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MsdrufferTageblatt Nr 264 — 88. AahrKarrg Wilsdruff-Dresden Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauplmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20 Npfg., die < gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Keichs- Pfennig, die 3 gespaltene Neklame-eile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisunc^sgebühr 20 Neichspfennige. Vor geschriebene Lrscheinungs- tage und PratzvUrschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annabme bis oorm.10Ubr. Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzcigen übernehmen wir keine Garantie. JederNabatlanspr. ch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder derAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittln»'gsstellenentgegrn. Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 13. November 1929 Mtt?nale Tageszeitung für die Landwirtschaft, WUrdkUff« Tagedlatt" »scheint an allen Werktag« nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der D^ch2stsstclle »nd den Ausgabestellen L RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,ZÜ RM-, bei Postdestellung 2 «M. zuzüglich Abtrag, . .. . gebühr. Einzelnummern IbApfg. AllePostanstalten Tcrüchenvlatr suv LBitsdvUss u. Umgegend Postboten und unsereAus. tr«aerund<»eichäftsftelle- - - . nehmen zu jeder Zeit De. ftellungcn entgegen. Im iZaue qogerer «cwalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung einzesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Moldenhauer öder seine Ausgaben. Sorge für den Osten. ^n der Unterhaltung, die der neuernannte Neichswirt- schaktsminister Dr Moldenhauer einem leitenden Ange- der PZse gewährte, erklärte der Minister urL ""^Jas Reichswirtschaftsministerium hat die vornehme Aufgabe, die Wirtschaft zu fordern,vor Storungen zn schützen und ihre Lasten zu erleichtern. So hat Dr. Eurtius die Aufgabe aufgefaßt und so will auch lch sie auffassen. Förderung der Wirtschaft heißt aber unter den gegebenen Verhältnissen auch Förderung derjenigen Aus fuhr, auf die Deutschland angewiesen ist. Förderung der Wirtschaft und des Absatzes heißt aber auch Erhaltung 8lld Stärkung des inneren Marktes, in erster Linie die Gegen die Hungerblockade. In Deutschland wird man mit sehr gemischten Ge fühlen eine Rede aufnehmen, die der jetzige amerikanische Präsident Hoover an dem Tage gehalten hat, als sich zum elften Male der Abschluß des Waffenstillstandes jährte. Hoover macht einen Vorschlag, der gewissermaßen eine Fortsetzung der pazifistischen Politik Amerikas bedeutet. Ebenso wie man im vergangenen Jahre durch den Kellogg-Pakt den Krieg hat „ächten" wollen, so regt Hoover jetzt an, daß im Kriege „Schiffe, die nur Lebens mittel den kriegführenden Staaten zuführten und als solche bezeichnet sind, den Hospitalschiffen gleichgestellt und wie diese unverletzlich sein sollen". Denn man müsse die Aushungerung von Frauen und Kindern als Kriegswasfe ausschalten un* würde dadurch kriegs verhindernd und kriegseinschränkend wirken. Hoover ist es bekanntlich gewesen, der die Unter stützung der belgischen Bevölkerung im Kriege durch die „Relief Commission", also durch die Zusendung von Lebensmitteln auf dem Schiffswege organisierte. So stark war der Druck, den Amerika auf England als der führen den Blockademacht ausüben konnte, daß die englische Flotte diese Verproviantierung der Belgier nicht verhindern durfte. Aber man weiß in Deutschland auch noch aus furchtbarer Erinnerung, daß diese Hungerblockade nicht zuletzt gegen die deutschen Frauen und Kinder geradezu entsetzlich und verheerend gewirkt hat, daß der Hunger Wohl die Hauptwafse gewesen ist, mit der man den deut schen Widerstand im Weltkrieg brechen wollte und brechen konnte. Was an völkerrechtlichen Bestimmungen über ein milderes Blockaderecht vor 1914 aufgebaut worden ist, stürzte fast mit dem Tage der Kriegserklärung wieder ein. Wenn es nach englischem Willen gegangen wäre, dann wäre kein Getreidckorn, kein Stück Fleisch in das hun gernde Deutschland hineingelangt. Unverständlich bleibt es darum, daß Hoover behauptet, alle Nationen hätten nach Ausbruch des Krieges durch das Abschneiden der Lebens- mitteleinfuhr gesündigt und keine Nation dürfe dafür allein verdammt werden. Denn es ist ja eine auch von England gar nicht bestrittene Tatsache, daß die Londoner Regierung 1914 einfach von sich aus völkerrechtlicheVerein- barungen über die Blockade außerKraftgesetzt hat. Man darf wohl annehmen, daß dieser sensationelle Vorschlag Coovers, die Hungerblockade zu verbieten und völkerrechtlich die Lebensmittelzufuhr zu garantieren, nicht ohne vorhergehende Besprechung mit dem englischen Ministerpräsidenten veröffentlicht worden ist. Im übrigen ckt dieser Vorschlag auch vorläufig noch nicht „amtlich" gemeint, wird lediglich als eine „Anregung" bezeichnet und — die Probe auf das Exempel ist immer noch nicht gemacht worden, wieweit eine solche internationale ^,^u"e der Lebensmittelzufuhr im Ernstfälle stichhalten .H?°ver will diesen Vorschlag nicht verknüpft bevorstehenden Abrüstungskonferenzen. Die ^^"a^ren Zwecken dienen, und Hoover unterstreicht, zwischen Amerika und England bereits einig des gegenseitigen Flottenverhältnisses Merdmg wirkt dann ein weiterer Satz der Rede etwas nämlich, wie Hoover ausführt, „die r. v^r^chgungsrüstung ausschließlich von der Rustungder a n deren Nationen abhänge". Der Eenkamsche Prastdeni seinen Vorschlag aber auch noch mtt rein weltwirtschaftlichen Erwägungen, die allerdings nicht von durchschlagender Wirkung sein können; denn im Kriege hat eben die reine Macht und nur diese den Ausschlag gegeben auch für das, was Amerika an Material, Lebensmitteln usw, den kriegführenden Mächten zusenden konnte. Eine kriegerische Auseinandersetzung, der Kampf um das Dasein eines Volkes, hat bisher immer derartige Erwägungen und Bedenken über den Haufen A^orsen. Und England wieder ist es gewesen, schon seit omcs .wlson, das immer an dem schärfsten Blockaderecht festgchalten hat. Selbstverständlich verdient der Voricklaa Coovers vom stuHE- freilich sind im Fernen Osten zwischen Nutzland und China die Gewehre losaeaanaen Aber die Ub^ des Furchtbaren, das ein Krieg von hertte m t sich mag doch schließlich und ganz allmählich zu einer geistigen Umstellung der Mensch heit führen. Der deutsche Schritt in Paris Sie Mnumrg der dritten Zone. Mißver st änd Nisse? Besondere Bedeutung wird der stattgefundenen Unter redung des deutschen Botschafters in Paris, Dr. von Hoesch, mit dem französischen Außenminister Briand beigemessen. Man nimmt, ohne daß es bezweifelt wird, an, daß der deutsche Botschafter im Anschluß an die kürz lichen Erklärungen des Ministerpräsidenten Tardieu und Briands in der Französischen Kammer beauftragt war, um befondere Aufklärungen zu bitten, da die Äuße rungen Tardieus Anlaß zu Mißverständnissen in Deutsch land gegeben haben. Briand erklärte dem deutschen Bot schafter, Tardieu habe keine von Briands Anschauungen abweichenden Ansichten und habe auch solche nicht ausge sprochen. Wenn man anderweitiges in die Rede Tardieus hineingelegt habe, so fei das nur auf irrige Auffasfung zurückzuführen. Die Räumung der dritten Zone sei nach den Abmachungen im Haag von der Inkraftsetzung des Young-Planes abhängig und solle spätestens bis zum 30. Juni durchgeführt sein. Tardieu habe übereinstimmend mit Briand selbst in der Kammer darauf hingewiesen, die Räumung werde ohne Verzögerung beginnen, wenn die Vorbedingungen erfiillt wären, d. h. der Young-Plan an erkannt sei. Botschafter Dr. von Hoesch wies darauf hin, es sei im allgemeinen nützlich und würde in Deutschland gut wirken, wenn die Zeit für die Haager Schlußkonferenz und damit die Ratifizierung des Abkommens beschleunigt würden. Tatsächlich sollte ja auch die Schlußkonserenz zunächst- bereits im Oktober stattfinden. Dann wurde der November genannt und jetzt ist man bereits bei dem Dezember an gelangt. In Wirklichkeit wird wohl vor Anfang Januar nicht an die Arbeit gegangen werden können. Einige fran zösische Zeitungen weisen ziemlich deutlich darauf hin, daß Hemmungen in den französischen Entschließungen zum Young-Plan insofern entstanden sein könnten, als man erst das Ergebnis des Volksentscheids in Deutsch land abwarwn wollte. Eher könnten die Delegierten im Haag nicht zu einem endgültigen Beschluß gelangen. Der Termin für den Volksentscheid ist in Berlin noch nicht fest gesetzt. Man hält in den Kreisen der Führer des Volks begehrens eine Abstimmung in der Weihnachtszeit nicht für besonders zweckmäßig. Internationale RspÄaüonsSrmk. Die Pause in den Besprechungen in Baden-Baden hat den deutschen Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht veranlaßt, eine Reise nach Berlin anzntreten. Man be trachtet aber in den Kreisen der in Baden-Baden ver sammelten internationalen Delegierten die Lage nicht mehr als kritisch. Unter Umständen soll bereits Mittwoch mit den Vollsitzungen wieder begonnen werden. Die ent standenen Schwierigkeiten hält man für überwunden und glaubt an baldige günstige Beendigung der Arbeiten Gegenwärtig weilt der Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank in Baden-Baden, um über die Unterbringung der Internationalen Zahlungsbank in Baselzu konferieren. Die Regierung des Kantons Bafel hat als künftiges Bankgebäude das Haus „Zum Kirch garten" in Basel zur Verfügung gestellt, das in unmittel barer Nähe des Bankenviertels und des Bahnhofes ge legen ist. Das Gebände stammt aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts und macht den Eindruck eines schönen alten Palastes. Es befindet sich im Staatsbesitz und bietet SO—80 Angestellten der neuen Bank Unterkunft, Enslisch-MlamMWr DeM W NeWe der deutsche« EiWimr London, 12. November. Der liberale Abgeordnete Mac pherson hat in seinem eigenen Namen und in dem des konserva tiven Abgeordneten Lord Hughes Cecil, des Abgeordneten Wed- gewood und des Liberalen Sir Robert Hutchison an die Mitglie der des Unterhauses ein Schreiben gerichtet, in dem nm Unter stützung einer an den Ministerpräsidenten, den Schatzkanzler und den Handelsminister zu richtenden Anfrage wegen der verweiger ten Freigabe des beschlagnahmten deutschen Eigentums gebeten wird. Das Ersuchen wird wie solgt begründet: „Im Hinblick auf die Tatsache, daß durch den höchsten Gerichtshof des Landes er neut bestätigt wurde, daß auf Grund des in Großbritannien be stehenden Rechts das Privateigentum von Bürgern nicht zur Be zahlung von Staatsreparationen beschlagnahmt werden kann, hoffe ich, daß Sie eine Möglichkeit sehen werden, sich auf der bei gelegten Postkarte von Ihrer Bereitwilligkeit zu verständigen, Ihren Namen unter den Anttag zu setzen." Der Antrag, der am Mittwoch eingebracht werden soll und für den Unterschriften eines großen Teiles der Unterhausmitglieder unter ihnen hervorragende Persönlichkeiten aller drei Parteien bereits gesichert sind, hat folgenden Wortlaut: „Wir schlagen ergebenst vor a) daß alles deutsche Eigentum, das noch nicht liquidiert ist, vorbehaltlich der durch den Vertrag von Versailles auferlegten Kosten an die Besitzer zurückgegeben werden soll, in Uebereinstim mung mit den Empfehlungen des Youngplanes. b) Daß die Erlöse und der Ueberschuß aus dem bereits liqui dierten deutschen Privateigentum bis auf den Betrag, der zur vol len Kapitalsbesriedigung zuzüglich Zinsen aller britischen Privat ansprüche gegen Deutschland oder deutsche Staatsangehörige unter Artikel 296 und 297 des Vertrages von Versailles notwendig ist, zur Verteilung unter den früheren Besitzern des Eigentums frei gegeben werden soll." Wie der Vertreter der Telegraphen-Union hört, wird auch von deutscher Seite und zwar sowohl offiziell wie von der Seite der geschädigten Organisationen nichts versäumt, um gleichzeitig mit dem neuen englischen Vorstoß eine Aenderung der bisherigen ablehnenden Haltung der englischen Regierung zu erreichen. Sehr bestimmte neue Schritte sind im Gange, in denen nicht nur die mo ralische, sondern auch die rechtliche Aufastung der deutschen Re gierung zum Ausdruck kommt. Es besteht ferner guter Grund zu der Annahme, daß die englische Regierung- wenn sie ihren grund sätzlich ablehnenden Standpunkt ausgibt, auch auf deutscher Seite hinsichtlich der Form der Zurückgabe der Ueberschüffe, die bekannt lich zum allergrößten Teil bereits verbraucht sind, auf ein gewis ses Entgegenkommen rechnen kann. s Stärkung und Gesundung unserer notleidenden Land wirtschaft. Alle Maßnahmen, die mit durchgreifender Wirksamkeit auf diesem Gebiet ergriffen werden können und nicht andere wirtschaftliche Interessen gefährden, wer den von mir mit aller Energie unterstützt werden." Der Minister schloß mit der Feststellung, daß ihm, ob wohl er aus dem Westen komme, die Sorgen des Ostens sehr am Herzen lägen und ganz besonders die Schwierig keiten der Provinz Ostpreußen, der zu helfen eine seiner vornehmsten Pflichten sein müsse. SAdentenunrOen in Zerlm. Eingreifen der Polizei. Zu größeren Krawallen kam es an der Berliner Universität. An den Ausgängen der Hochschule wurden Zettel verteilt, in denen die Studenten aufgefordert wurden, an einer Protestkundgebung teilzunehmen. Diese Kundgebung ging von der „Deutschen Studentenschaft" aus, die einen Teil der Studentenschaft umfaßt und im Gegensatz zu dem preußischen Kultusminister steht. Als Grund für den Protest wurde angegeben, daß der Rektor grundlos jede Verhandlung mit der „Deutschen Studentenschaft" abgebrochen habe Auf dem Hegelplatz hinter der Universität versammelten sich denn auch zahl reiche Studenten, wo Reden gegen den Rektor gehalten wurden. Dann marschierten sie in den Vorhof und in die Halle der Universität und demonstrierten gegen Kultusminister Becker und den Rektor. Aus den Hör- sklen kamen andersgesinnte Studenten und verbaten sich die Kundgebungen, worauf es verschiedentlich zu Tätlich keilen kam. Einzelne jüdische Studenten wurden von den Demonstrierenden besonders heftig angegriffen und mußten flüchten. Schließlich erschien ein größeres Polizei aufgebot, dem aber die Beruhigung nicht gleich gelingen wollte, so daß der Gummiknüppel in Gebrauch kam, ob wohl die Polizei nicht hinter den in die Universität sich zurückziehenden Gruppen von Kundgebern eindrang, sondern nur die Eingänge besetzte. Nack längerer Zeit zog die Polizei wieder ab, als einige Besänftigung ein- getreten war. Kultusminister und Universitütsbehörden beraten über die vorzunehmcnden Schritte. * Die Ursachen der Demonstrationen Die Kundgebungen der Studentenschaft sind auf andere Ursachen zurückzuführen, als man zunächst angenommen hatte. Die Allgemeine Deutsche Studentenschaft »hatte in der Uni versität als Einladungen zu ihrem bevorstehenden Ball Plakate angebracht. Der neue Rektor Gerhard Schmidt hatte dies'- Pläkate entfernen lassen, weil die Plakate den Eindruck machten, als handele es sich nm einen Universitätsball Zn; Universitätsgebäude kam es zu den geschilderten Zusammen stößen mit anders eingestellten Studenten, wobei antisemitische Tendenzen hervortraten, und wonach die Polizei sechs SMe ruugen vornahm Die festgenommenen Studenten wurden aber durch den inzwischen erschienenen Polizeipräsidenten Zör- giebel wieder entlassen. * Erklärung des Polizeipräsidenten. über das Eingreifen der Polizei bei den Vorgängen in der Berliner Universität teilt der Polizeipräsident mit: Als der Polizeipräsident den Hegelplatz verlassen wollt eilten mehrere Personen auf den leitenden Polizeioffizier zu und berichteten, daß es im Vestibül der Universität zn schweren,Zusammenstößen zwischen den Studenten ge