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Tages-Spruch- Kein Mensch ist unersetzbar, wie hoch man ihn auch stellt, doch jeder uns unschätzbar, der so für uns gelebt, daß, wird er uns entrissen, wir schmerzlich ihn vermissen. Badenstedt. Deutschlands europäische Sendung. Eine amerikanische Stimme. Große Aufmerksamkeit findet in den Vereinigten Staaten und darüber hinaus ein Artikel der „New Mork Times", in dem Deutschland als Angelpunkt der euro päischen Politik bezeichnet wird. Deutschland sei unent behrlich bei jedem Versuch einer Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichts, insbesondere da, wo es sich darum handele, zu verhindern, daß Sowjetrußland Unheil anrichte. Die Genfer Ministerkonferenzen hätten gezeigt, wie und warum der Einfluß Deutschlands wieder den Umfang früherer Zeiten erreicht habe. Gewisse Nationen sähen jetzt deutlich, daß Deutschland mit mehr Aussicht aus Erfolg als andere Länder einen mäßigenden Einfluß aus die Moskauer Regierung ausüben könne. Vorstellungen aus Berlin machten mehr Eindruck auf die Sowjets als solche aus London oder Paris. Aus allen diesen Gründen könne Deutschland nun endlich die Räumung der Rheinlande verlangen. Jedenfalls habe Deutschland ein moralisches Recht, diese Räumung zu fordern. Warum, fragt das Newyorker Blatt, solle man Deutschland nicht helfen, seinen Boden von der fremden Besetzung zu befreien, und ihm dadurch eine Mitarbeit gegen Auswüchse in Rußland er möglichen? Deutschland sei geographisch und moralisch der Angelpunkt der politischen und wirtschaftlichen Fragen Europas, es könne gegebenenfalls Taten vollbringen, die Europa und der ganzen Welt nützen würden. Das alles klänge gut und schön, wenn nicht wieder vor die Aussicht auf die Rheinlandrüumung eine Art Forderung gestellt wäre — das Verlangen, Deutschland müsse als Dank die Front gegen Rußland wenden. Wir haben alle möglichen Forderungen erfüllt — und die Rheinlands sind nicht geräumt worden. Sollen wir noch mehr tun? Wir verlangen die Räumung nach wie vor kraft unseres anerkannten moralischen Rechtes, ohne dafür auch nur eine Verpflichtung auf uns nehmen zu wollen. Unsere Politik gegen Rußland kann weder in Newyork noch nach britischen oder französischen Wünschen gemacht werden, die soll und muß man uns selbst über lassen — die selbstverständliche Räumung unserer West» mark hat damit nicht das geringste zu tun. Das Wettrennen über den Ozean. . Atlantikflüge in Vorbereitung. Lindberghs und Chamberlins Erfolge lassen den Fliegern mit Namen keine Ruhe. Sie alle wollen es ihnen gleichtun und es sieht so aus, als ob in den nächsten Wochen fast täglich zum Flug über den Ozean mit der selben Leichtigkeit wie zum 100-Meter-Lauf gestartet werden soll. Selbstverständlich fehlt es auch nicht an Damen, die es im Fliegen den Männern gleichtun wollen. Die deutsche Pilotin Frau Thea Rasche aus Magdeburg wird sich beeilen müssen, wenn sie als erste Dame den Atlantik überqueren will. Eine russische Fliegerin Luba Philipps, die 1912 in Deutschland bei Fokker fliegen lernte, wird Mitte Juli die Überquerung des Ozeans allerdings mit einem männlichen Realeiter — ver kriecirlck Augsburger Hn komsn vorrVossqancz l1sr-I<en vLUk LkL-vv«.cti-VLül^s 05nciLrcIU- <49. Forlienuna.t -Nachdruck oerbol-n.) Friedrich Augsburger saß allein beim Wein. Er hatte sich Ar den Hintergrund des Zimmers zurückgezogen und ließ dai- laute Lachen und Leben um sich brausen, ohne eine Miene zu verziehen. Er fühlte wohl die verwunderten Blicke, die ihn trafen, aber seine Seele war so müde, er war innerlich so zerrissen, daß er keinen Trieb empfand, an dem lauten Leben teilzunehmen. Madame Merville hatte er einen Augenblick gesehen. Sic war zweifellos eine schöne Frau, und man konnte ihr schon Rasse zutrauen. Ihre Stimme war angenehm und klang wie ein melodisch hinplätschernder Bach. Der Wirt konnte die Mengen Wein, die das Künstlervölk- chen nacheinander vertilgte, kaum herbeischleppen. Er schnappte förmlich nach Luft, aber sein Gesicht strahlte ob des guten Geschäftes. Die Gesellschaft wurde immer lustiger. Aber Friedrichs Gedanken waren bei der Geliebten und er hörte nicht, daß Madame Merville auf das Drängen des Rates und ihrer Freunde hin ein Lied sang. Er sah nicht die Blicke des Aergers und Unwillens, die ihn trafen, weil er sich jeden Beifalls enthielt. So schrak er denn plötzlich empor, als er mit einem Male eine Hand auf seiner Schulter fühlte. Er wandte sich um Madame Merville, die Sängerin und Tänzerin, stand vor ihm. Kühl sah Augsburger die zornige, schöne Frau an. „Monsieur, Sie sind unhöflich," kam es in deutscher Sprache von ihren Lippen. „Warum, Madame?" „Monsieur haben meinem Gesänge keinen Beifall gezollt!" „Ich bitte um Verzeihung, aber ich bin Ihrem Gesänge nicht gefolgt, Madame," sagte Friedrich ruhig. Er sah wohl, daß das Weib, das vor ihm stand, schön war. Aber Diese Frau war ihm so gleichgültig, daß er kein Verlangen trug, ihr gegenüber durch eine taktvolle Lüge die Situation gün stig zu gestalten. suchen. Ferner machen sich zwei deutsche" (K önneSc und Udet), zwei englische und ein französischer Flieger daran, Lindberghs und Chamberlins Taten in den Schatten zu stellen. Währenddessen sucht sich das Luftschiff „Los Angeles" (der frühere „Z. R. Ill"), für den eine Atlantikreise schon zu den „ollen Kamellen" gehört, eine andere Strecke ans, um alte Rekorde zu schlagen. Die „Los Angeles" plant, einen Flug Lakehurst—Honolulu ohne Zwischenlandung vorzunehmen. Diese Strecke beträgt 5400 Meilen und ist größer als die Entfernung von Friedrichshafen nach Newyork. Eine schöne Leistung vollbrachte der 63 Jahre alte Kapitän Thomas Drake, ein geborener Engländer, dec in einem 12 Meter langen Segelboot allein den Weg von Charleston im Staate Südkarolina nach Plymouth zurücklegte. Er verließ am 27. April Charleston mit der Absicht, auf den Azoren anzulegen, was ihm aber des schlechten Welters wegen unmöglich war. Am nächsten Tage rief er einen italienischen Dampfer an, der jedoch nicht hörte und wohl glaubte, daß das Schiff ein unbe manntes Wrack sei. Zwei Tage später geriet er in eine Reihe von Stürmen, die ihn zwangen, drei Tage lang am Treibanker zu liegen. Die Reise über den Ozean, die Drake sehr gut Überstand, hat im ganzen 54 Tage ge dauert. poMNG« Kun«Il<vsu Deutsches ReiL Der neue Reichsschulgcsetzentwurf. In den nächsten Tagen soll der nunmehr ferNggestelltc Entwurf des Neichsschulgesetzes das Reichskabinett be schäftigen. Wie man erfährt, sieht dieser neue Entwurf gegenüber früheren die drei Schularten, konfessionell, simultan und weltlich, als g l e i ch b s r s ch t i g t an. Skc sollen als gleichberechtigt anerkannt werden. Es wird schon jetzt von linkspolitischer Seite die Frage erhoben, ob der jetzige Entwurf nicht verfassungsändernd sei, da in K 146 der Reichsverfassung die Simultanschule ausgesprochen sei. Der Entwurf überläßt im übrigen die Regelung der Einzelheiten den Ländern. Rach der Kabinettsberatuna wird der Entwurf dem Reichsrat zur Stellungnahme zugehen. Deutschland und Genf. Das Neichskabinett nahm in einer unter dem Vorsitz des Reichskanzlers abgehaltenen Sitzung den Bericht des Reichsaußenministers über die Tagung des Völkerbund rates und die in Genf geführten Verhandlungen entgegen. Es sprach der deutschen Delegation den Dank für ihre Bemühungen aus und stellte die Grundzüge fest, nach denen die eingebrachten Interpellationen über die Außen politik beantwortet werden sollen. Die Regierungs parteien haben im Reichstage eine Interpellation mit folgendem Wortlaut eingebracht: „Ist die Reichsregierung bereit, dem Reichstag über die Entwicklung der auswärtigen Politik in den nächsten Manaten Auskunft zu geben?" Aus Zn- und Ausland. München. Im Verfassungsansschuß des Bayerischen Land- tages bcaiUragten bei der Beratung des Regierungsentwurfcs jür Änderung des Religio nsgesellschaften-Sieu er- gesetzts die Sozialdemokraten, daß die freiwilligen Leistun gen des Staates an die Religionsaesellschaften mit dem 31. März 1930 in Wegfall kommen sollen. Der Antrag wurd« abgelehnt. Saarbrücken. Sir Ernest Wilton hat sein Amt als Präsi dent der Saarregierung angetreten. Santiago de Chile. Die chilenische Regierung hat eine be sondere Wache eingerichtet, die die Botschaft der Vereinigten Staaten und den amerikanischen Botschafter Collier angesichts der Todesdrohungen, die von Anhängern der Anar chisten Sacco und Vanzetti geäußert worden sind, Tag uni Nacht schützen soll. Neues aus sNer Arlt Schwere Bluttat einer Mutter. Die 31jährige Ehe frau Ansteg stellte sich dem Gericht in Mörs mit der' Angabe, ihre beiden sechs- und elfjährigen Kinder getötet zu haben. Die Polizeibeamten öffneten die Wohnung der Frau und fanden die beiden Kinder blutüberströmt, jedoch noch lebend. Die Frau hatte den Kindern zuerst mit einem Hammer über den Kopf geschlagen und ihnen dann mit einem Rasiermesser tiefe Schnittwunden am Halse bei- gebracht. Tie Gründe der Tat sind bis jetzt unbekannt. Der Streit um Gänse als Mordmotiv. In der Ge- meinde Simonswalde hat der Kriegsbeschädigte Saathoff seine etwas jüngere Schwester im Streit erschossen. Der Streit war entstanden um eine Schar Gänse, die sich im Garten des elterlichen Hauses aufhielt. Saathoff holte ein Gewehr und legte auf seine Schwester an. Sein Vater zog jedoch den Gewehrlauf nach unten und der Schuß ging fehl. Saathoff entfernte sich, kehrte aber wieder zurück und erschoß nunmehr seine Schwester. Man fand ihn nach einiger Zeit in einem Graben, wo er sich ohne Widerstand festnehmen ließ. Schau der Schäferhunde. Am 3. und 4. September findet in Krefeld eine Schau der Schäferhunde statt. Es wird dabei der im vergangenen Jahr in Newyork errun gene v.-Stephanitz-Weltwanderpreis erstmalig auf euro päischem Boden verteidigt werden. Die verhängnisvolle 8-Kurve. Ein Magdeburger Auto verunglückte bei Genthin dadurch, daß der Wagen führer eine 8-Kurve zu scharf nahm. Der Wagen über schlug sich mehrmals. Von den Insassen erlitt Maurer meister Grupe aus Staßfurt einen doppelten Schädelbruch, an dessen Folgen er starb. Ein Angestellter Grupes war sofort tot. Mehrere Personen wurden verletzt. Ein Schleppkahn aus dem Rhein gesunken. Der 1300- Tonnen-Schleppkahn „Johanna Maria", der mit einer Ladung Erz für die Friedrich-Alfred-Hütte in Rhein hausen in Fahrt war, stieß bei der Durchfahrt durch die Hochfelder Rheinbriicke gegen einen Brückenpfeiler. Das Schiff wurde so schwer beschädigt, daß es nach kurzer Zeit sank. , , > Verhaftung des Frauenmörders Moser. In Frank furt am Main wurde in seiner Wohnung der Kaufmann Franz Moser verhaftet, der in Hamburg seine Frau er drosselte und die Leiche in einem Schrank versteckte. Vom elektrischen Schlag gelötet. Bei einem nächt lichen Gewitter zerriß der Blitz die elektrische Ortsleitung in Kirchhain. Ein früh zur Arbeit gehender Kutscher hob den über der Straße liegenden noch Strom führenden Leitungsdraht auf, um ihn zur Seite zu werfen. Dabei erhielt er einen so kräftigen Schlag, daß er aus der Stelle tot war. Schwerer Gerusteinsturz in Berlin. Auf dem Aus besserungswerk am Bahnhof Ricderscköneweide stürzte ein dort aufgestelltes Gerüst aus noch nicht bekannter Ver anlassung in sich zusammen. Dabei wurden drei Arbeiter getötet und vier schwer verletzt. Familientragödie aus Angst vor gerichtlicher Strafe. Als die 11jährige Enkelin des Gastwirts Alois Fischer von Döbering aus der Schule nach Hause kam, sand sic ihren Großvater blutüberströmt im Hausflur liegen. Auf die Hilferufe der Kleinen eilten Nachbarsleute herbei, die in der Küche die Ehefrau Fischers und die 24jährige Stieftochter tot ausfanden. Nach dem Untersuchungs- ergebnis dürste Fischer zuerst seine Ehefrau und seine Stieftochter und dann sich selbst mit einem Jagdgewehr erschossen haben. Der Mörder sollte sich in den nächsten Tagen vor dem Amberger Landgericht wegen unerlaubter Beziehungen zu seiner Stieftochter verantworten. Zwei Personen in e-nem Kanal ertrunken. Ein Boot mit dem Friseurgehilfen Langcser, der Dienstmagd Zettl und dem Mechanikergehilfen Grallinger lief auf dem Werkkanal bei Freising bei heftigem Gewitterregen voll Wasser und sank. Langcser konnte sich durch Festhalten Und das machte die große Tänzerin und Sängerin fas sungslos Sie, die gewohnt war, daß sich alle Männer um ihre Gunst rissen, stand zum ersten Male einem Manne gegenüber, der, das fühlte sie, ihr am liebsten in's Gesicht gesagt hätte: Warum störst du mich in meiner Ruhe? Laß mich in Frieden. Du bist mir gleichgültig. Und der Mann war schön. Es dünkte ihr, als habe sie noch nie ein so schönes Männerantlitz gesehen. Ein Antlitz, in dem zwei Augen saßen, so voll Feuer und Glanz, daß die große Künstlerin dastand, wie ein gescholtenes Kind. „Wollen Sie nicht mit uns freundlich sein. Monsieur?" „Ich bin ein einsamer Geselle, Madame, der schlecht in Ihren Kreis paßt. Lassen Sie sich in Ihrer Lebenssreude nicht durch mich stören." „Wollen Monsieur nicht ein Glas Wein mittrinken?" Friedrich Augsburger sah erstaunt auf die Tänzerin. „Ich wüßte nicht, warum ich Ihnen das abschlagen sollte," sagte er höflich. „Wollen Sie mir dann Gesellschaft leisten. Dars ich Sic bitten, Monsieur?" Sie schritt an ihren Tisch zurück, Fried rich folgte ihr mit unbewegten ja gleichgültigen Zügen Der kursächsische Rat staunte über die Maßen, als der junge Augsburger plötzlich an den großen Tisch trat, an dem die Mitglieder der Truppe versammelt waren. „Messieurs ich bringe Ihnen den deutschen Mann, der meinem Liede keinen Beifall zollte. Er hat gar nicht zu gehört und sieht doch wirklich nicht so aus, als wenn ihm alle Kunst zuwider sei," sagte Madame Merville lachend und wandte sich dann mit einer halbspöttischen Gebärde an Augs burger: „Darf ich Eure Gnaden bitten, Platz zu nehmen." Friedrich Augsburger verbeugte sich leicht vor der Tafel runde und sagte ganz höflich: „Guten Abend, meine Herr schaften." Dann nahm er Platz, ohne sich um die zum Teil wenig freundlichen Blicke der anderen zu kümmern. Nur der alte Baron von Baremsleben nickte ihm vergnügt zu und sagte: „Das freut mich, daß Sie nicht allein in der Ecke hocken bleiben, das verdanken wir nur wieder Madame Merville." Er hob sein Glas und verbeugte sich galant vor der Tänzerin Der Wirt war eben damit beschäftigt, das Glas Friedrich Augsburgers zu füllen. Kaum war es geschehen, da hob schon Barbette das ihrige, so daß Augsburger ihr wohl oder übel Folge leisten mußte. „Ihr Wohl, Madame," jagte er höflich, nicht mehr und nicht weniger und nur höflich, was der Tänzerin geradezu unfaßbar erschien. Sie hatte nun schon manchen Mann kennen gelernt, der sich ihr gegenüber erst ablehnend verhielt, um sie damit an- zuziehcn, hier fühlte sie aber, daß sie vor einem Manne stand, der absolut nichts von ihr wollte, den ihre Schönheit kalt ließ und der seiner völlig sicher war. Das machte sie unsicher und spornte sie doppelt an, den Widerstand zu brechen. Die Aufgabe erschien ihr sehr reiz voll, denn der Mann, der an ihrer Seite saß, war schön wie Apollo Und dann schien er noch ein ganzer Mann zu sein. Also ein seltenes Phänomen (Forneguna rolgr.»