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MOmfferNgMN Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Vmtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerrchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Npfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40A^ichs- pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Reichspfennige. Bsr- geschriebene Erscheinung»- tage und Platzvorschriste» werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. «meig«>- anuahme dis vorm.lOUHr. ——- -— ' — -- Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzcigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag dnrch Klage eingezsgen werden mutz oder der Auftraggeber inKonknr» gerät. Anzeigen ne hmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, schein« an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in lloa " Adir,-Ausgabestellen 2 AM. im Mona«, bei ^ust-llu-, durch die Boten 2,3V AM., be. Postbestcliung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PÄdöicnund'un^ trägeruno welaiaftssteüeu ! -—: nehmen zu jeder Zeit Be- Ükgen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Kem Anspruch auf Lieferung der Kern» g ooer zrurzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr 201 — 88 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donneestag, den 29 August 1929 Englands Doppelzüngigkeit. Im Heiligen Lande sieht es augenblicklich sehr rnheilig aus. Zwischen den Arabern und den Juden ist es M heftigen Kämpfen gekommen und bittere Vorwürfe verden gegen die Engländer erhoben, daß sie nicht recht- ieitig mit schneller Hand den ausbrechenden Kampf gleich m seinen Anfängen energisch unterdrückt haben. Freilich wäre da an einer Krankheit nur äußerlich und mit ge waltsamen Mitteln herumgedoktert worden, während sie M Innern sich immer weiter ausbreitete. Dabei gehörte keine große Prophetengabe dazu, den Ausbruch dieses Kampfes vorauszusehen und voraus zusagen. Seine Wurzeln reichen zurück bis in die ersten Jahre des Weltkrieges. Jedes Mittel war ja damals oen Engländern recht, um vom Süden Vorderasiens her, also aus Arabien als Stützpunkt, die türkische Macht über den Haufen zu rennen. Man erweckte in den Arabern den Traum eines Großarabischen Reiches oom Indischen Ozean bis nach Aleppo und vom Mittel meer bis hinüber zu den persischen Grenzbergen. Hussein der jetzt König des Iraks von Englands Gnaden ist, sollte der neue Kalif werden, der an die Stelle des türki schen Sultans treten sollte. Was von diesem Traum übrigblicb. ist die französische Kolonie Syrien und dic beiden mübsam genug aus englischen Krücken humpeln den arabischen Reiche Transjordanien und Irak. Roch vorher aber, ehe dieser arabische Traum erweckt war hatte die englische Regierung in der sogenannten Balfour-Deklaration' des damaligen englischen Ministerpräsidenten den Juden Palästina als selbstän digen Staat versprochen, um mit dieser symbolischen Geste weite Kreise des Judentums in der ganzen Welt für sich zu gewinnen. Palästina fiel ja zum Teil schon 1917, dann aber endgültig 1918 in englische Hände, und bald war der neue Staat auch geschaffen, allerdings natürlich unter der Aufsicht eines englischen Oberkommissars, dei — übrigens selbst Jude — nun seine ganze Kraft daran setzte, den neuen Staat auszugestalten und ihn mit jüdi schen Zuzüglern aus aller Herren Ländern zu füllen. Ihn auch mit Hilfe dieser herbeiströmenden Kräfte wirtschaft lich in die Höhe zu bringen. Dabei vergaß man aber, daß trotz dieses Zustroms auch heute noch mehr als sechsmal soviel arabische Mohammedaner in diesem Lande sitzen als Juden, der Staat aber überall und durchaus jüdischen Charakter trägt und tragen soll. Das ließ die Unzu friedenheit der Araber ständig höher wachsen; sie hielten sich nicht bloß wirtschaftlich, sondern vor allen Dingen politisch für benachteiligt. Schon vor längerer Zeit kam es in der gesetzgebenden Versammlung zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den arabischen und den jüdischen Deputierten und nun ist das Feuer z v Hellen Flammen emvorgelodert. Der Ursprung des Brandes liegt also im wesent lichen nicht so sehr in rassischen oder religiösen Gründen, sondern in politischen. Charakteristisch für die Ver hältnisse ist eine kleine Geschichte, die vor einigen Jahren passierte. Ein katholischer Bischof wollte eine kirchliche In spektionsreise in das rein arabische Transjordanien machen; vorher wurde ihm geraten, aus der Brust deut lich sichtbar ein Kreuz zu tragen, — dann würde ihm aus seiner Reise nichts passieren! Ein Jude freilich darf es kaum wagen, von Westen her über den Jordan in jenes arabische Königreich hinüberzugehen. Es prallen hier zwei Gegensätze aufeinander, zwischen deren Forderungen, Ansprüchen, vermeintlichen oder wirklichen Rechten es kaum eine Brücke gibt. Aber Eng land, das sich diese Suppe einbrockte, muß sie jetzt auch auslöffeln, und das wird der gegenwärtigen Regierung nicht leicht werden; denn der bisher in Palästina am tierende Oberkommissar trieb einerseits eine Politik, dic nicht gerade als übermäßig jndcnsreundlich bezeichnet wird, zumindest der Organisierung des arabischen Widerstandes nicht entgegentrat, und auf der anderen Seite ist Macdonald, der englische Ministerpräsident, ein poutrscher Gegner des Oberkommissars. Erschwert wird die Situation noch dadurch daß besonders Amerika aus mannigfachen Gründen größtes Interesse an den Vorgängen m Palästina nimmt und einen energischen Druck auf dre englische Regierung ausübt, dort mit allen Mitteln Ordnung zu schaffen Ob es gelingen wird und ob auf die Dauer. — das ist allerdings eme zweite Frage! GMMen über Breslau Breslau. In Breslau wurde nachts die Feuerwehr von fünfzehn verschiedenen Stellen alarmiert, da an mehreren Stellen der Stadt von den Einwohnern Gasschwaden mit durchdringendem Geruch wahrgenommen wurden. Viele Leute bekamen Anfälle vyn Übelkeit und mußten sich erbrechen. Durch oen starken Geruch erwachten zahlreiche Breslauer aus ihrem nächtlichen Schlaf. Die Bevölkerung geriet in große Erregung, da man befürchtete, eine Giftgaskatastrophe habe sich ereignet. Die Feuerwehr stellte jedoch dann fest, daß die Gase aus einem tu dem Breslauer Vorort Kawallcn liegenden Superphosphat werk kamen. Sie haben sich dort entwickelt, weil, wie dic Direktion des Werkes annimmt, minderwertige Schwefelsäure verwendet wurde. Die genaue Untersuchung hierüber ist noch nn Gange. Jie WnlMsM wieder vertagt Nie Grundlagen der Einigung. Es geht bei den Vorschlägen, wie man schon immer erwartet hatte, nicht ganz ohne Opfer ab, die man von den Deutschen verlangt. Gewiß soll die Gesamtsumme deutscher Zahlungen aus dem Noung-Plan für die vorgesehenen 37 Jahre nicht erhöht werden, jedoch hat Deutschland in den ersten 20 Jahren eine stärkere Belastung zu tragen, was gewiß nicht ohne Bedenken auszunehmen ist. Auch dic 300 Millionen Mark Überschüsse aus dem Übergang des Dawes-Vertrages in den Noung-Plan, die Deutschland zur Abdeckung der Bcsctzungskosten im Rheinland verlangt hatte, sollen zum großen Teil den englischen Ansprüche» geopfert werden. Was England erhält. England erhält von den Gesamtzahlungen 40 Mil lionen jährlich mehr, verlangt hatte es 48. Es bekommt im ganzen eine bedingungslose Zahlung von 96 Millionen Mark jährlich statt der bisher angebotenen 88 Millionen. (36 Millionen von den übrigen Gläubigermächten garan tierte Zusatzzahlung, 18 Millionen aus dem Rest der bedingungslosen Jahreszahlungen unter Heruntersetzung der Ansprüche der kleineren Staaten, 42 Mil lionen aus der Erhöhung der bedingungslosen Zahlung, die man von Deutschland durch die Änderung der Dawes- Anleihe erzielt.) Italien verpflichtet sich zu größerem Kohlenbezug von England. Iori mri der Besatzung! Man glaubte auf der Gegenseite, annehmen zri dürfen, daß Deutschland diesen Festsetzungen zustimmt und in den Mittwochsverhandlungen sein Einverständnis erkläre. Die deutsche Delegation ist gutem Vernehmen nach fest entschlossen, nur dann j a zu sagen, wenn gleich zeitig mit der finanziellen Regelung die bestimmte Zu sage für eine alsbaldige N h c i n l a n d r ä u m u n g er folgt. England hat bereits früher in dieser Beziehung bestimmte Zusagen gegeben und soll fest entschlossen sein, die sofortige Räumung einzuleiten. Es handelt sich jetzt also nur noch um Frankreichs Einwilligung und man sprach davon, daß Briand bereits erklärt hätte, der Bei tritt Deutschlands zu den geschehenen Vereinbarungen werde es ihm ermöglichen, nunmehr einen bestimmten Räumungstermin, der zwischen dem 1. September 1928 und dem 1. April 1930 spätestens liegen solle, bekannt- Zugeben. Sollte sich das bewahrheiten, so stände der beab sichtigten feierlichen Schlußsitzung der Konferenz für Donnerstag nichts mehr im Wege. Die amerikanischen Blätter bringen die Nachricht über den im Haag erzielten Kompromiß in großer Aufmachung und betonen dabei, daß die Verständigung auch in den amerikanischen Finanzkreisen mit Befriedigung ausgenommen wird. Dic englischen und französischen Blätterstimmen sind je nach ihrem Parteistandpunkt geteilt, in der Mehrzahl jedoch befriedigt. Roch keine Schlußsitzung am Donnerstag Die ursprünglich auf Mittwoch nachmittag 3 Uhr an- heraumte Sitzung der vier an der Rheinlandfrage interessierten Mächte wurde vorläufig abgesagt. Statt dessen wurde zu jenem Zeitpunkt die Besprechung der Delegierten der sechs einladenden Mächte über die Mitt woch vormittag erörterten finanziellen Fragen wieder ausgenommen. Von deutscher Seite waren hierzu die Reichsminister Dr. Wirth, Dr. Curtius und Dr. Hilferding sowie als finanzielle Sachverständige die Ministerialdirektoren Ruppel, Schäfer und Dorn erschienen. Aus diesem Sachverhalt ist zu entnehmen, daß jeden falls für Donnerstag mit einer Vollsitzung der Konferenz, die zugleich die Schlußsitzung darstellen würde, noch nicht zu rechnen ist. Man speist erst. Die um 3 Uhr begonnene Sitzung der sechs einladen den Mächte dauerte bis etwa 7^4 Uhr abends. Dann ver ließen die Delegierten die Konferenz, um einer Einladung Snowdens an die Hauptdelegierten sämtlicher an der Konferenz beteiligten Mächte zu einem Essen Folge zu leisten. Die aus diesem Grunde unterbrochene Sitzung wird im Anschluß an die Veranstaltung im Laufe des Abends in Form von informellen Besprechun gen fortgesetzt. Die sämtlichen zur Besprechung stehenden Fragen, das heißt, die aus der gestrigen Einigung der Gläu bigermächte sich ergebenden Verhandlungen, an denen Deutschland beteiligt sein soll, stehen zurzeit noch offen. Sie sind im Verlauf des Nachmittags, mehrfach unter Zuziehung der deutschen Sachverständigen und Fachrefe renten oder im Wege von Sonderbesprechungen zwischen diesen, wie man aus den spärlichen Andeutungen ein zelner Konferenzteilnehmer entnehmen kann, stark um stritten gewesen. Am Donnerstag vormittag 10 Uhr findet, voraus gesetzt, daß die Dinge vorwärtsgehen, eine Besprechung der vier Rheinland möchte vor der bereits ange kündigten Tagung des Politischen Ausschusses statt. Wird die deutsche Mrdms »Weben? Haag, 29. August. Die Verhandlungen der fünf Mächte mit Deutschland über die Regelung der finanziellen Fragen sind am Spätabend des Mittwoch im Grand-Hotel im Anschluß an das Festmahl Snowdens wieder ausgenommen worden. Dr. Strese mann, der bei dem Mahl nicht anwesend war, traf kurz vor 23 Uhr im Grand-Hotel ein. Der Abschluß der Konferenz am Don nerstag oder spätestens Freitag wird jetzt bereits in englischen und französischen Konferenzkreisen als sicher angesehen. Die not wendigen Vorbereitungen sind im Gange. Die Konferenz soll mit einer öffentlichen Sitzung in Anwesenheit der Presse schließen. Die Erklärungen der Abordnungssührer werden durch Radio ver breitet werden. Trotz der noch schwebenden finanziellen Verhand lungen wirb in maßgebenden Kreisen der Konferenz das Ergebnis bereits als feststehend angesehen. Es wird allgemein angenommen, daß die deutsche Abordnung die politischen Bedingungen für ihre finanziellen Zugeständnisse den übrigen Mächten bereits vor eini ger Zeit bekanntgegeben hat, als die englisch-französischen Eini gungsverhandlungen noch im Gange waren. Es ist undenkbar, daß die deutsche Abordnung nicht mit der Möglichkeit einer Einigung zwischen England und Frankreich gerechnet hat und für diesen Fall bereits die Mächte ihre Bedingungen wissen ließ, unter de nen sie sich allein zu einer Einigung in den Deutschland berüh renden Fragen bereitfinden würden. Indessen scheint es tatsächlich so, daß die deutsche Abordnung durch die Einigung zwischen Eng land und Frankreich in eine Zwangslage geraten ist, in der sie nur entweder die ihr gestellten Forderungen auf finanziellem Ge biet annehmen oder einen Abbruch der Konferenz herbeiführen kann. Der deutsche Vorstoß in der vorigen Woche hat, da damit anscheinend keine politischen Bedingungen verbunden waren, nur zur Folge gehabt, daß der deutsche Wunsch auf beschleunigte Ver handlungen mit einer beschleunigten Einigung mit England be antwortet wurde, wodurch Deutschland in eine isolierte Lage gera ten sei. Im Hinblick darauf wird auf französischer und englischer Sette dem deutschen Widerstand gegen die sinanziellen Forderun gen keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Man rechnet viel mehr damit, daß die deutsche Abordnung sich zu einer Zustimmung zu den finanziellen Forderungen Frankreichs wird entschließen müssen. Das Gesamtergebnis der Konferenz würde dann sein, daß Deutschland eine endgültige Räumung des Rheinlandes un ter der Bedingung der Ratifizierug des Houngplanes mit einer Endfrist zum 1. oder 30. Juni zugesichert werden wird. Der Ver gleichsausschuß wird in der bereits erörterten Form geregelt wer den, daß die Zuständigkeit der deutsch-französischen und deutsch belgischen Schiedskommissionen sich auch auf die entmilitarisierte Rheinlandzone erstreckt. In den finanziellen Fragen wird sich Deutschland aller Voraussicht nach zu einer Erhöhung des unge schützten Teiles der Tributzahlungen auf 702 Millionen RM. jährlich und zu einem Verzicht auf die Beteiligung an dem Ueber- schuß des Dawesplanes entschließen müssen. Zur Regelung der Liquidationsschäden wie der zahlreichen noch offenen Einzelfragen (Reichsbank, Reichsbahn, internationale Bank usw.) dürften Aus schüsse eingesetzt werden. Das Zahlungsschema des Houngplanes wird vorläüsig am 1. September 1929 als in Kraft gesetzt erklärt werden. So wird augenblicklich das Ergebnis der Haager Kon ferenz in französischen und englischen Kreisen beurteilt. 3v keinem WM eisig gemordes Haag, 29. August. Die Verhandlungen nach dem Diner bei der englischen Delegation im Grand-Hotel, die um 11 Uhr nachts begannen, dauerten bis 2 Uhr. Die Delegationsmitglieder der sechs einladenden Mächte nahmen daran teil. Am Schluß der Besprechungen erklärte Minister Dr. Wirth, daß bisher in keinem einzigen Punkt eine Einigung erzielt worden sei. Irgendwelche praktischen Ergebnisse lägen nicht vor. Die Auffassungen ständen einander nach wie vor schroff gegenüber. Der stärkste Druck werde zur Zeit von der Gegenseite in der Frage der Besatzungskosten ausgeübt. Man verlange, daß Deutschland vom 1. September bis zum Räumungsschluß, der kaum vor dem 30. Juni erwartet wird, die gesamten Besatzungskosten allein tragen solle. Dies würde für Deutschland eine neue Belastung von etwa 140 Millionen über den Houngplan hinaus bedeuten. Die deutsche Abordnung hat bis her diese Forderung mit aller Entschiedenheit abgelehnt und stützt sich auf die Bestimmungen des Poungplanes, nach dem über diese Frage direkte Vereinbarungen zwischen den Regierungen getwf- fen werden müßten. Auch in den beiden anderen Punkten (Erhö hung des ungeschützten Teiles der deutschen Tributleistungen und Verteilung des Dawesüberschusses von 300 Millionen) sei bis her kein Fortschritt in den Verhandlungen zu verzeichnen.