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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Das »WilsdruGer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., der Bostbestellung 2 RW. zuzüglich Abtrag- . "... gebühr. Einzelnumwern ISRpfg.AllePostanstalteu 2L>0v)el1Vlatt süv WllsdrUsf U. ^lMste^eNd Postboten und unscreAus» rrägeruudGeschäftsstellen — - nehmen zu jeder Zeit Bk' stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Lerchs« Pfennig, die 3gespaltene Reklamc:eile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwciiunc.sc,ebl!tir 20 Neichspscnulge. 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Jahrgang Lelegr.-Adr.:,Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den24 September 1828 HOMM! !»I« Illi! >11!! !LÄWK»WMWLL»LWW«^ LWBWLG» Landflucht- Richt bloß in Gens bei der Weltwirtschaftskommission »es Völkerbundes versucht man, einander näherzukommen in Fragen, bei denen gemeinsame wirtschaftliche Interessen ser Völker berührt werden, will man einen Ausgleich schassen, wenn die Verfolgung solcher Interessen durch ein Land allzu stark das wirtschaftliche Gedeihen des Nachbarn berührt oder stört. Auch eine besondere internationale parlamentarische Handelskonfcrenz versucht auf einer so eben beginnenden Tagung in Berlin in einer solchen Rich- lnng zu wirken, für gemeinsame Wirtschaftsprobleme Klärung und Ausgleich zu schaffen, dabei auch solche Jnteressenkonflikte zur Sprache zu bringen, von deren Ent wicklung Lebensprobleme eines Volkes abhängen. Wirtschastsfragen zwischen- oder überstaatlicher Natur gibt es ja in einem fast täglich wachsenden Umfang schon deswegen, weil die zwischen- und überstaatlichen Ver knüpfungen wirtschaftlicher Art in raschestem Tempo zu- nehmen. Der tiefe Riß, den der Weltkrieg gezogen, die breiten Abgründe, die er geschaffen hat, werden demgemäß in einem heute noch kaum zu überblickenden Maß ansgefüllt werden müssen, weil die Gemeinsamkeit wirtschaftlicher Probleme von heute und morgen immer stärker gefühlt wird. Um nur eins zu erwähnen: Das Problem der Arbeitslosigkeit ist in den beiden wirtschaftlich so fortgeschrittenen Ländern wie Deutschland und England immer mehr zur brennenden Tagesfrage geworden, bei der das eine Land von dem anderen zu lernen sucht, das eine die Fehler vermeiden will, die das andere begangen hat. Und ein anderes für aas Wachsen der Völker vielleicht noch wichtigeres Problem ist ein bevölkerungspolitisches, eines leider, das gerade für Deutschland von besonders trauriger Wichtigkeit ist, weil das Wachsen des deutschen Volkes gegen über den Vorkriegsverhältnissen sich in erschreckender Weise verlangsamt hat. Die Landflucht, die Abwanderung vom flachen Lande in die Städte oder gar in das Aus land har in Deutschland Formen angenommen, die schon zu dem Mahnruf geführt haben: „DasdeutscheVolk ist eilt sterbendes Volk, büßt ständig nicht bloß an Menge, sondern auch an Qualität der Menschen ein." Das schlimmste dabei ist, daß man die Gründe derLandflucht in Deutschland wohl zu erkennen ver mag, daß über einen großen Teil dieser Gründe sich eine durchaus einheitliche Meinung gebildet hat, daß aber — es so gut wie unmöglich ist, nun diesen Gründen zur Land flucht bcizukommcn, ihnen abzuhelfen. Die Tatsachen sprechen eine nur allzu traurige Sprache: Aus Ost preußen z.B. sind in den Jahren 1919 bis 1927 über 150000 Menschen abgewandert; die Volks zählungen für ganze ländliche Kreise haben ergeben, daß dort nicht bloß keinerlei Bevölkerungszunahme erfolgte, sondern unaufhörlich Zehntausende das flache Land ver lassen, in die Städte gehen oder gar in das Ausland. Vielfach wird ja von ländlichen Arbeitnehmern daraus hingcwiesen, daß die unterschiedlichen Lohnverhältnisse bei der Landflucht eine wesentliche Nolle spielen, daß die zu geringe Bar entlohnung den Landarbeiter zur Abwande rung in die Stadt veranlaßt, wo diese Barentlohnung höher ist. Aber selbst dort, wo der landwirtschaftliche Arbeitgeber selbst zugibt, daß diese Barentlohnung erheb lich zurücksteht hinter dem Lohn, den die Industrie ge währt, ist ja der Gegeneinwand leider durchaus be gründet: Die Landwirtschaft ist nicht in der Lage, an gesichts der fast übergroßen finanziellen Schwierigkeiten, in der sie sich jetzt befindet, höhere Löhne zu gewähren. Das gleiche gilt leider auch für die Wohnungen der Landarbeiter. Es muh doch festgestcllt werden, daß unter Ausnutzung der vom Reich und von einzelnen Ländern zur Verfügung gestellten zinslosen Kredite Zehntausende von Landarbciwrwohnungen geschaffen worden sind, daß vieles, sehr vieles in dieser Hinsicht aus dem Lande besser geworden ist als früher. Und doch Hai dte Besserung der Wohnungsverhältnisse, die unbestreitbar ist, die Land flucht entscheidend jedenfalls nicht hemmen können. Eben so führt die finanzielle und kreditpolitischc Notlage der Landwirtschaft auch noch dazu, daß einer Ansiedlung größerer Massen von Landarbeitern, ihrer Ausstattung mit Land schwerste Hindernisse im Wege stehen. Die Zu kunft ist allzu unsicher, die Ertragssähigkeit des Grund und Bodens nun schon seit Jahren leider überaus ge fährdet, — da reizt der leichter erworbene Verdiensten der nächsten Stadt oder in den Jndustriebezirken. Bei all diesen und anderen Gründen, bei all diesen! Dafür und Dagegen muß man weiter fragen: Sind nicht schließlich auch dle Menschen anders geworden? Werden nicht höhere oder andere An sprüche an das Leben gestellt, die sich auf dem Lande nicht erfüllen lassen? Ist der Drang in die St a d t hinein nicht verursach! oder zum mindesten untbcclnflußi durch solche Ansprüche, die ein wenigstens äußerliches Erhöhen des ganzen Lebensdurchschnittes und Lebensgenusses her- beiführeu sollen? Auch diese Fragen muffen bejaht werden und einer solchen massenpsychologischen Entwicklung ist nicht einmal mit wirtschaftlichen Gründen belzukommen. Der deutsche Naum namentlich im Osten weist eine wachsende Leere auf. Nun aber schafft allein noch das flache Land den Menschenüberschuß, der zum Fortbestehen eines Volkes notwendig ist. Denn die Großstädte ver- whren die Menschen. Überall in der Mett, nicht, nur in M de« MtslWWen der Welt Interparlamentarische Han-elskonferenz. Tagung in Berlin. Im Reichstag begann Montag die Internationale parlamentarische Handclskonferenz ihre Beratungen. Die letzte Tagung fand 1928 in Rio de Janeiro statt, diese ist die erste Sitzung in Deutschland. Vertreten sind die Par lamente von 41 Ländern, besonders stark England und Japan. Den Vorsitz führt Reichstagsvizepräsident von Kardorff. Die Verhandlungen erstrecken sich vorzugsweise auf das Verhältnis von Industrie und Arbeiterschaft, das Rationalisierungsproblem, die Gewinnbeteilung der Arbeitnehmer, das internationale Obligationen- und Wcchselrecht, die Regelung des Funkverkehrs und die inter nationale Agrarfrage. Rcichsfinanzministcr Dr. Hilferding begrüßte die Konferenz im Namen der Reichsregierung. Der Ausschuß sür die Reorganisation der Industrie und ihre Beziehungen zum Arbeitnehmer trat unter dem Vorsitz des italienischen Senators Hugo Ancona zu sammen. Er nahm zunächst einen Bericht des englischen Unterhausmitgliedes Hannon über industrielle Zu sammenlegung, Rationalisierung, Verschmelzung usw. ent gegen. Reichstagsabg. Or. Brüning (Zentrum) berichtete über neue Grundlagen der Mitarbeit der Arbeitnehmer. Er faßte seine Aussührungen in eine Entschließung zusammen, in der die Konferenz ihre Wünsche für die Verwirklichung der von ihr gerade unter dem System der Rationalisierung für notwendig erkannten neuen Wege zu besserer Zusammenarbeit zwischen Unter nehmer- und Arbeitnehmerschast darlegt Nach dieser vorgelegten Entschließung müssen Formen der Besitz- und Gewinnbeteiligung gefunden werden, welche die gewerkschaftlichen Bedenken, die in vielen Län dern gegen die bisherigen Versuche bestehen, beseitigen. In allen Ländern soll ferner durch Schaffung von Klein aktien die Möglichkeit der Beteiligung der Arbeitnehmer am Aktienbesitz des Unternehmens, in dem sie beschäftigt sind, gefördert werden. Versuche der Banken und der Sparkassen der organisierten Arbeitnehmerschaft zur Be teiligung an den Unternehmungen sollen Beachtung fin den. Die Mitarbeit der Arbeitnehmer in Form der Be triebsräte durch Schulung der Arbeitnehmerschaft und ver ständnisvolle Behandlung seitens der Arbeitgeberschast sollen gefördert werden. Gesetzliche Maßnahmen sollen den Arbeitnehmern für von ihnen gemachte Verbesserungs vorschläge und Erfindungen ein gerechtes Entgelt sichern. * Wettwirischaftssrie-en. Von der Interparlamentarischen Konferenz in Berlin. Die Interparlamentarische Handelskonferenz wurde im Reichstage vom Vizepräsidenten des Reichstages, von Kardorff, mit einer Ansprache eröffnet, in der er die Konferenz an Stelle des erkrankten Reichstagspräsidenten Löbe irv Namen des Deutschen Reichstages und der deut ¬ schen Delegation willkommen hieß.' Nachdem Herr von Kardorff einen überblick auf die Arbeiten der Konferenz geworfen hatte, fuhr er u. a. fort: Auch die Frage der Lage der Landwirtschaft, der Hebung der Lebenshaltung des Landwirtes wollen Sie in den Kreis ihrer Betrachtungen ziehen. Das ist eine nationale und internationale Frage zugleich; denn die Erhaltung einer blühenden Landwirt schaft ist zunächst eine nationale Forderung, und sie ist eine internationale zugleich insofern, als durch die Stärkung der Landwirtschaft ihre Bevölkerung in die Lage gesetzt wird, die Güter der Weltwirtschaft aufzunehmen. Im Namen der Reichsregierung begrüßte Reichs finanzminister Dr. Hilserding die Handelskonferenz und wünschte ihren Arbeiten besten Erfolg. Die Haager Konferenz, sagte der Minister u. a., hat den Doung-Plan prinzipiell angenommen und damit hat eine neue Phase der Reparationspolitik begonnen. Der Aoung-Plan ver sucht die endgültige Lösung auf dem wirtschaftlichen Boden. Das Ergebnis der Haager Konferenz hat sofort seine Rückwirkung auf die Friedensarbeit des Völker bundes gehabt. In der modernen Wirtschaft drängen immer mehr erstarkende Tendenzen zur Organisation. Dazu gehören die Probleme der Rationalisierung und das Streben der werktätigen Biassen nach höherem Anteil an dem Ertrag der Arbeit. Dieses Bestreben muß zugleich auf Steigerung der Produktivität der Volkswirtschaft Hin zielen und drängt so wiederum zur Verbesserung der Organisation. So stellt sich diese Konferenz in den Dienst der großen Ausgabe der Befriedigung der Welt, der Steigerung der Wohlfahrt der Nationen und der Zusam menarbeit aller Völker. In diesem Sinne seien Sie der deutschen Reichsrcgiernng und dem deutschen Volke herz lich willkommen. Auf die beiden von der Interparlamentarischen Han delskonferenz mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Be grüßungsansprachen vonKardorffs und Dr. Hil ferdings antwortete zunächst der Führer der belgischen Delegation vanCauvelacrt. Er sprach im Ramen der belgischen Delegation den Dank aus für die gastfreie Aufnahme, die die deutsche Reichsrcgiernng und der Reichstag den Delegierten bereitet habe. Einen beson deren Dank stattete der Redner der Reichsregierung und namentlich dem Minister Dr. Hilferding ab für die in diesem Jahre dem Internationalen Handelsinstitut in Brüssel zugesagte finanzielle Unterstützung. Der Führer der brasilianischen Delegation wies in seiner Ansprache auf die Bewunderung hin, die die Brasi lianer aller Klassen und jeder politischen Überzeugung Deutschland wegen des Schaffcnsvermögens seines Volkes sowohl auf intellektuellem wie auf materiellem Gebiet zollten. Der Redner erwähnte in diesem Zusammenhang die Fahrt des „Graf Zeppelin". Der Führer der französischen Delegation, Senator Minister a. D. Leredu, erklärte, er habe den Eindruck, daß sich die Arbeit der Konferenz in einer Atmosphäre völliger Eintracht vollziehen werde, denn alle Versam melten seien davon durchdrungen, daß das große Gebäude des Wirtschaftsfriedens sich nur auf der Gemeinschaft aller Kräfte erheben könne. Die Wett fordere, daß die beredten Worte der Staatsmänner in Genf über die Fragen der wirtschaftlichen Abrüstung und über die Gründung eines Weltwirtschastsbundes in die Tat umgesetzt werden. Dazu aber bedürfe es der Mitwirkung der Parlamente. Leuiln-lmw, wo^en aver geraoe ore (LHwiengretten, vor denen die Landwirtschaft steht — darum ist jeder Versuch zu begrüßen, der Wege aufweisen will, wie aus diesem Labyrinth hsrauszukommen ist. Französische Lnierpallation zur Saarfrage. In der Deputierlenkammer. Der linksrepublikanische Abgeordnete Boisseauhat Ministerpräsident Briand mitgeteilt, daß er ihn bei Wiederzusammentritt des Parlamentes über die Art der Verpflichtungen interpellieren werde, die er Strese mann gegenüber in der Frage des Saargebietes ein gegangen sei und wie die Regierung dieses wichtige Pro blem zu lösen gedenke. Boisseau will seine Interpellation mit dem Hinweis darauf begründen, daß vom wirtschaft lichen Standpunkt aus eine Änderung der Rechtsverhält nisse des Saargebietes für Frankreich die schlimmsten Folgen nach sich ziehen würde angesichts der Tatsache, daß die französische Außenhandelsbilanz in diesem Jahre zehn Milliarden Frank erreichen werde und daß die'Aus fuhr nach dem Saargebiet jährlich zwei Milliarden be trage. Anlefichts der Bedrohung dieser so wichtigen fran zösischen Interessen im Saargebiet erschienen die einzu leitenden deutsch-französischen Verhandlungen auch durch aus verfrüht. Im übrigen sei es unerläßlich, den fran zösischen Handel und die französische Industrie um ihre Ansicht zu befragen. Münchener VolksparSei zur Haager Einigung. Die Räumung. Die Gruppe München der Deutschen Volkspartei hat eine Entschließung angenommen, die den Abschluß der Haager Vereinbarungen als einen weiteren Schritt zur Liquidierung des Krieges bezeichnet, für den Stresemann der Dank des ganzen deutschen Volkes gebühre, wenn im Frühjahr des kommenden Jahres der letzte Besatzungs angehörige deutschen Boden verlassen haben wird. Deutschland werde frei durch die zielbewußte Durchfüh rung der von Stresemann geleiteten Politik, die die In teressen der Welt systematisch verknüpft mit Deutschlands Gedeihen. Abrüstung und Zollfrie-en. Vor dem Schluß in Genf. Am Mittwoch sollen in Genf auch die letzten Arbeiten der jetzt tagenden Kommissionen des Völkerbundrates be endet sein und damit der Schluß der diesmaligen Beratungen eintreten. Der Abrüstungsausschuß beschloß am Montag, sämtliche Begründungen der verschiedenen Meinungen zum Abrüstungsproblem aus dem Bericht zu streichen. Damit schrumpft der Bericht über die Aussprache, an der sich 18 Dele gationen beteiligt hatten, von acht auf vier Schreibmaschinen seiten zusammen. In der Vollversammlung am Montag erstattete der deutsche Delegierte Dr. Br eilscheid seiyen Bericht über die