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Rundfunk von einst. Aus dem Berliner Prozeß. Im Berliner Rundfunkprozetz setzte Staatssekretär a. D. Dr. Bredow seinen Standpunkt zum „Fall Witte" ein gehend auseinander. Er sei sich mit den Leipziger Herren darüber klar gewesen, daß eine gedeihlich: Zusammenarbeit mit Witte wegen seines explosiven Temperaments nicht mehr gut möglich war. Dieser habe im Mai 1928 össentlich erklärt, daß die Programmgestaltung des Leipziger Rundfunks „in den Händen gänzlich unfähiger und minderwertiger Menschen" läge. Die Arbeit von Jahren hätte man vernichtet, wenn man einen den Rundfunk derart kompromittierenden Prozeß, wie er von Witte her drohte, hätte stattfinden lassen. Dr. Bredow erklärte zum Schluß, die Leipziger Herren hätten im Fall Witte nur seine Anweisungen ausgeführt, die Verant wortung dafür trage er. Nachdem auch Dr. Magnus sich in ähnlicher Weise zu diesem Fall geäußert hatte, wurde die Verhandlung auf Montag, den 7. Januar, vertagt. In der Prozeßpause wird sich einer der beisitzenden Richter, Landgertchtsrat Dr. Ebert, nach Köln begeben, um dort den Angeklagten Hardt, den früheren Intendanten des Kölner Senders, als Zeugen zu vernehmen. Gegen Hardt ist, wie erinnerlich, wegen dessen schwerer Erkankung das Verfahren bereits am ersten Tage des Prozesses abgetrennt worden. Beginn -er Fußball-Pokalspiele. Endlich mehr Wintersportmöglichkeiten. — Was ist Sonntag sonst noch im Sport los? Wenn nicht alles trügt, werden die Wtntersportler am kommenden Wochenende zum erstenmal in diesem Winter Schnee vorfinden. Zwar wird die Freude nicht allgemein sein können, denn lediglich in den höhergelegenen Teilen der baye rischen Alpen, des Schwarzwaldes und des Riesengebirges dürfte man skilaufen und auch rodeln können, in den anderen Gebirgen sieht es im Augenblick noch nicht danach aus, als wenn man am Sonntag schon den schönen Wintersport aus- übcn könnte, und eine Reihe von Veranstaltungen, darunter Ski-Gaumeisterschasten, werden wohl aus einen anderen, günstigeren Termin verlegt werden müssen. Die Eissportler allerdings werden ein stattliches Programm bewältigen können, denn selten waren die Eisverhältnisse bisher so gut wie im Augenblick. Das Olympia-Eisstadion ist Schauplatz des baye rischen Meisterschaftsspiels SC. - N l e ß e r s e e gegen EV.- Füßen, das wahrscheinlich schon die Entscheidung um den Titel bringen wird. Die Kämpfe um den Europapokal werden durch Tressen in London und Paris fortgesetzt, während die Winnipeg Monarchs auf ihrer Europareise mittlerweile in Bukarest angelangt sind. Je mäßiger das Wetter für die Wintersportler ist, um so ungestörter können die Fußballspieler ihr Programm abwickeln. Diesmal steht wieder eine große Sache auf der Karie, nämlich die Vorrundenspiele um den Bun de s p o k a l, der seit 1933 wieder das Interesse der Fußballer gesunden hat. Die Tressen werden wie folgt abgewickelt: Bayern gegen Baden in Würzburg, Mittelrhciri gegen Nord mark in Köln, Ostpreußen gegen Niedersachsen in Danzig, Westfalen gegen Pommern in Gelsenkirchen, Rordhessen gegen Brandenburg in Fulda, Sachsen gegen Schlesien in Chemnitz und Niederrhein gegen Württemberg in Elberfeld. Die Frage nach den mutmaßlichen Siegern ist äußerst schwer zu beant worten, wenn sie überhaupt möglich ist. Der Papierform zu folge sollten Bayern, Nordmark. Niedersachsen, Westfalen, Brandenburg, Sachsen und Niederrhein in die Zwischenrunde einziehen. Hockey. Handball und Rugby weisen das übliche Programm auf, ohne mit besonderen Ereignissen aufzuwarten. Die Radsportler haben eine gute Zeit, die Hallenveranstal tungen überbieten sich geradezu. Dortmund bringt die „Nacht" mit großer Besetzung, Stuttgart ein 100-Kilometer- Mannschaftssahrcn, Köln den Länderkampf Deutschland gegen Holland. Die Schwimmer führen' in Hannover und Plauen Olympiaprüfungskämpse durch, von Cramm und Henkel vertreten uns beim St. Moritzer Hallentennis. Wieder Radrennen im Berliner Sportpalast. Der Berliner Sportpalast eröffnet am 11. Januar die Radrennsaison dieses Winters. Die Wiederaufnahme radsportlicher Veranstaltungen bedeutet eine willkommene Ab wechslung im Sportprogramm der Reichshauptstadl, in der man seit dem 15. März 1934 keine Radrennen aus einer normalen Radrennbahn mehr gesehen hat. Für eine gute Besetzung des Haupiwettbewerbes des Eröffnungstages, des 100-Kilometer-Mannschaftsrennens, hat der sportliche Leiter Walter Gedamke gesorgt. Für das Rennen liegen bisher die festen Zusagen der Mannschaften Rausch-Hürtgen^ Zims-Küster, Tietz-Lehmann, Gebr. Nickel, ' Siegel-Thierbach, Hofsmann- Maczynski, Rieger-Stöpel vor, zu denen noch fünf weitere gute Paare hinzukommen werden. Auch die Amateure werden am Eröffnungstage in einem Fliegerhauptfahren zu Worte kommen. Spori in wenigen Zeilen. Für den Fußball-Länderkampf gegen die Schweiz, der am 27. Januar in der Adolf-Hitler-Kampf- bahn in Stuttgart entschieden wird, liegt ein außergewöhnlich großes Interesse vor. Bis jetzt wurden nicht weniger als 35 000 Eintrittskarten angefordert, so daß die verfügbaren Sitzplätze sämtlich vergriffen sind. * Europameister Gustav Eder wurde bei seiner Ankunft in Kopenhagen von einer großen Menschenmenge ein begeisterter Empfang bereitet, und er wurde auf den Schultern enthusiastischer Sportanhänger zu seinem Wagen getragen. Eder verteidigt seinen Titel am 11. Januar gegen den Dänen Aggerholm. In seiner Begleitung befinden sich auch die deutschen Boxer Fred Bölck, Tabat und Beck, die am gleichen Abend in den Ring gehen. Neue Schwimmweltrekorde wurden in Miami erzielt. Im 500-Meler-Kraulschwimmen konnte Leonore Kight den seit vier Jahren bestehenden Weltrekord von Helens Madison von 7:12 ganz beträchtlich aus 7:08,2 verbessern. Nur -als nationale Rekorde können die Bestleistungen von Katharine Rawls im 300-Yards-Lagenschwimmen mit 4:18,1 und Eleanor Holm-Jarrett über 50-Pards-Rücken mit 33,2 Sek. anerkannt werden. z- Fritz Eickeltrath.der langjährige Reichssportwart für Gewichtheben und Musterriegen, ist in Essen im Alter von 58 Jahren nach längerer Krankheit verstorben. Die gewerblichen Genossenschaft^ an Ser IahreswenSe. Vom Deutschen Genoffenschaftsverband e. V., Berlin wird uns geschrieben: Obwohl ein Ueberblick über die Geschäftsergebnisse der über 3300 im DGB. vereinten gewerblichen Genossenschasten noch nicht möglich ist, so können diese doch mit Befriedigung aus den Verlauf des Jahres 1934 zurückblicken. Es war ein Jahr der weiteren Stärkung der eigenen Kraft und damit der erweiterten Möglichkeit für ein verstärktes Ein greifen in die aktive Unterstützung der mittelständischcn Wirtschaft. Ueber den materiellen Erfolg hinaus hat aber auch der Genossenschaftsgedanke seine berechtigte' Aner kennung in der Oessentlichkeit gefunden. Die. volle Würdigung wurde ihm aus berufenem Munde aus dem kurz vor Jahresschluß abgehaltenen 70. Deutschen Genossen- fchaftstag zuteil. Bei dieser Gelegenheit hat das Mitglied des Reichsbankdirektoriums, Geheimrat Dr. Friedrich, die großen Aufgaben, die der Genossenschaften harren, erneut unterstrichen. Auch, der Leiter der Reichsgruppe IV, Dr. Otto Ehr. Fischer, hat den genossenschaftlichen Geist der Selbsthilfe als vorbildlich bezeichnet und ihn für wert erachtet, im gesamten von ihm vertretenen Kreditgewerbe zur Einführung gebracht zu werden. Ueber solche aner kennende Worte hinaus hat aber die Neichsregterung durch ihre Gesetzgebung verschiedentlich zu der Verwirk lichung genossenschaftlicher Grundsätze beigetragen. Die Novelle zum Genossenschafts-Gesetz hat Bestimmungen legalisiert, die lange schon in den Satzungen des DGB und der regionalen Verbände verankert waren und ständiger Uebung in den genossenschaftlichen Organisationen ent sprachen: sie hat mit der Einführung des genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfers seit langem bestehende Genossenfchasts- wünsche verwirklicht. Aber auch bas Neichsgesetz über das Kreditwesen bedeutet in vielen Punkten, wie etwa in der Festlegung einer Höchstgrenze für Kredite, die Sanktio nierung genossenschaftlicher Geschästsmethoden. Materiell wie ideell gefestigt überschreiten somit die gewerblichen Genossenschaften die Schwelle des neuen Jahres. Liegen auch abschließende Geschäftszahlen noch nicht vor, so kann doch mit Sicherheit angenommen werden — wie es Teil ergebnisse auch bestätigen —, daß die Kreditsumme des Jahres 1933 von rd. 1,5 Milliarden NM ebenso überschritten werden konnte wie im Warengeschäft die Umsatzhöhe von über 1 Milliarde RM. Diese Zahlen beleuchten zugleich die beachtliche Stellung der gewerblichen Genossenschaften in der Gesamtwirtschaft. Sie werden bestrebt sein, diese Position nicht nur zu halten, sondern zu erweitern. Gerade im nationalsozialistischen Staate fühlen sich die gewerblichen Genossenschaften berufen, an der Lösung wichtiger national politischer und -wirtschaftlicher Fragen mitzuarbeiten. Als Volksbanken errichtet, als Einkaussgemeinschaften des Handwerks,'des'Handels und des Kleingewerbes gegründet werden die gewerblichen Kredit- und Warengenostenschaften auch 1935 die Stütze mittelständischer Wirtschaft und deren Förderer bleiben. Sie werden und können das tun in der Ueberzeugung ihres Nutzens für die Allgemeinheit und aus jener Erkenntnis, die der Hauptamtsleiter der NS.-Hago, Dr. von Renteln, kürzlich in die Worte gekleidet hat: „Daß viele kleine und mittlere selbständige Existenzen sich immer hin noch in so großer Zahl über die Zeit der Herrschaft des krassen Kapitalismus trotz der erbarmungslosen-Gcgen- auslese in den letzten Jahrzehnten gegen den selbständigen kleinen und mittleren Einzelunternehmer in das neue Deutschland Adolf Hitlers hinüberrettcn konnten, daran hat das deutsche gewerbliche Genossenschaftswesen und seine Spitze, der Deutsche Genossenschaftsverband, einen beacht.» lichen Anteil". VMsEmr. „Aufwertung" der 110-Prozentigen — bis sie platzen! Das ist einer der Neujahrswimsch-e der Mitarbeiter in der neu- esten Brennessel-Folge. Die Brennessel, die größte politisch- satyrische Zeitschrift Deutschlands, bringt mit ihren köstlichen, ironifch-satyrischen Darstellungen in Wort und Bild jedem Leser Humor und gute Laune. Die neu erschienene Brennessel ist überall für 30 Pfg. erhältlich. Reichssender Leivsis. Sonnabend, 5. Januar. Leipzig: Welle 382.2. — Dresdens Well« 233,5. 6.05: Mitteilungen für den Bauer. * 6.15: Funkgymnastik. * 6.35 aus Königsberg: Morgenmusik. — Dazwischen 7.00: Nachrichten. * 8.00: Funkgymnastik. * 8.20: Sendepause. * 10.45: Wirtschaftsnachrichten, Tagesprogramm, Wetterbericht unb Wasserstand. 4- 11.00: Werbenachrichten mit Schallplatten konzert. » 11.30: Nachrichten, Zeit und Wetterbericht. 4- 11.45: Für den Bauer. * 12.00: Mittagsmusik des Emdö-Orchesters. * 13.00: Nachrichten und Zeit. * 13.10: Deutsche Männerchöre (Schallplatten). » 14.00: Nachrichten, Börse und Wetterbericht. * 14.10: Rund um die Welt (Schallplatten). * 14.40: Im Banne des Soldatentums. Buchbericht. * 15.00: Kinderstunde: Wie Kasperle in die Ferien geht. * 15.40: Wirtschaftsnach- richtcn, Wetter und Zeit. 4- 16.00: Bunte Musik. * 17.30: Die HI. im Reich. Wochenbericht. * 17.40 aus Halle: Für die Jugend: Unsere Halloren. * 18.00: Geaenwartslexikon: Ur- hcberschutzsrist, Denkende Maschinen, Schwundregelung. * 18.15 aus Gotha: Blasmusik, » 19.30: Fortschritte der Physik und Technik 1934. * 20.00: Nachrichten. * 20.10 aus Hamburg: Musik aus heiterm Himmel. Rund ums Mittelmeer. * 22.00: Nachrichten und Sportfunk. * 22.30—1.00 aus Hamburg: „Halloh, kleines Fräulein .. !" * Deutschlandsender. Sonnabeud, 5. Januar. Deutschlandsender: Welle 1570,7. 6.00: Wetterbericht für die Landwirtschaft. 4- 6.05: Wieder holung der wichtigsten Abendnachrichten. * 6.15: Funk gymnastik. * 6.30: Tagesspruch. — Anschließend Choral. * 6.35: Guten Morgen, lieber Hörer! Frohes Schallplattenkonzert mit Harry Gondi. — In einer Pause gegen 7 Uhr: Neueste Nach richten. 4- 8.00: Sperrzeit, » 8.45: Leibesübung für die Frau. * 9.00: Sendepause. * 9.40: Sportfunk: Atem und Leben. * 10.00: Neueste Nachrichten. » 10.15: Sendepause. * 10.50: Fröh licher Kindergarten. * 11.15: Deutscher Seeweltsrberichl. » 11.30: Die Wissenschaft meldet. * 11.40: Der Bauer spricht — Der Bauer hört: Betriebskontrolle im Schweinestall. — An schließend: Wetterbericht für die Landwirtschaft. » 11.50: Glück wünsche. » 12.00: Aus Leipzig: Mittagsmusik des Emde orchesters. » 12.55: Zeitzeichen der Deutschen Seewarte. » 13.00: Fröhlicher Wochenendfalat (Schallplatten). * 13.45: Neueste Nachrichten. * 14.00: Echo in den Bergen. » 14.55: Programm- Hinweise. Wetter- und Börsenberichte. 4- 15.15: Mädelbastel stunde: Lederarbeiren. Ursel Moderegger mit Mädeln des BDM. » 15.45: Wirtschaftswochenschau. * 16.00: Aus Köln: Der frohe Samstagnachmittag. * 18.00: Sportwochenschau. * 18.20: „Wer ist wer? — Was ist was?" Zeitfunk berichtet . . . * 18.30: Der deutsche Rundsunk bringt...» 18.40: Funkbrettl (Schallplatte»). * 19.45: Was sagt ihr dazu? Gespräche aus unserer Zeit. » 20.00: Kernspruch. — Anschließend: Wetter bericht für die Landwirtschaft und Kurznachrichten des Draht losen Dienstes. » 20.10: „Lachen im Lautsprecher." » 22.00: Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. » 22.45: Deutscher See wetterbericht. » 23.00: Aus München: Tanzfunk. » 24.00 bis 2.00: Aus Frankfurt: Nachtkonzert. — Dazwischen 0.55 bis 1.06: Zeitzeichen der Deutschen Seewarte, f38 Edelgard hatte tief und traumlos bis in den Morgen geschlafen. Spät erst erwachte sie. Sie besann sich im ersten Augenblick gar nicht, was eigentlich geschehen war. Ihr war so froh und leicht zumute wie seit langem nicht. Einen Augenblick dehnte sie sich noch halb verschlafen in den Kissen. Da setzte sie sich erschreckt auf. Die Uhr im Nebenzimmer hatte neunmal geschlagen. Und jetzt erst wurde sie ganz wach. Ach, sie brauchte ja heute nicht ins Büro. Sie hatte ja heute Urlaub. Welch glücklicher Morgen nach einem glücklichen Abend! Im Hause war noch alles still. Sicherlich hatten Mutti und Marie alles drangesetzt, sie recht ausschlafen zu lassen. Aber nun war es genug. Durch die Jalousien floß ein zartes, goldenes Licht. Sie lief zum Fenster, zog die Läden hoch. Weiß und klar lag der Park vor ihr. Sein frisches Winterkleid glitzerte. Der Himmel war wie blaue Seide, und die Konturen der Bäume und der Sträucher standen wie eine feine Zeichnung gegen den Himmel. Wie schön!, dachte Edelgard. Nun aber fertiggemacht und sann hinaus in den schönen Wintertag! Einen ordent lichen Marsch wollte sie machen, am See entlang, sich die klare Wimerluft um die Nase wehen lassen. Sie war eine leidenschaftliche Fußgängerin, und das war mit das Schwerste an dem Bürodasein, daß man so selten noch hinaus konnte. Im Sommer ging es ja noch an. Im Winter aber kehrte man ja erst bei völliger Dunkelheit heim. Und die Sonntage wollte sie nicht fern von der Mutter verbringen. Diesen unerwarteten Ferientag aber wollte sie aus ¬ nutzen. Es würde gut sein, draußen in der Klarheit ein paar Stunden mit sich allein zu sein und auch zur Klar heit zu kommen. Schnell nahm sie ihr Bad und kleidete sich an. Dann lief sie hinunter ins Wohnzimmer. „Guten Morgen, Mutti!" Zärtlich beugte sie sich zum Kuß über die Mutter. „Ihr seid ja heute wie die Mäuschen gewesen..." „Ja, Kind. Nachdem Marie deinen Zettel gefunden hat, wollten wir dir solange wie möglich die Ruhe gönnen. Und die hat dir gut getan. So wohl und rosig hast du schon lange nicht ausgeschaut. Ganz verändert. Ist dir etwas Angenehmes geschehen?" Edelgard wurde ein wenig rot und beugte sich über ihre Kaffeetasse: „Nun, Mütterchen, ist solch ein unerwarteter Ferienlag etwa keine Annehmlichkeit?" „Und den sollst du auch richtig ausuutzen, Kind... Wandere einmal wieder — das tust du doch so gern." „Wenn es dir recht ist, Mutti, und ich dich ein paar Stunden allein lassen darf." Frau von Dönitz nickte gerührt: „Du opferst mir ohnehin ja schon deine ganzen Sonn tage, gehst kaum fort, besuchst niemand von unseren Be kannten, hockst immer bei deiner alten Mutter. Ich möchte einmal die Tochter sehen, die das außer dir tut." „Mutti, Mutti, solch eine Lobrede am frühen Morgen! Du machst mich ja ganz verlegen. Da sehe ich lieber zu, daß ich fortkomme." Edelgard war mit ihrem Frühstück fertig. Nun um armte sie die Mutter noch einmal liebevoll. „Also, ich bin bestimmt um vier Uhr wieder da, Mutti. Aber warte nicht mit dem Essen! Du weißt, es tut dir nicht gut, solange zu hungern." „Sorge dich nur nicht, Kind! Marie wird schon dafür sorgen, daß ich nicht hungere. Wir werden einfach unser Mittagessen auf den Abend verlegen, und ich werde mir ein warmes Frühstück machen lassen." Bald darauf ging Edelgard aus dem Hause. Liebe ¬ voll schaute die Mutter ihr nach. Und Edelgard wandte sich noch einmal zurück, um einen fröhlichen Abschiedsgruß heraufzuwinken. Aber sie sollte nicht weit kommen. Kaum überquerte sie die Chaussee, die von dem Kavalierhäuschen am Park ent lang nach Wannsee führte, als ein wohlbekannter grauer Sportwagen scharf vor ihr bremste. „Ah, mein gnädiges Fräulein" — Studczynski sprang schnell heraus —, „wie schön, daß ich Sie treffe! Wo Wollen Sie hin?" „Ich wollte einen großen Marsch machen, Herr Direktor. Sie wissen wohl, daß Herr Direktor Herman mir heute freigegeben hat!? Oder liegt etwas Dringender- vor. Dann selbstverständlich komme ich ins Büro." „Nein — nein, mein gnädiges Fräulein. Sie sehen, ich habe mir heute auch einen Urlaubstag genommen. Würde es unbescheiden sein, wenn ich Sie bitte, ein Stück mit mir zusammen zu fahren? Wir kämen ein gutes Ende weiter hinaus, und Sie könnten dann immer- noch Ihren Spaziergang machen." Edelgard zögerte einen Augenblick. Die Einladur Studczynskis war ihr gar nicht lieb. Sie war so darauf eingestellt gewesen, ein paar Stunden mit sich allein zu sein und an Robby Hedman denken zu können. Aber es wäre unhöflich gewesen, Studczynskis Aufforderung ab zulehnen. Der öffnete auch schon den Wagen. Sie mußte wohl oder übel emsteigen. Und nun saß sie wieder neben einem Mann in dem da hinsausenden Sportwagen; aber wie anders, wie ganz anders war es gegen gestern. In schweigendem Glück hatte sie neben Robby Herman gesessen. Keiner von ihnen beiden hatte gesprochen. Aber das Schweigen hatte mehr gesagt als tausend Worte. Studczynski dagegen begann sofort ein lebhaftes Ge spräch. Er war von einer ungeheuren Liebenswürdiglx'v, und jedes Wort war wie ein verstecktes Kompliment. (Fortsetzung folgt.)