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ILrbel>errocbt8cbutr: kiink Dürme-Vorlsa ttslle (8aa!e). N) Nachdruck verboten. .Danke vielmals — das war sehr freundlich von Ihnen! Ich weiß wirklich nicht, wie das kleine Malheur eigentlich geschah/ * Der Herr drohte einem etwa neunjährigen Jungen, der ven Ball ergriffen hatte und sich nun schleunigst aus dem Staube machte, mit dem Finger. .Der Schlingel trägt die Schuld daran. Er spielte so unvorsichtig mit seinem Ball, daß er ihm entglitt und un glückseligerweise gerade vor Ihre Fütze rollte, gnädige Fran!" Daß er dem „Schlingel" fünf Mark in die Hand ge drückt hatte, ihn zu dem wenig galanten Manöver zu veranlassen, das verschwieg der Herr wohlweislich. „Gestatten, Gnädigste, daß ich mich vorstelle: Baron Aufburg." Als der Herr seiner Erklärung noch den Namen hinzu fügte, konnte Renate wohl oder übel nichts anderes tun, als ihn an ihrer Seite zu dulden. Es war ihr peinlich genug, denn sie dachte an das finstere Gesicht ihres Galten, wenn er sie an der Seite eines ihm vollständig Fremden erblicken würde. „Sind gnädige Frau schon lange in N.?" „Seit etwa einer Woche. Mein Mann gebraucht hier die Kur; er überarbeitete sich im Winter und bedarf nun dringend der Erholung. Darum leben wir auch ganz ab geschieden vom großen Trubel und pflegen keinerlei Ge selligkeit." Der Wink war deutlich, doch Ausburg verstand ihn scheinbar nicht. Unbefangen blieb er an ihrer Seite und plauderte in leichtem Gesellschaftston, als müsse es so und nicht anders sein. Hans Westin saß auf der Terrasse der Villa, in der sie sich als einzige Partei eingemietet hatten. Seine Ge schäftsbriefe waren erledigt, und er Harrie nun der Heim kunft seiner Gattin. Westin lieble Renate ebenso wie am ersten Tage, nur fiel ihm die ständige restlose Bewunde rung, die ihr immer und überall zuteil wurde, aus die Nerven; sie machte ihn eifersüchtig. Zuerst hatte es ihn erfreut, wenn sie Aussehen erregte, wo sie sich auch zeigte — doch allmählich trai Furcht an Stelle dieser Freude: „Wird vielleicht ein anderer Mann ihre Lebens bahn kreuzen, der bedeutender ist als ich — wird viel leicht ein anderer Mann mir einmal ihr Herz stehlen? Ist wahr, was jene Briefe...?' Allerdings genügte ein einziger Blick in Renales klare, blaue Augen, um jeden Zweifel an ihr im Keime zu er sticken. Doch die würgende Angst, sie als Kostbarsten Besitz zu verlieren, kehrte immer wieder. Er sah ihr Weißes Kleid mit dem pastellblauen Putz. Wer schritt da an ihrer Seite und pflegte Konversation, als sei er ein alter Freund des Hauses? Ein Mann, den er nicht kannte — ein Mann, dessen stattliches Aeußeres auffiel. Er erhob sich und ging ihr entgegen. Mit süßem, entschuldigendem Lächeln winkte sie ihm einen Willkommgruß. „Du wirst dich wundern, Hans, mich in Herren begleitung zu sehen! .Doch Baron Aufburg ist gewisser maßen mein Retter." Und sie berichtete mit scherzhaften Worten von dem kleinen Unfall. Westin dankte dem anderen — doch der Dank kam ihm nicht vom Herzen. Die nervöse Angst, seine schöne Renate könne einen Mann kennenlernen, der ihr besser gefiel als er, ließ ihn absolut nicht los. Aufburg wußte es so einzurtchten, daß er fast zum ständigen Begleiter des Ehepaares Westin wurde. Renate, die sein heimliches Werben erkannte, suchte ihm in dis kreter Weise klarzumachen, daß es vergebens sei, und daß er ihr einen Gefallen erweisen würde, wenn er sich zurückzöge. Doch Aufburg dachte nicht daran. Was zuerst ober flächliches Gefallen gewesen war, vertiefte sich bald zu Interesse und später zu heißem Begehren. Daß Preberg, der mit Daisy inzwischen in N. eingetroffen war, sich aber im Verborgenen hielt, um weder Westins noch Renales Mißtrauen wachzurufen, ihn fürstlich dafür entlohnte, kam erst in zweiter Linie in Betracht. Renate gefiel ihm außer ordentlich gut, und in dem Maße, in dein er sich ihr zu getan fühlte, wuchs feine Abneigung gegen Westin. Aufburg sah deutlich, daß Renate ihren Gatten liebte, und doch gab er die Hoffnung nicht auf. Er trank jetzt mehr denn früher; doch da er viel vertrug und stets ohne -« stocken sprechen tonnte, auch wenn er betrunken war, vermochte er diese wüste Leidenschaft geschickt verborgen zu halten, trotzdem er ihr im geheimen frönte. Preberg und Aufburg saßen einander gegenüber. „Mein lieber Aufburg, heute ist es das letztemal, daß ich Sie bezahle! Wenn Sie nicht endlich einmal zum An griff übergehen, mache ich Schluß mit unserer Freund schaft. Merken Sie sich das!" Unwillig schüttelt« Aufburg den Kopf. „Warum wollen Sie die Geschichte überhasten? Sie »m- doch gut vorbereitet sein, wenn sie klappen soll/ Preberg lächelte ironisch. „Ich habe nicht Lust, Ihretwegen hier in N, auch falsch zu spielen und eventuell ertappt zu werden. Darum muß ich trachten, daß wir mit den vorhandenen Geld vorräten auskommcn. Daisy wird auch schon ungeduldig." Hastig stürzte Aufburg ein paar Gläser schweren Weines hinunter. „Gut, der Spaß kann beginnen. Doch meiner Meinung nach ist Westin noch nicht genügend eifersüchtig, um bei irgendeiner Kleinigkeit gleich den schwersten Verdacht gegen seine Gattin zu fassen." Kühl winkte Preberg ab. „Das sagen Sie nur, um der schönen Renate für mein Geld noch länger die Kur schneiden zu dürfen. Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin — wir wollen Taten sehen. Sind Sie dazu bereit oder nicht?" Wortlos erhob sich Aufburg. In seinen Augen lag Verachtung, als er auf Preberg herabsah. Doch der Dämon Alkohol, der ihn unbarmherzig in seinen Krallen hielt, war mächtiger als das gute Empfinden, das sich trotz seiner Verkommenheit noch manchmal in Aufburgs Brust regte. Wie gern hätte er Preberg das Bündel Banknoten ins Gesicht geschleudert, das verlockend vor ihm lag — doch er fand die Kraft nicht, der Versuchung zu wider stehen; so nahm er das Geld an sich und «ickte dem anderen zu. „Sie verstehen es, mich zu zwingen, Preberg! Der Teufel soll Sie holen!" Grußlos verließ er den Raunr. Aufburg lenkte seine Schritte zu der vornehmen, wald verborgenen Villa „Einsamkeit", in der das Ehepaar Westin Logis genommen hatte. Mit ihrer süßen, klaren Stimme sang Renate gerade ein Volkslied, als das Stubenmädchen ihr den Besuch Aufburgs meldete. „Es Lut mir sehr leid, doch ich kann den Herrn Baron nicht empfangen!" entschied sie sofort. „Mein Mann ist ausgegangen. Besuche dürfen nur in seiner Gegenwart vorgeiassen werden." „Sehr wohl, gnädige Frau!" Das Stubenmädchen ging, und Renale wandte sich wieder dem Klavier zu. Da hörte sie schnelle, feste Schritte hinter sich — Schritte, deren Klang ihr nicht vertraut war. Erstaunt schaute sie sich um. Aufburg stand vor ihr. Seine Haltung war korrekt, nur in seinen vom Trinken verschwommenen Augen flirrte es seltsam. Unwillig erhob sich Renate. „Baron Aufburg, ich ließ Ihnen durch das Mädchen mitteilen, daß ich Sie zu meinem Bedauern nicht emp fangen könne, da mein Gatte abwesend sei. Wie komme» Sie dazu, trotzdem einzudringen?" Gierig haftete sein Blick an ihr. „Es gibt viele Entschuldigungen für mein Verhalten." „In meinen Augen nicht. Ich bitte Sie, diesen Raum zu verlaffen!" Verabschiedend neigte sie das Köpfchen und wandte sich von ihm ab. Doch er rührte sich nicht von der Stelle. „Gnädige Frau, Sie mögen denken über mich, wie Sie wollen! Das ändert nichts an der Tatsache, daß ich Sie liebe und anbete, und daß nichts mich abhalten kann, Ihnen dies zu gestehen!" Renate erblaßte, doch sie bewahrte Fassung. Wortlos wollte sie das Zimmer verlassen, doch geschickt vertrat Aufburg ihr den Weg. „Gnädige Frau, ich warte auf Ihre Antwort!" Renate überlegte. Wenn sie um Hilse rief, kam gewiß sofort irgend jemand herbei. Doch dann war der Skandal fertig, vor ihrem Gatten nicht mehr zu verbergen. Hans war eifersüchtig; er würde sich nicht abhalten lassen, Auf burg die verdiente Züchtigung für seine Zudringlichkeit zu erteilen — sollte sie es auf ihr Gewissen nehmen, daß ihr lieber, lieber Hans sich diesem Manne im Duell stellen mußte? Renate bebte. „Ich bitte Sie, mich zu verlassen, Herr Baron Aufburg!" sprach sie so ruhig als möglich. „Nochmals bitte ich Sie!" Er trat im Gegenteil näher an sie heran. Sein Atem ging schwer. „Renate, ich liebe dich wahnsinnig, du bist die schönste, die begehrenswerteste Frau, die ich im Leben sah, und ich würde vor keiner Todsünde zurückschrecken, dich zu er obern!" Instinktiv streckte sie die Arme in Abwehr vor, doch er umschlang ihren schlanken Leib und zog sie an seine Brust. „Ich liebe dich bis zum Irrsinn!" wiederholte er heiser und versuchte sie zu küssen. Da schlug sie ihn mit der geballten Faust mitten ins Gesicht. „Schuft!" Zornig verzerrte sich sein Antlitz, doch er ließ sie nicht los. „Und wenn du zehnmal Schuft sagst, so werde ich dich doch küssen!" keuchte er. In Verzweiflung schrie sie auf. „Haben Sie doch Erbarmens Ich liebe «einen Mar«! und sonst keinen in der Welt!" Unbarmherzig stierten seine Augen auf sie nkder. „Das kann mich in meinem Vorhaben nicht beirren!" Renate fühlte die Kräfte erlahmen, die ihr bisher halfen, ihn. Widerstand zu leisten. Sein Alkoholatem ver ursachte ihr Schwindelgefühl und Uebelkeit. Bewegungs los hing sie in seinen Armen, die Augen geschloffen; der dicke Haarknoten, den sie noch immer trug, war halb gelöst tief in den Nacken gesunken. Mit häßlichem Lachen neigte sich Aufburg zu ihr herab. Fast hatten seine Lippen die ihren erreicht, da fühlte er sich von mächtiger Faust gepackt und zurückgerissen. Außer sich vor Wut und Empörung, das Gesicht ent stellt von wilder Eifersucht, wuchtete Westins Hünengestalt vor den beiden. Mit unartikuliertem Laut sank Renate an seine Brust. „Liebster, ich — ich...!" Er bettete sie tn einen Lehnstuhl. Dann richtete er sich gefahrdrohend auf. „Was ist hier vorgegangen? Ich wünsche Aufklärung." Renale wollte sprechen, doch Ausburg kam ihr zuvor. „Sie erschienen ein bißchen zu früh, zu plötzlich, werter Herr!" lächelte er frech. „Wir erwarteten Sie noch nicht aus der Bildfläche. Schade! Nun störten Sie unser reizen des Beisammensein." Westins Augen quollen förmlich aus dem Kopfe. „Renate, hörst du? Was sagst du dazu? Sprich!" „Lüge, nichts als Lüge!" hauchte sie. „Er ist gegen meinen Wunsch hier eingedrungen. Das Stubenmädchen kann bezeugen, daß ich seinen Besuch nicht annehmen wollte!" In Aufburgs Augen glomm Neid auf gegen Westin, der von Renate so innig geliebt wurde, und Erbitterung über die schöne Frau, die ihn von sich stieß. Und er be schloß, sich zu rächen — unabhängig von dem Befehl Prebergs, der das Verderben des Ehepaares wünschte, nur geleitet von der Idee, Renate Böses zu tun, weil sie seine Liebe verschmähte. Er lachte brutal. „Das mit dem Stubenmädchen war doch abgekartet« Komödie. Renate und ich hatten die Abweisung ver abredet, um ein hübsches .Alibi' zu bekommen. Gib es doch zu, Liebling!" Ganz still und bewegungslos saß Renate da. War ve: Mann wahnsinnig geworden? Wie konnte er so Un geheuerliches reden? Westins Atem stockte. Er faßte seine Frau am Arm. „Renate, was hast du zu erwidern?" Heiser und trocken klangen die Worte, die sich Westin tn mühsamer Be herrschung abrang. „Keine einzige SUde ist wahr — ich schwöre eS dir di! «Rserer Liede, Haus!" Aufburg verbiß sich in feine Darstellung. „Dabei kannst du ruhig schwören, Liebling, denn du gestandest mir doch erst vorhin, daß dein Herz nur noch mir gehört!" Renates Zorn flammte aus. „Gehen.Sie, Sie sind betrunken! Sie wissen ja gar nicht, was Str redens" Er griltpe höhnisch. „So — meinst du? Wenn dir meine Gegenwart so widerlich war, weshalb hast du denn nicht um Hilfe ge rufen? Man hätte dich sicher sofort im Hause gehört und wäre herbeigeeilt. Warum hast du nicht um Hilfe ge- rufen?" Renate zuckte zusammen. Aufburg hatte die wunve Stelle aufgespürt. Sollte sie sagen, daß sie es unterlassen, weil sie befürchtet hatte, ein Zweikampf könne daraus entstehen? Würde Hans ihr glauben? In seinen Augen loderte unbezähmbare Eifersucht. „Ich wollte einen Skandal vermeiden und hoffte, Sie tn Güte zum Verlassen des Raumes bewegen zu können!" murmelte sie mit zuckenden Lippen. „Faule Ausrede!" wies Aufburg ihre Verantwortung mit einer Handbewegung zurück. Westin, die ganze Zeit über still dastehend, hatte dem Wortwechsel der beiden gelauscht. Nun kam Leben in seine Athletengestatt. Lautlos trat er an den Baron heran, faßte ihn am Kragen, schleifte ihn zur Tür und schleuderte ihn mit ungeheurer Kraft hinaus tn den Vor raum. Dann verschloß er die Tür wieder und wandte sich seiner Frau zu. „Renate, was hast du mir angetan?" Sie , flog auf ihn zu und umfing schluchzend seinen Hals. „Liebster, glaube mir, Aufburg hat die Geschichte in ein Lügennetz eingespoirnenl Ich bin unschuldig." In quälendem Zweifel schaute er aus das weiche Blond haar seiner Gattin nieder, um das die Strahlen der sinken den Sonne-einen Glorienschein woben. Rührend schön und lieblich war sie anzusehen. Mit Gewalt riß er sich von ihr los. „Mein Sinn ist verstört, Renate — ich kann jetzt nicht klar entscheiden, was Recht und Unrecht ist! Wie gern, ach, wie gern möchte ich dir glauben!" Sie sah, wie er litt, und in den Schmerz über sein Mißtrauen mischte sich tiefes Erbarmen. Sanft trat sie an ihn heran, der auf dem Diwan ntedcr- gesunken war und das Antlitz in den Händen ver borgen hielj. „Herzallerliebster Mcmn, zweifle nicht daran, daß du der einzige in der Welt bist, dem mein Herz gehört — voll und ganz, so daß kein Nestchen für einen anderen übrw bleibt. Bist du nun beruhigt?" Er erhob sich schwankend. „Renate, vergib — aber ich kann nicht! Vielleicht sehe ich morgen schon ein, daß ich ein Tor war — vielleicht ist morgen die Gewißheit in mir erwacht, du hist schuldig. Latz mich nun! Ich brauche-Zeit, mit mir selbst ins reine zu kommen." (Forts, folgt.)