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MsdmfferZMblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das erscheint mi »Isu Warkts^M nachmittags 5 Utzr. V«zu,SPreir: Bei Avhslnn, m der «AeschkftsfteLe nnd den Ausgabestele» 2 RM. im bei Ku-ktellung durch die Bates 2,36 AM., bei PvstdefteLnng M»che«bl«tt für Wiisdrsff ». UmKe-rnd P.»k.«.nux»^°s«.^s. träner und SAetchÄktsK^^l n er)m ex zu jeder ^eit Die» I» K»U- Kih-r-r Kri«, »L« s»nfti»«,B-<l'°!>»!tö-uxg-x d«skht k--»Aus,»uch x»s B-f-rux« d« Ze^x», ,»r»«»,»x, »i Bezxg-pie«». — »Sckgm».-», Un^sandt« Sch^ftlMck- ns-lgl n«, wrn» Pxrlo b.Uir,t. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzei,,»Preis: »<« »^esPait«»« N»»Mjeilc rvBxs,., die 1-esxaUene Acile der amtlichen Bedannlmaqun,«n «0 Neichs» pse»nix, die 3 ,«iP»U«x« R«iU<>s<ezeile i» textlichen Teile I Reichsmark. Nachw«iI»nxsgckiN>r 20 ReichrPsexnige. Bor« xeschriekexeSefch-»»»»,»- < rve»re < -- ,, tag-und P>«tz»»rschristen werden -ach !«li,lichk«tt Ks kllsp kL M LV t Awt WilSvrUsf Rv. 6 b-ri!-ksichti,t. Anzeigen, auuakxrcdis »»r».10Ul>e. — — — —. Für die Richtigkeit der durch FcrLrxsükermittcltenAxz'igexüd-rnekrnenxeir keine (Larantic. IederAabat^ansprucherliicht, wenn der Betrog durch Ktagc e:ngej»,«x »»den muh »derd-rAuftraggeberin Konkurs gcröt. Anzeige» nehmen olle Bcrmiitlun gsstelten entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist bas zur Veröffentlichung der amtlichen Bskanntmachungex der Amtshaupimannschaft Meißen, des AmLs- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. Mittwoch, de» 16 Oktober 1929 Nr 242 — 88. Jahrgenrg Telegr.-Adr.: „AmEatt" Witskruff-Drssden Posqchsck: Dr»»den 2840 Sachlichkeit. Man redet heute so viel von der „neuen Sachlichkeit", wendet sich im kulturellen wie im künstlerischen Leben, in Hauung, Gebärde, Tracht und sonstiger Lebensform schroff, bisweilen überschroff ab vom Unsachlichen, über flüssigen, vom Schnörkel der Phrase oder des Umweges. Zweifellos mit viel Berechtigung, aber dort, wo es am berechtigtsten wäre, phrasenlos nur die Dinge sprechen zu lassen, auf dem Gebiete der Politik, dröhnt und hallt es wie einst vor 3000 Jahren, als sich unter Trojas Mauern vor jedem Zweikampf die homerischen Helden gegenseitig fürchterlich beschimpften. Von einer solch mißtönen- -den Blechmusik, vom Trompetengeschmetter der gegenseitigen Beschimpfungen sind auch heute noch, und nicht zuletzt im lieben Deutschland, die politischen Ausein andersetzungen begleitet, die gerade jetzt wieder anläßlich des Volksbegehrens lebhaft geführt werden. Man sag« auch noch etwas anderes: „Politik verdirbt ^arci, r." Das ist, wie jedes Sprichwort, nur zur Hälfte Wahrheit. Oft ist au dem betreffenden Charakter nicht mehr übermäßig viel zu verderben. Was die Politik aber bestimmt verdirbt, das ist der „gute Ton", zwar nicht „in allen Lebenslagen", wohl aber dort, wo der Poli tiker auf den Gegner stoßt oder zu stoßen glaubt. Dabei gibt es von ganz rechts bis ganz links keine Ausnahmen. Öder nur sehr wenige. Wohin ist die Zeit entschwunden da sich ein „Pfui.'"-Rufer im Deutschen Reichstag einen Ordnungsruf zuzog, weil ein derartiger Ausdruck „un parlamentarisch" sei. Überhaupt - „sich parlamentarisch benehmen sollen" ist schon zu einer fast als Beleidigung empfundenen Mahnung geworden. Und früher prallten doch auch weltanschauliche, das tiefste Innere des politisch denkenden Deutschen berührende Gegensätze, aufeinander Davon ist jetzt nicht mehr allzuviel die Rede, versackt das Interesse des deutschen -wlkes an derartigen Problemen, drängt sich das Finanziell-Wirtschaftliche breit in den Vordergrund — sind darum schärfere, „paprizierte", über treibende, aufpeitschende Mittel politischer Agitation da durch erzwungen, dadurch hebeigeführt worden? Da merk! man nirgends etwas von „neuer Sachlichkeit" oder um hüllt sie stacheldicht mit Beschimpfungen des Gegners, mit Unterstellungen aller möglichen finsteren Absichten des Egoismus, des Strebens nach Macht — als ob das was Unmoralisches wäre! — usw., beschuldigt ihn der bewußten Lüge und Verleumdung und aller möglichen Verbrechen. Und müßte doch zunächst einmal den Balken aus dem eigenen Auge ziehen! Mit der „politischen Drecklinie" von der einst Bismarck sprach, er, der nie, trotz aller- Mmter Kämpfe, einen Gegner beschimpft hat, ist es tat sächlich immer schlimmer und schlimmer geworden. Und wenn es wirklich wahr wäre, daß, „wer schimpft, unrecht hatdann gibt es schon längst keine Politiker und keine Parteien mehr, die — recht hätten. Nicht zuletzt ist ja dies alles auch der Grund, wes wegen sich vielfach gerade bessere, wertvollere, aber fein fühligere Naturen von einer praktischen Betätigung im politischen Leben längst zurückgezogen haben. Sie lehnen es ab, sich, oft um Kleinigkeiten willen, gleich in jene Dreck linie stellen zu soSen. Schließlich wird ja auch das Voll mehr und mehr abgestumpft gegen derartig „knallende' Effekte. Mit Recht, denn wenn man sieht, daß dies alles keine Wirkung mehr hat, kann es vielleicht anders, beste: werden. Nie Batkansahri -es JeppeSLns. Verhandlungen über die Polarfahrt. Der Start für die B a l k a nfa h r t des „Gras Zep pelin" fand am Dienstag abend um 20.30 Uhr statt. Dr. Eckener hat selbst die Führung übernommen. Die Fahrt wird etwa zweieinhalb Tage dauern und auf dem Rückweg über Schlesien führen. Bei planmäßigem Verlauf des Fluges hofft die Leitung, am Donnerstag Vormittag über Breslau zu sein. Der Luftschiffbau Zeppelin gab Dienstag nachmittag den Fahrgästen den üblichen Abschiedstee, an dem auch Dr. Eckener teilnahm. Dieser erklärte dabei zum Be such Schlesiens, daß es natürlich von der Wetter lage über Schlesien abhängen werde, ob das Luftschiff dorthin komme und lande. Den endgültigen Bescheid wird man von Bord aus an Breslau gelangen lassen. Drc Rückkehr des Luftschiffes nach Friedrichshafen wird für Freitag früh erwartet. Was die Frage der Polarfahrt des „Graf Zep pelin" und die Einstellung der Besatzung hierzu betrifft, so verlautet, daß einige Mitglieder der Aero-Arctic in Friedrichshafen eintrafen, um mit den Vertretern der Zeppclinwcrft die durch das unerwartete Verhalten der Besatzung geschaffene Lage zu erörtern. Das Luftschiss hat auf seiner Balkansahrt München bei mond heller Nacht um 22.25 Uhr erreicht und kreuzte über dem Marien platz. Als sich das Surren der Propeller immer stärker bemerkbar machte, öffneten sich überall die Fenster. Die Leute eilten auf die Straßen und lubeltcn dem Luftschiff zu, das mit östlichem Kurs Luft^ „Graf Zeppelin" hat uni 11.05 Uhr .0 Osternuc^ an der österreichisch-bayrischen Grenze von Tcttmcmng m Bayern kommend, überslogen. Von den zwar.- Rese Miigmien der Meek 1,5 Millionen verschoben. Schädigung einer württembergischen Schuhfabrik. Die Gebrüder Sklarek standen, wie jetzt fcstgestellt worden ist, auch in Verbindung mit der Tuttlinger Schuh fabrik E. Reichte, die nun einen Buchverlust von über 100 000 Mark erleidet, der sich aber durch Versicherung bei der Hcrmes-A.-G. aus etwa 50 000 Mark ermäßigt. Die Sklareks haben diese Geschäftsverbindung zu großen Betrügereien benutzt. Nach dem Sklarekschen Kaffenbuch sollen in der Zeit vom 2. bis zum 19. Sep tember d. I. anderthalb Millionen Mark an die Tutt linger Schuhfabrik gezahlt worden sein. Von diesem Be trage ist jedoch in Tuttlingen nicht ein Pfennig ein- gegangcn. Dieser verbuchte Betrag übersteigt den Um satz der Fabrik mit den Gebr. Sklarek um ein Vielfaches, da dieser Umsatz nur etwa 250 000 Mark erreichte. Das gleiche Beirugsmanöver ist auch mit anderen Firmen gemacht worden. In diesen Tagen weilten zwei Berliner Kriminalbeamte in Tuttlingen, die das Skla- rckschc Kassenbuch mit dem Reichleschen verglichen und feststellten, daß die angeführte Summe in Tuttlingen tat sächlich nicht erngegangeu -st. In Berlin hatte mau geglaubt, daß es sich vielleicht um Darlehensbeträge handeln könne; aber auch das trifft nicht zu. Es handelt sich vielmehr um große Kapitalverschleierungen und -Ver schiebungen. Die Berliner Kriminalpolizei ist nun da bei, aufzuklären, wohin die Gebrüder Sklarek die anderthalb Millionen verschoben haben und wie hoch der Betrag ist, von dem sie später in Ruhe zehren wollten. Der Betrieb der Tuttlinger Schuhfabrik wird wahrscheinlich aufrechterhatten, zumal noch reichlich zig Gästen, die an dem Balkanflug teilnehmen, sind über die Hälf te Schweizer. Auch sünf Damen sind darunter. Wenn sich die Fahrt über den Balkanländern programmäßig abwickelt, wrd „Graf Zep pelin" am Donnerstagvormittag etwa um 9 Uhr Breslau erreichen. Die Internationale Bank. Unerwarteter Todesfall. Die Verhandlungen des in Baden-Baden tagenden Organisationskomitces der Bank für den internationalen Zahlungsausgleich wurden unerwartet in tragischer Weise unterbrochen durch den in der Nacht auf Dienstag erfolgten plötzlichen Tod des belgischen Delegierten Delacroix. Er verschied in seinem Hotel an einem Herzschlage. In der Trausrzusammenkunft des Komitees wür digte besonders namens der deutschen Delegation Reichs- bankvräsident Dr. Schacht die Verdienste des. Ver- Der belgische Delegierte Delacrmx. storbeneu, der nach dem Kriege viel betgetragen yave zur Entspannung unter den europäischen Völkern. London soll nach Meldungen von dort noch Kn dieser Woche der Mittelpunkt wichtiger Zusammenkünfte der internationalen Finanz sein. Drei der größten Finanzmänner der Welt würden erwartet, nämlich der Leiter des schwedischen Streichholztrusts, JvarKreu- ger (der schon eingetroffen ist), der deutsche Reichsbank präsident Di. Schacht und der Präsident der National Cith Bank of New York, Charles Mitchell. Die Be suche sollen mit der Begründung der Internationalen Bank zusammenhängew Aufträge vorliegen und auch die Stadt Berlin mit der Schuhfabrik in Verbindung getreten ist, um die weitere Belieferung der Berliner Bezirksämter durchzuführen. AAareWs Durchstechereien im Gefängnis Kassiber in Zigarren und Zigaretten. Die Brüder Sklarek haben, wie aus Berlin berichtet wird, im Untersuchungsgefängnis neue Zellen zugewiesen bekommen, da sie, wie es sich herausgestellt hat, in ihren bisherigen Haftzellen, die dicht nebeneinanderlagen, Durch stechereien versucht haben; außerdem sollen sie den Versuch gemacht haben, sich untereinander zu verständigen, um ihre Aussagen übereinstimmend gestalten zu können. Durch reichliche Zigarrenspenden wollten sie die Gefängnisbeamtcn für sich gewinnen, und bei mehreren Beamten scheint ihnen das auch gelungen zu sein. Ferner haben sie mit Hilfe von Gefangenen, die innerhalb des Gebäudes Dienst verrichteten und eine gewisse Bewegungsfreiheit besitzen, durch Kassiber, die in Zigarren und Zigaretten eingefügt waren, einen Verständigungsverkehr hergestellt. Darüber hinaus haben die Sklareks versucht, sich mit Lehmann in Verbindung zu setzen. Sie haben in Briefen Lehmann gewarnt, allzu viel „auszupacken", und ihm mitgeteilt, daß auch in ihrer jetzigen Lage ihre Machtmittel nicht erschöpft seien. Lehmann hat aber von dem Kassiberverkehr die Justiz behörden unterrichtet. Die Untersuchung wegen dieser Angelegenheit erstreckt sich aus mehrere Beamte und Strafgefangene, die in den Zellen der Sklareks zu tun gehabt haben. Der franZösischs Mimsterrai zu -sn ^oung-Berhan-Lungen. Die Einladung zur Seeabrüstungskonferenz angenommen. Unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik fand in Paris ein Ministerrat statt. Außenminister Briand hat über die Seeabrüstungskonferenz ge sprochen, die im Januar in London zusammentreten soll. Der Ministerrat beschloß, die Einladung zur Teilnahme anzunehmen. Der Ministerrat hat sich alsdann mit dem Wiederbeginn der parlamentarischen Session beschäftigt. Was die Interpellationen über die allgemeine Politik über den Young-Plan und über die Abkommen vom Haag anbetrifft, wird die Regierung den Antrag stellen, die Beratung bis zu der Debatte zu vertagen, die Anfang November über die Ratifizierung dieser Ab kommen beginnen wird. Völkerbundreise durch Sberschlesien. Das Minderheitenproblem. Zum Besuch Oberschlesiens trafen aus Berlin in Oppeln die Kommissare des Völkerbundsekretariats ein, und zwar der Direktor der Minderheitenabteilung des Völker bundsekretariats, Minister Aguirre de Carcer, und der Generalsekretär Professor de Azcerate. Nach kurzer Rast hielt der Oberpräsident in Anwesenheit der zuständigen Beamten des Öberpräsidiums und der Regierung einen Vortcag über die politische Lage Oberschlesiens und ging namentlich auf das Minderheitenproblem ein, das er mit statistischen Zahlen erläuterte. Dann begann die Kom mission die Bereisung Oberschlesiens; sie begab sich zu nächst in den Kreft Oppeln zum Besuch von Minder- heitenschulen nnd Siedlungen. An einem späteren Emp fang nahmen auch der Präsident der Gemischten Kom- miffion. Ealonder, sowie andere hervorragende Per sönlichkeiten, Vertreter der Gewerkschaften, der Minder heiten, der Presse nsw. teil. MietsrbZm- un- Gememdewahlen. Eine Entschließung. In einer Versammlung des Reichsbundes deutscher Mieter, die in Berlin stattfand, wurde das Thema „Mieter schaft und Gemeindewahlen" behandelt. Nachdem der Vor sitzende einleitend betont hatte, daß der Reichsbund aus Grund seiner Satzungen unpolitisch sei, sich aber doch ge nötigt sehe, zn den bevorstehenden Gemeindewahlen Stel lung zu nehmen, sprach der Bundesschatzmeister Grothaus. Die Sicherung der Forderungen der Mieterschaft an die Gesetzgebung bedeute den allerschärfsten Kamps geKn die Haus- und Grundbesitzer nnd vic mieterfcindlichcn Parteien. Bei den kommenden Gemeiudcwahlen müßten alle Mieter der Parole des Reichsbundes deutscher Mieter folgen: Keine Stimmen den mietcrfeindlichcn, alle Stimmen den Mieter- freundlichen Parteien. Die Versammlung nahm eine Ent schließung an, in der vor allem die Schaffung eines sozialen Miet- und Wohnrechts, ferner einer Wohnungsbanstcuer aus sozialer Grundlage an Stelle der unsozialen Hanszmsstcner nnd grundlegende Maßnahmen zur Bekämpfung der Woh nungsnot gefordert werden sowie gegen geplante weitere Mict- zinssteigerungen Einspruch erhoben wird.