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- Erscheinungsdatum
- 1930-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193005135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19300513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19300513
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-05
- Tag 1930-05-13
-
Monat
1930-05
-
Jahr
1930
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hatte, vereinigten Begrüßungsabend und Festkommers die Regi mentsmitglieder, deren Angehörige und zahlreiche Ehrengäste im großen Tivolisaale. Die Festrede hielt Oberleutnant d. R. a. D. Proß Dr. Pache-Zwickau. Ferner sprachen Oberbürgermeister Dr. Hartenstein-Freiberg, der der Freiberger Vereinigung ehe maliger 182er eine Fahnenschleife überreichte, der Freiberger Standortälteste Major Pflugbeil, Leutnant Tettmer von der Dresdner Traditionskompanie, der Vertreter des Sächsischen Feldkameradenbundes, Mittenzwei-Leipzig, und Lauer-Annaberg, der in humorvoll-poetischer Weise Feldzugserlebnisse der 182er schilderte. Das Schlußwort sprach der letzte Regimentskomman deur Oberst a. D. Thomas. Am Sonntagvormittag fand die Jah reshauptversammlung des Landesverbandes ehemaliger 182er statt, die sich in der Hauptsache mit internen Angelegenheiten be- jchLstigtt. Beschlossen wurde u. a., im Jahre 1932 unter Leitung und Führung von Prof. Dr. Pache-Zwickau eine Westfrontfahrt Zu veranstalten. Der 5. Regimentstag wird 1933 wiederum in Freiberg abgehalten werden. Am 11 Uhr vereinigte ein Feldgot tesdienst aus dem Hofe der König-Friedrich-August-Kaserne die ehemaligen 182er mit ihren Angehörigen. Garnison- und Dom pfarrer Sachsenweger hielt eine eindrucksvolle Gedächtnisrede. Hebung des Milchverbrauches bei der Reichswehr. Der deut- lche Landwirtschaftsrat hat im volkswirtschaftlichen Interesse ge beten, den Verbrauch an Milch in der Reichswehr mit allen Ritteln zu heben und zu diesem Zwecke, wenn möglich, Vollmilch anstelle Kaffee zur Morgenkost auszugeben. Daraufhin hat der Neichswehrminister, wie die Deutsche Beamtenbund-Korrespon denz erfährt, alle Kommando- undVerwaltungsbehörden sowie die Gruppen und die Leiter der Betriebe des Heeres und der Marine ersucht, die Bestrebungen zur Hebung des Milchverbrauchs auch fernerhin nach Möglichkeit zu unterstützen. Warnung vor Annahme beschädigter Reichsbank noten. Seit Anfang April d. I. tauchen hier und da Neichsbankuoten zu 10 Mark auf, die durch Zerschneiden oder Zerreißen von kursfähigen Zchnmarknoten und durch aneinanderkleben nicht zusammengehöriger Teile (meist an den verschiedenen Notennummern zu erkennen) her gestellt worden sind. Unter dem Klebestreifen fehlt ein Teil des Druckbildes der Note. Es haudelt sich hierbei um das Ergebnis der planmäßigen Fälschungsarbeit von Münzverbrcchern. Derartige Falschstücke werden von der Reichsbank nicht ersetzt, so daß der, der sie gutgläubig an nimmt, Schaden erleidet. Vor der Annahme aller irgend wie beschädigten und zusammengeklebten oder überklebten Reichsbanknoten mutz daher dringend gewarnt werden; Besitzer solcher Noten sind an die Neichsbank zu verweisen, "ür die Ermittlung der Fälscher hat die Reichsbank eine Belohnung bis zu 1000 Mark, die für Mitteilungen aus dem Publikum bestimmt ist, ausgesetzt. . Ein gutes Jahr — für Feldmäuse! In diesem Frühjahr ist ""e große Feldmäuseplage zu verzeichnen, veranlaßt durch die ^rockenhest sowie die geringen Kältegrade in diesem Winter. Tie Schäden, die durch die Feldmäuse verursacht werden, sind gewaltig. Es jst daher dringend notwendig, die Feldmäuse mit mlen Mitteln schärfstens zu bekämpfen und zu vertilgen. Am besten wird bei der Mäusebekämpfung gemeindeweise vorge gangen. Alle Landwirtschaftsstellen gehen hier den Interessenten an die Ha^. Das dritte deutsche Haus in Paris. Vor einigen Tagen ist in Paris die neue Sprachenschule des Deutschnationalen Handlungs- geyilfciwerbandes seiner Bestimmung übergeben worden. Diese ^prachenschule ist ebenso wie die Pariser Geschäftsstelle des -eutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes in einem eigenen webäude des Verbandes in dem Vorort Joinville le Pont unter gebracht. Die neue Pariser Zeitung schreibt dazu, daß damit das brüte deutsche Haus in Paris eröffnet worden sei. Das erste deutsche Haus war die Botschaft des Deutschen Reiches. Die Zeutsch - Evangelisch - Lutherische Christuskirche hat nach dem Kriege mit vieler Mühe ein Heim, das zweite deutsche Haus, in Paris errichtet. Die deutsche Kolonie von Paris hat schon längst "wartet, daß noch mehrere deutsche Häuser errichtet würden. All gemein war zwar angenommen worden, daß es sich um ein Klub- handeln würde, oder daß vielleicht die deutsche Handels- mmmer in Paris folgen würde. „Nun ist aber eine andere Orga- swativn zuvorgekommen" — so schreibt wörtlich die Neue Pari er Zeitung — „die — ein mustergültiges Beispiel deutscher Soli- Mtät und Propaganda — aus eigener Kraft ein schönes deut sches Haus errichtete". In Anwesenheit des Vertreters der deut schen Lotschaft in Paris wurde das Heim seiner Bestimmung abergeben. , Blankenstein. (Neuer Leichenwag en.) Die Gemeinde beschloß vor einiger Zeit den Ankauf eines Leichenwagens. Am Sonnabend traf derselbe, der aus Hamburg stammt, hier ein und ^urde von den Gemeindevertretern abgenommen. — (Flagge ! ur die Schul e.) Die Gemeindeverordneten lehnten mit vier stimmen der Rechten gegen drei Stimmen die Anschaffung einer Reichsflagge für die Schule ab. Zur Begründung wurde ange geben, daß einmal die Gemeinde keine Mittel habe und daß zum andern im alten Reiche auch keine Reichsflagge verlangt worden !?', es müsse deshalb in der gegenwärtigen Notzeit die grünweiße 'Ragge genügen. Niederwartha. (St r a ß e n s e n ku ng.) Seitdem unsere Friedrich August-Straße durch die Ausschachtung der Rvhrbahn- ^chlucht zerrissen und die Verbindung durch eine Betonbrücke wiederhergestellt worden ist, sind an der Ostseite der Brücke wie derholt Straßensenkungen beobachtet worden. Schon mehrmals Rußte hier nachgeholfen werden. Am das gänzliche Abrutschen der Straße nach der Rohrbahn aufzuhalten, ist an der Ostseite der Brücke ein mächtiger Detonflügel angebaut worden. Das hilft aber alles nichts. Immer und immer wieder senkt sich die Straße. Unterirdische Wasserläufe scheinen hier ihr unheimliches Wesen Zu treiben. Die jahrelange Trockenheit mag bisher schlimmeres verhütet haben, weil die Ouellflüsse nur schwach liefen. Für un sren Ort bildet aber diese heimliche, unterirdische Wühlarbeit der Natur insofern eine Gefahr, als unser Hauptwasserrohr der Mög- Weit des Zerreißens ausgesetzt ist. In der Brücke liegt das Nohr auf festem Antergrund. Vor derselben (an der Ostseite) buff das Lager, in dem das Rohr liegt, nach unten ab, so daß djescs frei hängt und durch feine eigene Schwere — man hat wer vorsichtshalber Stahlrohre verwendet — sich durchbiegt. Erst w den letzten Tagen mußte hier wieder eine Dichtung der aus- emandergezogenen Muffen vorgenommen werden. Damit war "ne siebenftündige „Trockenlegung" unseres Ortes — auch eine Ar unangenehme und bei öfterer Wiederholung bedenkliche Nebenerscheinung des Speicheranlagenbaues — verbunden. — <Bom Hangweg.) Vor kurzem berichteten wir über bedroh liche Risse am Hangwege an der Kurve zwischen der neuen Brücke und der Wilhelmsburg. Man hatte diese fein verstopft und an der gefährdeten Stelle das Geländer weiter in den Fuß weg hineingerückt. Die neuen Regenfälle haben aber neue Risse verursacht, ein Zeichen dafür, daß hier der Hang in Bewegung bt. Sein gänzlicher Abrutsch nach der Straße ist in absehbarer Zeit zu erwarten. Man hat versäumt, an dieser Kurve eine hohe Böschungsmauer zu errichten. Die Ausdehnung des zu erwarten den Abrutsches ist gar nicht abzusehen. Hartha. (Don-Kosaken.) Kurhauswirt Gruß hatte ge wagt, die Don-Kosaken am Sonnabend nach seinem Kurhaus saal zu verpflichten, erfreulich für die Bewohner am Tharandter Walde, an und für sich ein Risiko. Langsam füllte sich der Saal, etwa 600 Besucher waren erschienen, 8—900 Hatte man erwar tet, wenn ohne Defizit gearbeitet werden sollte. So sehr allen die kirchlichen und weltlichen Lieder des Don-Kosaken-Lhors gefielen, so enttäuscht waren auch viele, daß man dem rührigen Wirt nicht die gebührende 'Unterstützung selbst aus dem Ort und der nächsten Umgebung zuteil werden ließ. Vereinskalender. Gewerbeverein. 13. Mai Versammlung. Frauenverein Grumbach. 11. Mai Gasthof Bohr. Kirchenchor. 15. Mai Aebung. D. H. V. 17. Mai Abendwanderung mit Damen. Wetterbericht. Von vorübergehender Aufheiterung abgesehen, weiterhin un beständiges Wetter mit strichweise» Regenfällen. Nach kühler Nacht Tagestemperaturen höher als bisher und im Flachland während der Mittagsstunden etwas zur Schwüle neigend. Schwache bis mäßige Winde aus südlichen bis westlichen Rich tungen. Bodenfrostgefahr für die bevorstehende Nacht gering, aber für exponierte Lagen noch nicht beseitigt. Sachen unck kaGbarlAsN Siebenlehn. (Betriebs aufn ahme.) Am Montag wurde der seit einiger Zeit durch Konkurs stillgelegte Betrieb der Papierfabrik Steyermühle wieder ausgenommen. Da mehrfach gepflogene Verkaufsverhandlungen zu keinem Abschluß führten, sind die Anternehmer gemeinsam die Gläubiger selbst. Dresden. Grausiger Fund. Bei Scharfenberg wurde von einem Fährmann die Leiche eines Mannes, dessen Hände mit einem Riemen zusammengeschnallt waren, aus der Elbe gezogen. Beamte der Mord kommission des Kriminalamtes Dresden stellten den Toten als einrn seit dem 4. Mai vermißten 25jährigen Mechaniker aus Radeberg fest. Er hatte Zettel mit Auf zeichnungen bei sich, aus denen hervorgeht, daß er sich die Fesseln selbst angelegt hat, um Selbstmord zu begehen. Dresden. Tödlicher Autounfall. Auf der Bautzener Landstraße kurz vor Dresden ereignete sich ein tragischer Automobilunfall. Ein mit fünf Personen be setztes Görlitzer Automobil suchte in einer Kurve einem anderen Auto auszuweichen. Der Führer des Wagens, Bildhauer Reichelt (Görlitz), der seine in einem Dresdener Krankenhause liegende Gattin mit seinen Kindern be suchen wollte, verlor die Herrschaft über den Wagen. Das Auto fuhr die Böschung hinunter und überschlug sich mehrere Male, wobei die 17jährige Tochter Reichelts getötet wurde. Ein Mitinsasse, Dr. Panther aus Görlitz, wurde schwer verletzt. Dresden. Der neue Dresdener Kreuz- kantor. Das Schulamt teilt mit, datz die zuständige Kommission für das städtische höhere Unterrichtswesen zum Nachfolger im Kreuzkantorat für den am 30. Juni in den Ruhestand tretenden Professor Otto Richter den Landeskirchenmusikwart von Thüringen, RudolfMau - ersberger, Kantor an St. Georg in Eisenach, gewählt hat. Die Wahl bedarf noch der Bestätigung durch das Volksbildungsministerium. Mauersberger steht im 42. Lebensjahre und entstammt einem erzgebirgischen Kantor hause. Seit Herbst 1925 wirkt er in Eisenach. Zittau. Ein Wohnhaus in die Tiefe ge sunken. Auf dem ehemaligen Grubengelände in Har- thau sank das gesamte Innere eines Wohnhauses mit Möbeln in die Tiefe. Von dem Gebäude blieben nur die Außenmauern stehen. Glücklicherweise waren die Be wohner des Hauses während der Katastrophe auswärts. Chemnitz. Tarif streik der Fliesenleger. Die Fliesenleger in der Kreishauptmannschaft Chemnitz sind wegen Tarifstreits am Montag in den Streik ge treten. Chemnitz. Tod eines Kindes durch Ver brühen. Das ein Jahr alte Kind Helga Jugold, das mit seiner Mutter in der großmütterlichen Wohnung zu Besuch weilte, erlitt schwere Verbrühungen am Körper. Es zog in einem unbewachten Augenblick einen Topf mit heißem Kaffee vom Tisch herunter und der Inhalt ergoß sich über den Körper des Mädchens. Obwohl die be dauernswerte Kleine sofort in ärztliche Behandlung ge geben wurde, ist sie im Krankenhause an den Folgen der Brandwunden gestorben. Klingenthal. Absturz eines Segelfliegers. Der Segelflugzeugführer des Flugvereins Falkenstein, Erwin Stahl, unternahm am Aschberg einen Segelflug. Er erreichte dabei eine Höhe, von 70 Metern. Als sich der Flieger bereits wieder in geringerer Höhe befand, brach beim Nehmen einer Kurve die Seitensteuerung des Appa rats, so datz dieser abstürzte. Flugzeugführer Stahl erlitt dabei lcicbterc Verletzungen. Wurzen. (Wurzen führt die Grammophon- und Lautsprechersteuer ein.) In der letzten Rats sitzung beschäftigte man sich als wichtigstem Punkt mit Vorschlägen zur Verminderung des im Haushaltplan 1930 entstandenen De fizits. Man einigte sich -dahin, die Grammophonsteuer wieder und eine Lautsprechersteuer neu einzuführen. Weihe des Wmzener Knegerehrenmals. Staat sm inistera. D. Dr. Krug vonNidda hält die Weihe rede. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde in Wurzen das von Geheimrat Wrad-Dresden nach Ideen von Professor Hempel und Bildhauer Lange geschaffene Ehrenmal geweiht. Der Ehrenbürger der Stadt Wurzen, Geheimrat Ilgen-Dresden, hat durch Stiftung einer nam haften Summe die Errichtung der Ehrenhalle mit der einen auf einem Feldbett liegenden toten Soldaten, über den sich die schmerzgebeugte Mutter neigt, darstellenden Skulptur ermöglicht. Leider konnte der Stifter des Denk mals aus Gesundheitsrücksichten an der Feier nicht teil nehmen. Nach Abhaltung von Festgottesdiensten fand ein Zug nach dem Denkmal statt. Die Weiherede hielt Staats- Minister a. D. Dr. Krug von Nidda und Falken- st e i n. Oberstudiendirektor Gürtler, der Vorsitzende des Denkmalsausschusses, dankte den Künstlern und dem Stifter. Erster Bürgermeister Boock übernahm das Denkmal in den Schutz der Stadt. Mit Kranznieder legung, Gesang des Deutschlandliedes und Geläut aller Mocken schloß die Feier. Grimma. (Grohe Anterschleife bei derGiro- kasse Grimma.) Am Sonntag ist in Grimma der Giro kassenbeamte Oechsner wegen schwerer Verfehlungen im Amt fest genommen und dem Amtsgericht zugeführt wovden. Es handelt sich dabei um folgendes: In Leipzig ist die Firma Weiske in Kon kurs gegangen. Dabei hat sich herausgestellt, daß Weiske durch die Girokasse in Grimma seit längerer Zeit mit Krediten über Wasser gehalten worden ist. Eingehende Nachprüfungen ergaben, daß diese Kredite ohne Wissen -der für die Girokasse verantwort lichen Stellen durch den Kassierer Oechsner gegeben worden sind. Die seit Montag mit der Angelegenheit beschäftigte Kriminal polizei hat bisher einen Betrag von 60000 Mark als fehlend fsstgestellt. Der Kassierer Oechsner selbst gibt zu, daß für etwa 100 000 Mark wertlose Wechsel zugunsten Weiskes sich noch im Umlauf befinden, so daß der Eesamtverlust der Girokasse Grim ma auf 160 000 Mark beziffert werden muß. Die Girokasse gibt bekannt, daß der Betrag aus der Verlustrücklage gedeckt werden könne. Leipziger Allerlei. Nach einein durch Ruhestörungen recht unruhig ver laufenen Osterfeste — Tageszeitungen, Stadtparlament und Gerichte, die nach den Mördern der beiden totgeschla genen Polizeiangehörigen fahnden, sind noch immer nicht zur Ruhe gekommen — und einem 1. Mai, an dem die Demonstrationen unter freiem Himmel als Folge der blutigen Osterereiguisse verboten waren und an dem un unterbrochen die bewaffneten Polizcidoppelposten und Überfallkommandos durch die Straßen patrouillierten, ist nun der Frühling lachend und blühend in unserer Stadt eingekehrt. Der schert sich den Kuckuck um unruhige Zeiten! Es ist köstlich, jetzt durch Leipzigs in jungem Lenzgrün prangende Laubwälder, Wiese» (die »ach be trächtlichem Hochwasser um so üppiger sprießen) Anlagen und die im dicken Schnee der Baumblüte prangenden Gartenanlagen zu spazieren. Leipzigs Umgebung soll öde und reizlos sein? An diesen Banmblütensonntagen merkt auch der griesgrämigste Hypochonder nichts von einer Ode! Die Landschaft rund um den Nathäusturm schwelgt in blühender Üppigkeit des Maies. Und nur zu gern ver gißt man ob schmetternden Vogelfanges, Lenzblütc, Maiensonnenschein, nicht zu vergessen die reizvollen Zipfel toiletten der hübschen Leipzigerinnen, das garstige Lied der Politik. Leipzig liegt bekanntlich in einer weiten, als reizlos verschrienen Ebene. Darum zieht den Leipziger in Ferienzeiten auch lockend das Hochgebirge in seinen Bann. Wenn die Leipziger indes versuchen, die hohen Berge in ihre Heimat zu versetzen, so muß man von alpinem Hochmut sprechen. Wem ist nicht der Monte Scherbelino in unserem Rosental bekannt, der aus Asche und Scherbeln errichtete Scherbelberg, von dessen schwan kendem Aussichtsturm sich ein ganz hübscher Blick über die Messestadt ergibt. Mit diesem einen Scherbelberg ist's jedoch nicht mehr genug; man braucht ein ganzes Scherbelgebirge! Schon schütten die Leipziger — um die Müllabfuhr nutzbringend zu verwenden — einen zweiten Schcrbelberg auf an der Luppe (Thüringer Bahn). Und noch schöner und noch höher soll er werden als der Rosentalberg. Schade, daß man in einigen Jahrtausen den nicht die Berichte der Geologen über die mutmaßliche Entstehung dieser höchst merkwürdigen Berge lesen kann! In Verbindung mit dieser neuen Scherbelbergidee versucht man eine Reform der üblen Leipziger Müllab fuhr in Regie schmackhaft zu machen. Der Leipziger Hausbesitz, der dafür die Kosten zahlen soll, hat aber energisch abgewinkt. Indes der neue Scherbelino wächst und gedeiht zusehends! Bergheil! Zum blühenden Frühling gesellt sich gegenwärtig die Rummelmesse auf den Frankfurter Wiesen. Der penetrante Geruch der Bratwurstroste stört feine Nasen meilenweit in der Runde empfindlich. Obwohl auf dieser „Leipziger Messe", die volkstümlicher ist als jene große Weltmesse (für die der Reichsrat die vom Reichstag ab gelehnten 400 000 Mark nun in eine Beihilfe von 800 000 Mark verwandelt hat) immer wieder dieselben Herrlich keiten an Augen-, Ohren-, Nasenschmauß bietet, ist dieser Rummelplatz stets der neue, gleichmächtige Anziehungs punkt für große und kleine Leipziger aus Stadt und Land. Der Leipziger schimpft, aber er besucht doch immer wieder die „Messe" mit Kind und Kegel! Steht vor den verschie denartigen Karussels mit ihrer ohrenbetäubenden Leier kasten-, Orchestrion-, Lautsprecher- und Blechmusik, guckt in das nüchterne Innere der Schaubuden mit so glänzen den Fassaden, guckt zweimal, wo geschminkte Dämchen in phatastischem Aufputz und den Pumphöschen orientalischer Lieblingsfrauen auf den Brettern paradieren, ärgert sich über die „Schiebungen" der Ringer, spitzt die Ohren bei den Sirenenlockungen der Schießbuden. Alles ist wieder da: die Marionetten, Kasperle, Spiegelirrgarten, Tier schauen, Ausschreier, Eis- und Würstchen- und Kaffee buden, der Park der übrigen Verkaufsbuden. Die Messe leute klagen diesmal mehr als sonst über schlechten Ge schäftsgang, was bei der in Leipzig immer noch hoch über dem allgemeinen Durchschnitt stehenden Arbeitslosigkeit kaum zu verwundern ist. Obendrein veranstalten jetzt die großen Leipziger Warenhäuser extra billige Verkaufstage, um ihrerseits die unbeliebte Konkurrenz der Kleinmessenicht allzusehr zu spüren. So macht einer dem anderen das Leben schwer! Kleinmesse und Banmblüte: der Leipziger ist in seinem Element! Im sportfreudigen Leipzig herrscht in diesen schönen Maientagen Hochbetrieb zu Lande, zu Wasser und' in der Luft. Auf dem wunderschönen Hochslutbecken blähen sich die weißen Segel der Segelboote zu Dutzenden und die Paddler quirlen munter durch das Wasser. Die buntschillernden Wildenten aber, die zu Tausenden das Wasser bevölkern, lassen sich von den Spaziergängern nur allzu willig füttern.. Eigentlich sollen sie Mücken vertilgen, zu welchem Zwecke sie auf Leipzigs Gewässern ausgesetzt wurden, aber mit Weißbrötbröckchen befriedigt sich auch ein Entenmagcn schneller; so werden die Wildenten sichtlich zu einem Schlemmerdasein herangezogen. Dann ärgert sich der Leipziger wieder, wenn ihn im Sommer die blut gierigen Mückenweibchen piesacken! In Panitzsch draußen ist die neue Trabrennbahn eröffnet worden; da jede ernsthafte Sportveranstaltung heute auf die Teilnahme großer Massen rechnen darf, so wurde auch diese neue Pferderennbahn zu einem vollen Erfolg für die Veran stalter. Beträchtliche Zuschauermassen besuchen diese jetzt allsonntäglich stattfindenden Trabrennen immer wieder. Auch sonst stehen für Mai allerlei Ereignisse bevor: eine Nakstenflugveranstaltung im Leipziger Flughafen, die traditionelle Buchhäudlerkantate, Pferderennen am Schei- bsuholz, Ruder- und Segelregatten, Eröfnung der „Jpa", daZ Hauvtereignis der Saison. K. A. Lipsk.
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