Volltext Seite (XML)
MsdrufferTageblatt Montag, den 18 März 1S2S Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Aetter- unü AaNergetahr kW » Fördert die Ortspresse » Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamts Tharandt und des Finauzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. vuoapeper Meldungen zufolge ist der Rakostbach am Rande der Stadt aus seinen Ufern getreten und hat einen großen Teil des anliegenden Vororts unter Wasser gesetzt. Mehr als hundert Familien stehen obdachlos da. Durch Unterspülung der Grundmauern wurden mehrere Häuser zum Einsturz gebracht. In der Krim ist Hochwasser eingetreten. Viele Ortschaften in den Bezirken Sebastopol, Simferopol und Fcodossia sowie in anderen Gegenden der Krim sind über schwemmt. In der Stadt Kertsch steht das Master in den Straßen ein Meter hoch. Wie aus Wilna gemeldet wird, besteht in mehreren Bezirken Nordostpolens ernste Hochwassergefahr. Die Flüsse sind aus den Ufern getreten und bedrohen bereits oen Eisenbahnverkehr. Hochwafferverheerungen in Amerika. In den Staaten Georgia, Florida und Alabama wächst sich das eingetretene Hochwasser zu einer immer größeren Katastrophe aus. Mehrere hundert Quadrat meilen Landes sind völlig überschwemmt. Mehr als 20 ovo Menschen schweben in Gefahr. Die Zahl der Opfer, die in Elba (Alabama) durch das Hochwasser des Flusses Pea ums Leben kamen, beläuft sich bereits aus <50. Die Rettung der Bewohner aus den Orten im Überschwemmungsgebiet ist vielfach nur durch Boote möglich. Auch dabei haben sich noch zahlreiche Unglücks fälle durch das Kentern der überlasteten oder unvorsichtig geführten Boote ereignet. Dazu kommen vielfache Entgleisungen von Zügen auf den unterwaschenen Bahndämmen. Die Hoffnungen aus eine baldige Abnahme des Hochwassers sind durch Wolkenbrüche der letzten Tage vernichtet. Nach allen Be richten ist ein weiteres Anschwellen des Hochwassers, das in sonst trockenem Gebiet stellenweise sieben Meter hoch steht, zu befürchten. Die Zahl der Obdachlosen wird auf 25 000 geschätzt. 3« AmnM pMiche MMe« WM«!! In Deutschland gehen die Schneeschmelze und der Eintritt des Tauwetters so allmählich vor sich, daß bisher größere Katastrophen vermieden wurden. Von der Üsedomküste werden allerdings erhebliche Eisschäden gemeldet, die die bei Nordwestwind zum Lande drückenden Eismassen angerichtet haben. Außer der Landungsbrücke des Ostseebades Heringsdorf, von der nur das nahe am Ufer liegende Brückenrestaurant erhalten ge blieben ist, ist auch die Seebrücke des Bades Zinnowitz an ihrer Spitze in beträchtlicher Länge zusammsngebrochen. Das wichtige Uferschutzwerk am Streckelberg, der höchsten Erhebung der Usedomküste, hat ebenfalls unter dem Druck stark gelitten. Eine Reihe von Buhnen, die der Beton mauer vorgelagert sind, gelten als ganz zerstört. Die von dem Linienschiff „Elsaß" aus Eisnot be freiten Dampfer sind in den Kieler Hafen eingelaufen. Es handelt sich um den deutschen Dampfer „Lisa", den eng lischen Dampfer „Baltrader", den Norweger „Havborg" und den polnischen Dampfer „Tczew". Die „Lisa" be nötigte Schlepperhilfe. In der westlichen Ostsee befinden sich nunmehr keine vom Eise eingeschlossenen Dampfer mehr. Me „Elsaß" ist nach Beendigung der Hilfsaktion in den Kieler Hafen zurückgekehrt. An der Donau hat die Eisschmelze verschiedentlich Schaden angerichtet. Infolge des Eisganges trieben 25 im Winterhafen bei den Zigeunerinseln in der Nähe von Belgrad liegende Lastkähne ab. Ein dem Baherischen Lloyd gehörender Lastkahn sank, ferner ein Verkehrsdampfer, der den Per sonenverkehr zwischen Belgrad und Semlin vermittelte. Zehn Lastkähne konnten von den diensttuenden Schleppern angehalten werden, die fünfzehn anderen wurden durch die reiße!:deStrö n>ung fortgeführt. Ein Maskenball. Der Abgeordnete Barthe brachte Mitteilungen vor, die ihm aus den rheinischen Garnisonen zugegangen sind, und verlas Briefe von Eltern und Verwandten ver storbener Soldaten. Barthe behauptete, daß in Trier ein Maskenball der Offiziere stattgefunden habe, als bereits 40 Soldaten gestorben waren. Als der Besuch der Unter suchungskommission, an deren Spitze Marschall P-Kain stand, angekündigt wurde, sei plötzlich Befehl erteilt worden, über Nacht alles in Ordnung zu bringen, nament lich die Küchen und Spitäler. Es kommt wiederholt zu außerordentlichen Lärmszenen, so, als der Abgeordnete Cachin von mehr als 300 gestorbenen Soldaten spricht und behauptet, daß Hunderte von erkrankten Mann schaften heute noch in den Lazaretten lägen. Nicht die militärischen Dienststellen, sondern die Negierung sei ver antwortlich. Der Abgeordnete bezweifelt es, daß die Untersuchung gründlich geführt worden sei. Der Kriegsminister Moin eve wußte aus die erschütternden Anklagen wenig zu er widern. Zwei Generale und ein Oberst würden bestraft werden. Die Familien der Opfer würden durch Pen sionen, die durch besondere steuerliche Maßnahmen aufzu bringen seien, entschädigt werden. Er, der Kriegs minister, habe sich nichts vorzuwerfen; er glaube, seine Pflicht erfüllt zu haben. Der Abgeordnete Doriot war damit nicht zufrieden, er verlangte sofortige Räumung des Rheinlandes, besseren Sanitätsdienst und menschenwürdigere Behandlung. Die Soldaten hätten, so erklärte er, weder das Recht noch die Möglichkeit, sich zu beschweren. Gegenwärtig seien Soldaten zu ins gesamt 495 Jahren verurteilt, weil sie für genügendere Lebensbedingungen aekämvkt batten. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Nanmzri'.e 20 Sipsg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezrile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor- geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschnften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme dis norm.10 Ukr. die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. ^derRabatianspruch erlischt, wennderBetrag durch Klage eingezogen werdenmuß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. An^igennehmen aUeDcrmittlungsftellenentgegev. Entscheidungskampf um Kabul Habib Ull«h lehnt ein Ultimatum ab Kairo, 17. März. Nach Meldungen aus Afghanistan hat Aman Ullah cm Habib Ullah ein Ultimatum gerichtet, in dem er die Uebergabe der Stadt Kabul innerhalb von 72 Stunden ver langt. Kabul wird von Truppen Aman Ullahs eingeschlossen. Ha bib Ullah hat das Ultimatum abgelehnt und erklärt, daß er weiter- kämpsen werde. In Kabul hat Habib Ullah drei Brüder des Generals Nadir Khan verhaften und gestern standrechtlich erschießen lassen. Es kam auch zu neuen Plünderungen, da Habib Ullahs Soldaten keinen Lohn erhielten. Habib Ullah selbst wird von seiner Leib wache streng bewacht, weil er denkt, daß Anhänger Aman Ullahs einen Anschlag gegen ihn ausüben konnten. Wie aus Teheran gemeldet wird, sind dort amtliche Nachrich ten aus Kandahar eingetrvffen, wonach Nadir Khan Aman Ullah den Treueid leistete. Nadir Khan erklärte, in den Diensten des Königs Aman Ullahs bleiben zu wollen und ihm zu helfen, feinen Thron zurückzuerobern. In Kandahar werden in allernächster Zeit die afghanischen Botschafter aus Moskau, Angora und Konstanti nopel eintressen, um an der Bildung der neuen abghanischen Re gierung teilzunehmen. Der afghanische Botschafter in London, Dschelani Khan, ist als Außenminister der neuen Regierung Aman Ullahs vorgesehen. Man erwartet einen Generalangriff der Tup- pen Aman Ullahs. Die wirtschaftliche Lage des Königs Habib Ullah hat sich in der letzten Zeit wieder verschlechtert. Belgiens MjtäWonage ausgehoben. Französische Märchen. Die belgische Regierung beschloß, den Nachrichtendienst beim Generalstab auszuheben und ihn der dem Justiz ministerium unterstehenden Sicherheitspolizei zu über tragen. Auch hat die Regierung die Gcneralstaatsanwälte zur Äußerung darüber ausgefordert, ob ein Bedürfnis zur Ergänzung des Spionagcgesetzes vom 4. August 1914 besteht. Außerdem wird ein Gesetzentwurf zur Ver stärkung der Fremdenpolizei vorbereitet. Eine französische Zeitung hatte die Behauptung auf gestellt, daß der belgische Außenminister sich dem deutschen Gesandten in Brüssel gegenüber dahin geäußert haben soll, die Erfahrung habe bewiesen, daß man Vertrauen in das von Belgien gegebene Wort haben könne, während andererseits die Erfahrung gelehrt habe, daß man in ein von Deutschland gegebenes Wort nicht immer dasselbe Vertrauen setzen könne. Diese Meldung ist in einige belgische Blätter übergegangen. Nach maßgebenden Er kundigungen ist an dieser Behauptung kein wahres Wort, wie halbamtlich aus Berlin mitgeteilt wird. Französische Heeresverwaltung. Dennoch Vertrauensvotum. In einer lang ausgedehnten Nachtsitzung, die sich bis in die Morgenstunden erstreckte, behandelte die Fran zösische Dcputiertenkammcr die zahlreichen Todesfälle anter den Mannschaften der im Rheinland stehenden Be satzungsarmee. Eine Anzahl von ansragenden Abgeord neten brachten reiches Material vor, das erschütternde Leichtfertigkeiten und Vernachlässigungen der Vorgesetzten gegenüber den ihrer Obhut unterstellten Gemeinen bloß- itellte. Von der Regierung mutzte zugegeben werden, daß allein in den Monaten Januar und Februar 221 Mann der Nheinlandsarmee an Erkältungskrankheiten und Frostcinwirkungeu gestorben, also teilweise einfach erfroren sind. Dessenungeachtet lehnte die Kammer schließlich ein gegen die Regierung eingebrachtes Miß trauensvotum mit 308 gegen 262 Stimmen ab und sprach ihr mit 314 gegen 246 Stimmen ihr Vertrauen aus. Poincars hat also abermals gesiegt, wenn auch nur mit geringer Mehrheit, und es ist zweifellos, daß die Debatte über die Vorfälle im Rheinland noch nicht ab getan ist. Das Ergebnis. Die „große Aussprache" im Reichstag, die sich ge wohnheitsmäßig an die erste Beratung des Reichshaus- Halts zu knüpfen pflegt, ist nun vorbei und wenn man sich das praktische Resultat betrachtet, so ist dies nicht gerade überwältigend groß. Eigentlich nur das eine: die Fraktionen, und zwar alle, wollen versuchen, bei der Durchberatung des Etats durch ein energisches Z u - s a m m e u st r e i ch e u der Ausgaben dafür zu sorgen, daß der Etat in der Einnahmen- und Ausgaben seite balanciert und man dabei ganz oder wenigstens zum Teil um die geplanten und von der Regierung vor geschlagenen Steuererhöhungen herumkommt. Der Reichsfinanzministcr hat es zwar für unmöglich erklärt, dieses Streichungsprogramm zu verwirklichen, aber der Reichskanzler selbst hat größeres Entgegenkommen durch seine Äußerung bewiesen, die Reichsregierung werde sich gegen die Tendenz, weitere Streichungen vorzunehmen, nicht auflehnen, allerdings unter der Voraussetzung, daß sich die Parteien darüber einigen. Aber sie besteht darauf, daß die Ausgaben voll gedeckt sind, der Etat also wirklich balanciert; das richtet sich gegen den Vorschlag, das Risiko eines Defizitetats zu übernehme«. Die Regierung läßt also sozusagen „die Dinge au sich herankommcu", will offenbar nur dafür sorgen, daß nicht durch allerhand Rechenkünste ein Balancieren des Etats vorgetäuscht wird Nun haben also die Fraktionen das Wort, jetzt müssen sie die Ärmel anfkrempeln und mit dem Blaustift der Streichung losarbeiten. Guten Willen haben sie schon dadurch bewiesen, daß man von der Herauf setzung irgendeines Ausgabepostens nicht redet — und damit ist schon viel gewonnen. Man darf nämlich nicht vergessen, daß der größere Teil der Ausgaben zwangs mäßig sestgelegt ist, an ihm sich kaum etwas ändern oder streichen läßt, diese Ausgaben leider vielfach automatisch mschwellen. Aber es bleibt doch noch genug übrig, wo sich der Wille zur Ausgabenverminderung betätigen kann. Die Vorschläge der drei Fraktionen von Volks- partci bis Demokraien, dazu die des Hansabundes gehe« allerdings noch weit auseinander und jene „Voraus setzung", von der der Kanzler sprach, nämlich eine Eini gung der Parteien, ist insofern noch nicht da und außer dem schwer erreichbar, weil die stärkste hinter der Re gierung stehende Partei, die Sozialdemokratie, besonders deutliche Einwendungen gegen die bisher gemachten Sparvorschläge vorgebracht hat. Sie geht ja hierin zu sammen mit den Anschauungen des Reichssinanz- ministers, der ohne Steuererhöhungen nicht auszukommen glaubt. Denn die Einnahmenseite sieht vielfach recht „proble matisch" ans, weil sich ja bei ihr die Wirtschaftskrise mii aller Wucht geltend macht. Besonders drastisch natürlich durch den Rückgang der Steuereingänge, wie er nament lich bei der Landwirtschaft schon aufs deutlichste spürbar wird. Die Agrarkrise ist aber schon so drohend ge worden, daß die Reichsregierung in den nächsten Tagen t zunächst mit einem Ostpreußenprogramm vor den Reichstag treten wird. Das aber kostet wieder erheblich Geld und nochmals Geld und leider sind alle Be mühungen auch im vergang<..-.en Jahr nach dieser Richtung hin ziemlich ergebnislos geblieben. Die Landwirtschaft selbst jedenfalls steht auf dem Standpunkt, daß überhaupt nur durch eine Reform unserer Wirtschafts- und Handels politik eine wirkliche Besserung erzielt werden kann. So hat denn auch der Vorsitzende des Landbundes, Dr. Schiele, auf einer Landbundtagung in der Grenzmark angekündigt, die großen landwirtschaftlichen Organi sationen würden mit einem genau formulierten Agrür- programm an die Reichsregierung und die Fraktionen des Reichstages herantreten und darin vor allem der Tatsache zu Leibe gehe», daß wir eine Lebensmitteleinfuhr in Höhe von drei bis vier Milliarden haben. Und eine Arbeits losenzahl von über zwei Millionen. Und ein Kassendefizit des Reiches im Betrage von einer Milliarde, das man als vorübergehende Erscheinung nicht mehr betrachten könne. Nach den Ausführungen Schieles ist auch damit zu rechnen, daß man kreditpolitisch das Hauptgewicht aufdieu m sch u ldI! ttg legen wird, weil der Zinsfuß für den kurzfristigen Kredit die Landwirtschaft einfach stranguliert. Die Eiuigungsbestrcbungen zwischen den deutschen agrarischen Organisationen sind unter dem Druck der Not ja schon sehr weit gediehen und bei den Worten Thieles „Deutschland muß die Agrarschlacht im Reichstag mit einheitlicher Front ausfechten" denkt man an jene Worte zurück, die in den neunziger Jahren gefallen sind, als auch die Agrarkrise einen unerträglichen Umfang er- sieben die Fraktionen des Reichstages vor schweren Aufgaben finanzielle, wirtschaftliche Fragen entscheidander Art erheischen schnelle Lösung. Die Fraktionen haben dabei die Führung, haben allerhand gutzumachen Der Reichskanzler Müller hat es abgelehnt, das unfruchtbare j Geschäft einer Koalitionsbildung werterzr-tzetrerben, und so bleibt denn auch den Fraktionen ! dafür, ob und wie sie den vor sie hingesteüten Aufgaben gerecht werden. Nr 65 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.l „Amtsblatt" Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, —-mii.druffer Tageblatt- erschein! «n allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezuaeprei,: Bei Abholung in ^r D?schSlt-stell« und den Au-gab-ft-ü-n 2 RM. IM Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei PostdcsteUung f^^Lu-PÄanst-mn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°"'d't-,,un"dlln^ t^aernnd Geschäftsstellen — nehmen zu jeder Zeit Be. Kellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des BezAgspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiiicgt.