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MsaruNerLageblatt 2. Klatt Nr. 13Y — vonnrrstag, iS. Juni IY2S. Gedanken Man beweist nur, was man feW nicht unbedingtermaßen glaubt. Zwang darf nicht rosten. Die Antike erzog den Staatsmann. 'Heute entstehen die Politiker aus dem Nichts. , Ich könnte nur eine Partei bekennen: meine Gefolgschaft. Kultur ist unbewußte Sicherheit der einheitlicheen Lebens- «estattung, Zivilisation gedankenlos übernommene Bedüvfms- ^Wer eine Sache versteht, suhlt die Unsicherheit seines Stand punktes Der Mensch versucht es immer wieder, sich das Ansehen tu geben, das er sich abzusprechen genötigt worden war. Richard vonSchausal. Sollen Steuererklärungen veröffentlicht werden? Erfolge des Buchprüfungsdienstes. Im Steuerausschuß des Reichstages bildeten im Nahmen der Beratung über den Gesetzentwurf zur Ände rung der Verkehrssteuern und des Verfahrens zwei Punkte den Mittelpunkt der Aussprache: einmal die Frage der öffentlichen Auslegung der Steuerlisten, wie sie in Amerika üblich ist, und zweitens der steuer- licheBuchprüfungsdienst. Von seiten der Re gierung wurde eine Erfolgestatistik des Buchprüfungs- oienstes für das Rechnungsjahr 1924 vorgelegt, aus der zu ersehen war, daß insgesamt 63 875 Prüfungsfälle unter sucht worden sind, die als Resultat ein Gesamtmehr an Steuern von 87 954 244 Reichsmark ergaben, wobei 6»93 3a1 Reichsmark Geldstrafen gezahlt werden mußten. ' ' .. Staatssekretär Dr. Popitz vom Reichsfinanzministerium "«eit die öffentliche Auslegung der Steuerlistcn für nicht unbedenklich. Es sei nämlich durchaus nicht zuiref- annähmc, daß die Offenlegung der 'n allen Fällen gerade zur richtigen Steuer deklaration führe. Es sei früher, wo eine Öffentlichkeit 'n Preußen in gewissem Sinne durch du-? bestaub, nicht selten vorgekommen, ihr Einkommen höher eingeschätzl es tatsächlich war, weil sie wußten, daß in den Lnuerkommstswnen auch Persönlichkeiten saßen, die für -m u re d l t g e w ä h r u n g in Betracht kamen. Es habe r.A" auch erwiesen, daß' Steuerpflichtige der Finanz- ^boroe ein sehr hohes Einkommen und Vermögen offen- oart hatten, von denen man ihrem öffentlichen Auf treten nach kaum angenommen hätte, daß sie so reich seien. ^iese Leute haben also in ihrer Lebensführung gezeigt, daß es ihnen nicht lieb ist, wenn ihr Reichtum der Ssfent- «chkeit bekannt würde. Die Hauptbedenken lägen auf poli- nichem Gebiet. In der jetzigen aufgeregten Zeit würden ^and in der Öffentlichkeit stehende Personen d'e Offenlegung der Stenerlisten be- "ad angepobelt werden, was wieder zu V e"ra7ftü^ d'??"v ° ründ z» Lerer stihrenwürde^ " p°l'trschen Atmosphäre Buch- und Betriebsprüfung -er Großbetriebe. m° °,d-u,Nch,„ Buch. ,,ud B-autt- odci Sach«,pz»dlg- u-r Rl-ch^inanzperwaltung zu unterwerfen sind. Die Prüfung hat sich jeweils aus ave Veranlaqunasuruern zu erstrecken und den Zeitraum bis zu der zuletzt erfolgten Prüfung zu umfasien. Bei Betrieben, die zum erstenmal »md Betriebsführung unterworfen werden, uu» st-.» Neichsmmrster der Finanzen den Zeitraum, über den sich die Prüfung zu erstrecken hat. Schließlich wurde noch eine Resolution angenommen, Worm die Reichsrcgierung ersucht wird, dem Steuerau«- schuß bis zur zweiten Lesung einen Gesetzentwurf über die O s f e n legung der Steuerlisten vorzulegen, durch den die Gemeindebehörden einem bei ihnen zu bildenden Ausschuß aus allen Bevölkerungsgruppen die Ergebnisse der Veranlagung zu unterbreiten haben. Grundsätze »es Steuttüberleilungsgesetzes Von Hugo Meyerheim, Organisator M. d. O. Die nächste Veranlagung zur Einkommen bz w. Körperschaftssteuer findet aus Grund des noch nicht veröffentlichten neuen Gesetzes statt. Für diese Ver anlagung kommt das Einkommen im Kalenderjahre 1925 oder, falls ein besonderes Geschäfts- oder»Wirtschaftsjahr von dem » Steuerpflichtigen in Anspruch genommen wird, für das Wirt- > schaftsjahr, das im Kalenderjahr 1925 endet, in Betracht. Ein solches Wirtschaftsjahr wird regelmäßig bei Landwirt schaft, Forstwirtschaft, Gartenbau und sonstiger nicht gewerb licher Bodenbewirtschaftung angenommen. Die Vorauszahlungen, die die letztgenannten Steuer pflichtigen bis zum 15. Mai 1924 zu entrichten hatten, gelten als Ablösung der Einkommensteuer für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1924. Von da ab findet die erstmalige Veran lagung nach dem tatsächlichen Einkommen bis zum 30. Juni 1925 statt. Das gleiche trifft auch für die Gewerbe treibenden zu, bei welchen grundsätzlich die Voraus zahlung im Jahre 1924 als Ablösung für die Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer 1924 betrachtet wird. Auf Antrag können Vorauszahlungsbeträge erstattet bzw. niedergeschlagen werden, wenn bei einem Steuer pflichtigen „besondere persönliche oder wirtschaftliche Verhält nisse vorgelegen haben, die seine Steuerfähigkeit wesentlich beeinträchtigen". Solche Verhältnisse sind z. B.: außergewöhn liche Inanspruchnahme durch Unterhalt oder Erziehung der Kinder, durch Verpflichtung gegenüber mittellosen Ange hörigen, dnrch Krankheit, Körperverletzung, Unglücksfälle, Überschuldung, wesentliche Verluste beim Vermögensvergleich nsw. Ein entsprechender Antrag muß mindestens bis zum 31. Juli 1925 gestellt werden. Gewerbebetriebe mit Verlust. Weist ein Gewerbe treibender aus Grund seiner Buchführung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1925 oder bis 30. Juni 1925 nach, daß er in diesem Zeitraum mit Verlust oder nur geringem Nutzen gearbeitet hat und die von ihm entrichteten Vorauszahlungen den Betrag übersteigen, der voraussichtlich auf diesen Zeitraum für die Einkommen- oder KörperschaftS- stener entrichtet werden muß, so sind ihm auf seinen Antrag die weiteren Vorauszahlungen für den Rest des Kalender jahres 1925 zinslos zu stunden. Dabei muß allerdings berück sichügt werden, daß nach der zweiten Steuernotverordnnna an Stelle des Einkommens auch der Verbrauch versteuert werden kann, so daß also, wenn, sich die Versteuerung nach dem Ver brauch in der Summe bewegen würde, in der Vorauszahlun gen erfolgt sind, der Antrag nicht gegeben ist. Zeigt sich dann bei der Veranlagung, daß die geleisteten Vorauszahlungeil weniger als 75?S der endgültigen Einkommen- ; oder K ö r p c r s ch a ft s st e u e r betragen, so haben die l Steuerpflichtigen die Verzugszinsen zu entrichten. Nur l wenn den Steuerpflichtigen kein Verschulden trifft, kann von s diesen Zuschlägen abgesehen werden. Bei Gewerbe- l treibenden, die voraussichtlich im Kalender- ; fahre 1925 kein größeres Einkommen.als 1200b l Mark haben werden, können die weiteren Vorauszahlungen ; nach dem mutmaßlichen Einkommen des Kalenderjahres aus - Antrag sestgesetzt werden. Alle Vorauszahlungen für die Ein- s kommen- und Körperschaftssteuer sind von nun an auch von : den Monatszahleru vierteljährlich zu entrichten. Die Vorauszahlungen auf Einkommen aus dem Betrieb r der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau und sonstiger z uiwt gewerblichen Bodenbcwirtschaftung waren auf 15. Fe- A bruar, 15. Mai und 15. November 1925 anberaumt. Nur, l wenn der Steuerbescheid für das Wirtschaftsjahr, das bis zürn s 15. November 1925 dauert, zugestellt ist, sind die Zahlungen nack j diesem maßgebend. Andernfalls betragen sie am 15. Februar und 15. Mai für je 1000 Mark des der letzten Vermögens- j sieuerveranlaguna zugrunde gelegten GrundstückswerteZ j 75 Pfg. und am 15. November 1925 1,50 Mark. Bei Ver mögenswerten bis zu 8000 Mark braucht jedoch die Zahluna am 15. November 1925 nicht geleistet zu werden und bei 25000 Mark nur die Hälfte. Land-und forstwirt schaftliche Pächter haben am 15. Februar und 15. Mal 1925 für jede der obenerwähnten vollen 1000 Mark 1 Marl und am 15. November 2 Mark zu zahlen. Die Vorauszahlung ermäßigt sich um 102L der aus die entsprechende Zeit entt fallenden Pacht und der so ermittelte Betrag ermäßigt sich weiter noch um ein Viertel. Die bis zum 15. August, 15. No vember 1924, 15. Februar und 15. Mai 1925 zu entrichtenden Vorauszahlungen gelten als Vorauszahlung für das Wirt schaftsjahr, das im Jahre 1925 endet. Bei den Mitgliedern freier Berufe, den Festbesoldeten, Kapitalrentnern, Grundstücksbesitzern und dergleichen Steuer pflichtigen ist.die Kapitalertragssteuer in gewissen Fällen in Anrechnung zu bringen. Vorauszahlungen sind von unbe schränkt Einkommensteuerpflichtigen (deutsche Reichsan gehörige) der oben bezeichneten Art nicht zu entrichten, wenn ihre Bruttoeinnahmen weniger als 275 Marl im Kalcndervierteljahr betragen. Betragen die Über schüsse der Einkünfte über die Wsrbungskosten höchstens 2500 Mark, so können diese Steuerpflichtigen 200 Mark im Kalendervierteljahr von ihren Überschüssen als steuerfrei in Abzug bringen. Vermögen bis 50 000 Mark. Bei Einkommcnsteucrpflich- tigen sowie bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die beider letzten Vermögensveranlagung nicht mehr als 50000 Mark besessen haben, werden von den ersten 3000 Mark des vierteljährlichen Überschusses 102L, von den weiteren 2000 Mark 15?L, von den weiteren 5000 Mark 252L und von den weiteren Beträgen 302L Einkommen- bzw. Körperschaftsstcuer erhoben. Der Satz von 102L er mäßigt sich für die ersten 2000 Mark nm je 1?L für die Ehe frau sowie die minderjährigen Kinder in der bekannten Weise. Beträgt der Überschuß nicht 500 Mark, so ermäßigt sich vom dritten zum Haushalt zählenden Kinde ab der Abzug um je 2N. Im allgemeinen gilt, daß eine Vorauszahlung nicht entrichtet zu werden braucht, wenn sie in einem Vierteljahr den Betrag von 3 Mark nicht übersteigt. Dies gilt aber nicht für den Steuerabzug. Der Prozeß -er Wohnstätten G.m.b.H. Z Berlin, 15. Juni. Als erster der großen „Finanzskandalprozesse" begann heute hier unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Jasper der Prozeß gegen die Leiter der Wohnstätten G. m. b. H. und der Trianonfilmgesellschaft. Die Leiter deif Wohnstätten G. m. b. H. werden beschuldigt, einen Teil der füH Wohnungsbau- und Siedlungszwccke bestimmten Gelder ihrer Gesellschaft statutenwidrig an die Trianonfilmgesellschaft ver borgt und das Reich, den preußischen Staat, die Reichsbahn and die Stadt Berlin dadurch um 3 615 000 Mark geschä- vigt zu haben. Die Anklage lautet aus gemeinschaftlichen Betrug, Untreue gegenüber der Wohnstätten G. m. b. H. und vem Reiche sowie aus Anstiftung und Beihilfe zu diesen Straf- iaten. Angeklagt find acht Verantwortliche Leiter der Wohn stätten G. m. b. H.. Rcgieruugsrat Bretschneider, Re- qierungsrat Dr. Wenzel (der Schwiegersohn des Reichs innenministers Dr. Schiele), Ministerialrat Dr. Glaß und die Leiter der Trianonfilmgesellschaft David und Ignatz S1 ra 11 er, Otto Busch und Hans Otto. Die Angeklagten werden von sechs Berliner Anwälten verteidigt. Es sind 42 Zeugen und Sachverständige geladen, und die Verhand lungsdauer ist auf vorläufig vierzehn Tage anberaumt worden. Die Angeklagten. Als erster der Angeklagten, die sämtlich außerhalb der Anklagebank Platz nehmen dürfen, wurde Geheimrat Glaß vernommen. Er schilderte seine Tätigkeit im Wohnungsbau- wcscn, die ihn über die Allgemeine Wohnungsbaugcsellschaft in Königsberg i. Pr. und den Beamtenwohnungsverein in das Neichsarbeiisministerium führte. Hier wurde er in der Zeil der großen Wohnungsnot mit der Leitung des Wohnungs wesens betraut. Es wurde ein umfassendes Wohnungsbau programm entworfen und die Wohnstätten G. m. b. H. ge gründet. An der Gründung waren außer Glaß der Re- gierungsrat Dr. Wenzel und Ministerialrat Dr. Schmidt beteiligt. Zu denen, die sich für die Sache interessierten, gehörte auch die R e i ch s b a n k; auch andere Behörden traten hinzu, und cs Wurden in den Jahren 1921 bis 1924 an 1200 Woh- ouugeu gebaut. Geheimrat Dr. Glatz erklärt, daß er es nicht für unzulässig gebalten habe, Gelder der Wohnstätten G.m.b.H. jür andere Zwecke als für Bauten hinzugeben, da auch von Der dicke Major Aus der Hoh, noch mit der Serviette über der nächtigen Brustwölbung, war nicht zu dämpfen; er erzählte Geschichte» ohne Ende. „Es war einmal ein Mann, der war so stark, daß er zwoon Eisenbahnzüge hätte aufhalten können; dieses tat er aber nicht, sondern er kaufte sich ein Monokel. Dieses zersprang vor der Kraft seines Auges, und ein Splitter kam ihm ins Auge. Diesen Hütte er hmansziehen sollen. Dieses tat er aber nicht" — "Mik, Majörchen! Aus der Hoh, still! Silentium!" „Dmes tat er aber nicht, sondern er zog die Balken aus deu Augen seiner Nächsten und gründete" — „Ja, ja, wir wissen.schon! Ruhe!" gründete damit ein Holzgeschäft. Er wurde ein relcpcr Mann und hatte emen Sohn, der war so stark, daß er zwoon Eisenbahnzuge hatte aufhalten können; dieses lat er aber nicht — „Uin Gottes willen, der Mensch macht einen taub' Stopfen Wir ihm den Mund. Prosit, Majörchen, Prosit! Heil, heil!" Ein halbes Dutzend Champagnergläser er hob sich- Mit zitternder Hand langte Aus der Hoh nach L seinen: ,,Pro-ost, mei-eine Herrens nach „Er setzt ihn an, ertrank ihn aiw, zitierte der litera risch gebildete Wlkrbald Kalbshorn, besonderer Klassikcr- schwärmcr und überzähliger Hauptmann bet den Pionie ren. Er warf mit Zitaten um sich, deklamierte, melo- dramte. huldigte in Gelegenheitsgedichten; er verehrte das schöne Geschlecht mit jener, ach längstausgestorbenen, ritter- üchcn Minne. Er hatte etwas vom Toggenburger an »'ch, der aus der Ferne himmelt. Diese Ballade gab er auch, wenn gereizt, am liebsten von sich. - „Heiliges Kanonenrohr, jetzt fängt der an zu dekla mieren", flüsterte der kleine Nöntheun seinem ^nimms Osten zu, mit einem furchtbaren Seitenblick auf den Lite rarischen. „Er wird doch nicht?!" , . Allgemeines Entsetzen. „Schreien wir ihn to>> »Ho - holla — ha — ha!" Die weinrauhen Keylen brachten ein ohrenzerreißendes Getöse hervor. »Ritter, treue Schwesterliebe, klang s dumpf da- Swischen. —- -Schreit ihn tot! " f »Haha — ho — prost — haha, haha! -Fordert keine andere Liebe —" oanrer »Quak, quak", ging's unter dem Tisch, ein ganzer tVvschchorus fiel ein. Beleidigt schwieg der Literarische. Rheinlandstöchter 21) Roman von Clara Biebig. Immer heißer wurde die Lust im Saal, während draußen der Novembsrwind Schnee an dis Scheiben fegte. „Du, Osten", Nöntheim stieß den Freund in die Seite, „übermorgen nach Köln, was? Die kleine Nina Smettana vom Skalacheater — in Zivil: Finchen Schmitz — er- w artet mich." Die beiden Freunde vertieften sich angelegentlich in die Details der Vergnügungsreise, plötzlich wurde ein Name genannt. Wer hatte ihn zuerst ausgesprochen? Niemand konnte es sagen. Run, er war da, die beiden horchten, und Nöntheim machte sofort Jagd auf ihn. „Aha, Ramer, Ramer — sagten Sie nicht Rainer? Gut, daß der jetzt die Mainzer beglückt! Fatale Visagel übrigens — haha — feudaler Spaß mit Ramer diesen Sommer — weiter nichts als ausgeknissen — haha!" „So? Inwiefern? Was ist los?" Ein Dutzend Stimmen stürmten auf Nöntheim ein; der war groß im Erzählen von Skandalös«. „Wcts Pikantes, ja?" „Na und ob!" Benno von Nöntheim schnalzte mit der Zunge und verdrehte funkelnd die Augen. „Sollten Sir nicht wissen? Unglaubliche Geschichte! Dis Dall mer — " „Laß doch, Benno!" Osten zupfte ihn verlegen. „Nicht dreinreden! Osten still! Erzählen, Nöntheim, erzählen Sie los!" „Na, man sieht, nicht alle der Herren haben Mütter, Frauen, Bräute hier — Liaison von Ramer mit Fräulein Dallmer ist doch stadtbekannt! " „Oho, kommt der jetzt mit der alten Geschichte! „Aber weiter!" Der Erzähler lächelte selbstbewußt und strich sich Len Magen. „Der Nöntheim, fixer Knabe, kriegt alles raus. Habe da in Ehrenbreitstein 'ne kleine Mamsell, bei der ich Monogramm sticken lasse, wohnt bei alter greulicher Tante, die möbliert vermietet. Ramer hat da gewohnt. Höre nun — noch nicht lange her — ganz zufällig, daß am späten Lkend, sagen wir Nacht vor der Abreise, Besuch bei bewußtem Herrn gewesen ist — wer—? Tableau — Fräulein Relda Dallmer!" Ein allgemeines: „Nh!" „Soll sehr erregte Unterhaltung geführt worden sein: Vorwürfe — Ansprüche geltend gemacht — Hauptspektakel. Alte natürlich am Schlüsselloch gehorcht. Junge Dame sehr streitbar, dem Galan tüchtig die Meinung gesagt. Ramer in Mauseloch gekrochen. Dann Abgang der beleidigten „Haha, ist's möglich? Donnerwetter, hätte ich nicht von der Dallmer gedacht, hatte so was von absolut spröder Reinheit", meinte einer der Zuböre- „Weniger rein wäre angcucimer gewesen", warf man dazwischen. „Riesige Kratzbürste!" „Lauscht", lächelte ein dritter, „so sind sie alle. Rein, haha, Lis auf einen Punkt — na!" Ein vielsagendes Achselziehen war der Schluß. „Wird Wohl bald von Bildfläche verschwinden l müssen!" Nöntheim zwinkerte verschmitzt; er konnte mit ' dem Effekt seiner Geschichte zufrieden sein, der'Name Nelda j Dallmer ging von Mund zu Mund. Unglaublich, unerhört! Man wurde etwas laut. Osten war die Situation unbehaglich: er schaute vor sich nieder und knetete Vrotkügelchen. Mochte nun die Ge schichte wirklich passiert sein oder nicht — Nöntheim schnitt bekanntlich sehr auf — jetzt war sie publik, Agnes konnte unmöglich mehr mit der Dallmer verkehren. Es würde Tränen geben, aber — er schreckte zusammen. Unten, vom andern Ende der langen Tafel, kam eine ' Stimme her, die Stimme des Hauptmanns Xylander. „Von wem reden die Herren so eifrig, wenn ich fragen : darf? Irre ich nicht, von Fräulein Dallmer?" „Ja, jawohl — schneidige junge Dame, wenn auch ein - bißchen —" Der eine schnupperte vielsageud in der Lust, - die andern lachten. „Ich muß doch sehr bitten!" Die lange Gestalt des s Hauptmanns reckte sich. Er war aufgestanden und stemmte - die Hand auf den Tisch, seine Augen funkelten hinter den Gläsern des Kneifers, als wollten sie die Gesellschaft durch bohren. „Ich habe schon eine Weile zugehört. Herr von Nöntheim, ich glaube Sie bereits einmal gebeten zu haben, unzeitige Scherze über genannte junge Dame zn unter lassen. Was ist's mit Fräulein Dallmer?" Allgemeines Stimmgewirr die Antwort, dazwischen die krähenden Töne des kleinen Nöntheim: „Nächtlicher Besuch bei Hauptmann von Ramer — Ansprüche geltend ? gemacht — große Szene et oetsrs,!" „Das ist nicht wahr!" Xylander stieß die Faust aus den Tisch, daß die Gläser klirrten. „Oho —" Leutnant von Röntheims lachendes Ga- mingesicht zog sich in ernste Falten — „Herr Hauptmann, wie können Sie sich erlauben, mir das ins Gesicht zu sage»?! Mit welchem Recht?" „Mit dem Recht der Wahrheit. Es gibt Situationen, die Sie mit Ihrer Moral ebenfswenig begreifen können wie die meisten der Herren hier. Ein Mädchen kann einen Schrift übers Hcrgebrach e tun und doch so rein fein wie — wie —" Er suchte nach einem Vergleich. „Quak, quak", ging's unter dem Tisch. „Still, Strehlenheimb. Mund hasten!" ..Da köre einer den Lauvtmann! Donnerweiter.