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Beilage Mr „Weißeritz-Teitung" Sonnabend, am 29. D^ember 1934 100. Jahrgang Nr. 302 IM - ckMMMr MrkW ! (Schluß.) MMM Vorgänge M«Wd JeittWandr erster Linie berühren uns hier selbstverständlich die tragischen Vorgänge im österreichischen Bruderstaate, denen in den Mittagsstunden des 25. Juli durch einen plötzlichen Aufstand gegen die Regierung Dollfuß der Bundeskanzler selbst zum Opfer fiel. Der von Dollfuß im Januar den Na- tionalsozialisten angekündigte Kampf wurde in schärfster Form durchgefühlt, nachdem, wie am 26. Januar der Lan- Lesinspektor der NSDAP. Oesterreichs, Habicht, im bayeri schen Rundfunk feststellte, eine Verständigung der NSDAP, mit Dollfuß in letzter Stunde von Fürst Starhemberg ver eitelt worden sei. Die unwahren Beschuldigungen von einer unbefugten Einmischung der deutschen Regierung in Oester reichs innerpolitische Verhältnisse führten dazu, daß am 5. Februar Dollfuß zur Anrufung des Völkerbundes im deutsch-österreichischen Konflikt ermächtigt wurde, doch mußte Liese Absicht infolge der Einwirkung außenstehender Mächte aufgegeben werden. Eine erste Katastrophe erfolgte auf Grund des Vorgehens gegen den Sozialistisch-Republikani schen Schutzbund. Am l3. Februar kommt es zu blutigen Kämpfen namentlich in Wien mit sozialdemokratischen Schutz bündlern, gegen die schließlich Artillerie eingesetzt wird. Sämtliche sozialdemokratischen Organisationen in Oesterreich werden aufgelöst. Die Anlehnung an Italien und Ungarn führt am 17. März zur Unterzeichnung eines Abkommens über engere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit durch Dollfuß, Gömbös und Mussolini. Am 15. Avril eini gen sich Dollfuß und Starhemberg aus Verschmelzung aller vaterländischen Gruppen im Rahmen der Vaterländischen Front. Die neue österreichische Bundesverfassung wird als Notverordnung am 1. Mai proklamiert. Gleichzeitig werden Lie Hcimwehren in die Wehrfront der Vaterländischen Front eingeglieöert. Der Juni brachte zahlreiche Sprengstoffatten- tate auf österreichische Bahnen, so daß am 13. Juli alle Sprengstoffverbrechen und bloßer Sprengstofsbesitz mit der Todesstrafe bedroht wurden. Die eigenmächtige Vermittler tätigkeit des deutschen Gesandten in Wien bei den Vorgängen am 25. Juli führte zu dessen Abberufung. Für den von den Aufrührern erschaffenen Dollfuß wird am 30. Juli Dr. Schuschnigg zum Bundeskanzler ernannt. Starhemberg bleibt Vizekanzler und übernimmt die Leitung der Vaterlän dischen Front. Die beiden Hauptangeklagtcn im Mordprozetz Dollfuß werden am 31. Juli hingerichtet. Am 16. August überreicht Herr v. Papen als Gesandter in besonderer Mission in Wien sein Beglaubigungsschreiben mit dem Wunsche, daß die Beziehungen zwischen Berlin und Wien wieder in nor male freundschaftliche Bahnen geleitet werden möchten. Am 21. August wird nach einer Besprechung Schuschniggs mit Mussolini in Florenz in einer Verlautbarung festgestellt, daß Ler Meinungsaustausch eine „wirkliche Gemeinsamkeit der Richtlinien und Methoden in bezug auf die Unabhängigkeit und Integrität des österreichischen Staates" ergeben habe. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit soll erweitert werden. Die durch die römischen Protokolle gegebene Zusammenarbeit Rom—Wien—Budapest wird nach einem zweiten Besuch Schuschniggs in Rom im November unterstrichen. Als eine nicht minder tragische Auflehnung verzweifelter Volksgruppen gegen die unsinnige Grenzziehung der Diktat verträge ist die Ermordung des südslawischen Königs Alexander I. bei seiner Ankunft in Marseille Brot — des »««er« delle Gäbe Von Verner Lenz. In der deuüchen Sprache finden wir in einer Fülle von ! Sprüchen und Vergleichen das Brot als den Inbegriff der ! menschlichen Nahrung und des volklichen Wirtschaftsfleißes. „Sein Brot zu verdienen" ist erste Aufgabe und grund legendstes Streben des jungen Menschen, der ins Leben !tmtt. Wenn einer dann endlich „im Brote ist" oder „sein !Brot Kat" wird vielleicht mal ein Neider ihm seinen „Brot- erwero" mißgönnen oder gar versuchen, jenen „aus dem Brote zu bringen". Aber ein gerechter „Brotherr" wird dem ! unwürdigen Nebenbuhler schon „den Brotkorb höher hän gen"! Denn ein rechter Hausvater „bricht sein Brot" mit jedem treuen Knecht und gibt auch dem ausgedienten Haus tier sein „Gnadenbrot". Ueberall steht das Brot !m Mittelpunkt des täglichen Bedarfes. „Brotzeit" ist die Vesperzeit des Süddeutschen, selbst wenn er wirklich einmal statt des Brotes Grütze oder Brei bekommt. Und das ist auch gar kein Gegensatzl Denn, wenn wir die Geschichte des Brotes überschauen, so ergibt sich folgendes: Brot ist vorgeschichtlich Brei aus grob ge mahlenen Körnern. Schrot. Grieß oder Grütze, und wurde am Feuer geröstet, bis es hart und haltbar wurde, so daß es sich schließlich brechen ließl „Prot", althochdeutsch, .brod", altsächsisch, sodann „brad", altfriesisch, und angelsächsisch „breav" kommen von den alten Worten für „brechen" her, und zwar vom althochdeutschen „priozan". vom altnordi schen „briata" und vom angelsächsischen „breotan". Bemerkenswert ist. daß die Nomadenvälker des Orients Brot in unserem Sinne kaum kennen; und das dürfte sich schon daraus erklären, daß ein Backofen fest in den Boden eingemauert werden muß und nicht mitgeschleppt werden kann, so daß vorgeschichtliche Brotfunüe die Seßhaftigkeit des Brotbäckers beweisen Funde in Pfahlbauten brachten am 9. Oktober anzusprechen. Ihr fiel unbeabsichtigt auch der französische Außenminister Barthou zum Opfer. Die schwe ren politischen Spannungen aus diesem Terrorakt kroatischer Emigranten ergaben eine nicht unähnliche Lage, wie sie nach dem Erzherzog-Thronfolgermorde von Serajewo am 30. Juni , 1914 noch in allzu trauriger Erinnerung ist. Am 10. Oktober wurde der elfjährige Thronfolger als Peter ll. in Belgrad zum König ausgerufen, für den bis zur Vollendung seines 18. Lebensjahres eine dreiköpfige Regentschaft die königliche Gewalt ausübt. Die außerordentlich schwere» Angriffe, die die südslawische Regierung und Presse anläßlich des Dönigs- mordcs gegen Ungarn richteten, und die auf die Unterstel lung einer ungarischen Förderung der südslawisch-terroristi- schen Emigration hinausliefen, riefen in Budapest ungeheure ! Erregung hervor und wurden mit äußerster Schärfe zu rückgewiesen. Belgrad verlangte vom Völkerbunde die rest lose Aufklärung der Hintergründe des Königsmordes noch > aus der gegenwärtigen Tagung, und Ungarn schloß sich mit § gleicher Entschiedenheit diesem Verlangen an. Während die , Belgrader Denkschrift an den Völkerbund von Rumänien und der Tschechoslowakei uneingeschränkt unterstützt wurde, , verhielt sich Frankreich zurückhaltender. Hinter Ungarn stellte sich weniger offiziell Italien. Die Mächtegruppierung ent sprach damit durchaus den bekannten Gegensätzen zwischen der Kleinen Entente und der von Italien betreuten Gruppe. > Italiens Wunsch ging dahin, daß der Völkerbund alle Terro- § > ristenorganisationen in Europa verurteilen möchte. Nach j ! zweitägiger Aussprache nahm der Rat einstimmig eine Ent- : I schließung an, durch die ein Ausschuß eingesetzt wird, der j ! ein internationales Abkommen über Unterdrückung des Ter- i ror'smus ausarbeiten soll. Ungarn wird prüfen, ob einzelne s j Beamte sich in der Behandlung mazedonischer Emigranten ! strafbar gemacht haben. Damit wurde der Zwischenfall zu f allseitiger Zufriedenheit abgeschlossen (10. 12.). Auch sonst ist 193t das Jahr einer politischen Mord- z feuche. Am 15. Juni fiel Polens Innenminister Pieracki : einem bisher noch nicht aufgeklärten Revolveraltentat zum ! Opfer, und am 1. Dezember wurde der Sekretär der Lenin- ! grader Parteiorganisation, Kirow, ein langjährige Freund und Mitarbeiter Stalins, von einem Terroristen erschossen. Die letztere Tat hatte über 70 Hinrichtungen und die Ver schickung von etwa 200 Angehörigen der Hingerichteten nach Sibirien zur Folge. — Einem tödlichen Absturz fiel Belgiens KönigAlbert am 6. Februar zum Opfer. — Einen schwe- ren Kamps gegen die vorübergehende Vorherrschaft der So zialisten und Kommunisten führte Spanien. Nach dem Regierungsantritt des spanischen Kabinetts Lerroux, das kon servativen Charakter trägt (5. 10.), riefen die marxistischen Gewerkschaften den Generalstreik aus, Katalonien sagte Ma drid den schärfsten Kampf an. Die marxistische Revolte en dete mit einem schweren Aufruhr, der zahlreiche Todes opfer forderte. Nur durch die Zuverlässigkeit des Heeres hatte schließlich die Madrider Zentralregierung die aufständischen Provinzen wieder in der Hand. — Auch in Holland kam es Anfang September in Amsterdam zu Straßenschlachten j mit kommunistischen Elementen. Am 18. September wies Schwedens Generalstabschef auf die bedrohliche kommunistische Wühl- und Zersctzungsarbeit in der schwedischen Wehrmacht hin, und das englische Unterhaus »ahm am 2. November ein ! sogenanntes „Aufruhr-Gesetz" an mit besonderem Schutz für Heer und Marine gegen kommunistische Zersetzungspropa ganda. — Ferner war Frankreich mehrfach Schauplatz von Massenstreiks und kommunistischen Terrorakten. Sonstiges M al!« Mit Besonders bedenklich sind die Versuche verschiedener Man datarmächte im letzten Jahre hervorgetreten, sich durch Ein verleibung in ihre anliegenden Kolonialggbiete unserer ehemaligen Kolonien zu bemächtigen. So hat die gesetzgebende Versammlung in Windhuk am 30. November mit zwölf gegen sechs Stimmen den Antrag angenommen, das Mandatsgebiet Südwestafrika der Südafrikanischen Union als fünfte Pro vinz anzugliedern. Die Zentralregierung in Kapstadt hat mit vollem Recht dagegen erhebliche Bedenken geltend gemacht, weil dies unbestreitbar eine Verletzung des Artikels 22 der Völkerbundssatzung bedeuten würde. Frankreich hat die Nei gung bekundet, Deutsch-Togo Französisch-Togo anzugliedern, weil angeblich die Verwaltung des Mandatsgebietes zu kost spielig sei. Schließlich hat Japan wiederholt bekundet, daß es die Aufgabe seiner Mandate in der Südsee ablehnt (1. 7. in Gens und 12. 12. durch Marincminister Osumi in Tokio). — Ueberhaupt treten die all-asiatischen Ausdehnungsbestre bungen Japans immer schärfer in Erscheinung. Dort hat sich am 28. August bereits eine „Liga zur Vereinigung Groß- Asiens" mit dem Ziel eines asiatischen Völkerbundes gegrün^ det. Auf der gleichen Linie lag der Versuch vom 18. Avriu eine Art Vormundschaft über China einzuleiten. Die Ver-l Handlungen um die Ostchinesische Eisenbahn haben mit einers Einigung auf den Kaufpreis von 170 Millionen Den (45 Mil-l lionen Goldrubel) geendet. Im Kampf gegen den Kommu-i nismus hat Japan am 1. April für kommunistische Propa-t ganda in der Wehrmacht die Todesstrafe eingeführt. Auch! Marschall Tschiangkaischek hat am 30. September die rück-,' sichtslose Unterdrückung des Kommunismus in China ange- ordnet. Am 4. Dezember hat er zur Beschleunigung der Wie- dcraufbauarbeit in China die allgemeine Arbeitsdienstpflicht eingeführt. Bereits am 30. Januar waren im Kampf gegen den Kommunismus sämtliche Gewerkschaften Chinas unter Staatsaufsicht gestellt- worden. Britisch -Indien ist inzwi schen mit 352 Millionen Menschen (16. 8.) zum volkreichsten! Staate der Erde geworden. — Die Wirtschaftskrise hat auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika schwer wiegende Auswirkungen gehabt. Infolge der großen Ar-, beitslosenzisser ist dort am 30. Oktober ein riesiger Fünf-, Jahres-Plan mit 12 Milliarden Dollar für die Arbeits beschaffung aufgestellt, denn noch im September waren in NSA. 16 449000 Personen ganz oder teilweise auf staatlich« Unterstützung angewiesen. Der große Textilarbeiterstreik vom 1. bis 24. September mit 600 000 beteiligten Ausständigen hat an Arbeitslohnverlust allein 15 Millionen Dollar ver ursacht. Die kommunistische Agitation führte vom 16. bis 19. Juli in San Francisco zu einem Streik, wie ihn USA. seit 40 Jahren nicht erlebte. — Am 30. Januar übernahm das USA.-Schatzamt sämtliche Goldbestände der Reserveban ken. Der gesetzliche Goldwert des Dollars wurde mit 59,06 Cents festgesetzt. Am 20. Juni trat in USA. die Silber-Vor lage Roosevelts in Kraft, wonach 25 Prozent der Währungs deckung in Silber erfolgt. Am 24. März unterzeichnete Roose velts die Bill, die eine völlige Unabhängigkeit der Philippi nen nach zehn Jahren vorsieht. Die neunzehnjährige Okku pation Haitis durch USA. wurde am 1. August beendet. Die Parlamentswahlen vom 7. November in USA- brachten einen großen Erfolg der Demokraten und damit die Be jahung der Wirtschaftspolitik Roosevelts. mehrfach Brot zutage, Vas bereits mit treibenden Gärstoffen! gebacken war, während in allerfrühester Zeit der nicht hoch getriebene Fladen, der sich als Opferflcrden und schließlich! als Pfefferkuchen erhalten hat, das Gebäck der Hausfrau una der Priesterin war. In einem Pfahlbau bei Robenhausen im Bodenseegebietl fand man ein Brot, das noch 8 Pfund schwer war. Der Fach^ mann berechnete das Ursprungsgewicht, das von der Her-, stellungszeit durch Verdunstung und Verhärtung z. T. ge-> schwunden war, auf 40 Pfund. Backofen aus der Zeit von! weit mehr als 2000 Jahren vor Christi sind in Mitteleuropa! nicht selten gefunden worden. Wir wissen auch, daß damals schon außer dem viel älteren Gerstenbrot und Hirsebrot Wei zenbrot gebacken wurde, sehen also eine sehr vielfältige Land wirtschaft „im Hintergründe des Backofens"! Und zwar gab es schon damals grobe und feine Weizenbrote. Allerdings war Weizenbrot „Herrenbrot". Der Knecht, also der Unter worfene oder unfrei Gewordene, bekam Gerstenbrot oder auch Haferbrot zur Speise gereicht. In Notzeiten, durch Mißernte oder Krieg verursacht, buk man zur Streckung des Mehles auch Kräuter und Flech ten, z. B. das isländische Moos, in die Brote. Ein Fund iw Schweden enthielt sogar vermahlens Fichtenborke. Man er innert sich an den Weltkrieg, wo man Versuche mit Wicken mehl, Strohmehl u. dgl. machte. Noch in heidnischer Zelt übten unsere Ahnen den schönen Brauch, aus neuem Mehl nach der Ernte nicht nur Opfergaben an die Götter sondern auch Liebesgaben an die Armen zu geben! Die Bedeutung des Brotes hat uns bis aus den heutigen Tag den Brauch erhalten, daß man jemandem, der ein Haus oder eine Wohnung bezieht, Brot und Salz als erste Gaben in die noch leeren Räume bringt. Im Sprichwort kehrt das Brot oft wieder. Man „läßt sich nicht die Butter vom BrotO nehmen". Mancher Mensch „kann mehr als Brot essen", mancher ist und bleibt ein unverbesserlicher „Eigenbrötler"^,