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K Um heimischen 6erä K " UnlervaUungsdellsge rum „WilsOruNei' esgevratt" — Amtsdistt. Ein gefährlicher Mann. Erzählung von Wl. Pawloff. (Berecht. Uebersetzung aus dem Russischen von H. Liedtke.) „Von der Arbeiterbörse*), sagen Sie? Ich weiß wirklich nicht, Leute von der Börse mag ich nicht." „Er hat persönliche Empfehlung von Pawel Nikolaje witsch, d. h. nicht in Händen, aber er beruft sich auf ihn. Man kann sich ja durch den Fernsprecher vergewissern." „Wollen wir gleich tun." „3/70/16. Pawel Nikolajewitsch? Verzeihen Sie die Störung", sagte Slimnitzki, „die Börse hat mir einen Rech nungsführer zugeschickt... Einen Augenblick... Genosse Antjukoff, wie heißt der Mann? Antropoff? ... Hören Sie, Pawel Nikolajewitsch? Antropoff. Er beruft sich auf Sie. Wir lassen uns sonst mit der Börse nicht ein, aber da Sie... Ja? Gut, gut, alles in Ordnung, wir brauchen tüchtige Kräfte..." ' ... ' - Die Sprechenden wurden getrennt. „Befehlen Sie, ihn einzustellen?" „Nun, was ist darüber noch zu reden? Ausgezeichneter Arbeiter, mit Pawel Nikolajewitsch befreundet... Natürlich einstellen! Sonderling! Hat Empfehlung von Nikolaiewitsch und schlägt sich auf der Börse herum... So erhielt der Nechnungsführer Antropoff die Stelle. Der Hauptbuchhalter behandelte ihn höflich, mit besonderer Aufmerksamkeit, und wies ihm eine leichte Aufgabe zu: die Richtigstellung der Abrechnung für das Jahr 1926. Dann kümmerte er sich nicht weiter um ihn. Die Mitarbeiter be gegneten Antropoff kühl, die Mitarbeiterinnen feindselig; sein Anzug war nicht berühmt, er trug armselige Halbschuhe aus Bast mit breiten Spitzen. Die ersten Taae verliefen rubia. Antrovoss benbockuete Schulentlassung. Skizze von Ernst Herbert Petri. Karl Heß, der Vierzehnjährige, stand mit seinem Freund Hans, dem um ein Jahr Jüngeren, auf dem freien Platz vor der Schule: „Hans, Du weißt nicht, wie schön der Gedanke ist: ,Uebermorgen brauchst Du nicht mehr zur Schule und dann wirst Du Schlosser und Chauffeur!'" < Eine Limousine fuhr an den beiden Jungen vorbei, und der Fahrer saß selbstbewußt am Steuer. „Hans, so einer werde ich auch einmal sein. Eine schöne Uniform, braune Ledergamaschen und Schnüre auf der Brust. Und dann fahre ich durch die Welt und sehe alles." Der Jüngere sah seinen Freund bewundernd an: „Ja, Karl, das muß schön sein! Aber, was wird Dein Vater dazu sagen?" Karl zuckte die Achseln: „Der möchte natürlich, daß ich ein mal seine Bäckerei übernehme. Aber dazu habe ich keine Lust." Aus seinem jungenhaften Selbstbewußtsein klang doch die Un sicherheit, und etwas betreten verabschiedete er sich. , Zu Hause vermied Karl Heß ängstlich, das Gespräch auf die Berufswahl zu bringen, weil er wußte, daß es Schelte geben würde. Doch der Vater fing beim Abendessen selbst da von an: „Nun, Junge, wir müssen uns endgültig wegen Deiner Lehrstelle schlüssig werden. Willst Du zu einem Bäcker hier in der Stadt oder auswärts in die Lehre?" — „Vater, Du weißt doch, daß ich nicht Bäcker werden will!" — „Warum denn nicht? Soll ich die Bäckerei, die uns Heß seit hundert Jahren gehört, einem Fremden übergeben? Glaubst Du denn, Du bekommst sofort eine schöne Stellung als Chauffeur, wenn Du ausgelernt hast? Mutter, was sagst Du dazu?" Frau Heß fürchtete sich, eine Entscheidung zu treffen: „Ueberlegt es Euch beide noch einmal. Ihr habt noch ein Paar Tage Zeit." - Gleich nach der Schulentlassung kam der Vater auf die Frage zurück: „Nun, Junge, hast Du Dir die Sache überlegt?" — „Ja, Vater, ich will Chauffeur werden!" ' Da schlug der sonst so ruhige Bäcker Heß mit der Faust auf den Tisch: „Bengel, weißt Du, was das heißt? Urgroß vater und Großvater haben jeder vierzig Jahre in der Bäckerei gesessen, ich habe sie vor zwanzig Jahren übernommen, und Du willst um eines schönen Chauffeurmantels willen deser tieren?" — „Vater, ich mag nicht den ganzen Tag vor dem Backofen stehen. Die Welt will ich sehen!" Bäcker Heß setzte schweigend den Hut auf. Die Hart- . näckigkeit des Jungen kränkte ihn, und er wußte, daß es böse Worte geben würde, wenn er noch weiter mit Karl über die Zukunft sprach. Grübelnd ging er die Straße hinunter und achtete nicht auf den Verkehr. Er hörte nicht den Warnungs ruf eines schweren Kraftwagens, und plötzlich warf ihn der Stoß eines Kotflügels gegen den Gossenstein. Halb betäubt blieb er liegen. Ein Chauffeur in makelloser Uniform stieg aus dem Wagen und richtete den Verletzten auf. Aus einer Kopfwunde sickerte Blut und tropfte auf die Uniform. Wenige Minuten später schreckte ein Hornsignal Karl Heß vom Tisch im Eßzimmer hoch, wo er den Kopf in die Fäuste vergraben saß. Der Junge lief zum Fenster. Ein Kraftwagen, eine Limousine, wie sie das Ziel seiner Wünsche war, dielt vor dem Haus. Der Chauffeur half einem schwankenden Manu aus dem Wagen, und Karl Heß erkannte seinen Vater. Bäcker Heß lag noch halb betäubt in der Stube auf dem Sofa. Die Mutter wusch ihm die Stirnwunde, und mitten im Zimmer stand der fremde Chauffeur. Auf seiner Uniform hafteten dunkle Blutflecken. Karl Heß starrte sie an. Sie wuchsen vor seinen Augen und verschlangen das Helle Braun des Mantels. Dem Jungen graute vor der Uniform, die er heiß ersehnt hatte. Dann fiel ihm ein, daß auch er einmal Wie dieser Chauffeur vor einem Verwundeten stehen könnte, den sein Wagen umgerissen hatte. Rasch und schuldbewußt sah er zum Vater hinüber: Was würde sein, wenn ihn ein zweiter Unfall arbeitsunfähig machte und Du Chauffeur wärst? Das Haus und die Bäckerei würden sie ihm verkaufen und den Vater unglücklich machen. Sein Entschluß war gefaßt. Da richtete sich der Vater auf: „Keine Angst, Mutter, der Schreck hat mich mehr betäubt als der Schlag an die Stirn." Er wandte sich an den Chauffeur: „Ich danke Ihnen dafür, daß Sie mir halfen. Gehen Sie beruhigt." Karl Heß blieb mit dem Vater allein in der Stube. Und plötzlich trat er auf ihn zu: „Vater, ich habe es mir überlegt. Ich will Bäcker werden!" Da lachte der Vater, und zwei Tage später stand er mit verbundener Stirn vor seinem Backofen und pfiff vergnügt und aller Sorgen enthoben. und Wurde beobachtet. Das Ergebnis der Beobachtung ver anlaßte den dienstältesten Buchhalter Mitjuschkin, den Haupt buchhalter aufzusuchen. „Es ist nicht gut, Iwan Petrowitsch, daß sie diesen — wie heißt er doch? — diesen neuen Buchhalter angenommen haben." „Antropoff?" Ganz recht. Er paßt nicht zu uns. - Sitzt, wissen Sie, und..." „Empfehlung von Pawel Nikolajewitsch!" „Von Pawel Nikolajewitsch? Dann freilich ..." „Was haben Sie denn gegen ihn? Gegen Antropoff, meine ich?" „Nichts Besonderes, unter anderem, daß er so eigenartig ist: sitzt und arbeitet!" „Was Sie sagen!" äußerte der Hauptbuchhalter un gläubig. „Tatsache! Belieben Sie einmal selbst hinzusehen: Er sitzt andauernd gebückt, schnellt die Kugeln auf dem Rechenbrett, schreibt, schnellt von neuem, schreibt wieder, und so den ganzen Tag..." „Unsinn, kommt Ihnen nur so vor. Er schreibt Liebes briefe." „Verzeihen Sie! Der und Liebesbriefe? Ein Mann in Bastschuhen?" „Will nichts besagen. Und überhaupt... Er kommt von Pawel Nikolajewitsch." Der Hauptbuchhalter stand bei Nen nung dieses Namens ehrerbietig auf und breitete die Arme aus. Auch Mitjuschkin reckte die Arme, zuckte jedoch zugleich die Achseln und ging fort. Drei Tage später scharten sich die männlichen und weib lichen Mitarbeiter in engem Kreise um Antropoffs Tisch, wiesen mit den Fingern auf den wundersamen Menschen und flüster ten sich erschreckt zu: „Seht Ihr? Er arbeitet!" „Wahrhaftig, er arbeitet! Und Sie, Waretschka, wollten mir nicht glauben." „Er verstellt sich." „Schöne Verstellung. Da, wie er schuftet!" Schon nach einigen Tagen pochte Antropoff an der Tür zum Zimmer des Hauptbuchhalters. Eingetreten, meldete er rn achtungsvoller Haltung: „Ich habe meine Arbeit beendet. Was soll ich jetzt tun? Die Rechnung für das laufende Jahr in Angriff nehmen?" „Wie verstehe ich das, beendet?" begehrte der Hauptbuch halter auf. „Aus welchem Grunde? Habe ich Sie beauftragt, die Arbeit zu ,beendigen'?" „Ich nahm an, da sie mir einmal übertragen war..." „Nichts durften Sie annehmen!" brüllte der Hauptbuch halter. Er mäßigte den Ton, als ihm Pawel Nikolajewitsch einfiel. „So geht es nicht, Genosse Antropoff. Sie hätten mich vorher unterrichten müssen. Wozu führt solche Selbständig keit? Zur Anarchie." Antropoff schwieg verwirrt. „Ach, junger Mann, junger Mann! Nun, lassen wir's gut sein." Was soll man mit Ihnen anfangen? Nehmen Sie jetzt die Rechnung für 1927 vor! Tichon Jakowlewitsch wird Ihnen Anleitung geben." Im Vortrage bei dem Leiter der Behörde gab der Haupt buchhalter seinen Besorgnissen Ausdruck: „Entschuldigen Sie, er paßt nicht zu uns, dieser neue Buchhalter Antropoff. Er arbeitet, hat schon die Rechnung für 1926 abgeschlossen. Wenn daraus nur kein Unheil entsteht, Sergei Pawlowitsch." „Ach, nicht doch! Einbildung. Da ihn Pawel Nikolaje witsch selbst empfohlen hat..." „Ich weiß das. Indessen kann auch Pawel Nikolajewitsch von ihm getäuscht worden sein. Jawohl. Deshalb warne tch auf Grund meiner Dienstpflicht vor der Gefahr. Wie leicht kann es Unheil geben." „Dummes Zeug, es wird schon gehen", wehrte der Chef ihn ab. „Gut, wenn es geht, aber wenn es nicht geht? Uebrigens, wie Sie wollen." ') Arbeitsvermittlungsstelle. Der Scharfrichter. Skizze von Georg Wagener. Fröstelnd trat der Scharfrichter aus der Tür des Gast hauses in den grauen Morgennebel hinaus: „Nur fünf Stun den Schlaf nach einem halben Tag Bahnfahrt, und vorher drei Hinrichtungen in einer Woche!" Nervös schlug er den Mantel kragen hoch. Als er an der Pforte des Zuchthauses schellte, das grau und erdrückend über der schlafenden Stadt kauerte, rasselte die alte Uhr im Torturm über ihm fünf Mal. Erstaunt zog der Scharfrichter seinen Chronometer aus der Tasche: „Fast eine halbe Stunde zu früh!" Er wollte umkehren und sich die Zeit mit einem Gang durch die Stadt vertreiben. Da knarrte schon der Schlüssel im Schloß, und das Tor öffnete sich: „Ah, der Herr..." Selbst der alte, abgestumpfte Wachtmeister sprach das Wort nicht gern aus. „So früh schon?" — „Ich will noch einmal nach dem Gerüst sehen. Bemühen Sie sich nicht!" Mit kurzem Gruß trat er in den Hof des Zuchthauses. Doch das Gerüst interessierte ihn nicht. Er schauderte so gar ein wenig, als die verschwommenen Umrisse des Schafotts aus dem milchigen Nebel auftauchten: „Eine halbe Stunde noch, und wieder wird ein Kopf in den Korb fallen. Der vierte in einer Woche." Sein Beruf ekelte ihn heute mehr als je an. Er dachte an den Tag, als ihn sein Vater zum ersten Male zu einer Hinrichtung mitnahm: „Junge, seit sieben Generationen ist das Amt in unserer Familie. Du wirst der achte Scharf richter Wrobeleff sein, denn ein anderer Beruf kommt für Dich nicht in Frage. Warum schüttelst Du Dich? Glaubst Du, ein Scharfrichter könne sein Amt nicht lieben? Er muß nur in dem Delinquenten nicht den Verbrecher sehen, von dem er die Gesellschaft befreien soll, sondern den gequälten Menschen, dem er die'Todesangst verkürzen, dem er den Frieden geben kann." Und doch hatten die Worte des Vaters wenig genützt, denn er war fast ohnmächtig geworden, als er das Fallbeil zum ersten Male blitzen sah. Immer von neuem, wenn er seine Pflicht tat, wenn der Mörder auf dem Brett lag und vor geschnellt wurde, wenn er, der Scharfrichter, den tödlichen Knopf drückte, würgte ihm das- gleiche quälende Gefühl die Kehle. Er trat an das Gerüst heran. Seit vierzig Jahren_hatten sie hier keinen Mörder mehr getopft, uns oie auen Breiter waren in einem Winkel des Zuchthauses verstaubt. Ein ver altetes Modell. Das Wippbrett fehlte, weil tue Leute, die das Schafott gebaut hatten, den modernen Mechanismus noch nicht kannten, und statt des Knopfes löste ein Strick die Sperr klinke des Fallbeiles. Unwillkürlich sah der Scharfrichter nach dem Messer hinauf. Es hing kalt und leblos im fahlen Morgen licht, uno nur die neugeschlissene Klinge schien zu grinsen: „Blut, frisches Blut!" Der Mann wandte sich fröstelnd und schritt im Hofe auf und ab. Doch immer wieder zog es ihn nach dem Schafott: „Was muß der Mensch fühlen, der dort auf dem Brett angeschnallt liegt und den Tod erwartet? Ach was, Deine übermüdeten Nerven spielen Dir nur einen dummen Streich! Nichts weiß der Mörder mehr, denn die Angst hat ihn vorher ohnmächtig gemacht." Dann erinnerte er sich Plötzlich der letzten Hin richtung. Der Verbrecher hatte sich gewehrt wie ein wildes Tier. Sechs Mann mußten ihn nach dem Gerüst schleifen, und sein Brüllen erstickte erst im harten Schlag des Beils. „Doch, die letzten Augenblicke des Verurteilten müssen entsetz lich sein!" Er faßte sich an die Kehle, als wollte er den be engenden Kragen vom Halse reißen. „Verflucht! Du wirst doch den Kops nicht verlieren?" Das Beil ließ ihn nicht locker. Er mußte es anstarren, und Plötzlich krallte sich ein Gedanke in sein Hirn: „Versuch's doch selbst, wie es einem Menschen zu Mut ist, wenn er unter dem Messer liegt... Verrückt!" Er floh in den Hof zurück. Die Uhr im Torturm rasselte, und der Klöppel schlug ein mal gegen die heisere Glocke. „Noch eine Viertelstunde." Das Warten wurde dem Scharfrichter zur Ewigkeit. Und Plötzlich verfolgte ihn wieder das Beil. Er versuchte im Heller werden den jungen Morgen die vergitterten Fenster zu zählen, um seine Gedanken abzulenken. Eine Zelle war erleuchtet: „Sie haben ihn eben geweckt." Der Gedanke an die Todesangst des Menschen dort oben quälte ihn. Er hielt die Hand vor die Augen und rannte ziellos weiter. Dann stand er wieder vor dem Gerüst. Ein Sonnenstrahl drang durch den dünner gewordenen Nebel und spielte auf der Schneide. „Versuch's!" lockte das Messer. „Versuch's!" narrten ihn seine Nerven. Er fühlte, daß er willenlos wurde. Seine Füße trugen ihn die wenigen Stufen hinauf, und er stand neben dem Brett: „Verrückt!" Er wollte zurück, doch das Messer grinste zu ihm hinunter: „Versuch's! Du mußt doch wissen, was der Mensch denkt, den Deine Gehilfen auf das Brett schnallen." Der Hut flog ihm plötzlich vom Kopf, und der Scharf richter lag auf dem Brett: „Wie hart!" Er legte das Kinn in die Vertiefung und wartete. Wartete auf die Eindrücke, die er kennen lernen wollte, wartete auf die Gedanken eines Ver urteilten. Die kamen nicht. Sekundenlang lag er regungslos, und noch immer fühlte er nur eine unendliche Neugier. Da stützte er sich anf den Ellenbogen auf und starrte das Messer an. Es hing breit und höhnisch wie die Zahnreihe eines Riesenmauls und lachte: „Feigling, Du weißt ja, daß Dir nichts geschehen kann, so lange ich hier hänge. Wie willst Du dann die Gedanken eines Todeskandidaten erfahren?" Eine wahnsinnige Begierde packte ihn: „Du mußt die Angst kennen lernen." Er griff nach dem Strick, der schlaff von der Sperrklinke herunter hing: „Leg Dich hin, rasch, und der Gedanke, daß ein Ruck genügt, um das Messer fallen zu lassen, muß Dir verraten, was Du fühlen willst." Dann schrie ihm eine andere Stimme ins Ohr: „Laß den Wahnsinn!" Doch der erste Ruf war stärker, und sein Kinn lag in der Aushöhlung. Der Scharfrichter wartete. Er zitterte vor Erregung, doch sein Kopf war hohl. „Nichts? Denke Dir: ,Der Henker tritt zurück, greift nach dem Strick, ein Ruck, Dein Kopf muß fallen, oumpf in den Korb poltern! Nichts? Bist Du denn schon ohn mächtig? Bist Du ein gefühlloses Stück Holz?" „Gefühllos? Nein. Was war das eben? Eine Tür kreischte. Deine Gehilfen kommen. Hoch! Sie werden Dich sonst für verrückt halten." Er wollte sich aufrichten, bewegte die Arme, vergaß den Strick und fühlte, daß der sich spannte: „Das Messers Er brüllte vor Angst. Der Schreck lähmte seine Glieder. Doch die Gedanken waren Plötzlich da. Sie ballten sich zu sammen: „Das Ende, das Ende! Der Kopf wird poltern. Das Beil schleift in den Führungsleisten. Mein Hals! O, dieser gähnende Korb, dieses offene Maul! Jetzt, jetzt kommt das Messer!" Der schwere Schlag zerschnitt seinen Schrei. Er fiel. Unendlich lange. Und das bluterfüllte Gehirn arbeitete noch im Sturz: „Z)ein Kopf! Er wird hart ausprallen! Poltern! Nollen!" Seine Schädeldecke dröhnte auf. Der Kopf über schlug sich. Lag still. Die Pupillen starrten zum klar gewordenen blauen Himmel. Die Lippen zitterten. Die Zähne schlugen noch ein mal krachend aufeinander. „So ist das Ende?" war der letzte Gedanke, den das weichende Blut durch das Gehirn jagte. In den toten Augen blieb das Entsetzen. — Die Leser erfuhren es durch die Abendzeitungen: „Die für heute morgen angesetzte Hinrichtung mußte im letzten Augen blick verschoben werden, weil der Scharfrichter Wrobeleff in einem Anfall geistiger Umnachtung Selbstmord beging." „Trockener Beamter stiehlt Nasses." Unter dieser zum Lachen reizenden Ueberschrift teilt die „Freie Presse für Texas" einen der unendlich vielen Fälle mit, in denen Beamte der amerikanischen Alkoholverbotsbehörden sich Pflichtverletzungen zuschulden kommen ließen. In diesem Falle hat R. I. Alva H. Richardson, Chief Raiding Officer, also Leiter eines regelrechten Ueöerfallkommandos gegen Schnapsschmuggler, sich sogar an einem Schnapsdiebstahl be teiligt. Die Kautionssumme, die er nach amerikanischer Ge wohnheit stellen mußte, um der Untersuchungshaft zu ent gehen, beträgt 5000 Dollar. Diese Bürgschaftsleistung läßt darauf schließen, daß er erstens bei dem ihm vorgeworfenen Diebstcchl tüchtig zugegriffen haben muß und zweitens aus früheren, nicht gerichtsnotorisch gewordenen Unternehmungen rinen ansehnlichen Ueberschuß erzielt hat; denn sonst könnte er als bescheiden entschädigter amerikanischer Beamter nicht ein kleines Vermögen als Kaution bereit stellen. Ganz unberechtigt ist aber vermutlich der Vorwurf „Trockener Beamter" in der Spitzmarke der Nachricht. Wer sich mit solcher Begeisterung „Nassem" zuwendet, wird die Kennzeichnung „trocken" be stimmt als verleumderische Beleidigung empfinden.