Suche löschen...
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192507095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19250709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19250709
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-07
- Tag 1925-07-09
-
Monat
1925-07
-
Jahr
1925
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AilsamNerTageblatt r »Istt Nr. IS7 — vonnrrslag, arn Jun!yrs Mittag im Weizenfeld. Der Mittag ruht im Weizenfeld, Ganz überstrahlt vom Manz der Sonne, Die Halme hüten feinen Schlaf U-nd schauern wie in tiefer Wonne. Es neigen sich die Aehren leis, Daß sie des Mittags Atem streife Und nach des Schöpferworts Geheiß Die Fülle ihrer Körner reife. Daß es an ihnen sich erfüllt, Was wachsend sie in sich getragen, Und idas Geheimnis sich enthüllt Aus der Befruchtung fel'gen Tagen. Johanna Weiskir ch. Oie Teuerungswelle. (Von einem Fachmann.) Mancherlei Lcbensmittelpreisc haben vor Pfingsten um 20 bis 30 2S angezogcn, sind nach dem Feste eine Kleinigkeit herunlergegangen und hielten sich auf dieser Höhe, obgleich keinerlei genügende Ursache zu erkennen war. Auch Holz stieg um 30 9L, Papier um 30 bis 50 Wie gemeldet wird, gibt es Wirtschaftskreise, die schon so fest an weitere Preissteige rungen glauben, daß bei ihnen eine deutliche Angst vor Ver käufen wahrzunehmen ist. In vereinzelten Fällen soll man sich sogar nicht mehr an die vereinbarten Preise gehalten haben, weil die Gestehungskosten inzwischen schon gestiegen waren. Das wären, treffe» die Meldungen zu, Fieberzeichen. Eine neue Inflation wird und darf auf keinen Fall eintreten. Keiner darf sich darüber täuschen, daß eine Vermehrung des Notenumlaufs mit brutalsten Mitteln verhindert werden wird. Es wird von den Behörden ver sichert, daß die Wirtschaft dann genau so hart behandelt werden würde wie die Beamten beim Abbau, wenn erforderlich iein sollte, damit eine neue Inflation zu verhüten. Man muß heute allen preisbildenden Wirtschastsfaktoren die Frage vor- lcgen, ob es nicht in ihrem Interesse liegt, wenn sie diese Maßnahmen vermeiden und dafür durch freiwillige Opfer verhüten, daß eine für die Bevölkerung untragbare Preis steigerung eintritt, die zu Löhn- und Gehaltserhöhungen führen muß, wodurch wieder die Preisschraube angekurbeU unrd und wir in die Gefahr kommen, daß der Geldumlauf nicht mehr ausreicht. Solche freiwilligen Opfer werden be stimmt billiger sein als Zwangsmaßnahmen, wie wir sie erlebt haben. llber die Gründe, die zu diesen Preissteigerungen geführt haben, haben sich befriedigende Erklärungen aus dem vielen Gedruckten und Gesagten nicht ergeben. Man operiert verdächtig viel mit allgemeinen Redensarten, so daß der Ver dacht entstanden ist, daß der Abbau der Notverordnungen und die Hoffnungen aus Preissteigerungen durch die Zollvor lage mitsprächen. Außer allem Zweifel steht, daß wir noch immer an Folgeerscheinungen aus der Inflationszeit kranken. U. a. Wird ein regulärer und gesunder Preis dadurch ver hindert, daß eine große Zahl von Jndustriewerken in der Inflationszeit Anlagen geschaffen oder sich Unternehmen an gegliedert haben, die sich heute nicht mehr rentieren. Der Handel ist überfüllt. Der Lebensmitte'handel hat sich gegen die Vorkriegszeit um 90 bis 100 A vermehrt. Der Konsum wird durch die Geldnot erheblich beeinflußt. Die Folge ist dorr u. a. eine untragbare Belastung mn Kreditzinsen, hier entfällt auf den einzelnen Warenposten infolge des verringerten Umsatzes ein höherer Unkostensatz. Da man weniger em- nimmt, muß der relativ gleichbleibende Unkostensatz aus eine kleinere Menge verteilt werden, ist mithin höher. Ein Teck des Handels hat noch immer nicht gelernt, die persönlichen Ausgaben auf das Maß zu beschränken, das die verminderten Einnahmen vorschreiben. Er verlangt von den kleineren Ein nahmen und den verringerten Umsätzen den gleichen Rutzen, und das ist eine Unmöglichkeit. Das Streben nach vermehrtem Umsatz bedingt eine Be schränkung in Anwendung des Unkostensatzes, auch der Aus gaben für persönlichen Bedarf, auf das Mindestmaß. Wer diesem absolut richtigen Grundsatz zuerst Rechnung trägt, kann zuverlässig damit rechnen, daß eine solche Einschränkung nur eine vorübergehende ist, die sehr bald durch erhöhte Rentabili tät seines Geschäftes ausgeglichen wird. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß auch im Kleinbetrieb ein Ausscheidungs Prozeß vor sich geht, der durch keinerlei Maßnahmen der Ver bände und der Regierung aufgehalten werden kann. Ein Finanzmann, dem man genaue Kenntnis der Wirtschaft zu trauen kann, verstieg sich zu dem Ausruf: „Im Herbst wird unsere Währung fester-wie je stehen, aber wir werden keine Wirtschaft mehr haßen." Einem solchen Ausscheidungsprozeß die schlimmsten Härten zu nehmen, kann nur den Wirtschasts- teilen gelingen, Sic stehen heute vor der Alternative, durch Anspannung der Preise Selbstmord zu verüben oder durch sehr unangenehme, aber kluge Selbstbeherrschung ihre Existenz zu einer gesunden zu machen, sie durch freiwillige Opfer zu funda mcnticren. Wird man dazu klug genug sein? Die Teuerung trifft die breiten Massen empfindlich und hat deshalb in der Öffentlichkeit den Ruf nach dem Wucher- gericht und der Preisprüf ungs stelle veranlaßt. Die Wuchergerichte sind im vorigen Jahre abgebaut und die Preis prüfungsstellen außer Gefecht gesetzt. Bekanntlich sieht der dem Reichsrat zugegangene Entwurf der Verordnung über Abbau der Notverordnungen den Abbau der Preisprüfungsstellen vor. Dir Wucherbekämpfung wird künftig bei den Polizeiverwal- lungen und dem Reichswirtschaftsministerium liegen. Der Ab bau der Notverordnungen war ursprünglich weiter gedacht Wenn der Abbau in den Parlamenten — wie wir hören, wird sich auch der Reichstag damit zu befassen haben — weiter beschnitten wird, ist die jetzige Teuerung die Ursache. Haben die Preisprüfungsstellcn aber in der Tat zu einem Niedrighalten der Preise beigetragen? Ihre Existenz mag manchmal vorbeugend gewirkt haben. Eine Teuerung zu ver hindern oder einen Preisabbau zu veranlassen, gelingt keiner polizeilichen oder verwaltlichen Maß nahme. Aber die Teuerung kann abgeschwächt und verlang samt, der Preisabbau gefördert werden. Das haben die Preis prüfungsstellen erreicht. Es kann auch zugegeben werden, daß sie dies in einer verhältnismäßig milden Form erreicht haben. Der Vorwurf, den man ihnen mit Recht machte, ist aber der, daß sie infolge ihrer unzureichenden Machtvollkommenheit nicht alle Glieder des Wirtschaftsprozesses erreichten. Es fehlte ihnen eingestandenermaßen die Macht, die großen Kartelle und Verbände zu kontrollieren. Ob aber künftig eine gedeihliche und eine schnelle Bekämpfung der Preisauswüchse bei einer Zusammenarbeit zwischen den rein örtlichen Polizeiverwal- tungen und dem Reichswirtschaftsministerium möglich ist, er scheint nicht ohne weiteres glaubhaft. Es muß nach den jüngsten Ereignissen genau geprüft werden, ob der Abbau der dlotverordnungen so durchgeführt werden darf, wie es vor gar nicht so langer Zeit möglich erschien. Ganz besonders scharf muß geprüft werden, ob wir nicht eine Stelle brauchen, die — vielleicht den Landesregierungen beigegeben — schnell und mit ausreichender Machtvollkommenheit beratend, beobachtend bei ungerechtfertigten Preissteigerungen eingreisen kann. Richt nur im Interesse des Verbrauchers, sondern auch der Kleihandels-- und Gewerbetreibenden, die nicht preisbildend wirken können und die nicht ohne Schutz gelassen werden dürfen, wenn nicht die preisbildenden Faktoren soviel wirtschaftliche Einsicht haben, durch gesunde Preisbildung zu beweisen, daß sic eine Überwachung nicht mehr nötig haben. O I. S. Oer Kampf um -ie Agrarzölle. Die Ansichten der Sachverständigen. Der vom Handelspolitischen Ausschuß des Reichstages eingesetzte Ausschuß für die Agrar-Enquete trat unter Leitung des Staatssekre tärs a D. Auaukt Müller in keine sachlichen Arbeiten j ein. Der Ausschuß beschäftigte sich zunächst mit den welt wirtschaftlichen Zusammenhängen, wobei der deutschnatio nale Fragebogen des Freiherrn v. Richthofen sowie ler sozialdemokratische und kommunistische Fragebogen zur Besprechung kamen. Pros. Scring gab als Sachverständiger zunächst einen al^ meinen überblick. Er führte u. a. aus, daß sich die Pre^e stets nach den höchsten Produktionskosten richteten. Seiur Prognose gehe dahin, daß mit großer Wahrscheinlichk.tt für die Zukunft mit dem Steigen der Getreide- Preise gerechnet werden könne. Aus Vorsicht vor Rück schlägen würde er es für richtig halten, Getreide- zölle bereitzuhalten. Auch die Viehpreise würden steigen. Man müsse mit gewissen Gefahren rechnen, aber doch die Frage, ob die volkswirtschaftlichen Produktions verhältnisse sich so geändert haben, daß dieLandwirt- schaftheutedenZollschutzentbehrenkönne, bejahen. Es knüpfte sich an dieses Gutachten eine leb hafte Fragestellung, an der sich besonders Freiherr von. Richthofen (deutschnational) und die Sachverständigen Pros. Warmbold, Pros. Bonn und Kommerzienrat Rab- bethge beteiligten. Serings Ansicht, daß die Preise höher steigen würden, wurde vielfach bezweifelt. Prof. Serina hob in seinem Schlußwort hervor, das; er auch heute now für einen gewissen Schutz der Landwirtschaft eintrete. Es sei aber ein gefährlicher Weg, die landwirtschaftlichen Zölle mechanisch an die Jndustriezölle angleichen zu wollen. Im weiteren Verlauf der Beratungen gab ein Re gierungsvertreter in vertraulicher Sitzung einen überblick über die Frage, inwieweit bei den Handelsver tragsverhandlungen Getreidezölle Kompensationszölle sind. Dann sprach der Lehrer der landwirtschaftlichen Betriebs lehre, Pros. Aeroboe, der Getreidezölle nur als Kampfzölle zulassen will. Er fordert Zollfreiheit für Futtermittel, dagegen Schutzzölle für tierische und Molkereiprodutte. Gegenüber den Argumenten, daß Zoll freiheit für Getreide nnd Futtermittel einen Teil der deut schen Landwirtschaft schädigen würde, sagt er, daß es keine Zollvorlage geben könne, die alle Betriebe gleichmäßig be rücksichtige. Sr. Schacht über die Seehandlung. Berlin, 7. Jult. Im preußischen Barmat-Au sschntz erklärt- Reichsbankprüsident Dr. Schacht, daß die vou der See handlung an Kutisker und Barmer gegebenen Summen außerordentlich hoch gewesen seien, und daß ihre Hin gabe volkswirtschaftlich nicht zu vertreten sei. Zusammen fassend sagte er dann noch einmal, daß die Seehandlung den ungeheueren Umwälzungen der Jnflationsperiode sich nicht gewachsen gezeigt habe. An die einzelne Persönlich keit seien Anforderungen herangetreten, die sic nicht erfüllen konnte, und es habe auch die Moral mancher der Herren nicht standgehalten. In der Staatsbank habe eine allzu bureaukratische Ressortteilung geherrscht; der Geist des kollegialen Zusammenarbeitens habe gefehlt. Trotzdem müsse gesagt werden, daß der größere Teil der Schuld an den eingetretenen Wechselfällen dem Schicksal zuzuschreiben sei. Wenn die Staatsbank durch die Post Gelder zu hohen Zinsen angeboren erhielt, hätte sie sie zurückweisen sollen, da das öffentliche Geld eine Belastung der Wirtschaft fei. Die Verhandlungen des Ausschusses wurden dann mit der Vereidigung mehrerer der vernommenen Zeugen fort gesetzt. Der ehemalige Reichskanzler Bauer erklärte, daß er bei seiner Aussage, daß er keinerlei pekuniäre Vor teile durch die Beziehungen zu Barmat gehabt habe, stets davon ausgegangen sei, daß es sich um das Verhältnis zur Staatsbank handle. In nicht öffentlicher Sitzung äußerte sich dann auch der frühere Berliner Polizeipräsident Richter noch einmal über seneprivatenBeziehungen zu Barmat Rheinlandstöchter. 39) «oma« von Clara Biebig. „Ich wru nun gehen", sagte sie und nickte. „Adieu, liebes Fräulein!" Und dann, wie von einem plötzlichen ? Impuls getrieben, eilte sie auf Nelda zu und ergriff deren i beide Lände. „Ich danke Ihnen — Sie waren immer so - gut — ich —" die Stimme versagte ihr, eine tödliche Blässe ; überzog ihr Gesicht, man hätte nicht geglaubt, daß es noch s blasser werden könnte. Sie schwankte. „Nein, Sie dürfen nicht, ich kann Sie nicht lassen!" Nelda sah erschrocken aus, es kam ihr ein plötzlicher s Gedanke, sie wußte nicht woher. Ihr war ordentlich un heimlich. Von dieser Gestalt in dem mattblauen, etwas zerknitterten Frühlingskleid, seltsam verhängt mit der Pelerine des alten Regenmantels, dazu der modische Hut mit dem Büschel nickender Mohnblumen schlecht paßte, wehte ein Hauch des Unglücks. Diese zusammengewachse nen Brauen schienen noch finsterer. Jetzt fiel ein Sonnen strahl auf den blassen Mund; die Lippen durchsichtig, jeder Blutstropfen aus ihnen gewichen, und etwas wie ein lastendes Geheimnis darauf. Nelda faßte Fräulein Bergs Hand und sah ihr von wrten herauf forschend in die Augen. „Sie sind unglück- - lich", sagte sie leise. f „Ich? Haha!" Veva Berg lachte nervös, griff dann um sich und stützte sich auf den Knauf des nächsten Bett pfostens. „Ich — haha — ich hahaha!" Das Lachen war s gar nicht mehr anzuhören. Es klang schrill, fast schrecklich, j „Jetzt gehe ich — adieu — bald wird mir wieder ganz s wohl sein!" Nelda wußte nicht, wie ihr geschah, sie fühlte die zwei ! heißfeuchten Hände des Mädchens an ihren Wangen, ein Kuß streifte ihren Mund. Ein geflüstertes: „Ich danke Ihnen", und Vera Berg schritt schwerfalllg zur Tür. Das Schloß schnappte ein; sie war fort. Nelda sah mit großen Augen um sich — wie seltsam! Aber Fräulein Berg war ja mitunter sonderbar. Und doch fing ihr das Herz an zu klopfeir; sie sprang auf, jagte den langen Gang entlang, durchs Berliner Zimmer, hin zur Korridortür. „Fräulein Berg, Fräulein Berg!" Aber niemand war > mehr auf der Treppe. Sie stürzte in Herrn Schmolkes Vor- : derzimmer und riß das Fenster auf: gerade jetzt trat j Fräulein Berg unten aus dem Tor auf die Straße, un- ? schlüssig blieb sie stehen und sah nach rechts und lmks. , Nelda hing mit halbem Leib zum Fenster hinaus, sie schrie i laut: „Fräulein Berg, Fräulein Berg!" Die rasselnden s Wagen, das Rollen der Pferdebahn übertönten den Ruf. „Fräulein Berg!" Der Name zerslatterte in der Luft, : Da ging sie hin, das blaßblaue Kleid verwehte um dis nächste Ecke. „Ich weiß nicht, warum ich so dumm bin", murmelte ! Mda untz Wischte sich über die Stirn. Langsam, fast widerwillig schloß sie dasFenster, und dann ging sie zurück und setzte sich auf den alten Platz in der engen Komurke. Das Schreiben wollte nicht voran gehen. „Mein geliebter Onkel!" . Wie geht es Dir? Alle Tage und Stunden denke ich an Papa und Dich, ich wünschte oft, ich könnte bei Dir Weiter kam sie nicht, und sie war doch ganz allein. Nichts regte sich, nur der Star drüben pfiff. Langsam ver blaßte das Sonnengold, jenseits die hohe Hauswand warf schon einen düsteren Schatten ins Fenster. Sie lehnte sich zurück un- schloß die Augen. Ach, so einsam, so still! „Ich wünschte oft, ich könnte bei Dir fein!" Sie lächelte, ihr war, als hörte sie Tannen rauschen, eine frischere Luft umfächelte ihr die Stirn, die Brust hob sich in einem sehnsüchtigen Seufzer. Das war die Natur, groß und unberührt, heilig; und es tönte des Onkels Stimme: „Lieg du nur einmal so recht fest an der Brust der Natur, dann bekommst du andere Augen, sie werden Heller. Man wird besser. Wunden heilen kann nur die Natur." „Ich wünschte, ich könnte dort sein", murmelten ihre Lippen. Die Föder fiel ihr aus der Hand, rollte übers Pa pier, hinab auf den Fußboden; sie achtete es nicht. Sie ging wieder durch die Darfg aste, und die Kinder liefen ihr entgegen, und die Leitte nickten ihr zu: „Sein Se als Widder hei, Fräulein Nelda? Dat es gut!" Wie der Onkel sich freuen würde! „Ich bin alt geworden, schrreb er im letzten Brief, „alt und müd. Meine Eifeler sind gut, aber Not und Sorge machen die Kinder dem Vater genug; damit ist's immer noch beim alten. Seit meine Vefa mich verlassen hat, ist's still bei mir. Bald sind es vier Jahr, daß sie tot ist. Herr Gott, wer konnte denken, daß das junge Leben so früh erlöfchen würde! Glaubst nicht, wie glücklich sie und der Hommes miteinander waren; lang genug hatten sie sich ja herumgezogen, bis es zur Hochzeit kam. Dem Hom mes seine Alten wollten's partout nicht zugeben, und die Vefa hat auch gern mal einen Seitensprung gemacht. Jun ger Most will ausgären, wird nachher desto besser. Aber wirklich lieb gehabt hat sie nur den Hommes. Und jetzt ist der Hommes weg nach Amerika." Hier hatte Nelda beim Lesen einen tiefen befreienden Atemzug getan, beide Hände an dis glühenden Wangen gepreßt — er war fort! — „Die Heimat ist ihm verleidet; das Kind, das ihr das Leben gekostet hat, spielt bei den Großeltern vor der Tür Es dauert mich. Ich kann nicht Vorbeigehen, ohne das kleine Mädchen aus den Arm zu nehmen, es hat Augen wie Vefa. Es ist öd um mich. Ja, meine liebe Nelda, könntest du bei mir sein! Es wäre gut für Dich, gut für mich, gut für meine Eifeler. Brauche hellere Augen, die mir Helsen, meine werden schwachsichtig; auch eine jüngere Hand, die zwischen mir und ihnen hin- und herreicht. Aus der Vefa Grab steht ein roter Rosenstock, sind alle anderen Im Dorf erfroren, blübt der: es dünkt mich, er lackt dann übers ganze Gesicht, so wie die Vesa getan, 's m oocq was Herrliches um so einen gesunden Lebens- und Liebes trieb k Verlier' Du ihn auch nicht, mein Mädchen!" Ach, der Lebens- und Liebestrieb — nein, den hatte s sie noch nicht verloren! In Neldas Wangen stieg ein - wärmeres Rot, rascher kam ihr der Mem über die Lip- s Pen. Den würde sie auch nie verlieren. Klopfte nicht ihr i Herz gleich rasch wie früher, waren nicht ebensogut - Wünsche darin? Ja, es hatte sich nur geweitet, das s fühlte sie. Und das Wort kam ihr nicht so rasch mehr ans > die Zunge, die böse Spottlust war weg, ein großes Mr.- leid an ihre Stelle getreten. Ging sie über die Straße und sah ein Kind weinen, konnte sie nicht anders, sie mußte es trösten. Und war wo ein verlaufener Hund, sie mußte ihn locken und ihm zu seinem Herrn zu verhelfen fachen. Alles keine großen Taten — aber wohm sonst mit der Fülle der Empfindung? „Onkel, ich wünschte, ich konnte dir Helsen", sagte s c laut und faltete die Hände. Ach ja, der war jetzt recht i einsam! Nelda mußte an Vefa denken, die das Haus einst so lustig belebt hatte. War die zu beklagen? O, tausendmal nein! Hingegangen in vollster Lebensfülle. - den Kuß der Liebe auf den Lippen. Nelda fühlte heut.' noch die Erschütterung, die sie damals empfunden hatte, als der Onkel ihr den raschen Tod der jungen Fra i ! Hommes mitgeteilt. Tot, das frische gesunde Geschöpf?! ! Aber gestorben mitten im Glück, rasch vergangen wie ein ! lachender Sommermorgen, an den man mit Wonne zu- rückdenkt. Mit einem Zauberschlag stand das braun.' Mädchen vor Neldas Augen, sprühend vor Lebenslust: sic fühlte wieder die warmen festen Hände und von dieser i aus den wohltuenden Strom durch ihren Körper rinnen. : Ja, ein roter Rosenstock, das war das Rechte auf Vefas i Grab! Keine Weißen Kirchhofsrosen, die gebühren nu i den Blassen, Hingewelkten, die vergangen sind ohne Lust oder keine Kraft hatten, sür ihre Lust einzutreten. Und Nelda dachte mit einer ungewissen beklemmenden Angst an Vera Berg, und dann mit Sorge an Agnes von Osten. Die eine sah müde aus zum Tod; und die andere kämpfte, aber nur nach ihrer Art. „Ich muß wieder zn Agnes", murmelte Nelda, „sie geht hin wie ein Schatten. Daß wir dann nicht die Kraft haben, wenn wir sie ge- : rade brauchen! Nachdenklich zog sie die Stirn kraus. Drüben pfiff der ! Star. „Wart, Vogel", sagte sie plötzlich, „wenn der Som- s mer erst da ist, laß ich dich doch heraus! Du mußt fr i ! sein. Besser in der Freiheit sterben, als hier so dahiu- kümmern. Gibst du Antwort, he?" Sie stand auf, schlang den Arm ums Fensterkrcuz und ; spähte hinüber; so stand sie lange. Noch lag ein Glan; von Tag auf ihrem Haar, aber die Gestalt tauchte schon s in den Schatten. .Klingelingeling!' An der Korridortür heftiges i Läuten. So zog die Mutter die Glocke, immer gleich drei- - mal hintereinander: sie hatte nie Zeit zum Warten.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)