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MdmfferTageblatt Oie Haager Konferenz. über der kommenden Konferenz, auf der die end gültigen Beschlüsse über den Young-Plan gefaßt werden sollen, stand von Anfang an ein ungünstiger Stern. Erst hat man sich Wochen und Wochen darüber herumgestritten, wo sie stattfinden soll, und damit zunächst erreicht, daß sie »icht, wie vorgesehen, schon Mitte Juli eröffnet werden konnte. Und nun kommt als zweites die schwere Er krankung Poincarös, diefranzöfischeKabinetts- k.r i s e. Vom französischen Standpunkt aus gesehen spricht eine gewisse Tragik daraus, daß es Poincarö nicht be- schieden ist, seinen Wunsch, auf der Konferenz zu präsi dieren, nun wirklich durchzusetzen. Aber wir Deutsche haben keine Veranlassung, darüber sehr traurig zu sein; denn in ihm müssen wir Deutsche den Hauptwidersacher der von uns angestrebten Gesamtliquidierung des Krieges sehen. Durch sein Fernbleiben wird sich freilich an der sachlichen Einstellung Frankreichs zu all den zwischen den beiden Ländern schwebenden Problemen nicht allzu viel ändern; auch Briand ist eben und vor allen Dingen Träger der französischen Interessen, so wie er sie auffaß! und wie auch die Mehrheit der Kammer und des Senats sie sich vorftellt. Aber er ist nicht so tief in die deutsch feindlichen Gedankengänge verstrickt wie Poincars. Die Schwierigkeiten, mit denen Poincars in den letzten Wochen zu kämpfen hatte und deren Bewältigung ihm gesund heitlich wohl den Rest gegeben hat, sind rein innen französischer Natur, haben mit der Regelung des Verhält nisses zu Deutschland unmittelbar nichts zu tun, und Briand hat sich auch jetzt wieder in seiner Rede im Senat die Hände völlig frei gehalten, betonte ausdrücklich, daß die Rheinlandräumung eine interalliierte Frage fei Deutschland aber ein Recht habe, sie auf das Programm der kommenden Konferenz zu setzen. An der ersten Stelle dieser Tagesordnung wird nun der Young-Plan stehen. Jedoch wird es nicht bloß darüber zu einer Debatte und zu einem Beschluß kommen, o b der Plan nun angenommen wird oder nicht, sondern es handelt sich dabei ^ch um eine Reihe weiterer Fragen, die un Young-Plan selbst noch nicht gelöst sind, sondern ausdrücklich wegen ihres stark politischen Charakters in Paris der Entscheidung durch die Konferenz der Politika Vorbehalten worden sind Eine davon, nämlich die rzrag? der belgischen Markforderungen, ist inzwischen geregelt worden, dieses Sonderabkommen wird gleichzeitig mit dem Young-Plan in Kraft treten Anderes, wie nament lich das durch das sonderbare englische Verhalten be sonders brennend gewordene Problem der Liquida tionen deutschen Eigentums in den En- ^ntestaaten, muß erst noch bereinigt werden. An und für sich ist es ja überhaupt nicht gesagt, daß die Kon ferenz den Young-Plan so, wie die Pariser Sachverstän digen ihn vorschlugen, nun auch annehmen muß. Pro teste sind z. B. emgelaufen gegen die Art, Wie nun die deutschen Zahlungen unter den Gläubigerstaaten verteilt werden sollen, eine Frage, die uns Deutsche natürlich recht wenig interessiert. Streitigkeiten bestehen außerdem noch über Einzelfragen hinsichtlich der Organi sation der Internationalen Bank wie z. B. darüber, ob ihre Überschüsse auf die deutschen' Zahlungen ungerechnet werden sollen; des weiteren, was zu geschehen hat, wenn Amerika seinen Schuldnern einen erheblichen Nachlaß ge wahrt, usw. Genau so wie in London 1924, als auf der dortigen Konferenz der ^awc.--Plan zur Debatte stand und wochenlange Auseinandersetzungen darüber stattfanden, wird man rm Haag auch über den Young-Plan keines wegs von heute auf morgen zu einer Einigung kommen. Noch schwieriger wird die Behandlung des zweiten Punktes der Tagesordnung sein, also die Frage der Rheinlandräumung. Hier ergeben sich von zwei Seiten Widerstände gegendie deutsche Forde rung, sofort nach einer Einigung über den Young-Plan die Besatzungstruppen au^ dem Rheinland, und zwar aus beiden Zonen, zuruckzuzlehen. Zwar nicht offiziell, Wohl aber offiziös und nicht Mitzzuverstehen will Frankreich und im Verein mit ihm Belgien diese Räumung abhängig machen davon, daß der Young-Plan nun „funktioniert aber nicht etwa nur in dem Sinne, daß die in ihm fest gelegten deutschen Zahlungen prompt geleistet werden, sondern, daß sich auch die Absicht einer „Mobilisierung" dieser Zahlungen verwirklicht. Darauf kann sich Deutsch land unmöglich emlassen, da das „Ob" und „Wann" dieser Mobilisierung von Leutschland gänzlich unab hängig und sonst auch ganz unbestimmter Natur ist. Und die zweite Bedingung, hi.oichzettig "ls dritter Punk: auf der Tagesordnung >. R, ist die Schaffung der Kon trollkommission i "i R h e c n l a n d. Dem Buch staben nach — und Frankreich wird zehr fest auf ihm be stehen — dürfte man im Haag aus der Gegenseite die Bildung einer solchen Kommission, freilich unter einem sehr viel harmloseren Namen, unbedingt verlangen. Aber nie und nimmer kann deutscherseits dem zugestimnn werden, daß diese Kommission über den 10. ^mrar 1935 hinaus in irqendeiner Form am n vwrbt. Dem Geiste nach wurde eine solche Kommlsilon auch dem Willen widersprechen, .die von Leu 'chland erstrebte Gesamtliquidierung des Krieges, Nicht der Saar ¬ frage, herbeizusühren. Der deutsche Außenminister ha, bereits anaekündiat. daß er auf der Konferenz auch dieie Montag, den 29 Juli 1929 Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, erschallt an allen Werktagen uachmittags5U.hr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den AusgabesteLen 2 NM. im Msnat, bei Zustellung durch d.e Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrog. . gebühr. 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Der Rücktritt Poincarös von seinem Amt al- Ministerpräsident, mit dem er so oft gedroht hat um dic Französische Kammer seinen Wünschen gefügig zu machen rst jetzt Tatsache geworden. Eine nicht unbedenklichc Erkrankung scheint der politischen Tätigkeit dieses grimmi gen Deutschenhassers überhaupt ein Ziel gesetzt zu haben Nachdem Poincars seine Mitarbeiter davon in Kenntnis gesetzt hatte, daß er sich einem chirurgischen Eingriff unter ziehen müsse und er sich deswegen entschlossen habe, dem Ministerpräsident Poincare. Präsidenten der Republik seine Demission zu überreichen beschloß die Regierung, den Ministern Barthou und Briand den Auftrag zu geben, den Ministerpräsidenten noch einmal aufzufordern, an der Spitze der Regierung zn verbleiben. Aber dieser Versuch blieb erfolglos und Poincarö blieb bei seinem Beschluß, aus dem Amte zu scheiden. Darauf beschloß das gesamte Kabinett, seinen Rücktritt einzureiche n poincares Oemissionsgesuch wird mit seinem schlechten Gesundheitszustand motivier! und mit einem anscheinend notwendigen operativen Ein griff, dem er sich unterziehen muß. Er Hai vor einiger Zeit einen Ohnmachtsanfall erlitten. Seine Gattin hat unmittelbar nachher den Außenminister Briand davon unterrichtet, daß PoincarS sich auf einige Wochen werde Schonung auferlegen und auf eine aktive Tätigkeit werde verzichten müssen. Poincarö selbst hatte in einem Schrei ben an den Präsidenten der Republik, Doumergue, ange kündigt, daß er die Amtsgeschäste demnächst wieder werde übernehmen können. Aber in Paris war man in den letzten Tagen darüber unterrichtet, daß der Ohnmachtsanfall des Ministerpräsi denten nicht lediglich auf Überanstrengung zurückzuführen sei, sondern auf ein s ch w e r e r e s o r g a- uisches Leiden. Morkan beMt den Riilktritt PMarer Kowno, 28. Juli. Wie aus Moskau gemeldet wird, schreibt die „Ifvestija" zu dem Rücktritt Poincares, daß Poincare der böse Geist Europas gewesen sei. Briand werde zu Anfang die Politik Poincares fortsetzen müßen, jedoch würde jedes französische Kabi nett die Politik Poincares nicht in derselben Gestalt weiterführen, wie Poincare es bisher selbst getan habe. Die Mehrheit Europas begrüße den Rücktritt Poincares. Für den Frieden Europas be deute der Rücktritt Poincares einen Erfolg. Wand bei der Kabinettsbildung. Zwei Operationen bei Poincars. Briand ist vom Präsidenten Doumergue mit der Neu bildung des Kabinetts beauftragt worden. Er hat der Auftrag angenommen und bereits Verhandlungen mii führenden Politikern eingeleitet. Die Presse vertritt der Standpunkt, daß Briand den Versuch machen wird, eir republikanisches Konzentrationsministerium zu bilden in dem vertreten sein sollen außer den Mittelpartcicn dic Sozialrcpnblikaner, die Radikalen und die Gruppe Ma ginot, was ihm eine stabile Mehrheit von rund 4V Sitzen sichern würde. Dic Entscheidung darüber, ob eine derartige Kombination durchführbar ist, hängt von der Stellung nähme der Radikalen ab, und zwar vor allem von der Frage, ob Briand zu der alten republikanischen Tradition zurückkehren wird, das Innenministerium, das jetzt von einem Anhänger der Rechten verwaltet wird, einem radi kalen Politiker zu übertragen. „Matin" macht nähere Angaben über die Krankheit Poincares. Professor Marion besuchte Poincars und fand das Allgemeinbefinden des Kranken als für einen chirur gischen Eingriff geeignet, den man bisher verschieben oder vermeiden zu können geglaubt hatte. Marion empfahl zwei Operationen, zunächst eine vorbereitende und daun einige Tage fpäter eine zweite zur Entfernung der Prostata. Poincars erklärte sich mit diesen Opera tionen einverstanden. Der König von England und Macdonald haben Poin cars anläßlich seiner Erkrankung die besten Wünsche für baldige Genesung übermitteln lassen. Fortsetzung der Wege Poimrer Paris, 28. Juli. Briand wurde am Nachmittag vom Staatspräsidenten Doumergue empfangen. Beim Verlaßen des Elyse erklärte er, daß das bisherige Kabinett unter allen Um ständen die Grundlage für das zukünftige Kabinett bilden werde, da es eine Niederlage in der Kammer erlitten habe, doch wolle er nach Möglichkeit das Kabinett erweitern. „Ich habe bisher einem Kabinett angehört," sagte Briand, „das zu einem ganz be stimmten Zweck gebildt wurde. Unter diesen Umständen ist mein zukünftiger Weg vorgezeichnet. Die bisherige Regierung hat ihren Chef verloren, an dessen Stelle ich nunmehr trete. Ich werde, so weit es in meiner Macht steht, den Weg weiter verfolgen, den das Kabinett Poincare vertreten hat. Ich hoffe, daß es mir ge lingen wird, bereits im Laufe des Montag dem Präsidenten der Republik das neue Kabinett vorzustellen. Ich habe gute Gründe für die Annahme, daß maßgebende politische Persönlichkeiten mir ihre Hilfe nicht versagen werden. Ich möchte möglichst viel Kräfte heranziehen, aus die ich bestimmt rechnen kann." Frage zur'Sprache bringen wird, aber wir haben wenig Hoffnung, daß er dabei auch nur den geringsten Erfolg erzielen wird. Und wenn man schließlich noch hört, daß bei Beratung des Young-Planes von englischer Seite auch das ganze Problem der Sachlieferungen aufgerollt werden wird, so kann man erstens feststellen, daß es der Konferenz an wichtigstem und folgenschwerstem Be ratungsstoff nicht fehlen wird, und ferner, daß selbst bei gutem Willen und ohne daß neue Schwierigkeiten ent stehen, den Delegierten im Haag eine wochenlange Arbeit bevorsteht, — Pessimisten behaupten sogar, daß die Dauer der Konferenz eine noch längere sein wird als jene, dic die Sachverständigen in Paris zusammenhielt. Probefahrt -es „Graf Zeppelin". Das Luftschiffglattgelandet. Das Luftschiff „Gras Zeppelin" ist Sonnabend früh 5.42 Uhr unter Führung von Dr. Eckener zu seiner ersten Fahrt nach der Rückkehr aus Frankreich aufgestiegen. Außer der Besatzung befanden sich ungefähr 25 Passagiere Bord. Die Fahrt erstreckte sich aus das Bodensecgebiet. 8VL Mr ist daS Luftschiff wieder gelandet. Die Landuna gestaltete sich ziemlich schwierig, da starke Lnftböen auftraten. Man war gezwungen, sämt- licueu Wasftrballasl abzuwerfen. Während der Fahrt war daS Wetter sehr regnerisch und das Luftschiff war dadurch stark belastet worden. Dic Motoren waren während der ganzen Fahrt stets auf Höchstleistung eingestellt und ar beiteten vorzüglich, ohne irgendeinen Zwischenfall. Sie SonntaMahrt des „Gras Zeppelins über Stuttgart bis Koblenz. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist wieder mit 25 Fahrgästen an Bord Sonntag früh 7 Uhr 34 bei herr lichem Wetter zu seiner zweiten großen Probefahrt auf gestiegen. Der Aufstieg des Schiffes wickelte sich, nach dem das Schiff um 7 Uhr 30 durch das Westwr aus gefahren war, wieder ausgezeichnet ab. Wenige Meter von der Halle entfernt, begann das Luftschiff sich rasch zu heben. Der schöne sonnige Sonntagmorgen hatte eme Menge Zuschauer anqelockt, die vom Gelände und dessen Umgebung ans die Aufstiegsmanöver verfolgten, die unter Leitung Dr. Eckeners vor sich tz^en. >^n rapp Fahrt entschwand „Graf Zeppelin m .nördlicher Rich tung. Der Heckmotor, dessen Gondel bei der wegen de.