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MsdrufferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Aanmzcilc 20Rpfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im rextlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennigc. Dor- geschriebeneErscheinungs- —, ' * „ tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis >^orin.10Ubr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzcigen übernehmen wir keine Garantie. Ieder Rabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingczogen werden muß ode 7 derAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen aUe Dermirtlun gsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die ^andwirtschast, Wochenblatt slir Wilsdruff u. Umgehend S;°..un?u^«d" Gewalt. Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kci'n Anspru^ch'aus Leerung . er Zeitung oder Kürzung Les Bezugspreises. — Ruchzendung eingesandter Schriftstücke crsolgt nur, wenn Porto bcilicgt. Nr. 294 — 88. Jahrgang Telear.°Aör.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 19. Dezember 1929 AW MW? KA dis Agrarzölle. Gleitende Zölle, feste Zölle, durch entsprechende Zoll höhe stabilisierte Preise auf dem binnenländischen Ge- -reidemarkt, Zollherabsetzung, ja Zollaufhebung für tlgrarprodukte — alles das schwirrte in den letzten "Tagen m Reichstag durcheinander. Bei den Beratungen des Handelspolitischen Ausschusses, der sich mit den neuen Zokvorlagen zu beschäftigen hatte, bei den Sonder- besprcchungen der Vertreter der „Grünen Front" zwischen oder innerhalb der Parteien, bei den Verhandlungen der Negierung mit „ihren" Parteien. Über das Ziel ist man ich zwischen den nichtsozialdemokratischen Neichstags- ibgeordncten langsam und mühselig einig geworden: es ollen der deutschen Landwirtschaft mit Hilfe eines .Sicherheitsfaktors" einigermaßen feste Gctreidcpreise durch den Zoll garantiert werden, aber nicht durch „gleitende", alfo automatisch hinauf- oder herunter gehende Zölle, sondern durch F e st z ö l l e, deren Höhe sich nun aber danach richtet, wie hoch im viermonatlichen Durchschnitt die Gstreideprcise standen. Man hat als „Drehpunkt" sozusagen für den Roggen einen angemesse- acn Preis von 230 Mark die Tonne, für den Weizen von 260 Mark die Tonne festgesetzt. Werden diese Prcis- ounkte im Viermouatsdurchschnitt unterschritten, dann erhöht sich der Zoll für Weizen auf 9,50, für Roggen aus Marl. Das würde z. B. für den gegenwärtigen Augen blick zuücffen und daher würden, wenn die Vorlage in dieser Form durchgeht, ab 1. Jauuar der Roggen- bzw. der Weizenzoll auf die obengenannte Höhe heraufzusetzen sein. Entsprechendes, nämlich eine Ermäßigung der Zölle, würde erfolgen, wenn die Getreideprcise über die -60 bzw. 230 hinaus anziehcn sollten; daun würde — wieder nach dem Viermouatsdurchschnitt — eine bis ans 3,50 bzw. 3 Mark hernmcrgchende Zollcrmätzigung durch- leführl werden. Die Zollbclastung auf Futtcrgerste dürfte ähnlich reguliert werden. Das Ziel ist leicht erkennbar - und das ist ein Ziel, das man'mit der Agrarzollpolitik schon immer in der deutschen Landwirtschaft verfolgte: nicht übermäßig hohe, iondern nur angemessene, vor allem aber einiger- maßen stabile Preise Braugerste und Hafer — jür die in der jetzigen Zollvorlage Festzölle mit 9 bzw. ' Mark vorgeschlagcn werden sollen — svielen dabei nur noch eine untergeordnete Rolle. Es kommt eben haupt- lachlich auf Weizen, Roggen. Futtergerste an — aber auch dicr hat sich so manches im Verhältnis dieser drei ^etreidesorten zueinander verschoben, namentlich seitdem die Roggenvcrfütterung an das Vieh amtlich empfohlen und gesetzgeberisch gefördert wurde. Den« wir haben in Deutschland eine Noggennot in dem Sinne, daß nicht zu wenig, sondern zuviel von dieser Getreidcart für die Nach- irage auf dem deutschen Binnenmarkt vorhanden ist. Und das ist aus zwei Gründen möglich geworden: der Konsum an Weizenmehl für Ernübrnngszwecke hat 1928 zum ersten- mal den an Noggcnmehl übertroffen, und des weiteren — eine Tatsache, die auf alle mitteleuropäischen Völker zu- trisft —: der Brotkonsum ist gegenüber der Vor kriegszeit pro Kops der Bevölkerung ganz beträchtlich ge ringer geworden. Darunter bat in Deutschland natürlich besonders der Verbrauch an Roggen gelitten, der gegen über 1913 nm nicht weniger als 22 Prozent zurückging, während diese Abnahme beim Konsum von Weizenmehl nur etwa 12 Prozent betrug. Der Gesamtwert des gegen damals weniger verbrauchten Mehls beider Arten beträgt whrlich über 500 Millionen Mark. Bedroht wird die derart in Not geratene deutsche Landwirtschaft durch die polnische Roggenkon- kurrcnz, die nicht bloß durch die niedrigeren Ge stehungskosten in Polen, sondern durch staatliche Export prämien und Tarifvergünstignngen gefördert wird. Nun bat — was zum Teil schon durchgesickert war — der Er- nährnngsminister Dr. Dietrich im Reichswgsausschuß an- gekündigt, man wolle versuchen, mit Polen zusammen die Noggenausfuhr zu regulieren. Theoretisch liegt das sicher 'm Interesse beider Länder: denn sie beide sind die ein- ügen Noggenausfuhrstaatcn Europas; Rußland kommt gegenwärtig gar nicht in Betracht. Ob allerdings praktisch aus diesem Wunsch des Ministers etwas wird, ist eine zweite Frage. Auch uach einer anderen Seite hin üben die jetzigen Verhandlungen über die Erhöhuna der Agrarzöllc bereits ihre Wirkung ans: Dänemarks Landwirtschaft und Negierung machen mobil gegen die beabsichtigte teil weise übrigens schon dnrchgeführte Heraufsetzung der deutschen Vieh- und Fleischzölle. Man droht schon mit einem Boykott deutscher Indnstriewaren in Dänemark und verlangt Meistbegünstigung auf dem Fuß der von Deutschland der schwedischen Vieh- und Fleischcinfuhr ge währten zollpolitischen Bevorzugung. Aber der deutsche Handelsvertrag mit Schweden ist bereits gekündigt und außerdem darf dieses Land nur eine recht geringe Menge von Vieh bzw. Fleisch nach Deutschland exportieren. über diese neueste Phase im Kampf um die Agrar- >ölle !E^e„,Er nicht bloß in Kopenhagen, sondern auch UL-u nicht un-ch-biich-n Aus. PaWWh 4 Wksbegkhrelis SerStreit vor demStaatsgerichtshos Entscheidung am Donnerstag. Der Prozeß vor dem Staatsgerichtshos m Leipzig, der entstanden war durch die Beschwerde der deutsch- nationalen Fraktion des Preußischen Landtages gegen das Land Preußen wegen der Bedrohung von Beamten, die das Volksbegehren unterzeichneten, mit Disziplinar maßnahmen, wurde Mittwoch wcitergeführt. Zu einem Urteil kam es jedoch nicht. Die Entscheidung wurde auf Donnerstag vertagt. Ter Vertreter des Klägers, Rechtsanwalt Dr. Seelmann- Eggebert, begründete seine Auffassung über die Auslegung des ß 4 nochmals. Natürlich liege, wenn eine neue Strafbarkeit ausgestellt werde, darin eine vielleicht auch herbe Kritik an der Vergangenheit. Es sei aber grundsätzlich davon auszugehen, daß jeder- das Beste für Volk und Vaterland wolle und daß nur die Meinungen über die Methoden auseinander gehen Wenn sich die preußische Regierung zu einer uneinge schränkten Erklärung verstanden hätte, daß sie die Eintragung in die Listen nicht beanstanden werde, so hätte sich das ganze Verfahren vor dem Staatsgerichtshos damit vielleicht erledigt. Ministerialdirektor Dr. Badr als Vertreter Preußens führte in seine Erwiderung aus: Um eine bloße Kritik der Vergangenheit handle es sich bei Z 4 nicht. Die Antragsteller wollten zum Ausdruck bringen, das Vorgehen der bisherigen Neichsregierung sei, wenn das neue Gesetz schon gelten würde, als Landesverrat mit Zuchthaus zu bestrafen, und das mache es den Beamten unmöglich, für das Gesetz einzutreten. Annäherung der Parteien? Der Vorsitzende, Reichsgerichtspräsident Dr. Bumke, wies darauf hin, daß zwischen den beiden Parteien schon eine große Annäherung erzielt sei. Es handle sich nicht mehr darum, den preußischen Ministerpräsidenten zur Poli- Nie Entscheidung W»»-» Noung-Plan Störungsversuche? Der anfänglich für den Z. Januar geplante Zu sammentritt der zweiten Haager Konferenz, bei der die letzten Entscheidungen über den Aoung-Plan getroffen werden sollen, ist auf den 6. Januar verschoben worden Die Vorbereitungen zur Konferenz sind in vollem Gange. Vian erwartet, daß sie mit großer Beschleunigung arbeiten wird, um den Beginn der für den 13. Januar angesetzten Tagung des Völkerbundrates in Genf nicht zu gefährden. Als deutsche Delegierte im Haag werden voraussichtlich der Reichsaußenminister Dr. Curtius, Reichsfinanz Minister Dr. Hilferding und ferner Reichsbankprüsi- dent Dr. Schacht neben mehreren Sachverständigen wirksam sein Man hofft in Berlin, daß die noch strittigen Fragen recht bald gelöst werden können und die noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten, namentlich auch mit Bezug auf die Ostreparationen, bald geebnet sein werden. Schreckschuß aus Paris. Im letzten Augenblick wird aus Paris durch das „Echo de Paris" eine sensationelle Mitteilung in die Welt geworfen. Nach dieser soll es die Absicht des englischen Schatzkanzlers Snowden sein, die Aufnahme von Sanktionsbestimmungen in das abzuschließende Aoung-Abkommen neuerdings zu verlangen. Snowden soll angeblich zu diesem Verhalten entschlossen fein, weil die deutsch-englischen Verhandlungen über die Rückgabe des noch in England befindlichen ehemals deutschen Eigentums uicht vorwürtsgingcn. Was von den Mitteilungen, die natürlich sowohl in Berlin wie in London sehr überraschend gewirkt haben, zu halten ist, kann im Augenblick nicht übersehen werden. Man neigt stark zu der Meinung, es handele sich lediglich um einen erneuten Hemmungsvorstoß von französischer Seite, und glaubt nicht, daß Snowden wirklich dazu bereit ist, den Fortgang und Abschluß der Noung-Verhandlungen in solcher Weise zu gefährden. Die maßgebenden Stellen in Berlin lassen keinen Zweifel darüber, daß im Ernst fälle eine starke Störung der Verhandlungen eintreten würde. England und die französischen Sanktirmswünsche London, 18. Dezember. Was die Behauptung Pertinax' anbelangt, das; das britische Schatzamt Sanktionen gegen Deutsch land in Aussicht nehme für den Fall der Ablehnung bestimmter Teile des Mungplanes, so handelt es sich hier wahrscheinlich um eine reichlich weitgehende Ausnutzung der taktisch weit günstigeren Stellung Frankreichs für den Haag. Die Albeiterregierung lehnt eine Sanktionspolilik grund sätzlich ab, und es besteht keinerlei Anhaltspunkt, Schatz- kenzier Snowden hiervon auszunehmen. tischen Verantwortung zu ziehen, sondern nur noch um eine Auslegung von Verfassnngsbestimmnngen. Wenn die preußische Negierung noch einen Schritt weiter cnt- gegenkommen und eine positive Erklärung abgeben würde, daß auch für die Zukunft wegen der bloßen Einzeichnnng in die Listen kein Verfahren gegen Beamte eingeleitet werden solle, so könnte eine Entscheidung des Staats gerichtshofes vermieden werden. Ministerialdirektor Dr. Vadt erklärte dazu, die preußische Staatsregicrung stehe grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß den Disziplinargerichten durch ihre Stellungnahme nicht vorgegriffen werden solle. Das Staatsministerinm stehe aus dem Standpunkt, daß es hier zu Unrecht vor ein nicht zuständiges Gericht zur Austragung eines Streites gezogen worden sei. Sie dürfe sich nicht zu Erklärungen zwingen lassen. Die Entscheidung des Staatsgcrichtshofes für das Deutsche Reich wurde dann für Donnerstag angekündigt. * Das Urteil des Staats gerichtshofs Leipzig, 19. Dezember. In dem Verfassungsstreit um das Recht der Beamten, sich am Volksbegehren und Volksentscheid zu beteiligen, hat der Staatsgerichtshos aus die Klage der Deutsch- nationalen Landtagsfraktion gegen das Land Preußen für Recht erklärt, daß nach Artikel 13V Abs. 2 der Reichsverfassung die Be amten sich ins Volksbegehren ohne Rücksicht aus dessen Inhalt ein- lragen und beim Volksentscheid abstimmen können. Die weiter gehenden Anträge werden abgewiesen. Das schließt selbstverständlich nicht aus, daß die Entwicklung in dem deutsch-englischen Fragenkomplex, wie der Eigentumsfrage, und auch die Entwicklung in der Frage des Verzichtes auf die Keberschüsse, die sich aus dem llebergreifen von Dawes- und Youngplan ergeben, einige Besorgnis verursacht. Aber selbst im Falle der Nichteinigung würde Snowden oder die britische Regierung keineswegs auf die alte Politik der Sanktivnsdrohung als letztes Mittel des Ausgleiches zurückgreisen. * Der Tems Mr die BedentW der EiseM«- Momcus Paris, 18. Dezember. Der „Temps" befaßt sich mit der Veröffentlichung der Abkommen zwischen der Botschafterkonfrrrnz und dem Deutschen Reich über die deutschen Eisenbahnlinien im Rheinland. Das Blatt wirft der hierüber erfolgten auch in Frank reich veröffentlichten amtlichen deutschen Information vor, daß sie die für Deutschland günstigen Momente des Abkommens eimcitig unterstrichen habe- Dies könnte ein schiefes Bild von dem Abkom men geben. Wenn auch die Fragen besonders technischen Charak ter trugen, so hätten sie doch nicht weniger politische Bedeutung bezüglich der efsektiven Entmilitarisierung des Rheinlandes in Durchführung des Versailler Vertrages. Wenn Deutschland ge wiße Eisenbähnbaulen in der entmilitarisierten Zone gestattet seien, so Habs man auf der anderen Seite die notwendigen Vor sichtsmaßregeln getrossen, damit die sicheren Bürgschaften nicht kompromittiert werden konnten. Auf alle Fälle würden die Rechte, die Frankreich aus Artikel 43 des Versailler Friedensvertrages ziehe, durch dieses Abkommen nicht beeinträchtigt werden Man könne im gegebenen Falle immer wieder darauf zurückgreifen. Der ZoNampf im Rekhsiagsausschuß. Annahme der Regierungsvorlage. Im Handelspolitischen Ausschuß des Reichstages griffen die Deutschnationalen bei Beratung der Getreidezölle das System der Gleitzölle an und wandten sich besonders gegen den Antrag der Regierungsparteien über die Einfuhrscheine. Wenn schon die Einfuhrscheine eingcführt würden, müßte ihr Wert dem Wert der Zölle angepaßt sein und für Roggen neun Mark für den Zentner betragen. Reichsernährungsminister Dietrich erwiderte, die Re gierung wolle versuchen, mit Polen zusammen die Roggenausfuhr zu regulieren. Zu diesem Zweck sei dem An trag die Bemerkung angefügt, daß die Regierung ermächtigt wird, die Erteiluim von Einfuhrscheincn an B e d i n g u n g e n zu knüpfen. Der Minister widersprach der Behauptung, daß die Gleitzölle sich nirgends bewährt hätten In der Abstimmung wurden die Anträge der Deutschnatio- nalcn und der Bauernpartei auf Einführung eines festen Zollsatzes von 10 Mark ab gelehnt, und die Anträge der R e g i c r u n g s p a r t c i en über die Zollsätze für Roggen und Weizen mit 18 gegen 6 Stimmen angenommen. Ebenso wurden die Zollsätze für Braugerste und Hafer sowie der An trag Setr. die Einfuhrscheine angenommen. Nach zu Ende geführter Beratung der Zollvorlage wurde beschlossen, die Textilzölle und weiteren Anträge zu den Textil- Zöllen erst im Januar zu beraten