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- Erscheinungsdatum
- 1925-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192504307
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19250430
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19250430
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-04
- Tag 1925-04-30
-
Monat
1925-04
-
Jahr
1925
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AilsckuNerTageblatt r. Slatt Ni«. ^0S — vonnerslag, 30. UpM!Y2S. 0 O 0 o 0 Srühttngs - Symphonie. Wie Donner die Lawinen rollen, Von allen Bergen braust zu Tal Ins Dampicn brauner B-k-rfchollen Des sturmes erster Lenzchsral. Und »eine Bäsie und Tenöre Erlöien aus des Winters Bann Die Flüge, und vereinte Chöre Künden cs machtvoll himmelan. Der Wald, befreit von Winterfchweigen, Steigt sie empor vom Wurzcljchaft Und pulst in allen seinen Zweigen, Des neu erwachten Lebens Krast. Es rauscht und schwillt in seinen Wipfeln Wie feierlicher Orgelsang, Dem Lenzchoral von Bergesgipfeln Verschmelzend sich in Ton und Klang. Johannes Weislirch. LMtMlWng in Knien? Sie muWe RegiernWerMrong. (33. Sitzung.) tt. Berlin, 28. April. Bei der Eröffnung der Beratungen nach der Oster- l pause sind Haus und Tribünen stark besetzt. Präsident Bartels eröffnet die Sitzung, indem er zunächst an das Hinscheiden des früheren Kultusministers und sozialisti schen Abg. Konrad Hänisch, zuletzt Regierungs präsident in Wiesbaden erinnert. Das Haus ehrt das An denken des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. Rede des Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Braun nimmt das Wort, dankt für das durch die Wahl bekundete Vertrauen und stellt dem ! Hause das neue Kabinett vor, dem angehören als Justiz- ! Minister Am Zehnhoff, als Innenminister Severing, als ! Wohlfahrtsminister Hirtsiefer, als Kultusminister Dr. Bciker, als Finanzminister Höpker-Aschoff, als Handels- Minister Schreiber-Halle und als Landwirtschaftsminister Steiger. Es ist das gleiche Kabinett, das bereits der Amts- ' Vorgänger des jetzigen Ministerpräsidenten, Herr Marr, am 18. Februar dem Landtag vorgestellt hat und das durch Ablehnung des Vertrauensantrages zurücktreten mußte. Ministerpräsident Braun dankt seinem Amtsvorgänger für die während seiner kurzen Amtstätigkeit dem Lande ge leisteten Dienste und führt dann weiter aus: Wenn ich die auf mich gefallene Wahl angenommen habe und das gleiche Kabinett unverändert dem Hause vorstelle, so tue ich das in der Erkenntnis, daß der sich nunmehr säst drei Monate hinziehen den Regierungskrise ein Ende gemacht werden mutz. Ich bin mir wohl bewußt, daß es keine leichte, keine angenehme Auf gabe ist, an deren Lösung ich herantrete. Es ist wahrlich nicht das Streben, Minister zu sei», das mich leitet. Nein, mich leitet Pflichtbewußtsein und das tiefe Gefühl der Verant- I Wortung für die Geschicke des preußischen Volkes, das mich l als mehrjährigen Leiter der preußischen Staatsgeschäfte erfüllt, i Die Neuwahl des Landtags am 7. Dezember vorigen Jahres , gab wahrlich keinen begründeten Anlaß, eine Änderung in der ? durch 3^- Jahre konstanten Negierung eintreten zu lassen und auch über Preußen eine Periode der Regierungskrisen herauf- - zubeschwören. Diese Periode wurde heraufbeschworen durch > die Deutsche Volkspariei, die die von ihr 3jti Jahre ! lang getriebene nnd bis zur Wahl gebilligte und gelobte ! Politik nach der Wahl perhorreszierte. Es ist nun wochenlang versucht worden, eine aktionsfähigc Regierung z» bilden. Die Parteien waren zum weitestgehen den Entgegenkommen bereit. Alle diese Versuche sind gescheitert an der Sabotage, an der Zerstörungswut des dcutfchnational- kommunistischrn Blocks. Lieser Biock hat bisher jede Re gierung gestürzt, jede nach Lage der parlamentarischen Ver hältnisse und der politischen Einstellung der maßgebenden Parteien mögliche Kombination zum Scheitern gebracht. In jedem parlamentarisch regierten Lande gilt es als selbstverständlich, daß die Parteien der Opposition, die eine Regierung mit Mehrheit stürzen, die Pslicht haben, eine neue Regierung zu bilden, daß sie die Verantwortung für das Zu standekommen einer solchen neuen auf ihre Mehrheit gestützten Regierung tragen. Die Parteien des deutschnational-kom munistischen Blocks haben Wohl einmütig jede Negierung ge stürzt. Sie sind einig im Zerstören, aber sie haben bisher noch keine auf ihre Mehrheit gestützte Regierung zu bilden vermocht. Der Ministerpräsident wendet sich weiter stark gegen die Ten denzen der von ihm genannten Parteien, die er bei einigen ihrer Teile als bewußt zerstörend nennt. Von der Mehrheit der Oppositionsparteien will er aber annehmen, daß sie be strebt sind, positive Aufbauarbeit zum Besten unseres Landes zu leisten. Er erklärt, man solle nicht erwarten, daß er sür diese Arbeit ein Programm der Regierung entwickeln werde. Das Volk wolle nicht Worte, sondern T aten. Zur Tat seien er und das gesamte Kabinett bereit. Er werde die Staats- geschäfte nach den Grundsätzen leiten, die er in den 3ZL Jahren seiner bisherigen Ministertätigkeit gewahrt habe. Für die nächsten Aufgaben, deren Lösung drängt, mache er sich im wesentlichen das Programm zu eigen, das sein Herr Ämtsvorgänger am 18. Februar d. I. vor dem Hohen Hause entwickelt habe. Dieses Programm ist auch das Programm der neuen Regierung. Die Rede des Ministerpräsidenten wurde fast unausgesetzt von Kundgebungen der Kommunisten und der Deutschnatio nalen Volkspartei begleitet. Die Kommunisten empfingen den Redner mit stürmischen „Bmnestie"rufen. Die Rechte demon strierte mit Gelächter, als der Redner seinem Ämtsvorgänger den Dank aussprach. Als er erklärte, ihn leite lediglich Pflicht bewußtsein, wenn er sein Amt übernommen habe, ertönte der Zuruf: „Leichenrede!". Hierauf vertagte sich das Haus unter großer Unruhe den Vorschlägen des Ältestenrats entsprechend auf Mitt woch, wo die Besprechung der Regierungserklä rung beginnen soll. Im Ältestenrat des Preußischen Landtages wurde verein bart, in den Sitzungen am Mittwoch und Donnerstag die Er örterung der Regierungserklärung aSzuhalten und dann daS Haus bis Mittwoch nächster Woche zu vertagen. Am Mittwoch soll dann die Abstimmung über das Vertrauensvotum statt finden. Ende dieser Woche wird der Ausschuß, der über die Auflösung zu bestimme« hat, bestehend aus dem Ober bürgermeister Dr. Adenauer als Vorsitzendem des prcußi schen Stantsrates, dem Landtagspräsidenten Bartels nnd dem Ministerpräsidenten Braun, zusammcntrcten, um über die eventuelle Auflösung zu beschließen. i politische kunai»im - Kommunistischer Etniqungsvorschlag an die S P D. Die Rote Fahne veröffentlicht einen offenen Brief der Zentrale der K. P. D., der, an den Bundesvorstand des Ällgem. Deutschen Gewerkschaftsbundes und an den Vor stand der S. P. D. gerichtet, Vorschläge enthält, auf Grund deren im Hinblick auf die Wahl Hindenburgs und die Größe der monarchistischen Gefahr eine Einigung zwischen den Kommunisten und der S. P. D. h e r b e i g e f ü h r t werden soll. Der Brief enthält u. a. die folgenden Vorschläge: Auflösung der Reichswehr und der monarchistischen Verbände. Aufhebung der Kasernierung und Militarisierung der Schupo. Abschaffung der Techni schen Nothilfe. Konfiskation der Vermögen aller früheren deutschen Fürsten und Ausweisung aller Angehörigen der Herrscherhäuser. Aufhebung des Staatsgerichtshofes, Frei lassung aller proletarischen politischen Gefangenen. Die K. P. D. schlägt weiter vor, am Tage des Einzuges des neuen Reichspräsidenten in Berlin einen vierrmdzwanzigstündigen Generalstreik zu proklamieren. Der Vorwärts, das Zcn- tralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, lehnt diese Vorschläge als „Hanswursterei" ab. Um die Ruhrk^edite Der Reichstagsausschuß zur Prüfung der Entschädi gung an die NuhrmLustriellen setzte seine Beratungen fort. In ihrem Mittelpunkt stand Lie Frage, ob die Ruhrindu- striellen auf Grund des Briefwechsels Stinnes—Strese mann einen Rechtsanspruch aus Entschädigungen herleiten konnten. Abg. Landsberg (Soz.) legte dar, daß es sich da mals um eine politische Aktion gehandelt habe. Weder ans dem Allgemeinen Landrecht, auf das sich das Gutachten der Industriellen berufe, noch aus den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, noch aus den Verhandlungen des Kabinetts ergebe sich die Entschädigungspflicht des Reiches. Diesen Standpunkt hat auch der Justitiar des Reichsfinanzministeriums in seiner ersten Äußerung zum Gutachten der Industriellen vertreten. Der Abg. Dietrich (Dem.) schloß sich den Darlegungen Landsbergs an. Dem gegenüber behauptete Abg. Rademacher, daß der Brief wechsel Stinnes—Stresemann die rechtliche Grundlage für die Ersatzansprüche hergestellt habe. Der Ausschuß vertagte sich schließlich auf Freitag. In der Wachsten Sitzung sollen als Zeugen vernommen werden die Minister des damaligen Kabinetts, Stresemann, Luther, Sollmann und Robert Schmidt, und zwar über die Frage, welches ihr Witte bei den mit den Ruhrindustriellen getroffenen Vereinbarungen war. Senatswahlen In Lübeck Die Bürgerschaftssitzung wählte bei Abwesenheit der deutschnationalen nnd der völkischen Fraktion und der Hausbesitzer zu nebenamtlichen Senatoren die Mitglieder Heinsohn (Volkspartei) und Dreger (Soz.). Zum haupt amtlichen Senator wurde Landrichter Niebuhr gewählt. Der Senat, der sich bisher aus zwölf hauptamtliche» Se natoren zusammensetzte, wird in Zukunft aus neun haupt amtlichen und zwei nebenamtlichen Senatoren bestehen. Aus Zu- und Ausland. Berlin. Dem Vernehmen nach planen die im Volksblock zusammengeschlossenen Parteien einen feierlichen Empfang sür Herrn Marx bei dessen demnächsiiger Rückkehr nach Berlin. Berlin. Die 10 ?Lige Erhöhung der Neichsbahntarise wird durch Änderung der Kilometersätze vollzogen. Die neuen Gebühren werden pro Kilometer in der 4. Klasse 3,3 Pfg.. in der 3. Klasse 5 Pfg., in der 2. Klasse 7,5 Pfg. und in oer 1. Klasse 10,5 Pfg. betragen. Die sonstigen Zuschläge werden schematisch um 10 A erhöbt. Konrad Hänisch gestorben. Der frühere preußische Kultusminister. Der frühere preußische Kultusminister Dr. Konrad Hänisch ist im Alter von 49 Jahren an ven Folgen einer Venenentzündung gestorben. Hänisch leitete nach vem Umsturz vier Jahre lang das preußische Unterrichts ministerium, bis er zum Regierungspräsidenten in Wiesbaden ernannt wurde. Hänisch ist Ehrendoktor der Universität Frankfurt und Ehrenbürger der medizini schen Fakultät Düsseldorf Politisch stand er, der in kon servativen Anschauungen als Sohn eines Arztes erzogen wurde, bei der Sozialdemokratie. Als Primaner mußte er die Schule wegen sozialistischer Agitation verlassen, schlug sich als Laufbursche längere Zeit durchs Leben, bis er dann an sozialdemokratischen Blättern als Mitarbeiter seinen Unterhalt verdienen und seine Studien fortsetzen konnte. Während des Krieges trat er warm für die Ver teidigung des Reiches ein. Barmats Ministerbesuche. Aus dem preußischen Bar mat-Ausschuß. Im preußischen Barmat - Ausschuß sollte Aufklärung darüver geschossen werden, welchen Zweck eine Unterredung im Jahre IS20 zwischen Reichskanzler a. D. Bauer, Parmal und dem damalige» Minister Dr. Hermes hatte. Hierüber jagt der ehemalige Ernährungsministcr Hermes aus, Reichskanzler a. D. Bauer habe bei den verschiedenen Besprechungen niemals ver sucht, aus ihn. den Minister, einen Druck zugunsten Barmats auszuüben. Herr Bauer hätte allerdings den Ab schluß von Geschäfte» mit Barmal offenbar gern gesehen. — Reichskanzler a. D. Bauer bestreitet, daß er jemals eine Äuße rung in diesem Sinne gemacht habe. — Minister a. D. Hermes bleibt bei seiner Austastung. Nachdem der Vorsitzende sestge- stelll hat, daß die Verhandlung zu keiner völlige» Klärung des Besuches der Herren Bauer und Barmal bei Direktor Meuer von der Geueideeinkaussgeselljchasi geführt habe, wendet sich die Verhandlung dein BerichtdesseutschenGeneral- k o n s u l a ts in Amsterdam zu. der am 6. Dezember 1920 durch die deutsche Gesandtschaft im Haag dem Auswärtigen Amt übersandt worden ist, in dem inner anderm gejagt wird, vaß Barmal auf alle schwarzen Listen gehört, da er e i n großer Betrüger sei. Der Vorsitzende verliest den Be richt in der deutschen Übersetzung. Von einer Auskunftei wird Barmat als „Schieber schlimmster Sorte" bezeichnet. Direktor Priischow erklärt, er habe seinerzeit Barmal m keiner Weise vor anderen Kaufleulen bevorzug!. Im Sommer 1918 sei die Lage so schlimm gewesen, daß man jroh war, als Barmal ats e r st e r d e n M u! h a l t e, m i l d c m N e i ch G e s ch ä f t e gegen Akzep le zu machen und Lem Reich unsachlich Krevil zu geben. Ein Druck aus die Reichssteilen sei nicht ans- geübt worben. Abg. Rob. Schmidt iSo;.) bestätigt dies. Der deutsche Handel bekam damals leinen Kredit im Auslande. Unter den einzelnen Reichsstellen sand ein Wettkampf um die Devisen zur Natzrungsmilteleinjuhr stau. Die nächste Sitzung, deren Termin noch nicht festgesetzt wurde, wird nicht össentlich jein. — Ter Ausschuß hosst. in etwa zehn wetteren Sitzungen den gesamten Arbeitsstoss auf- arbeilen zu können eopuclvkt du ^Ibaii ^«ngsn Verlag, kianeken Vater und Mutter wollten das Beste; auf verschiedenen Wegen: sie verbot, was er befahl. Er war etn Fremder in seinem eigenen Haus und Land! Sie trug Schuld und e r trug Schuld. Sie waren beide schuldlos. Kinder sind dumm: sie sehen: die Mutter streichelt, der Vater schlägt. Catt, wenn sie einst Kinder schaukeln, sprechen Sie niemals im Zorn über Ihr Geschick zu ihnen; das verführt! Ewiger Kampf ist zwischen Geist und Realität: Geist will! „Ich hätt' mich erschossen, an deiner Stelle!" sagte mein Vater. Sträflingskleider tun nicht gut! Doch! Sie lehrten mich Verstellung; Verstellung ist Meisterschaft! Die Nichte der Kaiserin ward meine Braut; ich durchsah sie: Preußen sollte klein, ewig an der Kandare der Groß mächte bleiben, das stammte den Zertrümmerungszorn in mich! Drum zog ich nach Schlesien! Verwandtschaft sollte mich und mein Land fesseln; klein halten, das sollte meinen Vater, dem sie lebend nicht beikame», im Grabe besiegen! Er wollte keine französische oder englische Mariage für mich, damit ich unabhängig im Handeln b"eb! Wie gut! Mein Glück war ein Handelsartikel der Politik. Ich akzeptierte das Spiel, ich heiratete und warf den Trumpf meines Hasses für das verfehlte, zer störte Leben, das bedingt war, das nun dem Volke gehörte, es Zeit war! Es mußte geschehen!... eine unglückliche Königin? Für sie ist s Nicht leicht, für mich war s nicht leicht. Was wiegt das? >zch stieg als Adept in aller Schlechtigkeit, die nötig ist gegen die Hinterhältigkeit unserer Feinde! Vater sah klar: Sie hielten ihn für einen soldatenspielenden „Kor poral"; er verdoppelte heimlich seine Armee. Er war geizig und häufte Gold und Silber für die Zukunft im Keller, den Schlüssel trug er aus der Brust. Er verstärkte Preußen! Er erzog mich famos. Ich danke ihm alles. Ich wurde durch ihn geschickt, wie er; ich wurde ein Vir tuose heimlichster Vorstellung,. Äußerlich blieb ich der liebenswürdige Weichling, für den sie mich hielten, mich halten sollten! Innerlich? Ich log: Loch ich blieb treu meinem Innern, das mein Vater ist! „Halt dich gerade!" Ich stand «wie ein Ladcstock. „Sei nicht so schlapp!" Ich schritt wie ein Athlet. „Neiß' keine Grimassen, Weibskerl!" Ich trainierte die Züge und schmähte das Weib. „Erwirb dir Freunde!" Ich schmeichelte allen. „Gib Antwort, wenn man dich fragt." Ich war die Höflichkeit selbst! „Sei nicht so verstockt!" Ich sprudelte über. „Sei nicht so hinterhältig." Ich war im Hinterhalte die Offenheit selbst. „Sei nicht so scheu!" Ich tanzte. „Sei nicht so vorlaut!" Ich schwieg. „Sei nicht so falsch!" Ich wurde falscher; ich tat und sprach nichts mehr ohne schärsschcrech- nete Absicht. Seckendorfss katzengleicher Gefandtenrücken krümmte sich vor mir, als ich in den Vorraum des väter lichen Sterbezimmers trat, die Kerzen warfen mahnendes, warnendes Gleiten auf des kaiserlichen Gesandten glattes Höflingsgcsicht, in Grumbkows Angst, die um die kaiser lichen Bestechungsgelder bangte. Der sterbende Vater saß im großen, kalten, im Halbdunkeln Naum; unförmig blähte die Wassersucht den groben, fettigen Leib im Toiensessel. Das holländische Leinen war am krampfhaft atmenden Halse aufgerissen; die kleinen, gelblichen Augen im blau roten Antlitz, ich sehe sie ewig vor mir, zeigten Schlauheit, verantwortungsvollen Ernst, Überlegenheit; keine Spur von Todesfurcht! „Mein Sohn," röchelte er, die gichtischen Hänve schon bewegungslos, „stoß zur Sicherheit mit dem Degen unter das Bettgestühl! Fritz, räche mich!" Der Regen kullerte und rauschte; schrecklich, grauenhaft klang das schadenfrohe, befriedigte Ächzen des Sterbenden, der mich mit seltener Zärtlichkeit segnete. „Er brauchet die Maske nicht mehr, Fritz! Sie zahlten meinen Minister, ich sparte Geld für Soldaten! Ich hab' sie angeführt, all meine Spione! Ich hab' Ihm alles bereitgeschafft: Mach' Preußen groß! Krieg, Krieg gegen den Kaiser, Krieg gegek Lie Welt!"" Es wurde still Tiefstill. „Bitten Sie Fredersdorf, daß er mir Licht macht," sagte eine ruhige Stimme. Hastig schlug Catt Feuer. „Zu liebenswürdig, Herr von Catt! Ich danke." Friedrich trat zum Tisch; sein Gesicht war Stein; riesig groß waren die Augen, erdecnifernt. Fried rich lächelte rätselhaft. „Die Zeil ist erfüllt; die Würfel rotten, das Schickfa! spinnt!" Friedrich zog die Tischtade auf; er kramte darinnen herum. „Was suchen Sie, Majestät? . . . Ist Ihne» nicht Wohl?" — „Passabel!" Sorgsam prüfte Friedrich die Schärfe des Schneppers. — „Ich hol den Chirurgen!" — Friedrich schlug den Ärmel hoch. „Geben Sie lieber dort das Glas her! Halten Sie's unter!" „Majestät schwächen sich zu sehr!" Die Feder schnellte, das Messer drang in die Ader. Schwarz, dick tropfte Friedrichs Blut aus dem Aderlaß. „Sie zittern, Held Catt? Bald werden Sie mehr Blut sehen! — Genug!" Das blutbefleckte Instrument flog in die Lade. „Binden Sie den Schnitt!" Mit flattern den Fingern empfing Catt das zugoworfene Tuch. ...Hier!" Friedrich probierte die Hand im Gelenk; er war zu- frieden: er konnte die Zügel führen. „Herr von Catt, gehen Sie jetzt schlafen! Grüßen Sie Gott Morpheus von mir!" Friedrich lächelte ernst, traurig, gutmütig, tröstend und ab- bittend. „Was dem Feuer nahe kommt, Herr von Catt," sprach er, „verbrennt." Friedrichs Augen glänzten. „Seien Sie froh, daß bloß ich armseliges Fünzlein Ihr Feuer bin!" Friedrich reichte Catt die Hand. „Entschuldigen Sic, oatz ich mir, vorhin und jetzt, so oft widersprach; das ist ein Bild meines Daseins." Friedrich zuckle die Achseln. „Je öfter und leichter einer falsch sieht, desto richtiger sieht er vielleicht. Sagen Sic Eicheln, er sollte kommen! Der Fredersdorf soll mir noch zwei Kerzen herüberstcllen! Damit habe ich Sie zu Ende gequält! Gute Nacht, Herr von Catt." — „Gute Nacht, Majestät." — Friedrich saß allein. Barhaupt rannte Freders dorf am Fenster vorbei, ins Dunkel, wo die Kirchlurmuhr, schnell hintereinander, die Stunden schlug. Sorgsam »hob Friedrich wieder das Aklenbttndel vor sich. Er las laut, bei gerunzelter Stirn: „Untertänigste Bitte des H ptmanns von Ferbow, die Bankierslochler Tcmoiiette Noo.rN, seines Glückes wegen, ehelichen zu dürfen " Glückes wegen!? . . . (Fortsetzung folgt.)
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