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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Mochenb!ü^ für 26WdsUsf UNd ^MgLgLNd Postscheckkonto Leipzig LS614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger «nd Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 272. Mittwoch -en 24. November 1920. 79. Jahrgang. Amtlicher Teil. Petroleumpreise. Für das auf Grund der Zuteilung für November 1920 zur Verteilung gelangende Petroleum sind durch den ReichZwirtschaftSminister folgende Preise festgesetzt worden: 1 Liter ab Laden 7,25 Mk. 1 , frei Haus des Verbrauchers 7,40 , Meißen, am 1«. November 1920. Nr. 896 VII Die AmtShauptmannschast. Maul- und Klauenseuche. Unter den Viehbeständen der Gutsbesitzer Oskar Biuk, Meißner Straße 260e, OSkar Leibger, Markt 12 und des Gutspächters Paul Geißler, Tharandter Str. 1346, ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Als Sperrbezirk wird der gesamte Stadtbereich mit Ausnahme des Bahnhofes bestimmt. Für den Sperrbezirk gelten die Vorschriften in ZK 162, 163, 164 und 168 der Bundesratsvorschriflen zum Vieh' seuchengesetz — Geseg^ünd Verordnungsblatt 1912 S. 83sig. — und die sonstigen von uns hierzu getroffenen Anordnungen. Writergehende Beschränkungen bleiben ausdrücklich Vorbehalten. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden, insoweit nicht noch den Strafvorschriften des Viehseuchengesetzes vom 26. 6. 1909 oder sofern nicht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen höhere Strafen verwirkt sind, gcmäß Z 57 der sächsischen Aus führungsverordnung zum Viehseuchengesetz vom 7. Mai 1912 mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu 6 Wochen bestraft. Wilsdruff, am 23. November 1928. Der Stadtrat. Domrsiag den 25. November 1928 abends 7 Uhr öffentliche Sitzung der Stadtverordneten. Die Tagesordnung hängt im Verwaltungsgebäude aus. Wilsdruff, am 23. November 1920. Der Stadtverordnetenvorsteher. Kleine Zeitung für eilige Leser. " über Nacht haben die Sinnfeiner ein furchtbares Blutbad unter den englischen Soldaten in Dublin angerichtet. * Die Volksabstimmung in Griechenland über die Frage »er Rückkehr König Konstantins erfolgt am 28. November. Eine neue Partei? Auf der Tagung der christlichen Gewerkschaften in Esten H*d von den führenden Männern dieses Teiles der Arbeiter bewegung Töne angeschlagen worden, wie man sie auf den großen Arbetterkongressen der letzten Zeit nur selten oder gar nicht vernommen hat. Während sonst überall auf Trennung der Stände, auf Haß und Feindschaft hingearbeitet wird, tegien sich hier die beiden führenden Männer der christlichen Gewerkschaften» der Reichsarbeitsministcr Brauns «nd der preußische Wohlfahrtsminister Stegerwald mit allen Kräften für eine Sammlung aller produktiven Volksschichten ins Zeug. Zum ersten Male wurde hier davon gesprochen, daß es außerhalb des Arbeiterstandes ein neues Proletariat gäbe als Folgeerscheinung von Krieg und Revolution. Wohl müsse in sozialpolitischer Hinsicht die seelische Be wertung des Arbeiters eine andere werden, aber damit allein sei es nicht getan. Zum Wiederaufbau des Vaterlandes müßten alle vaterländisch, christlich, volkstümlich und wahr haft sozial denkenden Kreise aus allen Volksschichten zu sammengefaßt werden. Auch parlamentarisch zusammengefaßt werden — was kaum anders als im Sinne einer neuen Partei oder zum mindesten doch Partei-Gruppenbildung ver standen werden muß. Das gegenwärtige Parteisystem, aus der vorrevolutionären Zeit übernommen, sagte Minister Stegerwald, sei unerträglich. Der Sozialdemokratie fehlten, fügte er hinzu, nach den bisherigen Erfahrungen die Vor bedingungen für die überragende Führung. Die gemäßigte Arbeiterbewegung Deutschlands müßte sich mit allen übrigen Volksgenossen, die an der Erneuerung Deutschlands teil nehmen wollten, zusammentun, zu einer Bewegung, deren Träger Arbeiter, Angestellte und Beamte abzugeben hätten. Also auch hier der Dreiklang, den wir aus den Zeiten der ersten Revolutionsmonate noch sehr gut im Gedächtnis haben. Herr Stegerwald ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er die Zusammenfassung der politischen Kräfte im katholischen und evangelischen Lager als das Gebot der Stunde bezeichnete. Er fand stürmischen Beifall mit dieser Forderung, mit der sich bald darauf auch die Gesamtver bände der Angestellten» und der Beamten-Gewerkschasten ausdrücklich einverstanden erklärten. Der deutsche Gewerk schaftsbund. der bereits auf annähernd 2 Millionen Mit glieder zählen kann, sieht auch seine Aufgabe darin, sich als Gegengewicht gegen den Radikalismus der sogenannten freien Gewerkschaftsbewegung zu betätigen. Ob damit ein Wendepunkt in der deutschen Arbeiterbewegung gekommen ist? diesem Zusammenhangs schon wiederholt genannt. Aber die überlieferte Wucht der Zentrumsdisziplin schien bis jetzt alle Anwandlungen dieser Art erfolgreich niederzuhalten. Unver kennbar aber verstärkten sich auch in der rheinisch-westfälischen Jndustriearbeiterschaft mit der unaufhaltsamen Zuspitzung der sozialen Kämpfe die Tendenzen auf Loslösung von der früheren Gebundenheit der alten Zentrumspartei. Dem Anschwellen der freigewerkschaftltchen Arbeiterbewegung fühlte man sich nicht gewachsen und mußte also nach einer Verbreiterung der Abwehrfront Umschau halten. Diese kann aber nur zum Erfolg führen, wenn sie von möglichst breiten Schultern ge tragen wird. So entstand offenbar der Gedanke des Zu sammenschluffes aller derjenigen Volksschichten, die, gleich viel welcher Klasse, welchem Stande oder gar welcher Rellgwn sie angehören, Gefahr laufen, von der gleichen wirtschaftlichen Not zerrieben zu werden. * Gegen den Gewattfrie-en. Entschließungen der christlichen Gewerkschaften. Unter dem Vorsitz des Ministers Stegerwald hielten die christlichen Gewerkschaften Deutschlands in Esten eine stark besuchte Tagung ab. Einstimmig angenommen wurden vier Entschließungen und zwar: erstens ans grundlegende Revision deS Versailler Friedensvertrages, zweitens gegen die weitere Besetzung großer Teile Deutschlands, drittens gegen die Forderung aus Ablieferung von 810 000 Milchkühen, viertens auf Schaffung eines parlamentarischen Komitees, einer eigenen Tageszeitung der christlich-nationalen Be wegung «nd einer Volksbank, welche die wirtschaftlichen Kräfte der christlich-nationalen Arbeiter, Angestellten und Beamten und der ihnen nahestehenden Kreise bei dem Wiederaufbau Deutschlands einheitlich zur Geltung bringen soll. Nach dem Berichte deS Ausschusses des Gesamtoorstandes ist die Mitgltederzahl des Gesamtoerbandes der christlichen Gewerkschaften von 350 900 Ende 1912 auf 1 950 000 ge stiegen. Der Gesamtoerband hat sich mit anderen Ver bänden zum Deutschen Gewerkschaftsbund zusammenge schlossen, der als Gegengewicht gegen den Radikalismus in der Gewerkschaftsbewegung positive Wtederaufbauarbeit leisten will. Deutsche Totenfeier in Paris. Gedenkrede unseres Botschafters. Am Totensonntag legte der deutsche Botschafter Dr. Mayer am Denkmal für die auf dem Friedhöfe in der Pariser Vorstadt Montrouge beerdigten-deutschen Soldaten einen Kranz nieder. Dr. Mayer hielt dabei an die ver sammelten Mitglieder der deutschen Botschaft, der deutschen Frtedensdelegation und der übrigen deutschen Missionen folgende Ansprache: über eine Million deutsche Soldaten liegen auf franzö sischem Bode» begraben. Unermeßlich ist die Zahl der Mütter und Witwen, der Kinder und Geschwister der Ge fallenen, die heute tu der Heimat i« ihren Gedanken und Gebeten an den Gräbern ihrer Lieben weile«. Mit ihnen gedenkt das ganze deutsche Volk in Trauer »md Ehrfurcht seiner für das Vaterland gefallenen Söhne. Zur Ehrung des Andenkens au alle die Treuen, die an der Front, in Hospitälern oder tu Gefangenschaft ihr Leben sür ihr Vater, land dahingegebeu und unn in französischer Erde ihr Heldcn- grab gefunden habe«, lege ich namens der Reichsregierung und der deutschen Heimat diesen Kranz nieder. DaS deutsche Volk wird auch in Unglück und Not seine Helden «nd ihre Taten nie vergesse«; es neigt sich in unaussprechlicher Daukbarkeit und Bewunderung vor ihrem Andenken, das ihm ei» heiliges Gedächtnis bleibe» wird immerdar. Nach der Ansprache deS Botschafters zogen die Mit» glieder der deutschen Missionen entblößten Hauptes an den Gräbern vorbei. , Oie Lage in Griechenland. Große Kundgebungen für Konstantin. Während König Konstantin noch das Ergebnis der auf den 28. November festgesetzten Volksabstimmung, die un zweifelhaft zu seinen Gunsten ausfallen wird, abwarten will, haben sich seine Brüder, die Prinzen Andreas und Christoph, bereits nach Griechenland zurückbegeben. Aus Athen wird gemeldet, die neue griechische Re gierung habe sämtltchc Gerichte des Königreichs beauftragt, im Namen des Königs Konstantin Recht zu sprechen. Die Menge habe am Hanse von Venizelos ein Bild der Königin Sofia angebracht. Mehrere Franzose«, die in de« Straßen von Athen sich geweigert hatten, daS Bild König Kon stantins zu grüßen, seien belästigt worden. Die neue Re gierung sei der Ansicht, daß alle Entscheidungen der letzten Kammer ungültig seien, deshalb solle die neugcwahtte Kammer nochmals schlennigst den Frkedenövertrag von SövreS ratifiziere», bevor die Alliierten intervenieren könnten. .Eorriere della Sera" meldet, anscheinend offiziös, aus Rom, daß die italienische Regierung sich an einer etwaigen Einmischung in die griechische Verfassungsfrage ebenso wenig beteiligen würde wie seinerzeit an dem Vorgehen Frankreichs und Englands, durch daS König Konstantin aus Athen ent fernt wurde. Deutscher Reichstag. (32. Sitzung.) 6L. Berlin, 22. November , , Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung stand die sozmldemokratische Interpellation über Kapftaloerschiebungen nach dem Auslande. Allgemein hat man erwartet, daß der Andrang zu dieser Verhandlung sehr groß sein würde. Diese Vermurung hat sich jedoch nicht bestätigt. Namentlich gilt das von den Tribünen. Zu Beginn der Sitzung wurde daS Gesetz über Ober schlesien einem Ausschuß von 21 Mitgliedern überwiesen. Alsdann ging man sofort zu der Interpellation betr. die Kapitalsverschiebungen nach dem Ausland über. Sie lautet: Ist es richtig, daß namhafte Kapital verschiebungen nach dem Auslande stattgefunden haben und daß in Berlin die Aushebung des Bankhauses Gmifier statt gefunden hat und zur vollständigen Beschlagnahme der Akten und Bücher geführt habe. Ist es ferner richtig, daß hierdurch eine weit ausgedehnte Kapitalflucht nachgewiesen wurde und so dabei eine große Anzahl Mitglieder adliger und fürstlicher Hauser, darunter auch Mitglieder des Hauses Hohenzoüern, gefaßt worden sind. Was gedenkt die Reichsregierung gegen die Beschuldigten zu tun und was hat der Reichsfinanzmtnister getan, um für das Reich entsprechende Vermögenswerte zu sichern? Zur Begründung der Interpellation erhielt der Abg. Müller-Franken (Soz.), der frühere Reichskanzler, das Wort. Im Eingang seiner Rede wies er auf die trostlosen Finanzen des Reiches hin und auf die Notwendigkeit, die Steuerkraft des Volkes bis zum äußersten anzuspannen. Rettung sei nur möglich, wenn jeder Deutsche seine Pflicht tue. Ferner machte der Redner geltend, daß die Arbeiter immer unzufriedener werden, wenn die Besitzenden ihre Steuerpflicht nicht erfüllen wollen. Alsdann kam der Redner auf das Bankhaus Gruisser zu sprechen. Hoffentlich nimmt sich die Staatsanwaltschaft des Vorlebens des Hauptschiebers Gruisser an. Dieser hat die Firma Gruisser, Philipson u. Co. offensichtlich mit dem einzigen Geschäftszweck gegründet, Kapitalien und Waren im großen ins Ausland zu verschieben. Ist es richtig, daß Gmifier nach der Beschlagnahme der Bücher noch in Berlin an einer Aussichtsratssitzung teilnehmen konnte? In seinem Hause in der Kochstraße verkehrten alle möglichen Reaktionäre. Natürlich nicht, um die Gegenrevolution vorzuberetten. Zu erst kommt für diese Leute ja ihr Geld, dann erst die Monarchie. Ist es richtig, daß eine Reihe prominenter Persönlichkeiten an den einzelnen Warenbeständen finanziell beteiligt gewesen sind? Beträgt thre Zahl tatsächlich hundert und bandelt es sich dabei um 250 Millionen Mark oder um noch größere Schiebungen ? Im Anschluß daran stellte der Redner verschiedene Fragen über den Kreis der Personen, die an den Schiebungen beteiligt waren. In der Presse wurde ein bekannter General genannt, der Kunde des Bankhauses Gmifier gewesen sein soll. Ist das nicht derselbe bekannte General, der ohne Wissen der Steuerbehörde bet einer Berliner Bank ein beträchtliches Konto gehabt hat? Der Personenkreis erstreckt sich über Berlin hinaus nach Hamburg und Hannover. Als stark be teiligt gelten meines Wissens der Staatsanwalt Dr. Hans Oehm, ferner der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Spiro, semer ein gewisser Lewy aus Hannover, ferner der frühere Geheime Hofrat Dr. Hans Wagemann. Darüber hinaus werden eine ganze Reihe Namen aus adligen Kreisen genannt. Darunter die Freifrau v. Gaup - Mafiaunen, ferner ein gewifier v. Moesner, ein Major, der als, Freund des Kronprinzen bekanntgeworden ist. Die Angehörigen des Hochadels sind meines Wissens Kunden Gruissers. Ferner der Graf Radolin, die Gräfin o. Älücher-Wendstadt, genannt wird auch eine Fürstin Wanda von Radziwill. Vielleicht bandelt es sich hier noch um eine Person, die mit der andern verwechselt wird. Mit einiger Sicherheit als beteiligt gilt aber ein Fürst von Schönburg. Nunmehr kam der Redner auf die zu den Kunden Gruissers gehörenden Mitglieder des Hauses Hohenzollcr» zu sprechen. In der Presse wurde bereits darauf binge- wicsen, daß die Kronprinzessin Cäcilie von Preußen bet dem Bankier Gruisser ein- und ausgegangen ist. (Hier rief, der