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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt Nr. 120 — Freitag, den 24. Mai 1935 Lagesspruch Kaum fiel das Blatt vom Baum hernieder. Birgt schon die Knospe neues wieder; Steht er vor uns wie tot der Baum. Ruht in ihm still der Blütentraum. Mit höchster Weisheit ist bedacht Im Voraus längst die Frühlingspracht. Am 22. und 23. Ium: Drittes Deutsches Lugendsest. Volksfest der Jugend in allen Gauen. Das 3. deutsche Jugendfest wird am 22. und 23. Juni durchgeführt. Mit Spielen, Wettkämpfen und Son nenwendfeiern soll die deutsche Jugend aller Gaue die beiden Tage als Volksfest feiern. Im Nahmen des Ju gendfestes werden sich alle Jugendlichen vom 10. bis 18. Lebensjahr an sportlichen Wettkämpfen beteiligen. Das Wettkampfprogramm wird durch Feierspielc, Massenfreiübungen, Volkstänze und Znsatzwettkämpse er weitert und umrahmt. Den Mittelpunkt der Wettkämpfe bilden die Sportwettkämpfe der Hitler-Jugend. Das Deutsche Jungvolk und die Jungmädel führen ihre Wettkämpfe am Sonnabend, dem 22. Ium, dem Tagdes Deutschen Jungvolks, und die Hitler-Jugend und der BdM. am Sonntag, dem 23. Juni, dem Tag der Hitler-Jugend, durch. Die nicht der Hitler- Jugend und ihren Untergliederungen angehörenden Ju gendlichen nehmen als Einzclmchrkämpfer an sportlichen Wettkämpfen teil. Ihre Teilnahme ist aus Grund des Erlasses des Reichscrziehungsministcrs Pflicht. Die Wettkampfbedingungen sind einfach gehalten und erfordern ein Mindestmaß an sportlicher Eignung. Für die Altersstufe von 10 bis 14 Iahren bestehen die Übungen ans einem 60-Meter- Lauf, Weitsprung und Schlaghallweitwerfen. Für die 15- bis 18jährigen männlichen Jugend lichen bestehen die Bedingungen aus einem 100-Meter- lauf, Wcitsprung und Keulenwerfen. Die 15- bis 18- jährigen weiblichen Jugendlichen müssen dieselben Übungen ablcgen, lediglich an die Stelle des Keulenwerfens tritt das Schlagballweitwerfen. Einen besonderen Naum nehmen die Mannschaftsmehrkämpfe der Hitler-Jugend ein. Die Mannschaftsmehrkämpfe wer den in den Fähnlein, Gefolgschaften, Mädelgruppen und Jungmädelgruppen durchgeführt. Alle Jungenschaften innerhalb eines Fähnleins, alle Kameradschaften inner- balb einer Gruppe kämpfen miteinander um den Sieg. Die Mindeststärke einer Mannschaft beträgt: ein Führer 9 Pimpfe, 9 Hitler-Jungen oder BdM.-Mädel. Der tiuhrer oder die Führerin ist unter allen Umständen ver- pssichtet, an den Wettkämpfen teilzunehmcn. Die ausge- Leichneten Mannschaften erhalten eine Ehrenurkunde Mit der Faksimileunterschrift des Führers. Am Abend des 23. Juni schließt die Hitler-Jugend die beiden Sporttage mit gewaltigen Sonncnwcndfcicrn. Sie sollen das Gelöbnis erneuern, zu arbeiten und zu schaffen für das Land, dessen Schicksal bald auf den Schul tern dieser Jugend liegen wird. MkftM siir dkl MMM MmWI. Enthüllung einer Hindenburgbüste im Berliner Zeughaus. Dem Andenken des verewigten Generalfcldmarschalls v. Hindenburg galt eine Feierstunde, die der Reichs verband Deutscher Offiziere im Berliner Zeughaus veran staltete. Im Beisein der Familie v. Hindenburg und zahl reicher Offiziere der alten und neuen Wehrmacht wurde eine vom RDO. gestiftete Büste des großen Tote» in der Andcnkcnhalle des Zeughauses enthüllt. Inmitten der zahlreichen Erinnerungsstücke preußisch-deutscher Waffen taten, im Schatten der ersten Fahne des Bismarckreichcs, unter der Hindenburg als junger Offizier im Spicgelsaal von Versailles gestanden, hat das von Professor Lud wig Manzel geschaffene Kunstwerk Aufstellung ge funden. Die Weihestunde begann mit dem Anmarsch der Fah- nenkompanie, die vie Feldzeichen der Hinden burg-Regimenter — 3. Garde-Regiment zu Fuß, Oldenburgisches Infanterie-Regiment Nr. 91 und Infan terie-Regiment Gencralfeldmarschall v. Hindenburg Nr. 147 — nach dem Zeughaus brachte. Der Chef der Heereslei tung, General der Artillerie Frhr. v. Fritsch, der als Vertreter des Führers an der Feier teilnahm, und der Ver bandsführer des RDO., General Graf v. d. Goltz, schritten vor dem Zeughaus die Front ab. Die Fahnen wurden dann durch ein Spalier der im Lichthof angetre tenen Verbände in die Ruhmeshalle getragen, wo sie zu beiden Seiten des Rednerpultes Aufstellung nahmen. Dort hatten sich inzwischen die Ehrengäste eingefunden, unter ihnen die Militärattaches derjenigen Staaten, die im Welt krieg unter dem Kommando des Generalfeldmarschalls gestanden haben. In der vordersten Reihe nahmen die Angehörigen der Fa milie v. Hindenburg Platz. Nach einer Gedächtnis- rededesGeneralsGrafv. d. Goltz und dem ge meinsamen Gesang des Deutschland- und Horst-Wcssel- Liedes, spielte die Kapelle des Luftsport-Verbandes den Marsch des Hindenburg-Regiments Nr. 147. Die Teil nehmer begaben sich dann nach dem Andenken-Saal zur Büste Hindenburgs, an der acht Offiziere des sogenannten Hindenburg-Kartells, zu dem außer den drei vorher er wähnten Regimentern auch die Besatzung des Kreuzers „Hindenburg" gehört, mit gezogenem Degen vie Wache hielten. Neben dem Denkmal standen die Vercinsfahnen der Hindenburg-Regimenter und der Kreuzerbesatzung. Graf v. d. Goltz übergab nun die Büste dem Direktor des Zeughauses, Admiral a. D. Lorey, dann legten General v. Fritsch den Kranz des Führers, Graf v. d. Goltz den Kranz der RDO., und eine Abord nung des Hindenburg-Kartells Kränze nieder. Im An ¬ schluß an die Feier erfolgt ein Vorbeimarsch 'der Fahnen» kompanie vor dem Chef der Heersleitung und dem Vsr» bandsführcr des RDO. Eine neue Hindenburg-Büste. Im Berliner Zeughaus wurde diese von Professor Ludwig Manzel modellierte Büste Hindenburgs enthüllt. Das Werk ist eine Stiftung des Reichsverbandes Deutscher Offiziere. Die Krau und das Handwerk. Im Mittelpunkt des zweiten Tages der Arbeits tagung der Abteilung „Volkswirtschaft — Hauswirt- fchaft" im Deutschen Frauenwerk in Düssel dorf stand eine Rede des Rcichshandwerksmcistcrs Schmidt, die sich ausführlich mit der Zusammenarbeit von Hauswirtschaft und Handwerk beschäftigte. Dreifach ist die Bedeutung der Frauen für das Handwerk, so führte der Neichshandwerksmeister in seiner Rede aus, nämlich als Meisterfrau, als Handwerkerin und vor allem als Kundin. Dem stillen Heldentum der Meisterfrau in der Notzeit früherer Jahre verdankt das Handwerk un endlich viel. Wie die Bauernfrau, so teilt auch die Meister frau die beruflichen Sorgen des Mannes als treuer Kamerad. Es gibt viele Tausende von Frauen, die selbst einen Handwerksbetrieb führen oder als Ge hilfin im Handwerk arbeiten. Die Handwerkerin nen sind Gleichberechtigte in unseren handwerklichen Organisationen. Vor allem da, wo es auf einfühlende schöpferische Gestaltung ankommt, haben unsere Meiste rinnen große Aufgaben. Dreihunderttausend deutsche Frauen stehen als Meisterinnen, Gehilfinnen und Werktätige im Hanb- ' werk. In dem großen Dreiklang von Meister, Geselle und Lehrling erfüllen sie ihre Mission, die Verbunden heit der Handwerkerfamilie herzustellen, aus der jeder einzelne die Kraft und den Glauben an das Handwerk erhält. Die berufstätigen Frauen im Hand werk müssen die Zeichen der Zeit erkennen und sich ein gliedern in die Organisation des deutschen Hand werks, dessen Leistungen nicht darauf gerichtet sind, eine künstliche und daher vorübergehende Entlastung und Be lebung zu bezwecken, sondern dessen Ziel vielmehr auf weite Sicht eingestellt ist. Unser Ziel ist ein Handwerk der wirklichen Meister, und die nationalsozialistische Handwerksgesetzgebung hat uns die HsUshhabc dazu gegeben, in unablässiger Arbeit an uns selbst dieses Ziel zu erreichen — zum Wohle des Hand werks, zum Wohle der Frau als Kundin des Handwerks und zum Wohle des ganzen Volkes. 28 6OM3N von NeäwiZ leickmann Urheberrechtsschuß durch Lit. Büro „Das Neue Leben", Bayr. Gmain. (Nachdruck verboten.) Als sie durch den Wald schritt, vernahm sie den Huf schlag eines Pferdes. Leo? Nein, es war Baronesse Henni, die allein daherkam, mit roten, frischen Wangen und leuchtenden Augen. Eine große, zornige Bitterkeit erfüllte da Mariannes Herz. Wie konnte sie fröhlich und anscheinend sogar recht glücklich sein, während Edgar der ewigen Nacht entgegenging? Dann aber schämte sie sich ihrer Ungerechtigkeit. Viel leicht ahnte sie nichts von dem wahren Zustande ihres Ver lobten, wußte nichts von der schrecklichen Krankheit, die ihn bedrohte. Und wenn auch, wenn sie auch ganz klar sah, es durfte sie niemand dazu verurteilen, ein ganzes Leben lang dem Mohsin» zu entsagen. Baronesse Henni hielt ihr Pferd an und fragte er staunt: „Was treiben Sie hier, Fräulein Marianne? Wo kommen Sie her?" . »Ich war im Dorfe, wollte mit Doktor Weymoni sprechen, wegen Herrn Edgar." -Ist er kränker?" fragte Henni kurz. n »Ja. Wir hatten eine schlimme Nacht." Henni zog düster die fein gezeichneten Brauen zusam- raen und sah lange vor sich hin. Dann seufzte sie tief auf. ^7 »Es kann ihm niemand helfen. Auch Ihr Verwandter Acht. Er ist doch mit Ihnen verwandt, der junge Doktor Eymont. ^Nicht? — Sagen Sie mir: Wie eigentlich? Vet- K^Marianne errötete. Sollte sie Henni die Wahrheit Augen lagen mit spöttischem Ausdruck auf ihr, »0 Mißtrauen blitzte unverholen aus den schönen Sternen. Marianne vnch aus und meinte gelassen: „Das ist eine verwickelte Geschichte, die Sie sich von ihm selbst erklären lassen können. Sie kommen ja oft genug Mit ihm zusammen." Henni schwang die Reitgerte und bemerkte kühl: „Ich? Da irren Sie wohll" „Man sagte mir vorhin, Sie hätten mit Doktor Wey- mont einen längeren Spazierritt gemacht . . „Und wenn — geht das jemand etwas an?" Feindselig ruhten beider Mädchen Augen ineinander. Marianne entgegnete mit herbem Schmerze: „Vielleicht ging es jemand an —. aber der weiß nichts davon, der Arme." Mit kurzem Gruß schritt sie weiter und kam sehr er müdet im Herrenhause an. Als sie das allgemeine Wohnzimmer betrat, prallte sie zurück. Der Schirmständer aus dem Vorzimmer war in die Mitte des Zimmers gestellt worden, die Schirme waren ge- ösfnet und einer in den anderen gespießt. Edgar stand mit ernstem, wichtigem Gesicht dabei und drehte bald an diesem, bald an jenem Schirme. Marianne bezwang ihr tiefes Erschrecken und fragte sanft: „Was machen Sie denn hier, Herr Edgar? Mit leuchtenden Augen sah er sie an und erklärte eifrig: „Das ist mein neuester Apparat, kennen Sie ihn noch nicht? Er hat mir viel Kopfschmerzen verursacht. Aber nun bin ich so weit — nun ist es ganz klar. Meine allerneucste Erfindung. Mit ihr kann ich die Sonne stehen lassen oder machen, daß sie wieder rückwärts geht. Ganz nach Belieben. Wollen Sie haben, daß ich sie einmal stehen lasse? Eine ganze Nacht?" Er lachte spitzbübisch. „Die guten Leute werden sich wundern, daß es gar nicht Abend und Nacht wird. Immer Tag — immer Tag." Marianne stand bei ihm und half ihm drehen. Dabei war ihr Herz todwund. Der hübsche, ernste, junge Mann, der für eine hohe Stellung, eine geistige Lebensaufgabe ge schaffen schien, stand hier und spielte wie ein Kind mit Schirmen und baute daraus Apparate ... Christoph trat herein und brachte eine Erfrischung. Edgar stürzte sich hun grig darauf und flüsterte Marianne zu: „Endlich ist es mir gelungen, etwas Nahrung zu erhalten. 2Ä mußte meinen Diener bestechen. Man entzieht sie mir hartnäckig. Ich habe schon seit fünf Tagen nichts gegessen. Das würden Sie sicher nicht aushalten." Marianne schüttelte den Kopf und aß mit von den be legten Brötchen. Als der Diener die Schirme zusammenklappen wollte, sprang Edgar gereizt auf und verbot ausdrücklich, seinen Ap parat zu berühren. Er sei außerdem auch gefährlich. Dis Stoffe könnten leicht explodieren. Der Diener stand ratlos. Da bat Marianne: „Ja, ja, lassen Sie nur, Christoph, ich werde dann später schon selbst..." Edgar streichelte gerührt Mariannes Hand und sagte anerkennend: „Fräulein Marianne, Sie sind die einzige, die mich versteht. Gottlob, daß ich Sie habe." Gleich darauf verließ er voll Hast das Zimmer und dachte nicht mehr an seinen Sonnenapparat. — Marianne räumte die Schirme zusammen, und bittere Tränen rannen ihr dabei über die Wangen. — Glühende Augustsonne brannte über dem müden Lands, alles lag dürr und trocken, von einzelnen Bäumen flatterten vorzeitig kraftlose Blätter. Die beiden Geschwister Marianne und Leo trafen ein ander auf dem Feldwege zwischen Oelhütten und Dreiten- furt. Das erste, was Marianne ausfiel, war, daß der Bruder schlecht aussah, mager geworden das ernste Gesicht. „Leo, wo warst du? Ich hätte dich schon lange gern ge sprochen. Du mußt ja wochenlang fortgewesen sein. Was taten unterdessen deine Patienten?" „Die brauchen im Sommer selten einen Arzt. Ich hakte es aus verschiedenen Gründen in Oelhütten nicht mehr aus und versuchte, irgendwo anders unterzukommen. Ob es mir gelingt, ist noch zweifelhaft. Das soll sich erst entscheiden. Aber du, Marianne, du siehst aus, als benötigst du vor allem einen Arzt. Dein frisches Gesicht ist blaß. Wolltest du mich deinetwegen befragen?" Er schlang den Arm voll brüder licher Zärtlichkeit um sie, mit der anderen Hand führte er das Pferd. Marianne schüttelte den Kopf. „Nicht meinetwegen,. Edgar, der Sohn des Hauses ist schwer krank geworden." Marianne berichtete alle Einzelheiten. Leo schien schon ganz unterrichtet, wie seine dazwischengeworfenen Bemer«! Lungen bewiesen, ' (Fortsetzung fotzt.)