharfen Gegenständen vom Metall zu lösen versucht und bereits angehoben. Der Täter scheint bei seiner Arbeit im letzten Augenblick gestört worden zu sei». Die Fahnen, das Feldzeichen des Königin-Elisa- beth-Garde-Grenadier-Regiments, dessen Chef die Königin war, und die Fahnen des aufgelösten Königsgrenadier- Regiments Friedrich Wilhelm IV. aus Stettin, der ein zige Schmuck der Gruft, lagen hinterdenSärgen auf dem Erdboden. Von zwei von ihnen waren die erst kürzlich daran befestigten Frontkämpfer- ehrcnkreuzc a b g e s ch n i t t e n worden. Ob der Täter das Ehrenkreuz an der dritten Fahne nicht gesehen hat oder ob er in der Eile nicht mehr zum Abschneiden des Kreuzes kam, ließ sich vorläufig noch nicht feststellcu. Tausends vsu Memeldeuifchen gaben Lehrer Schirrmann das letzte Geleit. Das unmenschliche Verhalte» der litauischen Behörden. - Das Kirchdorf Plicken (Kreis Memel), in dem der in dem litauischen Zuchthaus verstorbene Deutschen führer Schirrmann als Lehrer angestellt war, hatte noch nie ein solches Begräbnis gesehen. Von nah und fern Waren Ta useudevonMe melländern zusämmen- geströmt, um dem beliebten und überall geachteten Lehrer, dessen Tod auf das Verhalten der litauischen Behörden zurückgeführt wird, das letzte Geleit zu geben. Wo die litauischen Polizeiorgane den Zustrom der Menschcn- massen nicht gestört haben, ist es auch zu keinen Zusammen stößen der erregten mcmelländischcn Bevölkerung, ins besondere der Bauernschaft, mit den litauischen Elementen gekommen. Der eindrucksvolle Begräbniszug war mehrere Kilometer lang. Die Erregung in der memelländischen Bevölkerung über den Fall Schirrmann ist um so größer als nunmehr bekanntgeworden ist, daß die in dem litauischen Zucht haus befindlichen m e m e l l ä n d i s ch e n K a m e r a d e n des Schirrmann sofort nach feinem Tode bei der Zucht- hausverwaltung den Antrag gestellt haben, an der Leiche des Freundes eine stille Andacht abhalten zu dürfen. Die litauische Zuchthausverwaltung hat selbst diese Bitte rücksichtslos abgeschlagen. Ferner ist bekannt geworden, daß Schirrmann in dem Zuchthaus in Mariampol etwa 14 Tage krank gewesen ist und der zuständige Arzt von vornherein die sofortige Überführung nach Kowno zwecks Overation anaeordnet batte. Die litauische Gefängmsverwättung hat HeJen Antrag abgelehnt. Der Kranke ist erst abtransportiert worden, als er sich in einem bewußtlosen, also völlig hoffnungs losen Zustand befand. Der ganze Fall stellt eine furchtbare Anklage gegen die litauische Herrschaft dar. Man darf dabei niemals vergessen, daß Schirrmann völlig un schuldig abgeurteilt worden ist. Stabschef Lutze weist -ie Verleumouug der SA. zurück. Scharfe Antwort an die konfessionellen Hetzer. Stabschef Lutze gibt zu der konfessionellen Hetze gegen die SA. folgende Erklärung ab, in der er die Ver- * leumdungen entschieden zurückweist: „Wie bereits in der Tagespreise mitgeteilt wurde, ist die von staatsfeindlicher Seite gegen die SA. inszenierte konfessionelle Hetze kläglich zusammengebrochen. Die sofort eingelcitetc Untersuchung der ruchlosen Tat hat einwand frei ergeben, daß der Täler die Kirchcnschündung nur zu dem Zwecke begangen hat, um die SA. zu diffamieren. Auch dieser neue Fall zeigt dieselben Methoden, wie sic seinerzeit gegen die SA.-Männcr des Hilfswerks Nordwest angewandt wurden. Es ist kein Zufall, daß diese verbrecherischen Verleumdungen gegen die SA. gerade im Münstcrlande und in West ¬ falen in Umlauf gesetzt wurden. Diese Fälle stehen nicht vereinzelt da. Sie sind Glieder in der Kette einer von gewissenlosen Quer treibern gegen den nationalsozialistischen Staat und seine Organisationen vorgetragencn systematischen Hetze, die zu brandmarken ich vergangene Woche in Münster gezwungen war. Uns Nationalsozialisten ist die Ehre höchstes Gut. Als verantwortlicher Führer der SA. lege ich schärfste Verwabrnng gegen die unerhörten Ver dächtigungen der SA. ein. Die SA. ist nicht gewillt, ihren Ehrenschild widerspruchslos beschmutzen zu lassen, und verlangt, daß die ganze Schwere des Gesetzes nicht nur diese Verbrecher treffen möge, sondern auch auf jene Hintermänner angewandt werde, als deren Werk zeuge wir die Täter auseben müssen." Richarb Slrauß als prüDeA -er Reichsmusittammer zurückgelreten. Der Präsident der Neichsmusikkammcr Dr. Richard Straus; hat deu Präsidenten der Reichskulturkammer Reichsminister D r. Goebbels gebeten, ihn mit Rück sicht auf sein Alter und seine augenblicklich stark ange griffene Gesundheit von seinen Ämtern als Präsident der N e i ch s m u s i k k a m m e r und als Vorsitzenden des Berufsstandes der Deutschen Kompo nisten zu cutbiudeu. Reichsminister D r. Goebbels hat diesem Er suchen stattgegebcn und Dr. Richard Strauß in einem persönlichen Schreiben seinen Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen. Gleichzeitig hat Reichsminister Dr. Goebbels den Generalmusikdirektor Professor D r. Peter Raabe zum Präsidenten der Ncichsmnsik- kammer und den Komponisten Dr. e. h. Paul Grge- ncr zum Leiter des Berufsstandes der Deutschen Kom ponisten ernannt. LhineWer Dampfer mit svv Passagieren gekentert. Wie erst jetzt aus Schanghai bekannt wird, ist am Freitag der Passagierdampfer „M a u l i" in der Nähe von Tinghai (Hangtschou-Äucht) mit etwa 5 0 0 Passa - gieren an Bord gekentert und gesunken. Während die Schiffahrtsgesellschaft am Sonnabend Verluste an Men schenleben in Abrede stellte, sind jetzt hartnäckige Gerüchte ini Umlauf, wonach über l 0 0 Todesopfer Zu ver zeichnen seien. Wie es heißt, ist das Schiff wegen ü b e r b e l a st u n g gekentert. Sin Skandal, -er einst -ieWelt SeWstiste Erinnerung an die Affäre Dreyfus. Mit der Nachricht von dem Tode des 77jährigen fran zösischen Oberstleutnants a. D. Alfre dDreyfus lebt noch einmal eine Affäre auf, die einst die ganze Welt beschäftigte und die der größte Skandal war, der die fran zösische Republik bis zum Kriege erschüttert hat. Die Alteren unter uns werden sich noch des Falls erinnern. Im September 1894 geriet dem französischen Spionageabwehrdienst ein für eine ausländische Botschaft bestimmtes Schriftstück, das berühmte „B o r d e r e a u", in dem Geheimnisse der französischen Rüstung, besonders über das Artillericmatcrial, verraten wurden, in die Hände. Bei Schriftvcrglcichnngen mit der Handschrift der in Frage kommenden Persönlichkeiten glaubte man eine ausfallende Ähnlichkeit mit der des Generalstabs hauptmanns Dreyfus feststellen zu können. Bei der Ver nehmung des Verdächtigen zeigte der bei seinen Kamera den übrigens außerordentlich unbeliebte jüdische Offizier eine so auffallende Unruhe, daß man den Schuldbeweis für gegeben hielt und ihn sofort verhaftete. Ein Kriegs gericht verurteilte ihn einstimmig zu Degradation und lebenslänglicher Verbannung in die Strafkolonie Gua yana. Die Degradation wurde in aller Öffentlichkeit vor Truppenteilen der Pariser Garnison vorgenommen. Jahrelang blieb es völlig still um Dreyfus. Plötzlich, im Jahre 1897, schuldigte der Bruder des Verurteilten, Mathien Dreyfus, den Major der Infanterie, Ester hazy, vor aller Öffentlichkeit an, das belastende Bor dereau selbst gefälscht zu haben. Im Jahr 1898 sah sich ein Hauptbelastungüzeuge, Oberstleutnant Henry, ge nötigt, zuzugestehen, daß er selbst das Borderau herge stellt habe, um den von ihm verdächtigten Dreyfus damit durch eine Überraschung zu überführen. Henry wurde verhaftet und beging im Gefängnis Selbstmord. Jetzt wurde ein Revisionsfeldzug cingeleitet, an dessen Spitze Männer wie Clemenceau, der Schrift steller Emile Zola — der sein berühmt gewordenes Buch „J'accuse" damals schrieb — und der Chef des Nach ¬ richtendienstes, Oberst Piquard selber, standen. Eine heftige Fehde entstand. Ministerkrisen wegen des Drey fus-Skandals jagten einander. Im Jahre 1899 endlich fand vor dem Kriegsgericht in Rennes eine neue Verhandlung statt, die aber wie derum zu einer Verurteilung des Hauptmanns, wenn auch diesmal nur zu 10 Jahren Gefängnis und Degra dation führte. Am 20. September des gleichen Jahres begnadigte der Präsident der Republik den erneut Ver urteilten. Die Parteigänger von Dreyfus beruhigten sich bei dieser Begnadigung aber nicht, sondern führten den Kampf für seine Rehabilitierung weiter. Endlich, im Jahre 1906, erklärte der Kassationshof die Anklage gegen Dreyfus als unberechtigt und bezeichnete das Urteil als einen Fehlspruch. Dreyfus wurde feierlich rehabilitiert, wieder in die Armee eingestellt und kurz darauf zum Major befördert. Er nahm dann nachher bald feinen Abschied, trat aber während des Krieges wieder ein und erreichte den Dienstgrad eines Oberstleutnants. Seit Ende des Krieges lebte er in völliger Zurückgezogenheit in Paris. xie r l l H ürbsbsriecbtscdutr: künt Dürme-Vorlag, Halls (8»«le). !34 Dann fuhren sie erfrischt weiter, nachdem Brigitte es jtzdoch erst durchgesetzt hatte, die Führung des Wagens von jetzt an zu übernehmen. Hanneli bewunderte Brigitte von Geldern. Wie sicher sie am Steuer des schweren, großen Wagens saß! Wie gewandt sie lenkte! Frau von Geldern lächelte befriedigt. Brigitte machte gute Figur. „Aber ich bitte dich, Kind, halte normales Tempo ein", mahnte Frau von Geldern, die wußte, daß Brigitte oft mals in ungeheurer Geschwindigkeit fuhr. Anfänglich glitt der Wagen in ruhigem Gleichmaß dahin. Dann aber schien Brigitte das langweilig zu werden. Stärker trat sie auf das Gaspedal. Achtzig — neunzig... zeigte das Tachometer. Graf Tieffenbach schaute Brigitte mahnend an: „Ich kenne diese Strecke, gnädiges Fräulein... Bitte, Mäßigen Sie das Tempo lieber! Es kommen einige ge fährliche Kurven." Brigitte aber packte der prickelnde Reiz der Gefahr. „Angsthase!" lachte sie Tieffenbach herausfordernd zu und gab noch mehr Gas. Allmählich näherte man sich dem Harz. Kaum, daß Brigitte bei der Fahrt durch Ortschaften ihr Tempo mäßigte. - Hanneli, die keine Ahnung vom Autofahren hatte, kam es vor wie ein Wunder, daß zwei so kleine, feine Hände wie die Brigittes einen so schweren Wagen nach ihrem Wille« meistern konnten. Noch einmal machte man eine Kaffeepause. „Wie herrlich Sie fahren, Fräulein Brigitte!" sagte Hanneli. Brigitte lächelte geschmeichelt. Graf Tieffenbach aber sagte in einer jähen Eingebung: „Das werden Sie auch alles lernen, gnädiges Fräu lein. Wenn es Ihnen Freude macht, stelle ich Ihnen diesen Wagen gern zur Verfügung." Brigitte von Geldern erblaßte, Hanna Mertens errötete. Was sagte Graf Tieffenbach da? Hanneli versuchte, die Aufmerksamkeit von sich ab zulenken. Wie immer bereitete es ihr auch jetzt Pein, sich in den Mittelpunkt gestellt zu wissen. Die gemütliche Stimmung schien bereits bedroht, denn auch Frau von Geldern gab diese Bemerkung Tieffenbachs zu denken, da sie ihr nur von neuem bestätigte, wie fest sich schon der Gedanke an Hanna in Graf Tieffenbachs Herz gegraben hatte. Graf Tieffenbach selber schien als einziger die Wir kung seiner Bemerkung nicht zu empfinden. Er machte aus seiner Neigung für die schöne Hanna durchaus kein Hehl mehr, deren ganzer Reiz, nun sie sich der entstellenden Kleidung wieder einmal entledigt hatte, auch in dem schlichten, Hellen Sportkleid ganz zur Geltung kam. Es war geplant, in Bad Sachsa über Nacht zu bleiben, um am nächsten Tage durch den ganzen Harz weiter zufahren. Aber man hatte immer noch eine gute Strecke bis Bad Sachsa vor sich, und deshalb drängte Brigitte, die auch wieder am Steuer des schönen Wagens glänzen wollte, zum Aufbruch. „Gnädiges Fräulein, wollen Sie mir wirklich nicht lieber die Führung überlassen? Wir bekommen jetzt bereits Steigungen und im allgemeinen gefährlichere Wege", sagte Graf Tieffenbach, während er Brigitte in ihr elegantes rotes Jäckchen half. „Aber Graf, wollen Sie sich über mich lustig machen? Ich bin mit meinem Wagen in die Schweiz gefahren, und mir ist niemals etwas passiert — nicht, Mama?" Brigitte war in etwas gereizter Stimmung. Sie fühlte doch, wie sie nur schwer ertragen konnte, daß Tieffenbach für diese „Gans", wie sie Hanna bei sich titulierte, so offensichtlich schwärmte. Während dieser Worte mühte sich Graf Tieffenbach um Hanna. Eine Falte des Mißmuts grub sich zwischen seine Brauen, als er das junge, schöne Geschöpf in der dicken braunen Jacke sah. Hanneli bemerkte seinen Blick Wohl, deutete ihn aber anders und errötete tief: „Frau von Geldern war so freundlich, mir auszu helfen", sagte sie stockend. „Ich hatte doch für solchen Zweck keine passende Kleidung..." „Oh, das macht's nicht, Gnädigste. Wir wissen doch, daß unter der Raupe der schönste Schmetterling steckt", erwiderte Tieffenbach schnell und galant. Frau von Gelderns Augen flackerten erregt. Auch in Brigitte kochte der Zorn. Ein Blick schoß hinüber zu ihrer Mütter. Wie lange muß ich mir dieses verliebte Geschwafel noch anhören?, fragten ihre Augen. Die Mutter atmete tief. Oh, wenn Brigitte jetzt schon ungeduldig wurde! Ruhe gehörte zu dem Plan, den sie vor halten — allergrößte oiplomatische Ruhe! Endlich war alles fahrfertig. „Bitte, Gnädigste, mäßigen Sie jetzt unbedingt das Tempo! Ich kann sonst nicht die Verantwortung über nehmen. Ich bin kein Angsthase, aber schließlich habe ich auch noch Gäste, für die ich Verantwortung trage — Ihre verehrte Frau Mutter und Fräulein Hanna...", mahnte Tieffenbach noch einmal. In Brigitte aber brannte glühende Eifersucht: »Ja, freilich — besonders Fräulein Hanna. Ein so kostbarer Schmetterling ist freilich unersetzlich", zischte sie höhnisch. Dann aber wandte sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Steuer zu, trat tief auf das Gaspedal, ohne sich noch um Tieffenbachs Warnungen zu kümmern. Und der Wagen brauste dahin, daß Frau von Geldern im Fond himmel angst wurde. (Fortsetzung folgt.)