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Nun hat ihn das Schicksal doch vom Königsthron Afghanistans hinuntergestoßen, hat ihn zum Flüchtling vor dem eigenen Volk gemacht, der sich nun in die Arme des darob freundlich lächelnden Engländers wirft. Das hat er sich gewiß vor einem Jahr nicht träumen lassen, als er in London mit fürstlichen Ehren ausgenommen wurde, die englische Flotte den Königssalut schoß —, daß er nun zum zweitenmal, allerdings unfreiwillig, Gast der Engländer werden würde. Anaeblick soll er dann nack Varis «eben. Aman Ullah. dieser Stadt, die allmählich zum Asyl der politisch Obdach losen geworden rst. Mit ihm wohl auch die Königin Tas mag er mcht geträumt haben, als man ihn »n den Straßen Berlins an der Seite Hindenburgs sah und die Berliner fich wieder einmal einen „richtiggehenden* König angucken konnten. Allerdings so ganz für „voll" nahmen sie diesen vorderasiatischen Herrscher denn doch nicht und — manche hohen Staatsmänner von damals werden jetzt die ihnen verliehene afghanische Herzogswürde in den hintersten Kasten des Schreibtisches versenken. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen; so wird es auch Aman Ullah, dem Europareisenden von einst, jetzt gehen. Und ein anderes Sprichwort werden die Klugen von heute mit weisheitsvoll aufgehobenem Finger zitieren: Blinder Eifer schadet nur! Es ist ja auch richtig. War es — und ist es — in Europa bisweilen nicht ungefährlich, alte Zöpfe abzuschneiden, so wurde es in Afghanistan für den König lebensgefährlich, lebenden Parlamentsmitgliedern die Bärte abnehmen zu raffen. Andere Völker, andere Sitten! Sein gänzlicher Rückzug vor dem Ansturm der reform feindlichen Gegner bewies — trotz aller Siegesnachrichten — die Schwäche seiner Stellung und konnte nichts mehr retten. Es war verfrüht, diesem Lande, das bis vor ein paar Jahrzehnten ein Europäer nur mit Erlaubnis des Emirs betreten durfte, westeuropäische Gebräuche und — Mißbäuche aufzupfropfen. Beizeiten rüstete, durch das türkischen Staatspräsidenten Kemal gleichartiges Vor gehen gewarnt, die islamitische Geistlichkeit gegen den König. Der hatte auch noch obendrein die Unvorsichtigkeit begangen, von seinem Volke zu verlangen, daß es die Kosten der Reformen, der wirtschaftlichen Aufschließung «sw. tragen sollte. Da kam die Revolte, denn auch in Afghanistan hört in Geldsachen die Gemütlichkeit auf. Dieses Land, das länger dem Europäertum verschlossen war als selbst Japan, lehnte es ab, mit sich experimentieren SU lasten. Der heilige Krieg wurde unter den halbwilden Stämmen gepredigt gegen den König und dort dieser Auf ruf zum Kampf gegen den Verräter am Islam und seinen uralten Gebräuchen noch zart unterstrichen durch den Hin weis auf die Beute, die man wohl in Kabul machen würde. Auch dies ist des Landes dort der Brauch. Aman Ullahs Vater ist durch Mörderhand gefallen und ein ähnliches Schicksal drohte wohl auch dem jetzt mit Mühe und Not Entkommenen, der seinerseits wieder den zur Thronfolge berechtigten, übrigens durchaus england- freundlichen Bruder kurzerhand beiseitegestoßen hatte. Und dies ist ja im Orient weiter nichts Ungewöhnliches. Auch diesmal ging der Thronwechsel recht schnell vor sich; schon hat ihn z. B. der afghanische Gesandte in Berlin dem deutschen Außenminister ofsiziell mitgeteilt. Nun werden Wohl viele Reformen, die Ser entflohene König eingeführt hatte, wieder rückgängig gewacht werden, aber doch nicht alles. Ein völliges Zurücksinken in das Einst gibt es selbst für Afghanistan nicht mehr in einer Zeit, da quer über dieses Land hinweg der Flugverkehr nach Indien Seht. Der neue König mag sich seinen persischen Nachbarn Sum Vorbild nehmen, der übrigens auch durch eine Revo lution auf den „Pfnuenthron" der persischen Schach-in- ^chachs gekommen ist; dort trug man mit sorgsam-vor sichtiger Hand den Neformnotwendigkeiten Rechnung, die selbst vor asiatischen Toren nicht haltmachen. „ In ein Jahr drängt sich König Aman Ullahs Glück Aid Ende zusammen. Mit dem Schleier der Königin Suraya sank figürlich «ach der Stern des Afghanen- berrickers. Er hat im Köniaspalast von Kabul all die Thronwechsel in Afghanistan Afghanistans neuer Herrscher. Aman Ullahs Abdankung. Die Nachrichten von der Abdankung Aman Ullahs, die zunächst nur aus englischer Quelle kamen, werden jetzt auch von afghanischer Seite direkt bestätigt. Der afgha nische Gesandte in Berlin stattete dem Neichsautzenminister Dr. Stresemann am Dienstag einen Besuch ab, um ihm im Auftrage seiner Negierung von der Abdankung des Königs Aman Ullah zugunsten seines älteren Bruders Särdar Enajat Ullah in Kenntnis zu setzen. Der Gesandte gab dem Reichsaußenminister Kenntnis von einem Tele gramm des afghanischen Außenministeriums, das folgen den Wortlaut hat: „Um dem Bürgerkrieg in Afghanistan, der durch bedauerliche Unklarheit entstanden war, ein Ende zu bereiten, hat seine Majestät König Aman Ullah frei willig und auf eigenen Wunsch sein Amt als König von Afghanistan niedergelegt und seinen älteren Bruder, Särdar Enajat Ullah, als Herrscher in Vorschlag ge bracht. Das afghanische Volk und die maßgebenden Regierungsstellen sowie die hohe Geistlichkeit und der afghanische Adel haben diesen Vorschlag angenommen und Seine Majestät Enajat Ullah als König von Afgha nistan anerkannt. Setzen Sie die deutsche Regierung davon in Kenntnis und versichern Sie, daß die Be ziehungen Afghanistans mit den befreundeten Mächten die gleichen bleiben werden." In unterrichteten Kreisen Berlins wird derneueKönig als ein fortschrittlicher Mann bezeichnet, der für Deutsch land starke Sympathien habe Er habe sich während der Regierungszeil Aman Ullahs zwar sehr zurückhallen müssen, aus seiner Freundschaft für Deutschland aber nie ein Hehl gemacht Er erfreue sich, so wird weiter erklärt, in Asgbaniflan sowohl der Sympathien der Geistlichkeit als auch der Bsrgstämme Man könne damti rechnen, daß Ruhe und Ordnung in Afghanistan nun bald wiederhergestelli sein werden Der neue König werde natürlich die Reformen Aman Ullahs nicht so schnell fortsetzen können über die Familie des Königs wird bekannt, daß Enajat Ullah dreizehn Kinder hat, deren ältestes l7 Fahre ist Einige Kinder be suchen die deutsche Schule in Kabul Als er im Fahre 1922 von Aman Ullah begnadigt wurde, nachdem er drei Fahre im Ge fängnis verbracht hatte, hat er sich mit Aman Ullah wieder aus gesöhnt. Er Hai Aman Ullah seitdem bei allen möglichen Ge legenheiten begleitet. Bezeichnend ist die Tatsache, daß Aman Ullah seinen Bruder jetzt als Nachfolger vorgeschlagen hat. Ausruf des neue» Königs an das afghanische Volk. Kairo. Hier eingelroffenen Meldungen aus Kabul zu folge veröffentlichte der neue afghanische König einen Aufruf an das Volk, in dem erklärt wird, daß er die Regierung nach den alten Grundsätzen des Landes führen werde. Die Resorm- beschlüffe Aman Ullahs würden zurückgezogen. Alle Offiziere der afghanischen Armee haben dem neuen König den Treueid geleistet. Afghanistans neuer König: Enajat Ullah. * Aman Llilah auf der Flucht. Die Deutschen in Kabul. Wie der amtliche englische Funkdienst meldet, hat sich Aman Ullah im Flugzeug nach Kandahar begeben, wo er von seiner Gattin Suravä und seiner Mutter erwartet wird. Kandahar ist noch akabaniscbes Gebiet und unaekäbr hundert Mellen von der tndtsch-ofahantschen Grenze entfernt so datz sich der König noch immer in persönlicher Gefahr befindet Es ist wahrscheinlich, datz er versuchen wird, über die Grenze hinweg in eta sicheres Asyl zu flüchten Während der Kämpfe in Afghanistan waren alle Deutschen in der deutschen Gesandtschaft untergebracht Auf Beschluß der deutschen Kolonie in Kabul sind dann schließlich von den deut schen Frauen 2l aus eigenen Wunsch nach Indien durch Flug zeug gebracht worden, während neun deutsche Frauen tn Kabul verblieben sind und sich noch jetzt dort besmden. Sic sollen aber außer Gefahr sein. zahllosen Geschenke zurücklassen müssen, die ihm die Europareise eintrug. Hoffentlich hat er sich wenigstens genug Brillanten mitgenommen, damit ihm das Brot im Exil nicht allzu bitter wird. Die lachenden Erben aber sind die Engländer und vergebens mag Aman Ullah nach Hilfe aus dem benachbarten Sowjetrutzland ausgeschaut haben. Mit ihm hat auch Moskau eine Niederlage er litten und das „Glacis von Indien" ist wieder breiter ge worden, denn England wird nicht zögern, auch wirtschaft lich die Erbschaft anzutreten. Ausemanderseßungev zumMchsetat Kabinett und Reichstagsausschuß. Das wiedererwachende parlamentarische Leben zeigt sich besonders in den beginnenden Beratungen über den Vor anschlag für den Reichshaushaltsanschlag für das Jahr 1929. Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers wurde tn einer Ministerbesprechung die Generaldebatte über den Reichshaus halt und die vorgeschlagenen Deckungsgesetze (Steuerpläne) zu Ende geführt und dann die Einzelberatung begonnen. Der deutschnationale Abgeordnete Westarp verbreitete sich tm Haushalisausschutz über den Nachtragsetat für 1928 und den damit in Zusammenhang stehenden Personal haushalt des Reiches für 1929. Gras Westarp meinte, es müsse zunächst einmal klargestellt werden, wie sich die Re gierung und die Regierungsparteien die wettere Behandlung des Haupthaushaltes dächten, insbesondere, ob der Finanz minister wirklich noch die Verabschiedung des Haushaltes und der Steuergeseye zum 1 April für möglich halte. Es sei eine starke Zumutung, die schon lange hinausgezogenen Beschlüsse zur Durchführung der Besoldungsordnung ohne klaren Über blick über die Haushattsverhältnisse des nächsten Jahres fassen zu sollen. Der Redner fragte, ob man es für möglich halte, daß die Fraktionen, deren Mitglieder das Kabinett bildeten, es ablehnen, sich hinter die Vorschläge ihres eigenen Kabinetts zu stellen Nun ständen die Neparationsver handlungen unmittelbar bevor und die Lage sei durch den Bericht des Reparationsagenten, der tn seiner gesamten Beurteilung und in den meisten Einzelfragen dringend der Widerlegung bedürfe, verschärft Der Reparationsagem habe in seiner finanziellen Kritik an der Finanzgebaruna mit be sonderem Nachdruck ans die steigenden Ausgaben für Besol dung und Pensionen hingewlesen Dieser Hinweis müsse als bald entkräftet werden. Darüber hinaus könne mit einer Stellungnahme zu dem Bericht und zu den Reparattonsver- handlungen nicht bis zu den allgemeinen Haushaltsberatungen gewartet werden Reichsftnanzminister Dr. Hilferding teilte mtt. der Haushalt für 1929 werde in den nächsten Tagen vom Reichskabinett verabschiedet werden und dann dem Reichs- rat zugehen. Bevor der Haushalt nicht vom Kabinett ver abschiedet sei. könne er Einzelheiten nicht mitteilen Infolge dessen halte er es für praktisch, eine allgemein,? Aussprache über den Haushalt für 1929 hier nicht zu entfachen, sondern sich auf den Nachtragshaushalt iu beschränken. Verantwortlich für den Haushalt sei nach der Verfassung die Reichsregierung, nicht aber einzelne Parteien oder Fraktionen Den Zeitpunkt, zu dem die Reparationsfrage zu behandeln sei, müsse sich die Reichsregicrung angesichts des Ernstes dieser Frage Vorbehalten Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde ein dentschnationaler Antrag, eine allgemeine finanzpolitische Aussprache mit der Aussprache über den Nachttagshaushalt zu verbinden, abgelehnt. Parteien und Steuervorlagen. Da zu erwarten tst, daß der Reichstag am 24. Januar zusammentritt, wird tn den Parteien schon lebhaft für die kommende Kampagne mobil gemacht Das Hauptinteresse richtet sich u. a auf die neuen Steuervorlagen im Betrage von 500 Millionen Mark. Für Freitag dieser Woche ist die Zentrumsfraktion telegraphisch zu einer Sitzung etn- bernsen worden. Die Fraktion wird sich mit den Fragen be schäftigen, mit denen sich am 20 Januar der Parteivorstand des Zentrums befaßt, der Wahl des geschäftsführcnden Vor standes und des stellvertretenden Vorsitzenden Daneben wird man über die Sleuerpläne beraten. Auch dte Sozial demokraten haben ihre Fraktion einbernfen. und zwar auf Montag und Dienstag der nächsten Woche Sie werden sich tn erster Linie mit Budgetfragen, vor allem mit demNach- tragseta«, befassen, ferner mit der allgemeinen Lage. Wen zu VerhaMilWU über die Riiber-tileusrizt bereit. Warschau, 15. Januar. In seiner Rede im Auswärtigen Ausschuß erklärte Zaleski u. a., daß er froh darüber sei, daß der deutsche Außenminister Dr. Stresemann in Lugano versprochen habe, die Minderheitenfrage vor dem Völkerbundsrai zur Sprache zu bringen. Er hoffe, daß Stresemann sein Versprechen halten werde. Polen habe nichts gegen eine eingehende Entwicklung des internationalen Minderheitenschutzes einzuwenden, selbstverständ lich unter der Voraussetzung, daß dieses System auf sämtliche Mitgliedsstaaten des Völkerbundes ausgedehnt werde. Jedes Hervortreten Polens auf internationalem politischen Gebiet rufe in Deutschland in letzten Zeit einen Sturm hervor, sogar dann, wenn die betreffende Angelegenheit garnichls mi>