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Naii?nale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Da» ,Wil»truffer Tageblatt" erscheint an allen Werktags nachmittag» S Uhr. Bezug»l-rei»: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch di- Boten 2,SU AM., bei Postbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrog- * gebühr. Einzelnummern 1bRpf,.«llePost°nft°l--n Wochenblatt für Wilsdruff n. Umgegend Postboten und UN,-r-Aus. träger und Geschäftsstellen U 2—I! nehmen zu jeder Zeil Be ¬ stellungen-ntg-gnt. ImFallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Bett,eb-storungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder«ürz»ng des Bezugspreises. — Rücksendung eingesaudter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20Npfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebnhr 20 Reichspfennige. 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Nach amtlicher Mitteilung hat der Oberprästdent der Provinz Brandenburg und von Berlin persönlich den Oberbürgermeister Böß über gegen thn erobcnen Be schuldigungen vernommen und ^elN Disriolinor^ üürgermeisters entsprechend das förmliche D sz P narver- ^^Rlm"untersuchungskouimissarernannted" Präsident den auch in den sonstigen Dlszlplmarsachen fungierenden Oberregierungsrat Tapolfki. An träge des Oberbürgermeisters Böß auf Beurlaubung der Oberpräsident zunächst auf viex Wochen c. sprochen. Die erste Etappe. Es war ein harter, erbitterter Kamps, es war ein Rennen, bei dessen „Finish* die Gegner des Volksbegehrs und seine Befürworter sozusagen „Kops an Kopf* dem Ziele zustrebten. Wer macht das Rennen? Kriegen die Freunde des Volksbegehrs die notwendigen 4.1 Millionen Stimmen oder behalten die Propheten im Gegenlager recht, die — was für diese allmähliche Feststellung des Endresultats überaus bezeichnend ist — noch in letzter Stunde das Scheitern des Volksbegehrs glaubten Voraus sagen zu können? So fragte man sich immer und immer wieder, so — wurde man gefragt und wußte doch nichts. Mußte als vorsichtiger Mann am besten immer nur ant worten: Abwarten, bis das Resultat da ist! Und das ist nun da; die für das Weitertreiben des volksbegehrten Gesetzentwurfs notwendigen Stimmen sind in genügender Zahl abgegeben, die 4,1-Millionen-Grenze ist noch etwas überschritten worden und die begreifliche Spannung ist gelöst. Begreiflich natürlich ist auch die Be friedigung, mit der von den Urhebern und Freunden des Volksbegehrs die Entscheidung begrüßt wird. Und immer wieder betonen die Freunde des Volks- beaehrs, daß dieser ihr Sieg errungen worden ist gegen große und unerwartete Widerstände. Doch auch auf dreser Seite verschließt man nicht die Augen davor, daß es den hinter dem Volksbegehr stehenden Parteien nicht ge lungen ist, alle jene zur Einzeichnung zu veranlassen, die bei der letzten Reichstagswahl ihre Stimmen für jene Parteien abgegeben haben. Aber das Gelingen des Volksbegehrs rst ja nur erne Etappe auf einem noch recht langen Wege bis zum erstrebten Ziel. Vorläufig muß erst einmal das genaue Resultat endgültig festgestellt werden; ist das geschehen, so muß die Reichsregierung dem Reichstag jene,, ausgearbeiteten Gesetzentwurf zuleiten, der dem Volks begehr zugrunde lag, also das „Freiheitsgesetz*, wie sein« Überschrift lautet. Gleichzeitig damit aber geht dem Reichstag eine Darlegung darüber zu, wie sich die Regie rung selbst zu diesem volksbegehrten Gesetzentwurf stellt Wie diese Stellungnahme ausfallen wird, ist ja durch dis politische Zusammensetzung der Reichsregierung und durch ihre bisherige Haltung dem Volksbegehr gegenüber natür lich schon deutlich genug kundgetan. Das gleiche gilt wohl auch von der Mehrheit des Reichstages, die ja hinter del Regierung steht, so daß man die Ablehnung des Gesetz entwurfs durch den Reichstag als sicher bezeichnen kann. , kommt der Volksentscheid, muß wenn der Reichstag den Gesetzentwurf nichl dips-ü"A- Mcui wird Wohl damit rechnen können, das der ^sentscheid stattfindet, ehe im Reichstag selbst wird Zur Beratung kommt. Aber natürlich diesem Gegnern Zett gelassen werden, sich z» Ralksl,^, ^"dungstag zu rüsten, wie wir es vor dem we dw ÄV^ haben. Durch eifrigste Agitation des Gesetzentwurfs alles darau! Unterz^ um die fünffache Zahl der jetzt zu, ^8 Volksbegehrs Veranlaßten beim d ^.Stimmabgabe zu bringen. Denn beim wuß sich chx einfache Mehrheit der Stimm- an der Abstimmung, dem „Ja" oder „Nein" beteiligen, -lur bei Gesetzentwürfen, die eine Verfassungs- anderung ^zwecken, ist auch die Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigten notwendig. Von den Gegnern des jm Volksbegehr geforderten und nun dem Volksentscheid unterliegenden Gesetzent wurfs dürfte — wre es bereits beim Volksentscheid übe, die sog. Panzerkrcuzerfrage geschah - die damalige Taktil ^ber befolgt werden, Stimmenthaltung zu proklamieren, uuf diese Werse zu versuchen, die Mehrheit der Stimm- dow'r^ Stimmabgabe fernzuhalten: müssen abllimm^ "0'5 Millionen beim Volksentscheid überhaupt Gerüche zu tun"' ^a?k.^lungsgemäßen Forderung setzuna d-.e erste und wichtigste Voraus- Kesetzentw^ dann würde aus dem Mehrheit jener 20 Gesetz werden, wenn die „Ja* gestimmt hat. Das zu erreichen, alch genügend Stimmberechtigte in die Ab- stimmungslokalc zu bringen und sie dann zum Ja* zu NS- .L' WLHLZU Jas WKMMen MgenMim Ergebnis des Volksbegehrs. 10,06 Prozent. Nach den beim Reichswahlleiter bis zum 2. November, abends, eingegangenen Meldungen stellt sich das Ergebnis wie folgt: Zahl der Stimmberechtigten 41 073 459, Zahl der Eintragungen 4133 812, mithin Beteiligungsziffer 10,06 Prozent. Gemessen an der Gesamtzahl der Stimm berechtigten (41 278 897) lagen die EiAtragungszifferu aus 99,50 Prozent des Reichsgebietes vor. Es standen noch aus die Ergebnisse aus zehn Gemeinden des Stimmkreises Nr. 24 (Oberbayern-Schwaben) mit rund 1770 Stimm berechtigten und aus Teilen des Stimmkreises 25 (Nieder bayern) mit rund 203 670 Stimmberechtigten. Für die übrigen 33 Stimmkreise lagen die vorläufigen Ein- tragungsergcbnisse vollständig vor. Das lückenlose vorläufige Ergebnis wird nach der Feststellung noch durch den Wahlprüfungsausschuß durch- Hitler Hugenberg Seldte die Führer des Volksbegehrs. gearbeitet und nach dieser Durchsicht erfolgt die endgültige amtliche Bekanntmachung, wenn auch alle etwaigen Ein sprüche und Beschwerden erledigt sind. Die Regierung hat nach dem Reichsgesetz über den Volksentscheid vom 27. Juni 1921 die Abstimmung über den dem Volksbegehr zugrunde gelegten Gesetzentwurf vorzubereiten, sie bestimmt den Abstimmungstag, der ein Sonntag sein muß. Die Abstimmung ist unmittelbar und geheim. Irgendwelche Beeinflussungen spielen also im Gegensatz zu der öffentlichen Eintragung in die Listen für das Volksbegehr beim Volksentscheid keine Rolle. Stimmberechtigt ist, wer das Wahlrecht zum Reichstag hat. Auch im übrigen gelten die Vorschriften des Reichs- wahlgefetzes ebenso für das Verfahren zum Volksentscheid. Zum Volksentscheid können also auch diejenigen stimmen, die sich für das Volksbegehr nicht haben eintragen lassen. Oer Gesetzentwurf des Volksbegehrs. Der Reichsausschutz für das Volksbegehr hatte diesem folgenden Gesetzentwurf zugrunde gelegt: 8 1. Die Reichsreaierung hat den auswärtigen Mächten unverzüglich in feierlicher Form Kenntnis davon zu geben, datz das erzwungene Kriegsschuldanerkenntnrs des Versailler Vertrages der geschichtlichen Wahrheit widerspricht, aus falschen Voraussetzungen beruht und völkerrechtlich unver bindlich ist. § 2. Die Reichsregterung hat daraus hinzuwirken, datz das Kriegsschuldanerkenntnis des Art. 231 sowie die Art. 429 und 430 des Versailler Vertrages förmlich außer Kraft gesetzt werden. Sie hat ferner darauf hinzuwirken, datz die besetzten Gebiete nunmehr unverzüglich und bedingungslos sowie unter Ausschluß jeder Kontrolle über deutsches Gebiet geräumt werden, unabhängig von Annahme oder Ablehnung der Be schlüsse der Haager Konferenz. § 3. Auswärtigen Mächten gegenüber dürfen neue Lasten nicht übernommen werden, die auf dem Kriegsschuldaner kenntnis beruhen. Hierunter fallen auch die Lasten und Ver pflichtungen, die aus Grund der Vorschläge der Pariser Sach verständigen und nach den daraus hervorgehenden Verein barungen von Deutschland übernommen werden sollen. Z 4. Reichskanzler und Reichsminister und deren Bevoll mächtigte, die entgegen der Vorschrift des 8 3 Abs. 1 Verträge mit auswärtigen Mächten zeichnen, unterliegen den im 8 92 Nr. 3 St. G. B. vorgesehenen Strafen. § 5. Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft. Oas Echo der presse. Der Ausgang des Volksbegehrens hat in der gesamten Tagespresse einen lebhaften Widerhall gefunden. Die meisten Blätter erörtern die Frage „Was nun?" Einzelne Zei tungen begnügen sich freilich damit, das Resultat selbst zu kritisieren. So spricht der deutfchnationale Berliner Lokal- Anzeiger von den enttäuschten Hoffnungen der Linken auf Scheitern der Aktion des Reichsausschusses. Er meint weiter: „Es ist leicht zu errechnen, wie ganz anders noch äußerlich und ziffernmäßig der Sieg des Volksbegehrens sich darstellen wurde, wenn nicht durch den . . . von oben herab . . . organi- perten Terror . . . Millionen von Deutschen des ihnen in der ^ersassung von Weimar verbürgten grundlegendsten staats-- vurgerltchen Rechtes beraubt worden wären." Tageszeitung sieht im Ergebnis des Volksbegehrs zwei volitive Dinae: den -erkolareicben innerpolitischen Abwehrkämpf gegen die" rote Diktatur" und die „nachhaltige Geste außenpolitischen Widerstandes". Da gegen bedauert das Blatt, daß das Volksbegehren „eine Front bildung im deutschen Volk gezeitigt hat, die . . . vollkommen unzureichend ist." Bei der Einleitung des Unternehmens- Habe man doch „mancherlei" Stimmungen und Jmpondera bitten nicht ausreichend abgewogen, sondern der Partei- dogmatik einen zu großen Raum gewährt. Die Berliner Börsen-Zeitung, das Organ der dentschngtional eingestellten Wirtschaftskrcisc, weist auf „das völlige Versagen des dichtbevölkerten Westens und Südens" hin. Das Blatt meint weiter, es werde sich nun herausstellen, ob die Energien, die es in den rcalpolitisch eingestellten Reihen der Rechten gäbe, jetzt den richtigen Anschluß fänden, über die Folgerungen, die sich aus der Annahme des Volksbegehrens ergeben, läßt sich die der Deutschen Volks Partei nahestehende Deutsche Allgemeine Zeitung aus: „ . . . Wie die Dinge jetzt liegen, besteht die große Ge fahr, datz die Außenpolitik die Zeche bezahlt. ... Es wäre höchst schädlich, wenn die Regierung ihrerseits . . . das täg lich dreimalige Lob des Asung-Planes fortsetzen würde." Das Hauptorgan des Zentrums, die Germania, gibt als Quintessenz ihrer Betrachtungen dem Bedauern darüber Ausdruck, daß unser politisches Leben den zerreißenden Kamps noch einmal ertragen mutz. Er wird — so erwartet das Blatt — die Front der Vernünftigen nur noch enger zusammenführen als bisher. Zu der gleichen Folgerung kommt die demokratische Vos - fische Zeitung: Sie sagt: „Noch Monate hindurch wird diese Beunruhigung dauern. Noch weiter werden Tag für Tag Kübel von Schlamm über das Land ausgegossen werden." Das demokratische Berliner Tageblatt, das an einem negativen Ausfall des etwaigen Volksentscheids nicht zweifelt, kommt zu ähnlichen Schlüssen. Es heißt da: „Die deutschen Wirtschaftskrcise sind vielleicht beunruhigt bei dem Gedanken, daß die Fortdauer der Agitation, die Herr Hugen berg mit Hilse des reichen Thyssen-Erben und des Herrn Vogler . . . veranstaltet, dem Geschäftsleben neuen, schweren Schaden zufügen wird " Der Vorwärts, das Organ der Sozialdemokratischen Partei, spricht von Terror, der auf dem Lande für den Ausfall des Volksbegehrs ausschlaggebend gewesen sei, und meint: „Bei der Geheimabstimmung des Volksentscheids werden die Herrschaften sich fragen, wo die Unterzeichner geblieben sind, wie sie jetzt vergeblich Umschau nach den fehlenden eigenen Wählern halten müssen." * Die französische Presse zum Volksbegehren Paris, 4. November. Neben der Beilegung der Ministerkrise nimmt der Ausgang des deutschen Volks begehrens die Aufmerksamkeit der französischen Oefsent- lichkeit in Anspruch. Schon seit Tagen hatten die Blätter ihren Lesern die jeweils bekanntgewordenen Eintragungs- zissern mitgeteilt und besprechen nun nach dem erfolg reichen Abschluß in langen Leitartikeln die Aussichten des kommenden Volksentscheides. Der Temps erklärt: Wenn die Anhänger Hugenbergs jetzt einen knappen Erfolg da vongetragen hätten, so müsse man dies bedauern, weil der Volksentscheid für einige Wochen Unruhe in das politische Leben Deutschlands bringen werde. Die Nationalisten könn ten sich ihres Erfolges nicht rühmen, da er eher eine Ent täuschung sei. An den abgegebenen Stimmen erkenne man, wo sich in Deutschland der Strom zugunsten der Frie denspolitik abzeichne und wo sich der Widerstand gegen diese Politik sammle. Das Blatt ist nicht der Ansicht, datz die Inkraftsetzung des Youngplanes verzögert werden wird. Das Journal de Debats schreibt: Man werde ab warten müssen, ob die Nationalisten Unterstützung von anderen Parteien erhalten und eine Bewegung gegen die Auswirkungen des Versailler Vertrages schaffen könn ten oder ob die leitenden Männer den Mut haben wür den, dem deutschen Voll seine internationalen Verpflich tungen vor Augen zu halten. Das Schicksal der Haager Abmachungen hänge im hohen Matze davon ab. Paris Soir sieht in dem Erfolg Hugenbergs ein Ergebnis ohne grotze Tragweite und der sozialistische Soir schreibt, der Erfolg werde sich nicht sortsetzen. Trotz der Drohungen Hugenbergs und Hitlers werde der reaktionäre Antrag schlietzlich mit einem Mitzerfolg enden. Immerhin werde die Abstimmung interessant sein, da sic einen Einblick in das Denken der deutschen Massen ermöglichen werde. Hitler über die Staatsform. In einem am Sonnabend veröffentlichten Artikel rügt der Nationalsozialist Hitler die Haltung des Kronprinzen Rupprecht zum Volksbegehr und erklärt, die national sozialistische Bewegung habe bisher die Frage Republik oder Monarchie nicht berührt. Wenn aber die Monarchen selbst wenig Wert auf eine solche Gesinnung legten, dann werde das der Anlaß sein, eine gründliche üverpruzung der nationalsozialistischen Einstellung vorzunehmeu. Hitler halte es bei solchen Erfahrungen für richtig, von national sozialistischer Seite die Republik als Staatsfvrm ein deutig anzuerkennen nnd nur der Novemberdemokratie den rücksichtslosesten Kampf anzusagen und weiter durchzu führen. -