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-e h-mdert offene Stellen, hat 171 betragen. Dieser Durchschnitt ergibt sich aus der Andrangsziffer bei den männlichen Arbeitnehmern mit 1L0 und bei den weiblichen Arbeitnehmern mit 135. Sehr ungünstig ist die Lage des Arbeiismarktes für Angestellte. Die Andrangsziffer betrug im Juni für männliche Bureauangsstellte 546, für weibliche 185. Arif 100 freie kaufmännische Siesten kamen S61 männliche, 360 weibliche Bewerber Typhus im Mick. Weitere Fälle in Hermeskeil, Ülzen und Langenbielau. Nachdem das Krankenhaus in Hermeskeil mit 20 T y p h u s k r a n k e n belegt ist, sind in den jüngsten Tagen weitere 50 Personen in isolierten Pri- vatwohnungen untergebracht worden. In Ülzen sind einige Paratyphuserkrankungen aufgetreten, deren Ursache nach kreisärztlicher Unter suchung aus den Genuß roher Milch zurückzuführen ist. Es wurden umfassende Vorkehrungen getroffen, um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Die Typhuserkrankungen in Langenbielau im Eulengebirge haben weiter um sich gegriffen. Bisher sind etwa 60 Fälle f e st g e st e l l t, von denen vorläufig drei tödlich verliefen. Die Ursache der Erkrankungen ist in den schlechten Wasserverhältnissen zu suchen. Die Wasser versorgung der gesamten Bevölkerung ersolgt durch einige Brunnen, von denen mehrere auf ärztliche Anordnung ge schlossen wurden. Kleine Nachrichten Amerikakredite für die Rentenbank. Berlin, 20. August. Die Verhandlungen der Deutschen' Reulenbank über umfangreiche amerikanische Kredite dauern nun schon ungefähr ein Vierteljahr an, ohne zu einem Er gebnis geführt zu haben. Dennoch können sie, wie man von unterrichteter Seite erfährt, als aussichtsreich betrachtet werden. Vor dem Abschluß von Anleiheverträgen ist aber noch die Klärung sehr schwieriger juristischer Fragen notwendig. Bon einem tollen Hund gebissen. Berlin, 20. August. Der bekanute Borer Kurt Prenzel hatte einen Unfall, der höchst unangenehme Folgen nach sich zog. Kurt Prenzel wurde von einem tollwütigen Hund ge bissen, und muß sich 20 Tage lang im Pasteurinstitut in Berlin täglich einer Schutzimpfung unterziehen. Französische Lusijpwnaße über Karlsruhe. Karlsruhe, 20. August. Heute früh kurz vor 8 Uhr erschienen über Karlsruhe vier französische Militärflugzeuge, oie ans der Richtung des besetzten Gebietes kamen. Sie über flogen den Nheinhascn und den Karlsruher Flugplatz. Über diesem hielt sich einer der Flieger längere Zeit aus und machte photographische Aufnahmen, während die anderen die Stadt überflogen. Sie setzten dann ihren Flug in der Richtung aus Mannheim fort. Die Badische Luftverkehrsgesellschaft hat dem Bezirksamt über den Vorfall sofort Meldung erstattet. Verhafteter Doppelmördcr. Köln, 20. August. Hier wurde der Fabrikarbeiter Hom bach, der in der Nacht zum 20. Oktober 1918 den Schutzmann von Karnap bei Ausübung seines Beruses in Kalk hinter rücks niedergeschossen hatte, erneut festgenommen. Hombach war seinerzeit aus dem Gefängnis befreit worden und nach Holland geflohen. Er wird auch von der Polizei Essen wegen Erschießung eines dortigen Schutzmannes gesucht. Freispruch lm Kommunisienprozeß Schneider u.Gen. Leipzig, 20. August. In dem Prozeß gegen die Kommu nisten Schneider, Maier, Stcgmeier und Leibfarth vor dem Staatsgerichtshos zum Schutze der Republik verkündete der Gerichtshof heute nachmittag folgenden Beschluß: Alle Angc- liaglcn werden auf Grund des Amncsticgcsetzes vom 19. August 1925 sofort auf freien Fuß gesetzt. Das Verfahren wird eingestellt und die Kosten werden von der Staatskasse übernommen. Ein Jnflationsopfer. Schleiz, 20. August. In Schleiz hat der einstige Besitzer der Schleizer Zeitung, Emil Hoffmann, ein tragisches Ende gefunden. Wegen eines Herzleidens mußte er vor dem Kriege seine Buchdruckerei, in deren Verlag die Schleizer Zeitung erscheint, verkaufen. Da er sein ganzes Vermögen durch den Krieg und die Inflation verloren hat, hat der betagte Mann sich mit Gas vergiftet. Dollaranleihe für München. München, 20. August. Nach einem Funkspruch aus New uork stehen die Verhandlungen der Stadt München mit dem z amerncnunyen -vanryaus zwecrs einer Anleihe turz vor den ! Abschluß. Die Anleihe wird in Höhe von etwa 8,7 Millioner Dollar mit einer 8 Aigen Verzinsung ausgelegt werden. Tei Äusgaüeknrs steht noch nicht genau fest. Das Ende von „U 20". Kopenhagen, 20: Anglist. Die dänischen Marinebehörden beabsichtigen, sobald es die Verhältnisse auf See zulassen, das ! 77rack des ehemaligen deutschen Unterseebootes „U 20" in die I Lust zu sprengen. Es ist dies jenes deutsche U-Boot, das die i ..Lusitania" torpedierte. „U 20" ist am 16. September 1916 j m der Nahe von Harboore an der Westküste Jütlands umer- t gegangen. Dänemark unterzeichnet das SchmugglerbekämpfungS- abkommcn. Kopenhagen, 20. August. Im Herbst 1924 hatte sich eine i Sachverständigenkonferenz unter Teilnahme Dänemarks, Nor- z wegens, Schwedens, Finnlands, Rußlands, der baltischen Staaten, Danzigs und Deutschlands mit der Bekämpfung des Schmugglerunwesens in der Ostsee befaßt. Gestern hatte der dänische Gesandte in Helsingfors das bei dieser Konferenz zustande gekommene Abkommen für Dänemark unterzeichnet. Nach dem Abkommen wird die strengste Kontrolle der Alkohol ausfuhr und die Verpflichtung eines jeden Staates, in einem Radius von 12 Meilen jedes Schmugglerschiff der Vertrags- staaten sofort aufzubringen, ausgesprochen. Herabsetzung der Eiscnbahntarife in Südslawien. Belgrad, 20. August. Das südslawische Verkchrsministerium hat neue Tarife für den Personen- und Frachtverkehr auf der Grundlage der Vorkriegstarife ausgearbeitet. Die Tarife werden demnach vom 1. September an um 25—30 A ermäßigt werden. Keine Verhandlungen mit Abd-el-Krim. Tanger, 20. Angust. Zwei diplomatische Unterhändler, und zwar ein Spanier und ein Franzose, haben sich mehrere Wochen laug in Melilla und Tanger ausgehalten, um mit Sendlingen Abd-e!-Krims, die man erwartete, in Verbindung zu treten. Da diese nicht erschienen — ein Zeichen für Lie nw verjöhuliche Haltung des Kabhlenftthrers — erhielten die beiden Unterhändler Befehl, auf ihre alte« Posten zurückzu kehre». ( Hu» unlUer Primat ) Wilsdruff, am 21. August 1925. Merkblatt für den 22. August. Sonnenaufgang 4°° !i Mondausgang 7" V. Sonnenuntergang j- Monduntergang 8^ N. 1864 Abschluß der Genfer Konvention. — 1914 Sieg der !lrmee des deutschen Kronprinzen bei Longwy. Kupfergeld ausreichend vorhanden. Aus Mangel an Zahlungsmitteln über Werte unter 5 Reichspfemngen war >er Verkehr in weitem Maße dazu übergegangen, kleine Beträge nach oben auf volle 5 oder 10 Pfennig abzurunden md Preise, Gebühren u. dergl. von vornherein so anzu- ctzen, daß sie auf den abgerundeten Betrag auslaufen. Da eine solche Gewohnheit geeignet ist, die Neigung zur ' Erhöhung der Preise zu unterstützen, ist die Reichs- Regierung bestrebt gewesen, durch genügende Herstellung ?on Ein- und ZweipfennigstüÄen Abhilfe zu schaffen. Nünzen über diese Werte sind zurzeit in ausreichenden Mengen vorhanden, werden jedoch nach Mitteilung der Reichsbank nnr in geringem Maße angefordert und fteiben ungenutzt in den Kassen der Reichsbank liegen. Dieser Umstand spricht dafür, daß die Umstellung des Ver- ehrs auf die Pfenuigrechnung nur zögernd vor sich geht. Da diese aber im Einzelhandel verbilligend wirkt, sollte edermann nach Möglichkeit hier fördernd tätig sein. Die Behörden sind bereits angewiesen worden, in möglichst zrotzem Umsange Kupfermünzen anzufordern und (ins- wsondere bei Lohn- und Gehaltszahlungen) in den Ver- !ehr zu bringen. Die Abortonlagen in der Schule sind nach Hem notwen digen Umbau nu.zmchr wieder in Benutzung genommen worden. Neue Becken Mil Sitzbrettern sind ausgestellt, »WafsevspAun und Kläranlage eingebaut worden, so daß die Anlage nunmehr den hygienischen Anforderungen voll entspricht. Die Netiamelafel-Angelegenheit kam gestern vormittag vor dem hiesigen Amtsgericht zur Verhandlung. Wegen Betrugs mar der Inhaber des Reklame-Verkehrsverlags in Loschwitz an geklagt. 8m Februar d. I. hatte er beim hiesigen Stadtrat die Genehmigung zur Aufstellung einer Reklametafel mit Ori-entte- rungsplan in der Nähe des Bahnhofs nachgesucht und erhalten, gegen 30 hiesige Geschäftsleute für die Tafel interessiert und Vorauszahlungen in Höhe von 600 Mark eingesteckt. Die Täfel war damals wohl in Auftrag gegeben uud gemacht, -aber erst viel später auf dringende Mahnung bezahlt worden. Der Maler meister sollte die Tafel malen, verlangte aber 100 Mark Vor schuß. Und da derselbe nicht geleistet wurde, unterblieb bisher auch jede Weiterarbeit. Der Angeklagte, der in verschiedenen Orten schon solche Tafeln aufgestellt hat, hat sich um die Sache selbst gar nicht weiter gekümmert und glaubte -anscheinend, mit der Auftragserteilung ay den Maier seine Pflicht getan zu habe» Daß er aber auch an die Bezahlung desslben denken -mußte und dazu von -den emkäMerten Geldern von 600 -Mark recht wohl in der Lage gewesen wäre, machte ihm das Gericht begreiflich. Es verurteilte ihn zu einem Monat Gefängnis und in die Kosten des Verfahrens. Der Verurteilte hat Berufung eingelegt. Er will die Tafel sobald als möglich au-f-stellen.. Ein bedauerlicher Unglücksfall trug sich am Dienstag in -der Möbelfabrik der Firma Kirsch üc Richter zu, wo der Mafchincu- arbeiter Karl Teller mit der Hand in die Fräsmaschine geriet. Er wurde ins Meißner Krankenhaus gebracht, wo ihm zwei Finger amputiert -werden mußten. „Die Flucht aus dem Heere der Heimatlosen" bcüt-elt sich ein großes Fil-mwerk, bas in den „Lindenschlößchen"-Lichtspielen am Freitag und Sonnabend abends 8 Uhr vorgsfL-hrt wird. Es schil dert die unsäglichen Erlebnisse, Leiden und Qualen eines Flücht lings -aus der -Fremdenlegion und will unserer Jugend eine ernste Warnung sein, den Lockungen un-b.Bersprechungen französischer Webber zu folgen, -die hier und dort ihr -verbrecherisches Hand werk betreiben. Die Vorstellung gewinnt besonders auch dadurch, daß der Fremdenlegionär an beiden Abenden persönlich austritt. Besonders unserer -männlichen Jugend kann also der Besuch warm empfohlen -werden. Pslaumcuernie. Reicher Segen, wenn auch nicht der höchste, beugt in diHe-m Jahre die Zweige Ler Pflaum end äume tief, sonst seufzt ja kein Baum unter solcher Last. Die Pflaume ist immer treu, völlig versagt sie nie, wohl aber ist ihre Lebensdauer ge ringer. Dreißig Jahre kann mit Ertrag bei dem Baume ge rechnet weihen. Aepfel und Birnen erreichen meist ein doppeltes Alter, wenn Schädlinge den Lebenssäften nicht beikommen und die Bäume fleißig g.wartet Melden. Pflaumenarten sind in ziemlich er Zahl in unserer Gegend -vorhanden, doch ist die blaue, gewöhnliche G-artenpftLume wohl die meistverbreitetste, schon wgeu dem köstlichen Mus beliebt und bekannt. Warnung für Uebermütige! -Lin Eisenbohrer in Chemnitz wurde vom Amtsgericht Chemnitz -mit zwei Monaten Gefängnis und 30 Mark eventuell -weiteren z-chn Tagen Haft besttast, well er -aus Aebermut die Feuerwehr böswillig -alarmiert -hatte. Weiterer Rückgang der Betriebsstillegungsanzeigen. Die Zahl der beim sächsischen Aröestsm-imstm in der Zeit vom 1. bis 15 .August emgereichlen Anzeigen über beabsichtigte Still legungen von Betrieben weist gegenüber der zweiten Hälfte des Juli abermals einen Rückgang nach und zwar von 34 auf 32, während sie in der ersten Hälfte des Juli sich auf 41 belief. Die meisten Anzeigen, nämlich 7, rühren wieder -aus der Textil industrie her, je 5 stammen von Ziegeleien, der Metallverarbei tung und -der Industrie der Maschinen, Instrumente und Appa rate, je 3 -aus -der Industrie der Steine und Erben und der Papierindllstr-ie. 2 Anzeigen find von der Industrie -der Holz- und Schmtzstoffe, je eine -von der Faserstostbearbeilung -und dem Baugewerbe eingereicht worden. Von den Hochschulen. Im Anschluß an die Verordnung über die Zulassung besonders Begabter ohne Reifeprüfung WM Stu dium an der Universität Leipzig oder an der Technischen Hoch- fchüle Dresden hat das Ministerium für Volksbildung bestimmt, daß die auf -Grund dieser Verordnung immatrikulierten Studie renden zu den landesrechtlich geregelten Prüfungen zuzulassen sind, sofern sie die übrigen in den -einschlägigen Prüfungsord nungen vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt haben. Winterausgaben des Reichskursbuchs. Die Nachrichten stelle der Oberpvstdirektion teilt mit: Die erste Winterausgabe 1925/26 -des Rsichskursbuchs mit den am 4. Oktober in Kraft tretenden W-mterfahrplänen wird pünktlich in den -ersten Tagen des Oktober -erscheinen, di; zweite Wint-erausg-abe (15. Dezember) wirb in der Zeit vom 10. -bis 13. Dezember den Abfatz-Post- anstalten zugchen. Der Verkaufspreis für -ein Reichstursbuch ist wieder -auf 6,50 Mark festgesetzt -worben. Der Verkaufspreis für die Anfang -Oktober erscheinenden Sonderausgaben -der drei ersten Teile beträgt -ebenfalls wieder 2 Mark -für -das Stück. Nur gültige Frachtbriefe verwenden. Ab 1. Juli 1925 wer den Frachtbriefe im Ausmaße von 380 X 300 Millimeter nicht -mehr angenommen. Es gelten nur noch die seit 1. Juni 1923 gesetzlich vorgeschrieben-en Frachtbriefvordrucke in den Ausmessun gen 420 X 297 Millimeter. Anträge auf Weiterverwendung uw gültiger Frachtbriefe sind zwecklos. Vas GMckssi'mbLnä. Roman von Renttoh. 3) (Nachdruck verboten.) „Ich muß wirklich gehen", sagte da wieder die milde, , weiche Stimme des jungen Mädchens, das offenbar den Dank und die ganze Szene abzukürzen wünschte. Doktor Norbert aber wollte eben vortreten, noch ein paar Worte sagen, um dieses eigenartig liebliche Wesen noch festzu halten, als Mimi von Salten sich plötzlich an ihn drängte und ihn mit einem sichenden Blick anschaute. „Bleiben Sie bei mir!" bettelte Mimi von Salten. »Ich fürchte mich! .Dich weiß kaum, wovor, aber das eine weih ich: Sicher bin ich bei Ihnen I" Wie ein Kätzcben tchmiegte sie sich an den hoch ge wachsenen, schlanken Mann und sah mit einer Hingabe einer Liebe zu ibm auf, die sich viel zu deutlich zeigte, um nicht echt zu sein. Norbert verstand den Blick, und in sein Antlitz trat ein herber, fast abweisender Zug. Aber das Mädchen, das bis jetzt noch wie wartend dagestanden hatte, sah diesen Zug nicht, sab nur die schöne, reizvolle Frau, wie sie sich an semen Arm hing, sah den Ausdruck einer starken Leiden schaft in diesen beweglichen Zügen; ein seltsam wehes Ge fühl überkam sie, und mit einer raschen Wendung bog sie nach rechts hinüber, um sogleich in den breiten Schatten des Domes unterzutauchen, ohne jedoch zu bemerken, daß eine zweite Gestalt ihr folgte. Frau von Salten vernahm das leise Geräusch der fortgleitenden Schritte und blickte fick um. „Ah" — sagte sie — „die Dame ist fort. „Und — und die blaue Schlange ist auch fort!" Es sollte bedauernd klingen, aber es war doch ein Ton wie von innerer Befreiung in den Worten. Doktor Norbert aber stand da und blickte mit hilflosem Erstaunen auf den Platz, wo eben noch die schlanke Gestalt gestanden hatte. Nun war sie fort. Doch das konnte und durfte nicht sein! So vertraut war ihm dieses feine, liebe Ant ¬ litz erschienen, das er noch nie zuvor gesehen, so lieb diese Augen! Er griff sich an die Stirn. Gab es denn das? So lange hatte er nun schon still und ruhig gelebt und war stets innerlich einsam geblieben. Da, ganz plötzlich, tauchte aus allen den Tausenden eine Gestalt auf, eine Fremde, die er nie gesehen, und diese war ihm mit einem Schlag vertrauter geworden als die ältesten Bekannten; wie ein starker Zug ging es von einem zum andern. Gab cs das wirklich? Er hatte immer geglaubt, nur in Romanen sei derartiges zu lesen, und nun hatte er es selbst erlebt. Es war wie ein Märchen! Aber das Märchen war aus. Die holde Erscheinung war verschwunden, und er wußte nichts von ihr als ihren Vornamen: „Christa". Plötzlich fühlte er, wie Mimi von Salten nervös zu sammenzuckte. Hatte er den Namen „Christa" laut aus- j gesprochen? ' - „Doktor," sagte sie dann scharf, „mir scheint, Sie träumen. Kommen Sie zurück in die Wirklichkeit! Ich muß mich beeilen, denn ich singe heute abend beim Fürsten H. Vorher aber muß ich noch nach Hause, muß Toilette machen, muß diesen ganzen, peinlichen Eindruck zu über winden trachten. Ich bitte Sie, kommen Sie ein Stück mit mir! Ich fühle mich immer so geborgen neben Ihnen; auch ist mir wirklich noch gar nicht recht wohl! Immer sehe ich vor mir dieses schreckliche Auto und dann — dann Sie — und die blaue Schlange, von der die Zigeunerin einst sagte, sie werde für mich das große Endziel meines Lebens bedeuten." Wieder sah sie mit einem weichen, hingebenden Blick empor zu dem Manne an ihrer Seite, doch Doktor Nor bert beachtete dies nicht; ihm klangen nur ihre letzten Worte noch immer im Ohr nach: „Dis blaue Schlange wird das große Endziel deines Lebens bedeuten." Nein l Die blaue Schlange wohl nicht! Aber vielleicht das schöne Mädchen mit dem feinen, stillen Antlitz und den tiefen warmen Augen, an dessen Arm der uralte Reif schimmerte, dieses Mädchen, das so plötzlich auftauchrs in dem unendlichen Getriebe der Großstadt, um ebenso rasch zu verschwinden und vielleicht nie mehr wiederzukehren. Doktor Norbert schritt schon längst mit der schönen Frau durch die belebten Straßen, und mancher neidische Blick streifte ihn, dem es vergönnt war, eine der belieb testen und bekanntesten der Wiener Bühnenkünstlerinnen zu führen. Er aber hörte nur mit halbem Ohr auf ihr liebliches Plaudern, sah im Geist noch immer nur jene andere vor sich in ihrem eigenartigen Reiz und bemerkte, kaum, daß allmählich auch Mimi von Salten stiller undz stiller wurde, daß ein trauriger Zug in ihr geistvolles, lebensprühendes Antlitz trat, bis sie endlich selbst ein Auto heranwinkte. „Ich willfahren !" sagte sie müde, ein wenig schmollend, wie ein Kind, dem das Schicksal einen Wunsch ver weigert. „Adieu, Herr Doktor, adieu i Sie sind heute sehr zerstreut! Denken Sie nur nicht allzuviel an die blaue Schlange! Schlangen pflegen meist kein Glück bringen." Es sollte scherzhaft klingen, aber es war doch ein bitterer Ton darin, und bitter blieb auch die Miene der schönen Frau, als sie dann allein, im Wagen zurückge lehnt, nach Hause fuhr. Doktor Norbert stand noch eine kleine Weile, sah dem davonrollenden Gefährt nach, und ein Seufzer der Er» leichterung hob seine Brust. Gottlob, er war allein! Und wieder schien ihm aus dem Nebel, aus dem Geflirr der Lichter und dem lebhaften Treiben ringsher das liebe Mädchengesicht emporzutauchen, und daneben glänzte der dunkelblaue Reif, blitzten zwei feurige Rubin») äugen zu ihm herüber, während aus dem Krönlein von Opal bunte Funken sprangen. Und auch spät, als er sich zur Ruhe begeben, glitt noch durch seine nächtlichen Träume die blaue Schlange.' (Fortsetzung folgt.)