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MMMTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung ktt der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung » Mk. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern ISPfg. AllePostanstaltcn Wochenblatt für Wrlsoruff u. Umgegend PostbotcnunduniereAus- ttäger und Deschäfisstellen — - - — —- nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im FuUa höherer Gewalt, Krieg oder sonstig.r Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandrer Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigrnpieir: die«gespaHencRaumzettcM L°idpf-nnig, die 4g-Ipalten-Ze>le der amllichenD-k°nntmach»»gcn «VSoN» Pfennig, die s gefallene Redlamezeile im textlichen Teile 100 Lochpfennig. Acchwcijungsgedühr ra Loldpicnnig. Bor. geschriebene Erscheinung-- tage und Platzvorschrislr« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bi-norm. 1b Uhr Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten A.^e geu übernehmen wir keme Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Benag durch Klage eingezogen werben muh oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadlrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 29S — 84 Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt«' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, 25 Dezember 1S25 Weihnachten. Leise nur wie ferner, ferner Gesang klingt dieses Jahr die Weihnachtsbotfchast in den wüsten, wilden Lärm des Tages hinein; fast ist es, als ob die Engelsstimmen, als ob der Engelswunsch des „Frieden auf Erden den Menschen, die guten Willens sind" ungehört ver hallen und verklingen, weil kein Friede da ist und sehr wenig guter Wille. Schärfer und schroffer steht alles gegeneinander, breiter und tiefer klaffen die Abgründe, wilder ballen sich die Fäuste zum Kampf der Leidenschaf ten, der Wünsche, der Forderungen. Schärfer und schroffer sausen die Worte hinüber und herüber, schärfer sind die Pfeile, die die eine Partei auf die andere abschießt, und schroffer ist Angriff und Verteidigung. Nicht einmal zu einem auch nur vorübergehenden Waffenstillstand scheint es mehr zu kommen; nur auf Vernichtung des Gegners ist es abgesehen. Klein ist die Zahl derer geworden, die sich einen kla ren Sinn dafür bewahrt haben, daß dies alles, was man so leidenschaftlich ernst nimmt, größtenteils dieser Ernst haftigkeit, dieser Leidenschaftlichkeit, dieser Schroffheit und Schärfe gar nicht wert ist. Angeblich handelt es sich dabei mimer um die „heiligsten" Güter, in Wirklichkeit sind es aber in der Regel die „heiligsten Güter" von Parteien, Klassen oder Ständen. Wir sind fast alle in Parteigeist innerlich verstrickt. Und gerade daß diese Verstrickung eine innerliche geworden ist, macht sie so gefährlich für das Schicksal unseres Volkes, macht das Kommen eines Frie dens immer schwieriger, weil der gute Wille immer sel tener wird ! Man will keinen Frieden, man will Haß, erbitterten Kampf, erbarmumngslose Feindschaft. Man will sich nicht verständigen, will sich nicht verstehen. Man hat ja sein patentiert und garantirt echtes System. Und System ist, wie Oswald Spengler einmal sagt, nichts anderes als der Wille, das Lebendige zu töten. Mit diesem System, wie mit einem Plattenpanzer bis an die Zähne gewappnet, das Visier heruntergeplappt, stehen die Parteien, die Klassen einander gegenüber. Und doch — so ganz sicher oder gefestigt, trotz der eisenstarrenden Rüstung, fühlt man sich doch nicht. Ist es denn aber nicht anders geworden im Verhält nis der Völker zueinander? Ist hier nicht endlich der Frieden gekommen? Hat man sich nicht endlich guten Willens einander genähert? Wir Deutschen, die wir seit zehn Jahren von einer ungeheuren Flut des Hasses umtobt sind, hoffen es ja; aber noch ist es nicht mehr als eine Hoffnung. Gibt es doch immer und immer wieder -Kräfte, die wie einst Herodes das kleine zarte Kindlein morden wollen. Kräfte sind es, die vom Haß leben, den Haß nicht sterben lassen wollen. Gerade jetzt in der Weih nachtszeit läuft in Amerika wieder ein Film, den man für die Ententeländer hergestellt hat. Die „Große Parade" heißt er und in ihm spielen die „verdammten Hunnen" eine große Nolle. In Südtirol, in der Tschecho slowakei, in Litauen — überall feiert der nationa listische Haß Orgien. Gegen alles, was deutschen Stammes ist. Und nur, weil es deutschen Stammes ist. Für uns Deutsche ist in der Welt der Friede noch nicht gekommen. Hilft es uns denn gar nichts, daß wir guten Willens sind, vor allem aber diesen guten Willen bewiesen haben bis zur Grenze des Menschenmöglichen?! „Gewalt fährt auf der Straßen", singt jener Walter von der Vogelweide, dessen Denkmal nationalistischer Fanatismus abbrechen lassen wollte. Politischer Kampf, wirtschaftliches Ringen im Innern, Kampf und Ringen unseres Volkes gegen die Feindschaft der Umwelt — das sind die Zeichen, unter denen wir Weih nachten 1925 erleben. Uns fehlt trotz Weihnachtsbaum und Lichterglan; das Wesentliche, nämlich die Liebe. Wir. feiern darum das Weihnachtssest vielfach mit den Lippen, nicht mit dem Herzen. Dort, in unserem Herzen, aber muß erst der Stern aufgehen, der wie einst vor fast zwei-, tausend Jahren über Bethlehem eine neue Zeit kündete, der das Dunkel der Knechtschaft, des Hasses, der geistigen Rot durchstrahlte. Der ein Zeichen dafür ward, daß dort das Hei! der Welt geboren wurde; der Erlösung bringen sollte und Frieden allen Menschen auf Erden, dis guten Willens sind. Dr. Pr, Russisch-Wisches Bündnis. Die Türkei hat ihren Gegenzug getan. In mehr- 'jähriger Arbeit ist es England gelungen, die Türkei von ihrem französischen Freund zu isolieren. Deut- -lich wurde auch, daß England beabsichtigte, der Sowjet republik gegenüber einen anderen Kurs einzuschlagen. Der Volkskommissar für das Auswärtige, Tschitsche - ^rin, fuhr nach Paris und alle Welt sprach davon, daß Rußland sich den Westmächten nähere. Nun aber kommt die Kunde davon, daß Rußland mit der Türkei einen Freundschaftsvertrag geschlossen hat. Und zwar aus gerechnet in Paris. Der dortige türkische Botschafter TewfikVeyhat mit Tschitscherin bei dessen Aufenthalt diesen Vertrag vereinbart. Jeder der beiden Staaten bleibt neutral, wenn einer von ihnen durch eine dritte Macht angegriffen wird. Und jede der beiden Mächte ver- dtticktet kick, kick an keinerlei Militarismen oder voliincken ! ' kekämpfung aer Crwrrbslokenfüilorgr Forderungen des EMtMes an das Reich. Der Deutsche Städtetag weinet sich in einem Aufruf an die Öffentlichkeit, in dem er an das Gewissen de? Reichsregierung zur Bekämpfung der Erwerbslosigkeit appelliert und vor allem Bereitstellung von Mitteln für die Gemeinden fordert. In dem Aufruf heisst es: Die außerordentliche Zunahme der Erwerbslosigkeit in den letzten Wochen ist im Vorstand des Deutschen Städtetages Gegenstand eingehender Beratung gewesen. Der Städtetag hat sich auf den Standpunkt gestellt, da st das Hauptgewicht darauf zu legen sei, die Betrieb: der Privatwirtschaft in Gang Zu halten, Soweit die Arbeitgeber aus Kapitalnot hierzu nicht in de? Lage sind, wird die Regierung eine umfangreich? Stützungsaktion unternehmen und der Industrie Kredit; zur Verfügung stellen müssen. i Der Städtetag hat ferner in einer an die Regierung Z gerichteten Eingabe gefordert, daß, um die Zahl der Er werbslosen zu vermindern, nicht nur die Gemeinden, son dern auch Reich, Länder, Reichsbahn und die sonstigen öffentlichen Stellen, die Aufträge zu vergeben haben, N o 1- i standsarbeiten durchführen. Bisher waren die G e: meindenfast allein Träger der Notstandsarbeiten. So weit es ihnen finanziell möglich war, haben sie auch Notz standsarbeiten dnrchgeführt. Diese Arbeiten erfordern abet derartige Zuschüsse von feiten der Gemeinden, daß sieft bei der eigenen finanziellen Notlage zurzeit nicht in ver Lage sind, mit den geringen Krediten der Negierung und ohne Zuschüsse des Reiches und der Länder die Notstands- arbeiten zu finanzieren. Dringend erforderlich ist es, daß den Gemeinden in weit größerem Umfangs als bisher Kredite zur Verfügung gestellt und ver lorene Zuschüsse für die Notstandsarbeiten zugebilligt wer den. Nur wenn diese Forderung erfüllt wird, wird e-t möglich sein, in größerem Umfange Erwerbslose mit Not standsarbeiten zu beschäftigen. ErwerSMeMsoW in Braunschweig. In einer Nachtsitzung beschäftigte sich der Braun schweigische Landtag mit der Lage der Erwerbslosen. Et stellte 388 860 Mark für produktive Erwcrbslosenfürsorgc -und 256 088 Mark für soziale Notstandsmaßnahmen zur Verfügung. Ferner wurde beschlossen, wie bisher, für ieineweitereErhöhungderErwerbslofen- u nterstützungssätze beim Reiche einzutrete« und Erhebungen anzustellen, wie der Erwerbslosigkeit durch Inangriffnahme von Arbeiten der landwirtschaftlichen und gewerblichen Unternehmen gesteuert werden kann, und über etwaige Darlehnsgewährungen hier für. Zum 1. Februar 1926 soll dem Landtag ein Plan zur Förderung der Neubautätigkeit vorge legt werden. Sozialdemokratische Anträge auf Erhöhung der Unterstützungssätze für Erwerbslose wurden abgelehnt. Befestigte deutsch-russische Freuudschsst. Berlin, 23. Dezember. Die „Rote Fahne" schreibt zu Tschischerins Besprechungen mit Stresemann im Auswärtigen Amt, daß ihr Gegenstand eine interne deutsch-russische Verständi gung sei, die als Gegengewicht von Locarno zu gelten habe. Tschitscherin selbst sagte Dienstag früh: Wir haben den Vertrag von Rapallo befestigt und die Freundschaft besiegelt. Eim Kaiserreich Italien? London, 23. Dezember. Wie die „Sunday Times" br richtet, hege Mussolini den Plan, mit voller Zustimmung des italienischen Königs im Laufe des nächsten Jahres das Königreich Italien zum Range eines Kaiserreiches zu erheben. Schwerer Sturm in Japan. Ber in, 23. Dezember. Der Norden Japans wurde von einem schweren Sturm heimgesucht, der viele Unglücksfälle im Gefolge hatte. U. a. kenterten 20 Fischerboote. 150 Fischer wer den vermißt. Line ganze Anzahl Häuser ist zerstört worden und 40 Fahrzeuge erlitten Schiffbruch. Bunonlsten zu veremgen, ole gegeneinander gerichtet stno. Alle etwa auftauchenden Streitfragen sollen nur in di rekter Verhandlung zwischen beiden Staaten ihre Erle digung finden. Alle finanziellen und wirtschaftlichen Ver träge zwischen beiden Staaten sollen im Geiste der neuen Vereinbarung ausgelegt werden. Es ist nicht anzunehmen, daß die Türkei oder ' Sowjetrußland diesen Vertrag dem Genfer Völkerbunde vorlegen werden. Vielleicht prophezeit man richtig, wenn man sogar dem Glauben Ausdruck gibt, daß die Türke! aus dem Völkerbunde aus treten wird. Niemand in der Welt wird es wohl geben, der nicht den Abschluß die ses Vertrages als eine entschiedene Geste gegen die Ent scheidung des Völkerbundes in der Mossulfrage be trachten wird. Die Kunde von diesem Vertrage wird in London und Paris wie eine Bombe einschlagen. Gewiß, man hat Tschitscherin nie unterschätzt, er ist zweisellos einer der begabtesten Diplomaten der Gegenwart. Aber einen derartigen Schritt im Augenblick, da das englische Unterhaus dem Spruchs des Völkerbundes über die Grenzziehung im Mosiulgebiet seine Zustimmung gibt, hat man ihm nicht zugetraut. Die Sowjetrepublik liebt die Überraschungen; eine solche von erheblicher politischer Tragweite war auch der Vertrag mit Deutschland in Rapallo. Neutral und neutral ist ein Unterschied; wenn die Türkei wirklich mit England in einen bewaffneten Kon flikt kommt, dann wird gewiß die russische Neutralität eine mehr als wohlwollende sein. Und daß dieser Ver trag der Kriegspartei in Angora den Rücken stärkt, ist ja, selbstverständlich. Das Verhältnis zwischen beiden Län dern war eine Zeitlang getrübt, weil die Bolschewik sierungsversuchs Moskaus in der Türkei völlig miß glückten. Der türkische Bauer ist für derartige Dinge gar nicht zu haben. Jetzt hat man sich begnügt, ein rein machtpolitisches Bündnis abzuschließen. Das wird natürs lich auch in Genf beim Völkerbund erhebliche Aufregung verursachen. Aber das wird ebenso der Türkei wie Ruß land recht gleichgültig sein. Die machtpolitischen Ent^ Wickelungen im Nahen Osten spielen sich eben ab ohne oder gegen den Völkerbund. Gerade Tewsik Bey hat soeben in Paris erklärt, daß die durch die Völkerbuttdentscheidung geschaffene Lage kritisch sei. Dis Türkei wolle keinen Offensivkrieg; „aber wie jede Nation wird die Türkei im Notsall tun, was die nationale Verteidigung erfordert; sie hält sich selbst für stark genug, ihre nationalen Gebiete >zu verteidigen." Der Botschafter hat auch hinzugesügt, daß die Beziehungen der Türkei zu Rußland sich auf den Mossuwertrag gründen, und Tschitscherin hat gänzlich un mißverständlich wieder einmal geäußert, daß für Rußland ver Eintritt in den Völkerbund ganz unmöglich sei. Man wird die Dinge in Genf wohl recht genau beobachten; man wird sich dort klar darüber sein, daß Vorderasien — uns Rußland muß man dazu rech nen — der Gefahrenvunkt für Europa ist. Mit brutalster Deutlichkeit wird durch den Vertrag der alte yistorijche Gegensatz zwischen England und Rußland in den Fragen der Orientpolitik wieder aufgerissen. Aber in Vorderasien sieht es nicht mehr so aus wie vor 18 Jahren, als man sich beispielsweise über Persien einigen konnte. Nicht mehr ist die Türkei ein Objekt der Politik, sondern ein sehr tat kräftiges Subjekt. Persien besinnt sich auf sich selbst und Afghanistan ist gleichfalls dem englischen Macht bereich entzogen. Nun steht hinter allen drei Ländern Rußland. In Indien, dem Drehpunkt der englischen Weltpolitik, ist soeben die Nationalversammlung zusam- mengetreten, um sich neue Rechte zu erkämpfen zu den vielen anderen, die das enge Band zwischen England und Indien schon stark gelockert haben. Und hinter alledem steht als drohender Schatten Rußland. Chamberlain, der englische Außenminister, hat mit dem russisch-türkischen Vertrag ein gerade nickt an- genehmes Weihnachtsgeschenk erhalten. Teilnahme Merk H an der WWAWkonsMW Wahrscheinliche Zustimmung des Kongresses. ) Nach einer Agenturmcldung aus Washington Hal Präsident Coolidge die Einladung des Völkerbundes, zu« vorbereitenden Konferenz für die Nüstungsbeschränkunä einen Delegierten zu entsenden, angenommen. Senator King von Utah brachte im Senat eine Entschließung einj daß die Vereinigten Staaien an der bevorstehenden Aba rüstungskonscrenz teilnrhmen sollen. „Daily Telegraph" berichtet aus Newyork, daß Präa sident Coolidge endgültig beschlossen habe, auf eigene Vera anlwortung Delegierte zur Abrüstungskonferenz zu enj^ senden. Man glaube nicht, daß der Kongreß dies miß« billigen werde. Lisnism in Ken Händen Zengs. Chaotische Zu stände in China. „Daily Expreß" berichtet aus Peking, es werde ge< meldet, die Truppen des christlichen Generals Fengyu- hsiang seien von Süden her in Tientsin cingedrunge«, nachdem sie die Bahnverbindung, die nach Nanking führtz unterbrochen hatten. Auch die Eisenbahn zwischen Pekinck und Tientsin sei aufgerissen und dadurch die Ab fahr; des internationalen Zuges verhindert worden. Nach den letzten Berichten ist auch die Eisenbahtz nach Hankau abgeschnitten worden. Mit dem Fall Ticn- tsiens hat Feng den nordchmesischen Marschallskrieg dort läufig zu seinen Gunsten entschieden. Der Rücktritt deH Präsidenten werde infolge des Sieges des Generals Feng» yuhfiang erwartet. Die Lage in China fei jetzt äußerst