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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 WoHmUgU fßs WUdkUss UNd ^NMgeNd Postscheckkonto Leipzig Nr. 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff sowie des Forstrentamts Tharandt. Herausgeber, Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlich für die Schriftleiiung: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Dienstag den 7. September 1920. Nr. 206. 79. Jahrgang. Amtlicher Teil. Berichtigung. In der gestrigen Bekanntmachung, die Ausgabe von Nähr- und Lebensmittelkarten Reihe IV betr., ist folgender Satz zu streichen: „Die Einfuhrzusatzkarten für Auslandsmehl, Auslandsfleisch und Auslandsfett be halten weiterhin ihre Gültigkeit." Da keine Belieferung mehr statlfindet, sind sämtliche Einfuhrzusatzkarten verfallen und können vernichtet werden. Meißen, am 4. September 1920. s«si Nr. 1600b II Die Amtshauptmannschast. Amtshauptmannschast bietet zur Linderung der bestimmt zu erwartenden Knappheit an Heizstoffen für Heiz- und Kochzwecke, für Schulen, Landwirtschaft, Behörden usw. an: Stockholz zum Preise von etwa 14 Mk. ab hier für den Zentner. — Wir nehmen Bestellungen hierauf om 8. d. M. im Zimmer Nr. 10 entgegen. szgz Wilsdruff, am 4. September 1920. Der Stadtrat. — Kriegswirtschaftsabteilung. Mr Mm WM, Äz«W öi; 10 Ur mmillG mszngM. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Zwischen der Reichsregierung und denEisenbahn-Betriebs- räten ist in der Frage der Kontrolle der Waffentransporte em scharfer Konflikt ausgebrochen. * Im Reichswirtschaftsministerium wird eine besondere Ab teilung für das Handwerk errichtet. * Die deutschen Abgeordneten des polnischen Landtags protestieren gegen die Unterdrückung des Deutschtums m den deutsch-polnischen Gebieten. * Der Breslauer Polizeipräsident, der Mehrbeitssozialist Eugen Ernst, ist von der Preußischen Regierung seines Amtes erithoben worden. * Der Regierungspräsident in Breslau hat die auf die Er mittelung der bei den Vorgängen am 26. August Beteiligten angesetzte Belohnung von 3000 Mark auf 15 000 Mark erhöht. * Von den fünf Kreiskontrolleuren in Oberschlesien haben drei englische ihre Entlassung eingereicht, weil sie mit dem Ver halten der Franzosen nicht einverstanden sind. * Die Wiedergutmachungskonferenz in Genf wird voraus sichtlich am 24. September zusammentreten. * Frankreich Lat wegen der Heimsendung der Franzosen aus Rußland an die Sowjetregierung ein kurzfristiges Ulti- matum gestellt. Schall und Rauch. Aus politischen Kreisen wird uns geschrieben: Die so geräuschvoll in die Welt geschickte französische Note mit den Sühneforderungen für die Breslauer Krawalle hat ihre geschäftliche Erledigung gefunden mit einer Ver ständigung, bet der vernünftigerweise beide Teile etwas von ihrem Standpunkt geopfert haben. Deutschland schluckte die fünf französischen Forderungen, die das französische Prestige bedürfnis decken, schickt den Minister des Auswärtigen und den preußischen Minister des Innern zum Entschuldigungs besuch auf die französische Botschaft in Berlin und versetzt den Hauptmann o. Arnim auf eigenen Wunsch in eine Prooinzgarnifon, wogegen Frankreich auf den Kotau des Reichskanzlers und die weitere Bestrafung des vollkommen schuldlosen Hauptmanns verzichtet. Damit ist hoffentlich der bedauerliche Zwischenfall aus der Welt geschafft. Nach Lage der Dinge konnte die Erledigung nicht anders enden, als mit der größeren Nachgibigkeit auf deutscher Seite, und wenn die Fanfaren, mit denen die französische Note vor ihrer Veröffentlichung begleitet wurde, offenbar auf die Ein- z schsichterung unserer öffentlichen Meinung brechnet waren, so f hat sich dieser Trick als vollständig überflüssig erwiesen, i Alan hat auf Leiden Seiten die notwendige Kaltblütigkeit bewahrt und damit die kritische Spannung schnell gelöst. Zudem hat die preußische Staatsregierung den Breslauer Polizeipräsidenten Eugen Ernst in den einstweiligen Ruhe stand versetzt. Es ist ja nicht zu leugnen, daß die Breslauer Behörde, die für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicher heit verantwortlich ist, in der kritischen Zeit in bedauerlicher weise versagt hat. Herr Eugen Ernst hat am Tage der Breslauer Krawalle einen Automobilausflug unternommen und war während der Ausschreitungen gar nicht in Breslau anwesend. Da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn auch die untergeordneten Organe nicht am Platz waren und die Polizei versagte. Herr Eugen Ernst mag ein trefflicher Mensch sein. Als Verwaltungsdeamter und Leiter einer großen, verantwortungsvollen und arbeitsreichen Zentralbehörde hat er sich jedenfalls in Breslau ebenso wenig be währt wie in Berlin, wo er ja gleichfalls unmittelbar nach dem Umsturz als Nachfolger des Herrn o. Oppen zum Berliner Polizeipräsidenten bestellt wurde. Die landläufige Auffassung, daß der liebe Gott mit dem Amt jedem auch den Verstand gibt, hat sich hier als ein Irrtum erwiesen. Wir wissen ja jetzt ein wehmütiges Lied davon zu singen. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Breslauer Vorgänge einen ganz andern Verlauf ge kommen hätten, vielleicht sogar ganz hätten vermieden werden können, wenn die Breslauer Polizei am Posten gewesen wäre. Ist es nicht auch im hohen Maße erstaun- uch und sogar befremdend, daß während der ganzen Exzesse mit ihren Zerstürungs- und Ptünderungsakten nicht ein einziger Täter oder Beteiligter festgenommen worden ist? Erst fetzt müssen eigens nach Breslau entsandte Berliner Kriminalbeamte die notwendigen Ermittlungen anstellen. Die französischen Blätter tun sich viel zugute über die „französische Mäßigung", die sie als Beweis für Frankreichs Friedensliebe und die Absicht ausfprechen, gute Beziehungen mit Deutschland zu unterhalten. Wir dürfen aber nicht ver gessen, daß zwar der Breslauer Zwischenfall beigelegt ist, nicht aber die Triebkräfte und Strömungen, die ihm zu grunde gelegen haben. Die Breslauer Krawalle waren übel angebrachte, der irregeleitete Ausdruck der hochgradigen Erregung und Empörung über die Vorgänge in Oder- schlesien. Die französische Parteilichkeit zugunsten der Polen ist ganz offenkundig: Man hat sogar Anhaltspunkte dafür, daß die Menge absichtlich von polnischen Agenten aufs polnische und französische Konsulat geleitet wurden ist. Wir werden sonach erst an die Aufrichtigkeit der französischen Friedensliebe und der Neigung zu guten Be ziehungen mit Deutschland glauben können, wenn auch in dem Verhalten der verantwortlichen franzö sischen Stellen in Oberschlesien ein sichtbarer Wandel im Sinne einer unzweifelhaften Unparteilichkeit und Sachlichkeit gegenüber Polen und Deutschen zu verzeichnen ist. Wir können das deutsche Obcrschlesien nicht ver zichten, wenn wir wirtschaftlich nicht völlig zugrunde gehen wollen, und alle Versuche, den Polen, sei es durch diplo matische Winkelzüge oder durch offene Begünstigung des polnischen Terrors Oberschlesien zuzuschanzen, werden immer wieder Ausbrüche der deutschen Leidenschaft im Gefolge haben müssen. Das muß die französische Politik sich stets vor Augen halten. Drohende GMegung Ser Eisenbahnen Die Kontrolle der Waffen- und Munitionssendungen. Durch die Zurückhaltung der für die ostpreußische Sicherheitswehr bestimmten Waffen- und Munitionssendungen auf dem Stettiner Bahnhof in Berlin durch den Eisenbahn- Betriebsrat ist eine unvorhergesehene Situation entstanden. Dem Gedanken der Kontrolle der Waffen- und Munitions sendungen durch die Betriebsräte lag ausgesprochenermaßen der Wunsch zugrunde, in organischem Zusammenarbeiten mit der Regierung Verletzungen der deutschen Neutralität zu verhüten. Ein Gegensatz zwischen Regierung und Be triebsräten war ursprünglich nicht vorhanden. Im Gegenteil schienen sich von Anfang an die Eisenbahner bei dieser ganzen Aktion als ausführende Organe des Regierungswillens aufzusassen. Dieser Standpunkt wurde verschoben, als in dem Fall des Stettiner Bahnhofes der Betriebsrat auch dann noch den fraglichen Eisenbahnzug zurückhielt, als die Regierung erklärte, es handele sich nur um Waffen für die Sicherdeitswehr. Es könne also eine Neutralitätsverletzung durch Waffen- und Munitionssendungen an Polen nicht in Betracht kommen. Die Sendung enthielt aber Geschütze und Munition in großen Mengen, sodaß der Betriebsrat der Ansicht war, sie gehe über den Bedarf der ostpreußijchen Sicherheitswehr hinaus und es müsse daher doch noch etwas anderes dahinter stecken, dessen Endzweck man ihm verheimliche. Die Regie rung fühlte sich dadurch in ihren Maßnahmen schwer ge hindert und befürchtete eine Untergrabung ihrer Autorität gegenüber den Beamten. Dem suchte der Verkehrsmintster Gröner durch Anordnungen vorzubeugen, die bestimmt waren, die Verfügung über die Eisenbahntransporte dem Einfluß der Betriebsräte zu entziehen. Da der Kontroll- Kommission der Eisenbahn-Betriebsräte eine Reihe sozial demokratischer Politiker verschiedener Richtungen angehören, erhielt, als der Einspruch dieser Kommission von der Regie rung zurückgewiesen wurde, die Angelegenheit über Nacht einen hochpolitischen Anstrich. Die gesamte Arbeiterschaft erllärte sich nun mit den Eisenbahn-Betriebsräten solidarisch und Lie sozialdemokratischen politischen Parteien erlassen jetzt zusammen mit dem Allgemeinen Deutschen Gewerk- fchaftsbund und dem Verband der Eisenbahn- und Trans portarbeiter einen Aufruf an die gesamte deutsche Arbeiter schaft, in dem erklärt wird, daß die organisierten Arbeiter, sofern es zu Maßregelungen gegen Eisenbahner käme, ge schlossen hinter ihnen stehen würden. Man weiß, was das bedeutet. Die Gefahr eines Verkehrsstreiks, vielleicht sogar eines Generalstreiks, ist dadurch in den Bereich der Mög lichkeit gerückt. Oer Heizweri unserer Brennstoffe. Praktische Anwendungsformen. Wir müssen unseren Brennstoffverbrauch einschränken, wenn die in Spa vereinbarten Kohlenlieferungen an die Entente erfüllt und wenn damit vermieden werden soll, daß Deutsch land reichste Kohlenkammer, des Ruhrgebiet, unter fremde Herrschaft kommt. Im Jahre 1906 betmg der Kohlenoer brauch pro Kopf und Jahr in Deutschland noch drei Tonnen, im Jahre 1912 schon 4,5 Tonnen. Unsere Brennstosslager müssen sich früher oder später einmal erschöpfen. Dann gerät unsere ganze bisherige Zivilisation in Gefahr. Denn alle Kultur geht, wie Ferdinand Fischer sehr treffend in seiner .Feuerungstechnik" bemerkt, von den brennenden Holzscheiten auf dem häuslichen Herd aus, die Wärme und Licht spenden. Wärme zum Schutz gegen Kälte, zur Bereitung der Speisen und Herstellung der verschiedenen Gebrauchsgegenstände als Anfang der gewerblichen Tätigkeit; Licht zur Erhöhung der Behaglichkeit und zur Verlängerung der Arbeitsmöglichkeit. Die änderen Länder hatten bisher zumeist einen geringeren Kohlenverbrauch als Deutschland, Großbritannien verbrauchte auf den Kopf der Bevölkerung 4,07 Tonnen, Frankreich 1,41 Tonnen, Belgien 3,24 Tonnen, nur die Vereinigten Staaten von Amerika hatten einen höheren Verbrauch als wir, nämlich 4,79 Tonnen. Die notwendige Einschränkungen im Brennstoffkonsum brauchte uns aber nicht zu sehr zu schrecken. Wir können den Heizwert unserer Brennstoffe besser als bisher ausnutzen. Der Heizwert unserer Brennstoffe ist verschieden. Hotz und Torf haben lufttrocken einen Heizwert von 3500—4500 Wärme-Einheiten, Braunkohle bis 5000 W.-E., Steinkohle von 6500—8400 und Anthrazit von 7500—8000 W.-E. Der Heizwert der von Beimengungen befreiten reinen brennbaren Masse unserer Brennstoffe ist aber weit höher; beim Holz beträgt er 4500 W.-E., beim Torf 6500 W.-E., bei der Braunkohle 6500—7000 Wärme-Einheiten und bei der Steinkohle und dem Anthrazit 7700—8600 W.-E. und mehr. Diese Wärme-Einheiten voll auszunutzen, mutz das Bestreben eines jeden sein, der mit Brennstoffen etwas zu tun hat. Die Hausfrau, Lie Magd, die Köchin, der i Keffelheizer und der Lokomotivführer, sie alle können dazu beitragen, indem sie darauf achten, daß nur trockenes Brenn material in Lie Öfen gelangt. Die Luftzufuhr darf nicht zu slark, aber auch nicht zu gering werden. Tritt Rauch bei der Verbrennung auf, jo ist das ein Zeichen, daß Lie Lust zufahr zu gering ist. Durch Schieber und Türen an den Öfen muß die Luftzufuhr so geregelt werden, daß eine klare Flamme emporloüert. Bei Len Hausfeuerungen wird viel fach der Fehler gemacht, Laß die Mündungen der Schorn steine nicht über die Dachfirste geführt und Lie Rohre nicht dicht sind. Hieraus erklärt sich Lie so häufig beobachtete nachteilige Beeinflussung der einzelnen Rohre unter sich; eine andere Folge ist, Laß Las Anherzen mit Schwierigkeiten ver knüpft ist. Bei Len Zentralyeizungsanlagen muß der Wirkungsgrad der Anlage genau der Leistung der Kessel angepaßt sein, denn sonst wächst der Kotsoerbrauch in un« zulässiger Weise und die Wohnung wird doch nicht warm. Dazu sei noch bemerkt. Laß durch eine kleine Lusttlappen- öffnung bei bleibendem stärkeren Schornsteinzuge ebensoviel Luft zu dem Feuer treten kann wie bei mehr geöfjneter Lustklappe und gedrosseltem Schornsteinzuge. Las sei aus drücklich erwähnt, weil in dieser Hinsicht Lie wunderlichsten Ansichten bestehen. Bei den Jnduflriefeuerungen muß zur vollständigen Ausnutzung Les Heizwertes Ler Brennstoffe Bedacht darauf genommen werden, daß der für Len angewandten Brenn stoff geeignetste Rost verwendet wird. Vorteilhaft und ge schickt eingebaute Vorwärmer, sogenannte .Economiser" können viel dazu beitragen, den Brennstoffverbrauch herad- zusetzen, den Heizwert des Brennstoffes aber besser auszu nutzen. Diesem Zweck dienen die wärmetechnischen Beratungs stellen, die jetzt vom Reichskohlenrat gegründet werden. Sie stehen jedem mit Rat und Tat zur Seite, der mithelsen will, Brennstoff zu sparen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. 4 Das Reichsgericht nnd der Kapp-Putsch. DaZ Reichsgericht hat Las Verfahren gegen den UnterstaatssekreLür Freiherrn v. Falkenhausen, den Rechtsanwalt Bredereck, den Kapitänleutnant Lensch und den Pfarrer Dr. Traub eingestellt, da sie nach ^dem Ergebnis der Voruntersuchung richt als Urheber oder Führer des hochverräterischen gegen das Reich gerichteten Kapp-Unternehmens anzusehen sind. Dagegen ist der Antrag Les Regierungspräsidenten z. D. o. Jagow auf Einstellung des Verfahrens abgelehnt worden, da er als Miturheber, jedenfalls aber als Führer des hoch verräterischen gegen das Reich gerichteten Gesamtunternehmens verdächtig erscheint. 4- Irrtümer bei der Kapitalcrtragssteucr. Im Publikum ist vielfach die Meinung verbreitet, daß die 10