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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3o NN!., der Postbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrag. —. .. .. gebühr. Einzelnummern 15Rpfg.AllePos,anstalten Wochenblatt fÜk Wllsdrufs U. ^NNl^e^eNo Postboten und uusrreAi's- trägerund Geschäftsstellen " —- — nehmen zu jeder Zeit Be« stellungen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20 Npfg., die 1 gespaltene Zeile der emtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs« Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Rachwci nn^s^rt nhr 20 Reichspfennigc. Dor- geschrtebeneErscheinungs- — . -- rage und Platzo richriften wcrdcn nach Möglichkeit Fernsprecher: Amk Wrls-rnss v.r. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annnbme bis norm.lOUbr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederNadatanspr. ei er ncht, wenn der Betrog durch Klage eingezogen werdenmuß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle BcrmiMur gsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 224 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Mtriwoch, den25 September 1828 Gturmtage. Von einem fachmännischen Mitarbeiter. Die Berliner Börse hat seit etwa drei Wochen eine Krise allerschwerster Art durchmachen müssen, und das deutsche Volksvermögen hat Ein bußen erlitten, die man auf drei bis vier Milliarden Mark schätzen kann, wenn man die gegenwärtigen Kurse mit den Höchstkursen der betreffenden Papiere vergleicht, die sie im vorigen oder im Jahre 1927 eingenommen hatten. Wie ungeheuer der Kurssturz einzelner Papiere gewesen ist, mögen ein paar Zahlen beweisen: Vereinigte Glanzstoff-Aktien, das bekannte Kunstseidenpapier, sind von 880 bis auf 280 Prozent zurückgegangen, die andere bekannte Kunstseidenaktie, Bemberg, von 650 auf 230; die Aktien der I. G. Farbcnindustrie, des weitaus größten Industrieunternehmens in Deutschland, von 380 auf 205, die Aktien der größten deutschen Brauerei, der Schultheiß- Patzenhofer A.-G., von 580 auf 270 Prozent. Andere Werte haben Kurseinbußen ähnlichen Umfangs erlitten, und nicht etwa nur die Börsenbesucher selbst, sondern vor allem das Privatpublikum, das sein Vermögen zum großen Teil in den Aktien der deutschen Jndustciegesell- schaften angelegt hat, erleidet durch diesen Kurssturz un geheure Verluste. Denn wenn eine Glanzstoff-Aktie, die früher für 8800 Mark verkäuflich war, nur noch mit 2800 Mark loszuwerden ist, für eine Farben-Aktie nur noch 2050 Mark zu erlösen sind gegen früher 3800 Mark, so bedeutet das ein bedenkliches Zusammen- s ch r u mpfe n der in diesen und ähnlichen Papieren an gelegten Vermögen. Was ist nun die eigentliche U rsache dieser Vörsen- krise? Man hat es nicht etwa mit einer allgemeinen Ver schlechterung der Wirtschaftslage zu tun, die sich in den Börsenkursen widerspiegelt. Es handelt sich vielmehr in erster Reihe um ein allgemeines, weitgehendes Miß trauen, das durch die Millionenverluste bei der Frankfurter Allgemeinen Versicherungs gesellschaft, einem bis dahin für unbedingt sicher angesehenen Institut, sowie durch ebenfalls sehr be deutende Verluste bei einer anderen Versicherungsgesell schaft entstanden ist. Als nnn auch noch ein paar kleinere Berliner Bankfirmcn, die sich bisher eines guten Nuses erfreut hatten, in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, griff eine al ^gemeine Panik Platz, die sich am schlimm sten in Frankfurt a. M. äußerte, wo die Einleger einen Ansturm auf die dortige Sparkasse unternahmen und ihre Gelder zurückvcrlangten, weil Alarmgerüchte über die Sparkasse, wenn auch gänzlich unbegründet, in die Welt gesetzt worden waren. ..^5 alle diese Vorkommnisse geschaffene schwere Krise scheint aber nunmehr erfreulicherweise ihr Ende erreicht zu haben. Sämtliche Berliner Großbanken und Reihe angesehener Privatbanken haben sich zusammen- geschloffen, um dem Kurssturz an der Börse einenRiegel vorzufchieben, da sie ihn nicht als sachlich gerechtfertigt ansehen. Ähnliche Maßnahmen sind auch bei früheren Gelegenheiten schon in Angst- und Panikzciten er griffen worden und regelmäßig haben sie das gewünschte Ziel erreicht. Praktisch geht eine solche „Stützung der Börse" derart vor sich, daß die betreffende Bankengruppe eine Anzahl von Millionen zusammenschießt und daß mit diesen Geldern die zum Verkauf an die Börse gelangende Ware ausgenommen wird. Dadurch wird einem weite ren Sinken der Kurse ein Wall entgegengesetzt. Gleichzeitig aber läßt auch natürlich das Angebot nach; denn wenn das Publikum nicht mehr zu befürchten braucht, am Tage darauf womöglich noch schlechtere Kurse für seine Aktien zu erhalten, so hören natürlich im gleichen Augen blick die Angstvcrkäufe aus. Ebenso muß es beruhigend wirken, wenn die Banken den Standpunkt einnchmen, die gegenwärtigen Kurse seien niedrig, und wenn sie zum Beweise dessen umfangreiche Käufe auf diesem Niveau für ^gene Rechnung vornehmen. Man kann heute mit einigem Recht annehmen, daß der s ch w e x c S t u r m v o r ü b e r ist und daß allmählich Wieder eine Bcrulügnuo an der Börse einkehren wird. Als ein wahres Glück ist es zu bezeichnen, daß die Maß nahmen der Banken noch vor dem Ultimo eingesetzt haben, da andernfalls die Gefahr bestanden hätte, daß noch verschiedene Firmen in Schwierigkeiten geraten wären, weil am Ultimo bekanntlich an der Börse die Kursdiffe renzen zu bezahlen sind. Nunmehr besteht diese Gefahr offenbar nicht mehr und man darf der weiteren Entwick lung mit Vertrauen entgegensehen wenn auch die erlitte nen Verluste sich so leicht nicht wtedergutmachen lassen und das deutsche Volksvcrmogen sehr empfindliche Einbußen erlitten hat. Rationalisierung der Industrie. Eine Entschließung der amen ¬ tarischen Handelskonferenz. Die erste Vollversammlung der Interparlamentari schen Handelskonfercnz in Berlin wurde von dem Vorsitzenden, Reichstagsvizepräsidenten v. ^Kardorfs, Dienstag nachmittag eröffnet. Auf der Tagesordnung stand das Problem der Rationalisierung der Industrie und der Gewinnbeteiligung der Arbeiterschaft. Nie SOWM der Völkerbundes Die Abrüstungsfrage in Senf. In Genf hielt die vor ihrer Vertagung stehende Völkerbundvcrsammlung Dienstag zwei Vollsitzungen ab. In der Vormittagssitzung bildete den wichtigsten Punkt der Tagesordnung die Abrüstung. In einer kurzen An sprache unterstrich der belgische Berichterstatter Poullet die dringende Notwendigkeit, den ersten und vielleicht ent scheidenden Schritt auf dem Wege zur tatsächlichen Ab rüstung bald zu tun. Außer dem englischen Vertreter Lord Robert Cecil erbat niemand das Wort und so wurde schließlich der wenig sagende Bericht der Abrüstungskommission an genommen, nachdem alle entschiedenen Wendungen aus ihm vorher entfernt wurden Lord Robert Cecil trat für die allgemeine Ratifikation des Waffenhan delsabkommens vom Jahre 1925 ein und teilte mit, daß seine Regierung beschlossen habe, diese Kon vention, die bis jetzt erst die Zustimmung von fünf Mächten erhalten hat, zu ratifizieren. Lord Cecil erklärte weiter, wesentlich fei die An wendung der gleichen Grundsätze für Land. Luft- und Seestreitkräfte. Die Herabsetzung der Effektivbestände müsse entweder durch Verringerung der Truppen unter den Fahnen oder durch Verringerung der Dienstzeit erfolgen. Das Kernproblem der ganzen Abrüstungsfrage sei die Verminderung des Kriegsmaterials, ohne die man niemals etwas Wirksames leisten werde. Die einzige Sicherheit bestehe in der Aufrechterhaltung des Friedens. Kein Frieden ohne Abrüstung und keine Abrüstung ohne Beschränkung des Kriegsmaterials, Oie Reparationsbank. Nach Pariser Meldungen sind die letzten Schwierig keiten, die dem Zusammentritt des Organifationskomitees für die Reparationsbank im Wege standen, beseitigt, so daß die Einberufung der Kommission unmittelbar bevorsteht. AlS Termin des Zusammentritts wird der 3. oder 6. Okto ber genannt, als Ort der Tagung Wiesbaden, Baden-Baden oder eine Stadt an den oberitalie- nischen Seen. Beim Völkerbund scheint die Meinung in den Vorder grund getreten zu sein, der Bund werde als solcher keinen Einfluß auf die Errichtung der Bank nehmen. Die An- gelegenheil berühre ausschließlich Deutschland und die Gläubigerstaaten. Dem Vernehmen nach wird Reichs- baukpräsident Dr. S ch a ch t persönlich die deutschen Inter essen bei der Neparationsbank vertreten. Das englische Unterhausmitglied Hannon be richtete über die Arbeiten des dafür eingesetzten Aus schusses. Dem Ausschuß waren von Hannon und von Tr. Brüning Berichte über diese beiden Probleme erstattet worden. Beide Redner hatten Entschlietzungsentwürfe eingereicht. Die gemeinsame Entschließung, die der Be richterstatter der Konferenz zur Annahme empfahl, besagt: Die Internationale Parlamentarische Handelskonferenz beschließt: 1. daß die nationale sowohl wie die internationale Rationalisierung der Industrie durch industrielle Handels und soziale Organisationen in allen Ländern der Welt sorgfältig geprüft werden sollte; 2. daß die Delegationen aus den verschiedenen Parlamenten ersucht werden sollen, durch ihre heimischen Parlamentskomitccs oder durch Sondcrkomitees zur Erforschung des Anwachsens in dustrieller Zusammenschlüsse auf rationeller Grundlage und der Grenzen ihrer etwaigen weiteren Ausdehnung die Entwicklungsmöglichkelten in ihren Ländern erwägeii zu lassen; und 3 daß die Delegationen für die Konferenz des Jahres 1930 Berichte über die Ergebnisse ihrer Er wägungen ausarbeiten sollen. Nach einer Aussprache wurde die Entschließung an genommen. Nachdem Präsident Kardorff noch unter leb haftem Beifall ein Antworttelegramm des Reichstags präsidenten Löbe auf das Begrüßungstelegramm des Kongresses bekanntgegeben hatte, wurde die Plenarsitzung geschlossen. Abends fand ein Empfang in der Handels kammer statt. Weitere EMrungen Sr. Klönnes. DieBesprechungenmitEntentepolitikern. Reichstagsabgeordneter Dr..K könne gibt über seine Besprechungen mit französischen Politikern noch folgende Erklärung bekannt: 1. Ich habe im Herbst 1927 dem Ministerialdirektor Dr. Ritter einen etwa einstündigen Bericht über meine bis dahin gepflogenen Unterhaltungen gegeben, nachdem es mir trotz zweitägigem Versuch nicht gelungen war, den Herrn Außenminister selbst zu unterrichten. Französische Vorbsreiinngen zur Regelung Ser Saarsrage. Es wird ein Programm ausgearbeitet. Wie der „Temps" meldet, ist im Hinblick aus die be vorstehenden deutsch-französischen Verhandlungen über die Regelung der Saarfrage französischcrseits eine Kommission gebildet worden, der Vertreter des Außenministeriums so wie der Ministerien für öffentliche Arbeiten, für Handel, Finanz und Landwirtschaft angehören. Diese Kommission hat die Aufgabe, die verschiedenen politischen und wirt schaftlichen Seiten der Saarfrage, soweit sie den Gegen stand von Verhandlungen mit Deutschland bilden könnten, zu prüfen und ein Programm auszuarbeiten, das die französische Delegation bei der bevorstehenden Konferenz vertreten wird. Mm der Besatzung von Bad SüMiblilh Bad Schwalbach. Die hiesige Besatzung, das zweite Bataillon des Dorscthshire-Regimcnts, verließ Dienstag nach mittag den Ort. Gegen 3 Uhr rückten die Truppen von der Kaserne ab und zogen unter klingendem Spiel durch die Stadt zum Bahnhof, wo sie in zwei bereitstehende Züge verladen wurden. Das Publikum verhielt sich zurückhaltend. Die neue Garnison in England ist Portland. 20 Mann der Besatzung bleiben zur Abwicklung der Geschäfte noch bis Sonnabend hier. Zur Räumung der zweiten Zone. Brüssel. Nach einer Meldung der „Agence Belge* übet die für die belgischen Truppen festgesetzten Räumungsdaten, werden die zweite Zone verlassen: das 8. Artillerieregiment zwischen dem 21. und 30. Oktober, das 1. Regiment Lanciers etwa am 5. November, das 15. Artillerieregiment zwischen dem 7. und 12. November, das 7. Linienregiment zwischen dem 15. und 25. November, Vas 4. Maschinengewehrbataillon und die 4. Jnfanteriebalterie zwischen dem 15. und 25. November, das Transportkorps etwa am 12. Oktober. Die belgische Ehren wache des Oberkommissars wird am 5. November in Aachen zusammengezogen. Sie Weite Zone am 1. Dezember frei Berlin. Das französische Oberkommando in Mainz hat mitgetcilt, daß Ehrenbreitstein spätestens am 30. November geräumt sein werde. Damit ist am 1. Dezember die zweite Zone von der Besatzung frei. Das Ordonnanzensystem hat da mit für diese Zone seine Geltung verloren und die deutsche Souveränität ist wicderhcrgcstcllt. 2. Ich habe in, Februar 1928 dem damaligen Diri genten der Ostabteilung des Auswärtigen Amtes, Ministe rialdirektor vonDirksen, eingehend über meine Unter haltungen mit französischen und englischen Staatsmännern und Politikern sowie über die Anregungen, die bei solchen Gelegenheiten an mich herangetragen wurden, unterrichtet. 3. Ich habe am 26. April 1929 dem Staatssekretär von Schubert den Inhalt meiner Unterhaltungen vom Vortage mit zwei französischen Politikern bekannt- gegeben. Dieser Bericht enthielt keine Empfehlung der wiedergegebenen Vorschläge zur Reparationsfrage. Im Gegenteil, ich machte warnend auf verschiedene Bedenken aufmerksam. Dabei konnte ich zu meiner Genugtuung fest stellen, daß sich der Herr Staatssekretär meiner Auffassung völlig anschloß. Or. Gieiger zur LanSwirislage. Wirksamer Schutz notwendig. Bei einem Festabend im Anschluß an die Generalver sammlung verbunden mit Wanderausstellung des Land wirtschaftlichen Vereins für Rheinhessen hielt der preußische Minister Tr. Steiger eine Ansprache, in der er mit teilte, daß am 30. September auf Veranlassung des Ober- prästdenien der Rheinprovinz eine Versammlung von Be amten und Sachverständigen darüber beraten werde, wie den Gebirgsgegenden der Rheinprovinz, besonders Eifel und Hunsrück, durch Förderung der Milchwirtschaft als Grundlage der Vichwirtschaft dieser Gegenden geholfen werden könne. Es sei nicht seine Absicht, die Domänen dauernd unter ständiger Verwaltung des Staates zu lassen. Notwendig sei ein wirksamer Schutz der Landwirtschaft. Dabei bleibe auch der Landwirtschaft selbst ein großes Arbeitsfeld zur Stärkung ihrer Stellung aus eigener Kraft. Die Wege zur Entschuldung der Landwirtschaft hingen eng mit dem Uoung-Plan zusammen, darum müßten in dieser Frage Länder, Regierungen, Landwirtschaftskammern und freie Organisationen einträchtig Zusammenwirken, wie es in vorbildlicher Weise der Landwirtschaftliche Verein für Rheinprenßen zeige.