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F-Msprech« Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Statt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der SlmtShauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadkrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger «ud Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschunke, Seide in Wilsdruff. Mittwoch den 22. Dezember 1920. 79. Jahrgang. Rr. 296. Amtlicher Teil. Kuchenbackverbot. Zur Erläuterung der Verordnung des WirlschaftSministeriumS über dir Aufhebung deS Ausbackoerbotes vom 13. Dezember 1920 — LSb Id 1 — wird folgendes bekanntgegeben: 1. Den Bäckereien ist künftig nur verboten, Kuchen, Torten usw. aus Getreide mehl, sei es inländischem oder ausländischem, herzustellen. Die Herstellung von Kuchen usw. aus anderem Mehle oder dergl. ist den Bäckereien erlaubt. Konditoreien dürfen Getreidemehl insoweit verarbeiten, als es ihnen von den Kommunalverbänden im Rahmen der Verbrauchsregelung zugewiesen wird. Das unter Aufsicht des Ministeriums hergeftellte Mischmehl ist nicht als Getreide- «eh! im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. 2. Bon jetzt an dürfen in Backereien, Konditoreien und ähnlichen Betrieben Kuchenteige und Maffeo, die außerhalb dieser Betriebe hergestellt find, ausgebacken »erden. 3. Zuwiderhandlungen werden auf Grund der Reichsgetreideordnung vom L1. Mai 1920 bestraft. Die Bekanntmachung vom 1. November 1919 wird aufgehoben. Meißen, am 17. Dezember 1920. Nr. 949 II k. „4 Kommunaloerband Meißen-Stadt und -Land. (Die Amtshauptmannschaft.) Alle während des Krieges zugestandenen Erleichterungen zur Herstellung von An- schlußinstallationeu an das Leitungsnetz unseres Werkes werden hiermit aufgehoben. ES treten nunmehr die Bestimmungen des II. Nachtrags zum Regulativ für das Elektrizitäts werk vom IO. Februar 1915 voll in Kraft. Darin ist u, a bestimmt, daß Ausführung von HnstallationSarbeiten vom ElektrizitätSzähier ab nur durch solche Unternehmer er folgen, welche die beim Stadtrat nachgesuchle schriftliche Berechtigung dazu besitzen, daß mit der Installation erst begonnen werden darf, nachdem der Stadtrat die Genehmigung zu dem Anschlusse erteilt Hal und daß vor Stromzuführung eine Abnahmeprüfung durch de« Betriebsleiter oder seinen Vertreter zu erfolgen hat. Besonders weisen wir darauf hin, daß die Installation der Zähler mit Zählertafel nur durch das Werk erfolgen darf. Wilsdruff, am 18. Dezember 1S2O. Der Stadlrat. — Elektrizitätswerk. Donnerstag Len 23. Dezember 1920 nachmittags 6 Uhr W. gemeWOl. AMg der Rotsu. der StMmoMeteit. Anschließend öffentliche Sitzung der Stadtverordneten. Die Tagesordnung hängt im Verwaltungsgebäude aus. Wilsdruff, am 21. Dezember 1920. Der Bürgermeister. Der Stadtverordnetenvorsteher. Kleine ZeiLma für eilige Leser, * Gegenüber Gerüchten in der ausländischen Presse, daß im Schoße der deutschen Delegation in Brügel Meinungs verschiedenheiten herrschten, wird festgestellt, daß die Delegation in voller Harmonie rind Einmütigkeit zusammen- «beitet. * Am Montag trat in Berlin der Reichstagsausschuh für «mswärtige Angelegenheiten zusammen. * König Konstantin ist in Athen eingetroffe«. Er begab stch unter unbeschreiblichem Jubel der Bevölkerung zunüchfi Air Katbedrale und dann in den königlichen Palast. Brüsseler Möglichkeiten. Die Haupt- und die Nebendelegierteu der deutsche« Regierung für die Sachverständigenkonferenz in Brüssel sind «n den drei ersten Verhandlungstagen mi! großer Ausführlichkeit zu Worte gekommen. Eine reiche fülle gewichtigste« Materials haben sie vor Augen und Ohren der Entente herren ausgebreitet, worauf man sich dann zunächst übe» den Sonntag vertagte, um ein Bild von den danach noch offen bleibenden Möglichkeiten für die von Deutsch- iand zu fordernden Wiederherstellungsleistungen zu gewinnen. Die Franzosen find einstweilen so liebens, würdig, einzuräumen, Latz die Deutschen sich eines ver ständigen Auftretens, einer untadeligen Haltung befleißigt hätten, daß sie ohne Abschweifung, ohne eine Spur eines »ngriffslustigen Geistes gesprochen hätten. Damit sei di« Erörterung über die Erfüllung der finanziellen Klauseln des Versailler Vertrages auf glückliche Art eröffnet worden, und man dürfe hoffen, nunmehr zu einem vorbereitenden Ein verständnis für die endgültige Entscheidung zu gelangen, die in Genf zu treffen sein werde. Atan hält es tm Augen- diick in Paris nicht mehr für notwendig, mit gerunzelter Stirn nach Brüssel zu blicken — was freilich noch nicht gleichbedeutend ist mit dem Entschluß, von bisher fest- gehaltenen unmöglichen und unerfüllbaren Forderungen Ab stand zu nehmen. Aber wenn Sachverständigenzusammenkünfte, wie sie hier in Brüssel veranstaltet werden, überhaupt einen Sinn haben sollen, so müssen die Darlegungen der deutsche« Delegierten doch endlich einmal die verdiente Beachtung finden. War doch Staatssekretär Schröder offen genug, bet seinen Ausführungen über die deutsche Finanz lage mitzuteilen, daß die Steucreingänge in Deutschland in der letzten Zeit erheblich befriedigender geworden seien. Namentlich die Einkommensteuer habe sich seit Einführung des Abzuges von 10 °/o von allen Arbeitseinkommen ver- vtelfacht und z. B. im Oktober über eine Milliarde Mark gegenüber 396 Millionen im Monat Juli betragen. Um ferner die Nachdrücklichkeit der neuen deutschen Steuergesetze an einem bestimmten Beispiel zu beleuchten, stellte er fest, datz unter Umständen frühere Millionäre, ohne sonstige Ver- mögensoerluste erlitten zu haben, nicht mehr in der Lage find, mit ihrem durch Abgaben bis weit unter die Hälfte gesunkenen Einkommen ihre frühere Lebensweise auf recht zu halten, selbst wenn man das Sinken der Kaufkraft des Geldes außer acht läßt. Wir haben uns nicht gescheut, die Steuertrast der Bevölkerung in so un erhörter Weise anzufpannen, um so wenigstens den ordent lichen Etat im laufenden Jahre wieder balancieren zu können. Präsident Havenstein, der als zweiter Redner an die Reihe kam, verfehlte natürlich auch nicht, die Not wendigkeit der Stillegung der Notenpresse zur Sprache zu Wingen. Ader da die deutsche Zahlungsbilanz immer noch in höchstem Blaße passiv fei, d. h. wir müssen mehr Werte ausführen, als zu uns hereinkommen, lasse sich gar nicht abiehen, wie man der ständig«: Vermehr»«! dss Vcwier- gelbes Herr werden soll. Wir seien schließlich dem neuen österreichischen Staate immer nur um anderthalb Jahre vor aus, was bei der Entwicklung der bekannten Verhältnisse an der Donau kein geraoe jehr tröstliches Bewußtsein fei. Es brauche nicht mehr lange zu dauern, bis wir Einfuhr nach Deutschland nur noch im Wege des Tauschhandels zu betreiben in der Lage wären, und damit würde das wirt schaftliche Schicksal Deutschlands entschieden sein. Von einer anderen Seite her beleuchtete Dr.Melchior- Hamourg die Frage unserer Leistungsfähigkeit. Er be- rechnele den Wert des im Ausland beschlagnahmten deutschen Eigentums auf über 9 Milliarden Goldmark. Bei Ein behaltung dieser Werte würde dem Deutschen Reich eine Entschäüigungspflicht von SO Milliarden Papiermark er wachse« — wobei fich jeder von selber sogen könne, datz dann auf Wiederherstellungszahlungen größeren Umfangs absolut nicht mehr zu rechnen fei. So forderte er denn von den Alliierten Einstellung aller wetteren Maßnahmen dieser Art und Rückgabe aller beschlag nahmten, aber noch nicht verkauften deutschen Güter irr «atura. Und schließlich sprach Generaldirektor Cuno von Ler Hamburg-Amerika-Linie über die Folgen des Verlustes der deutschen Handelsflotte sür unsere Wirtschaft. Man er- eriuhr dabei, daß die deutsche Negierung im November 1920 vor geschlagen hatte, die Auslieferung weiterer deutscher Hanoelsschiffe an die Wiederheruellungskommisston elnzu- fielien und Las notwendige Mindestmaß an Tonnage von den bereits abgelieferten Schiffen wieder an uns zmück- zugeben. Sie ist darauf bisher — natürlich — keiner Ant wort gewürdigt worden; eine eigene Handelsflotte sei aber unbedingt erforderlich sür die Durchführung der Schadens- vrsatzleistungen. Vor dem Kriege habe Deutschland über eine Handelsflotte von mehr als 5 Millionen Tonnen ver- fügt, wovon heute nur noch 300 000 Tonnen übrig seien, darunter nur ganze zwei oder drei über See gehende Schiffe. Die Zurückerstattung eines Teiles der deutschen Handels flotte würde nicht nur die Arbeitslosigkeit in den Kreisen der seemännischen Bevölkerung, sondern auch der indu striellen Arbeiterschaft überhaupt erheblich vermindern. Damit aber würde nicht nur dem Interesse Deutschlands gedient sein, sondern auch dem der Alliierten und der ganzen Welt. Wie oft sind Vorstellungen dieser Art nicht schon münd lich und schriftlich den Alliierten gemacht worden? Wir stehen diesmal vor dem letzten Versuch, ihrer besseren Ein sicht zum Siege zu verhelfen. Bleibt auch er erfolglos, dann kann man sich die Blühe weiterer Sachverständigen-üon- serenzen ruhig ersparen. Dann sollen die letzten Ent scheidungen von den nichtsachverständigen Gebietern der Entente gefällt werden. ReLchsemkommensieuer - Nsvells. Keine Doppelbesteuerung für 1920. — Berücksichti gung der Geldentwertung. — Kriegsbeschädigte und Kleinrentner. — Frauen und Kinder. Dem Reichstag ist eine Novelle zum Einkommensteuer gesetz zugegangen, die eine ganze Anzahl wesentlicher Ände rungen vorsieht. Das Zugrundelegen des Einkommens des Jahres 1920 hat zu mancherlei Härten geführt, und auch die Regierung erkennt an, daß die zweimalige Besteuerung des Einkommens von 1920 sehr mißlich ist. Die Novelle bestimmt nun. daß das Einkommen eines Kalenderjahres in jedem Falle nur einmal, und zwar möglichst in dem Jahre ver steuert wird, in dem es erzielt wurde. Das hätte zur Folge, daß in Zukunft die Veranlagung nicht mehr wie bisher von April bis April, sondern von Januar bis Januar vorge nommen werden müßte. Da aber das Einkommen immer erst nach Ablauf eines Jahres festgestellt werden kann, so müßte auch die Veranlagung nicht mehr, wie jetzt, am Be ginn d«s LsttraumL, für den sie erfolgt, sondern nach dessen Ablauf vorgenommen werden. Inzwischen müßten von den Steuerzahlern Abschlagszahlungen geleistet werden. Mit Rücksicht auf die Entwertung des Geldes wird die steuerfreie Grenze bei Verstümmelungszulagen. Pflegerulagen, Schwerbeschädigtenzulagen usw. von 2000 Mark auf 500» Mark erhöht, allerdings soll der in Frage kommende Personen kreis klarer als bisher abgegrenzt werden. Die Renten, die jemand nach dem Tumultschadengesetz erhält, werden steuer lich den Bezügen aus den Militärversorgungsgcsetzen gleich gestellt. Es sollen steuerfrei bleiben. nur noch die Beiträge zu den öffentlich rechtlichen Berufs- und Wirtschaftsver tretungen sowie zu Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschastliche« Geschäftsbetrieb gerichtet ist, also insbesondere die Beiträge zur Handelskammer, Hand werkskammer, Landwirtschaftstammer, zu den Gewerkschaften »nd Fachverbänden, nicht aber mehr die Beiträge zu den politischen Parteien und zu den vielerlei Vereinigungen mit sozialem und charitatioem Charakter. Um die Not der Kleinrentner, deren Einkommen nicht mehr als 7500 Mark beträgt zu lindern, soll bei ihnen eine volle Anrechnung der Kapitalertragssteuer auf die Einkommensteuer zugelassen «erden. Die Durchführung des Steuerabzuges vom Arbeits- Loh« foll durch Einführung höherer Strafen gesichert werden. Wer gegen diesen Teil des Reichseinkommensteuergesetzes ver stößt, soll mit Geldstrafe bis zu 100 009 Mark oder mit Ge- «nguis bestraft werden können. Nur bei mildernden Um ständen kann mit Geldstrafe bis zu 20 000 Mark herab- oegangen werden. Wer Steuermarke« fälscht oder falsche Marken als echt verwendet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft, wer bereits verwendete Steuermarken wieder verwendet, erhält GefäMnis bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe dis zu 10000 Mark und wer fasche Steuer marken herstellt, Gefängnis bis zu zwei Jahren oder Geld strafe bis 20 000 Mark. Endlich soll wege« der Entwertung des Geldes und der damit verbundenen Preissteigerung für alle Lebensmittel und Bedarfsartikel der steuerfreie Einkommensteil dann erhöht werden, wenn es sich um Steuerzahler bandelt, auf deren Einnahmen weitere Personen angewiesen sind. Da aber die Preisverhältnisse auch der nächsten Zukunft noch ganz unsicher find, so soll die Erhöhung des steuerfreien Einkommens teils zunächst nur für die Steuerlahre 1920 und 1921 gelten, und zwar soll der Betrag, der für Frauen und Kinder vom Ein kommen abgezogen werden kann, von 500 Mark am 1000 Mark für jede in Betracht kommende Berson erhöht werden. König Ksnsiamin in Athen. Feierlicher Einzug in die griechische Hauptstadt. Unter noch nicht dagewesenem Jubel der Griechen haben König Konstantin und die Königin ihren feierlichen Einzug in Athen gehalten. Als auf dem Bahnhof, der fast inmitten der Stadt ge legen ist, der Zug mit dem Talvnwagen des Königs lang sam unter den schrillen Pfiffe» Ler Sirenen und den Salben der Geschütze hercineoUtc, erreichte die Begeisterung der Mein en, die sich bis hoch auf die Dächer drängten, ihren Höhepunkt. Allgemeine Ausrufe: „Wir habe» dich znrück- lvunncu lassen' Er ist da!" begrüßten den König, und als er mit der Königin in den L In Daumont bespannten « Wage» stieg, wurde er von den hinzudrängeuden Volks- ! me»gc» fast erdrückt. Flugzeuge warfen in diesem Moment s Lorbeerzweige vom azurblauen Himmel. Konstantin träge große Uniform, den Helm mit weißem Federbusch und den Feldmarschallstab. Schritt für Schritt nur konnte der Wagen durch die reich beflaggten Straßen unter dem Sturm von Willlommensrufeu vorwärts kommen. Alle Glocken läuteten. In der Metropolitankirche erwarteten die Königin-Mutter Olga, die Prinzessinnen, die Abgeord neten, das diplomatische Korps und der Heilige SynoL, angetan mit reichen, golügeschmückten Gewändern, daS Königspaar. Während des Tedeums widerhallte die Kirche von den Ausrufen der begeisterten Menge über das Bild grandiosen Pompes, dsy Kirche und Militär hier entfalteten.