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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Ba« .WU«»r«ß" r«,»»!««- «<»«><» Wei»i«vni »»chm'U,,, S Utz«. Bei «dd»l»»s i« tz^ »eichSN-ft-S- u-v »e» Bxe-abefteRev LAM. im dei guftell»», durch dieVolei 2,Zi RM., der Poirdeftellun, r BW. »>iiü,i>ch AdNii»« . . »edützr. Limernrrmweru «5«»«,.rri'oaicnviarr für Wilsdruff u. Amaeaeno P°ftb°i«nund»»,.»«»». tkil,erund»eichrsi»d«ll«>> ' nehmen zu jedee Zerr Be ¬ stellungen enrges««. Im Fall- höherer Bemnlr. Krreg oder fo nftiger BrtrredostSrungen deftetzi dein Anspruch aut Lieferung der Zeitung oder Kürzung de» Brz»,»prer,e». — Aüchsrndung rtngrsandlrr Schrrtlhüch« ersolgt nur, wenn Porro deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angeftellte u. Arbeiter. Anzei-rnprei«: die 8iespalte«e Naumzette 20 Rpfg., die 4 gespaltene Jette der amtlichen Bekanntmachungen 40 ^*ich*- Pfennig, die 3gefpaltene Reklamezette i« textlichen Teile I Reichsmark. NachweiiunhStzebühr 20 Reichspfenvige. Dor- gefttiriedeneErftdeinang». - tage und Platzv-ttchristtn werde, »ach Müglcht.e.1 Fernsprecher: Am» Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt, «nzrigru. annadme di» norm.tt'Ubr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf üdermitteltenAnzcrgen üdernekmen »rr Kerne Garantie. der Radatiansprl ch erifcht, wenn der Betrag durch Klage erngezvv en werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen n« hmen alle Vermittlun gsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichls und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstren amts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Ne. 52 — 88 Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Wilsdruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 2 März 192S Die armen Verwandten. Süße Gewohnheiten. — 14 000 Millionäre. - Gelchrten- proletariat. Wir haben uns daran gewöhnt, heute ebenso mit Milliarden zu jonglieren, wie und wo wir früher von Millionen gesprochen haben. So ungefähr be klagte sich Dr. Stresemann in seiner großen Rede vor dem Zentralvorstand der Deutschen Volkspartet, als es ihm darum ging, die Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Perschwendungswirtschaft im öffentlichen wie im privaten Leben des deutschen Polkes nachzuweisen. Niemand hat ihm widersprochen und er hat auch gewiß durchaus keine neue Wahrheit verkündet, als er seinem bekümmerten Herzen mit so eindringlichen Worten Luft machte. Weiß man doch nur leider zu gut, daß, selbst wenn w i r wieder zu bescheideneren Zahlenmassen zurückkehrten, unsere Gläubiger, die augenblicklich wieder in Paris zu sammensitzen, um über Höhe und Dauer unserer Tribut- Verpflichtungen entscheidend zu bestimmen, doch von der süßen Gewohnheit ihrer Milliardenrechnungen dem deutschen Schuldner gegenüber nicht ablassen würden. Sie wissen im Grunde doch Wohl ganz gut, wie es nm uns steht, und Herr Dr. Schacht hat nach allem, was man hört, kein Blatt vor den Mund genommen, um ihnen den reinen Wein einzuschenken, der in diesem Fall die notwendige Ernüchterung vielleicht noch zur Folge haben könnte, wenn die Herren überhaupt irgendeiner Belehrung zugänglich wären. * Wir jedenfalls können nur ungläubig die Köpfe schütteln; wenn aus Amerika berichtet wird, daß man dort, nach den jetzt von allen Seiten einlaufenden Steuer erklärungen, in diesem Jahre mit nicht weniger als 14 000 Millionären aufwarten zu können hofft. .Diese eine Zahl schon gibt vollen Aufschluß darüber, wohin jetzt, seitdem die Kriegsfolgen sich nun auch wirt schaftlich im Großen auszuwirkcn beginnen, der Neich- tum der Welt unaufhaltsam zusammenströmt. Neben dreser gigantischen Machtkonzentration, ganz und gar würdig der wolkenkratzerartigen Entwicklung der ge samten Lebensverhältnissc in der Neuen Welt, kommt das arme und immer ärmer werdende Deutschland schon über haupt nicht mehr in Betracht. Man wird ja in Deutsch land bald nur noch Stöhnen und Jammern vernehmen, worin jetzt ein Berufsstand den anderen zu überbieten sucht. Alle Tagungen und Kongresse, alle Reden und Parlamentsdcbatten hallen davon wider — wohl Be weis genug dafür, wie schlimm cs mit unseren Erwerbs und unseren Eristenzbedingnngen jetzt bestellt ist. Nur ein paar Beispiele, beliebig herausgegriffen aus der Über fülle der täglich sich jetzt aufdrängenden Erfahrungen. * An der Berliner Universität stehen in diesen Tagen Hunderte von Studenten vor der recht bitteren Tatsache, daß die Anrechnung des zu Ende gehen den Semesters auf ihr Studium ihnen von der Negierung im Einvernehmen mit der Universitätsverwaltung ver weigert wird, weil sie nicht in der Lage waren, die wieder und wieder gestundeten Vorlcsnngsgebühren bis zu dem letzten ihnen noch offengelassenen Termin zu bezahlen. Sic sind dazu nicht imstande, obwohl viele von ihnen neben oem Studium durch sogenannte W e r k s a r b e i 1 sich den notwendigsten Lebensunterhalt selber zu beschaffen suchen. Kber in Berlin ist die Zahl der Studierenden von 9000 im Jahre 1927 auf 13 000 im Jahre 1923, die Zahl der Abitu rienten in derselben Zeit von 12 000 auf 18 000 gestiegen, und für das laufende Jahr wird sic sogar schon auf 25 000 «eschatzt. Unter solchen Umständen glaubt die Unterrichts- behordc ohne eine gewisse Strenge in den Znlassungs- bedlngungen nich, auskommen zu können, auch wenn ihr noch so viele an sich wertvolle junge Menschen zum Opfer lallen, grausamer Standpunkt, mag sein; aber ist dieses Ungms nicht »roch verhältnismäßig gering gegen über der furchtbaren Frage, was wir mit diesem unauf haltsam heraufsteigeuden Gelehrtcnproletariat schließlich tinmal ansangen werden? Schon wird in Juristenkreisen ganz offen und ganz offiziell einer baldigen Sperrung der AnwaltsIaufbahn das Wort geredet. Man Ist in den Anwaltsverernen mit einer Art Urabstimmung über diese schicksalsschwere ^rage beschäftigt und bedeutende Teile dieser gewiß mit vollem Perantwortungsgefühl aus gerüsteten Organisationen haben sich bereits für ihre Be- whung ausgesprochen. Roch ärger scheinen die Ver hältnisse im Bereich der Schulverwaltungen zu liegen; dort wird man binnen kurzem über 2 0 000 Le hr - lräfte verfügen, deren Unterbringung unter den hcnti- Len Zeitläuften wohl schon jetzt als ein Ding der Unmög lichkeit bezeichnet werden muß. Also: wir sind allenfalls seich an Menschen, auch an guten und tüchtigen Men schen, mit denen sich schon ordentlich Staat machen ließe, lvcnn sie alle im Laude bleiben und sich redlich nähren könnten, wie es sich gehört. Aber an Gütern und Geldern, die man uns immer wieder abverlangt, sind Gir arm, so arm, daß wir eben nicht einmal die eigenen Kinder unseres Volkes satt machen oder in lohnenden Krbcits- und Verdienststcllungen untcrbringen können. Wir sind auf den Standpunkt armer Verwandten herab- Sesunken, die sich mehr oder weniger kümmerlich einr-chten Müssen, und wir müßten in der Tat, darin hat Herr Stress- Gann unzweifelhaft recht, bemüht sein, mit Tausenden rüSLukommen. wo wir früher mit Millionen rechnen durf- Jie große Koalition endgültig gescheitert Ser Kanzler abermals gescheitert. Seine Vorschläge abgelehnt. Eine gemeinsame Besprechung des Reichskanzlers mit den Vertretern der hinter der Regierung stehenden Par teien und des Zentrums begann Freitag nachmittag. Sir war nach verhältnismäßig kurzer Dauer beendet. Dicsk Vorschläge des Kanzlers wurden von dem Vertreter der Deutschen Bolkspartci, dem Abgeordneten Dr. Scholz, ent schieden abgelehnt, der erneut die Forderung erhob, das, vor einer Koalitionsbindung eine Verständigung über dir Finanzfrage erfolgen müsse. Damit war die Besprechung ergebnislos verlaufen. Die Steuerfragen selbst wurden in der Besprechung nicht berührt. Die demokratische Reichstagsfraktion erließ einen Auf ruf zur schleunigen Bildung einer Mehrheitsregierung Gegen die Art und die Form der bisherigen Verhand lungen erhebt die Partei Widerspruch, da sie gegen der Sinn der Weimarer Verfassung verstießen. Oes Reichskanzlers Vorschläge. Der formulierte Vorschlag, den Reichskanzler Müllei in der gemeinsamen Besprechung gemacht hat, besagt iw wesentlichen folgendes: 1. Die Parteien, die die Regierung Unterstützer wollen, sollen sofort eine koalitionsmäßige Bindung ein gehen. 2. Es soll danach sofort eine Verständigung über den Etat und die Deckungsvorlage herbeigeführt werden, wo bei den Parteien weitgehendste Freiheit namentlich hin sichtlich der Stcuervorlage gewährt werden soll. 3. Soll ein politischer Ausschuß zur Besprechung de» allgemeinen politischen Fragen eingesetzt werden, dei jeweils auf Antrag des Reichskanzlers Zusammentritt. 4. Soll ein finanzpolitischer Ausschuß zur Beratunx der Steuer- und Etatfragen eingesetzt werden. L)as Schettern der Großen Koalition Berlin. An der Frcitagbesprcchung des Kanzlers mi den Regierungsparteien nahmen auch die Vertreter dei Zrntrumspartei teil und erklärten, daß ihre Fraktion voraus ten, statt von Viesen zu für uns ganz nnericywmgttcy ge wordenen Milliarden aufzusteigen. Hier täte eine Be wegung not, eine Volksbewegung, über alle Parteien hin weg ins Leben gerufen, um die Masse und die Maßgeben den hinter sich herzuziehen. Wäre das nicht eher eine Auf gabe, des Schweißes der Edlen wert, als das Geraufe um Ministerposten im Reich urtS in Preußen? Dr. Sy. Das MnderheilsplMem vsr dem Völkerbund Abreise der deutschen Delegation. Die deutsche Delegation zur Ratstagung des Völker Sundes ist Freitag unter Führung des Netchsaußen Ministers Dr. Stresemann nach Genf abgcreist. Offiziel beginnt die diesmalige Tagung des Völkerbundrates an 4. März. Im Mittelpunkt der Ratsverhandlung wird di, von Deutschland beantragte grundsätzliche Aussprache übe; den Schutz der nationalen Minderheiten durch den Völker Sund stehen. Der deutschen Delegation gehören außer Dr. Stress mann noch an Staatssekretär von Schubert, der Leiter de; Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, Gesandter Frey tag, Ministerialdirektor Gans von der Nechtsabteilung, de: Pölkerbundreferem Geheimrat Weizsäcker, der Neferen für Minderheitenfragen, Konsul Neinebeck, sowie Geheim rat von Kaufmann und Dr. Tripeloury von der Reichs Pressestelle. Der deutsche Antrag hat das Ziel, sowohl die jetzigen Grundsätze für den Schutz der Minderheiten wie auch das im Völkerbund angewendete Verfahren einer Nachprüfung zu unterziehen und zu verbessern. Deutschland hat es sich schon bei seinem Eintritt in den Völkerbund Vorbehalten die Minderheitenfrage grundsätzlich anfzurollen, wenn es auch bereit war, zunächst im Nahmen des bisher üblichen Verfahrens mitzuarbeiten. Oie deutsche Meinung. In deutschen politischen Kreisen wird darauf hin gewiesen. daß das Minderheitenproblem erst durch die Friedensverträge mit den neugeschaffenen Staaten bren- nend geworden ist. Zu dem Vertrag mit Polen hat damals schon Clemenceau an Padcrewski geschrieben, der Vertrag enthalte nichts Neues, sondern setze nur die Tradition fort. Gleichlautend mit dem polnischen Vertrag wurden solche Verträge auch anderen Staaten auferlegt. Der Inhalt ist im wesentlichen eine Gewährleistung der Rechte dtr Minderheit, der Gleichheit aller Staatsbürger,vor. dem Gesetz, die Unbeschränktheit der sichtlich damit rinvcrstanven sein werde, auf der vom mellys kanzler formulierten Grundlage wieder in die Regierung ein zutrctcn. Am Schluffe der Aussprache ließ der Reichskanzler nach den Erklärungen des Führers der volkspartcilichcn Reichstags fraktion, Abg. Scholz, das Ergebnis der Konferenz dahin zu sammcnfaffcn, daß der Versuch zur Schaffung einer Großen Koalition im Reiche gescheitert sei. Er werde nun weiter« Schritte nach dieser Richtung hin nicht mehr unternehmen Die Neichsregierung würde wie bisher gegenüber Anträgen der Parteien, die sie nicht verantworten könnte, ihre ablehnend« Haltung auf alle Konseqcnzen hin klar zum Ausdruck bringen Der Reichskanzler wird dem Reichspräsidenten übe» ocn Ausgang der Verhandlungen Bericht erstatten. * Es gibt noch andere Wegs Dr. Kü'z an den Kanzler Berlin, 1. März. Der Reichsminister a. D. Dr. Kistz hat an den Reichskanzler Hermann Müller soeben folgendes Schreiben gerichtet, in dem es zum Schluß heißt: „... Die Metho den, unter denen seit Wochen die Bildung einer stabilen Reichs- regicrung versucht wird, entsprechen weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach der Verfassung. Die Erfolglosigkeit dieser Ver suche und die aus ihr sich für Regierung und Parlament ergeben den schweren Hemmungen muffen gerade die verfassungstreuen Kreise des deutschen Volkes mit tiefer Sorge erfüllen. Als ehe maliger Minister, dem in zwei Reichsregierungen das Verfaffungs- ministerium anverlraut war, richte ich an Sie die Bitte, den von der Verfassung geregelten und für das parlamentarische Regie rungssystem gegebenen Weg der Regierungserweiterung zu be schreiten, dementsprechend die von Ihnen für geeignet gehaltenen Persönlichkeiten dem Herrn Reichspräsidenten vorzuschlagen, mit dem so erweiterten Kabinett vor den Reichstag zu treten, um die praktische Arbeit zu beginnen. Finden Sie Männer zu dieser Tat nicht in genügender Zahl in den Fraktionen des Reichstages, so gibt es Gott sei Dank draußen im Volke noch genug solcher Per sönlichkeiten bei diesen Parteien ..." spracyenfreryeu unv., uns das alles unter Garantie des Völkerbundes. Das bedeutet, daß jedes Glied des Völker bundes das Recht hat, auf Übertretungen dieser Vertrag hinzuweisen, worauf die Meinungsverschiedenheiten vor dem Haager Schiedsgericht beigelegt werden können. Ver schiedentlich ist versucht worden, diese Minderheitenver träge ganz allgemein auf alle Staaten anszudehnen, bisher ohne Erfolg. Frankreich nnd Italien dürfte,! dagegen sein. Auch Deutschland hat noch kein:- derartigen Vertrag mit Ausnahme des Sonderabkoni mens über Oberschlesien, das bis 1937 läuft. In neuerer Zeit ist man von dem Sinn der Perträge in Genf so wei! abgegangen, daß die Behauptung ausgestellt Wersen konnte, der Minderheitenschutz diene nur dazu, das Aufgehcn der Minderheiten in die Mehrheit vorzubereiten. Die Minderheiten selbst können keine Bc schwcrde beim Pülkcrbnndrat einreichcn. sondern nur Petitionen. Diese müssen dann als Beschwerde von einem Mitglied des Pölkerbundes ausgenommen werdm Deutschland wünscht eine gründliche Revision der Minderheitenfrage. Das Rechtsprinzip soll zur Geltung kommen nnd nicht verkümmern. Dentschland hofft, daß der Rat sich entschließt, eine Studienkommission ein zusetzen. «- Sie MW MWrist Ver Saizig. Gens, 1. März. Die Veröffentlichung der polnischen Denk schrift hat in allen hiesigen diplomatischen Kreisen des Völker bundes außerordentliches Aufsehen erregt und ist viel erörtert wor den, obwohl der Inhalt der Denkschrift bisher nur in einem kurze« Auszuge durch den Rundfunk bekanntgeworden ist. Erst nach Tor liegen der deutschen Tlätler kann eine allgemeinere Einstellung er wartet werden. Es besteht jedoch bereits jetzt der Eindruck, daß di« allgemeinen Richtlinien der polnischen Denkschrift mit der Haltung übereinstimmen, die die polnische Regierung in der letzten Zeit in den Danziger und Korridorfragen des Völkerbunds sowie auch in den direkten Danzig-polnischen Verhandlungen eingenommen hat. Von feiten des Völkerbundsfedetariats ist naturgemäß zu dec Veröfsemlichung der Denkschrift in keiner Weife Stellung genom men worden, da sie als eine Angelegenheit betrachtet wird, die rm- mittelbar den Völkerbund nicht berührt. Jedoch kann von polnische« Seite mit einer Ableugnung der Denkschrift gerechnet werden, di« aber an dem allgemeinen Eindruck, den die Veröffentlichung tn weitesten Kreisen hervvrgerusen hat, kaum etwas ändern kann.