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Ukbeborrecktlrclmtr: knot 1'ürvrv.Verlsg n»»e l8»aie) 10) Nachdruck verboten. .Ist seine Gattin Margarete — nicht wahr?' Fast ängstlich stieß Charles Nogant die Worte hervor, renn es war ihm unendlich peinlich, daß die Klubmit glieder ihm nun mit Recht Nachlässigkeit im Erkunden um die Untadeligkeit der Gäste vorwerfen konnten. .Vielleicht hat er die Dame inzwischen geheiratet — das könnte aber erst in allerletzter Zeit geschehen sein. Doch ich glaube nicht daran, denn ich kenne sie seit zwei Jahren als seine Freundin Daisy Fleß. Wüßte wirklich nicht, was ihn veranlaßt haben sollte, sich nach so langer Zeit ehelich mit ihr zu verbinden.' Charles Nogant war außer sich... Renate war glücklich, als sie endlich wieder in lyres Gatten Nähe gelangte. Von allen Seiten streckten sich ihm Hände entgegen, die die seinen ergriffen und dankbar schüttelten, daß er den Klub von dem Betrüger befreit hatte. Endlich standen sie im Freien. Eng schmiegte sich Renate an den geliebten Mann. „Hansl' flüsterte sie bang. „Ich bin so traurig. Mir ist, als berge der heutige Tag Böses für die Zukunft.' Lächelnd zog er sie fester an sich. „Süßes, kleines Dummchen!' sagte er zärtlich. „So ist ras Leben eben Die schöne Rosenzeit unserer Flitter wochen hat uns nun auch Dornen gezeigt. — aber das ist auch alles. Für künftige Tage brauchst du nicht zu fürchten. Sag ehrlich: Konnte ich als aufrechter Mann anders han deln, als ich es tat? Konnte ich den jungen Wolverton in den Tod gehen lassen, um einen gewissenlosen Betrüger zu schützen'-" „Nein, nein! Natürlich nicht! Ich bin ja unendlich stolz aui dick, Du warst der Held, der Retter aller. Ich liebe dich nm so mehr, Hans. Nur — bedrückt cs mich, daß ich in Prcbergs Augen Rachedurst brennen sah. Wie furchtbar muß der Mann hassen können! Was ihm der arme Junge, der Wolverton, nur getan haben kann, daß er ihn dem Tode auslicfern wollte?' Sie schritten durch die laue Nacht hinein — kein Mensch war ringsumher zu sehen. Da schlang er den Arm um ihre Schullern und küßte sic herzhaft aus oen weichen, roten Mund. „Sol Tas war Erquickung nach langem Dursten!' meinte er mit Humor. „Ich lechzte geradezu danach. Doch nun wieder zum Ernst der Angelegenheit. Zufällig erfuhr ich in einer Spielpause, daß Wolverton und Preberg einen Streit um einer Dame willen hatten, für die Wolverton sich ernstlich interessierte, und die Preberg belästigte. Sie 'oll herrlichen Schmuck besitzen — wahrscheinlich hatte der Betrüger es darauf abgesehen.' „Wieso erfuhrst du bei der Gelegenheit nicht, daß sich Preberg einen anderen Namen beigclegt hatte?' „Weil mein Gewährsmann nur per ,er' von ihm sprach, während er Wolvertons Namen nannte. Doch er wies während des Sprechens fortwährend nach Preberg hin, der unheimlich gewann — gewiß um den armen Jungen zu ruinieren. Hätte Wolverton sich erschossen, wäre Prebergs Spiel bei der Dame bedeutend erleichtert gewesen. So denke ich mir die Geschichte wenigstens.' „Du wirst auch im Recht sein, wie immer, Liebsterl' stimmte sie ihm bei. So süß, so hingebend klangen ihre Worte, daß er sich nicht zu halten vermochte. Er riß sie an sich und küßte ihre Äugen, ihr Haar, ihre Stirn, ihre Hände und immer, immer wieder den Mund, der seine Küsse innig erwiderte. Von neuem brauste der Sturm liebender Leidenschaft über die beiden hinweg, und sie vergaßen der drohenden Gefahr, die über ihren Häuptern schwebte, in schönstem und reinstem Glück. * > Ein Jahr war verflossen. Ulrich Preberg und Daisy Fleh, die sich nun Herr und !Frau Hästern nannten, faßen einander in dem kleinen Stübchen des bescheidenen Hotels gegenüber, in dem sie sich kürzlich eingemietet hatten. Das Geld, das sie durch Falschsptel und Diebstahl erworben, war längst zwischen ihren Fingern zerronnen, und sie sannen nun, was zu unternehmen sei, um wieder zu Kasse zu kommen. Da klopfte eS an die Tür, und das Stubenmädchen ließ sich vernehmen. „Soeben hat der Postbote einen Brief für die Herr schaften gebracht.' Daisy nahm ihn entgegen. Ihre Augen blitzten freudig «uf, als sie die Anschrift erkannte. „Von Aufburg.' Sie reichte das Schreiben Preberg hinüber, der es -astig erbrach. Mit interessierten Blicken las es. was der Baron Aufburg ihm mitteilte. Dann lachte er hellauf.. „Der gute Mann ist wirklich nicht mit Gold zu be zahlen, solange man ihn genügend mit Geld versorgt, daß er sich tagtäglich betrinken kann. Lieber darben wir, um es ihm schicken zu können — nicht wahr, Daisy?" „Das steht doch außer Frage. Lat er Wichtiges er- fahren?' „Vor allem weint er wieder um Pinke. Na, er soll unsere letzten Groschen haben. Wir kommen schon wieder hoch...' Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wie oft saßen wir schon im trocknen, um bald darauf im ersten Hotel fürstlich auftreten zu können — das steht doch außer Frage. Wichtiger erscheint mir, ob er in der Angelegenheit Renate Westin etwas in Erfahrung zu bringen vermochte." Preberg nickte. „Wir können zufrieden sein. Er biederte sich an das Stubenkätzchcn der schönen Renate an, und diese verriet ihm, daß die Herrschaften in einer Woche nach N. fahren würden, um etwa vier Wochen dort zu bleiben." Daisy dachte scharf nach. „Schreibe Aufburg, er soll sich das nötige Geld per sönlich bei uns abholen. Erst sind verschiedene Dinge mit ihm zu bereinigen. Hierauf fahren wir zu dritt nach N.» und dann — dann naht der Vergeltungstag für Westin und seine Frau." Er nickte zufrieden. „Ich glaube wahrhaftig, Daisy, wir beide haben immer dieselben Pläne!' Zwei Tage später traf Baron Christoph Aufburg ein. Er enistammte einer vornehmen Familie, und die Ele ganz seiner Gestalt, die Selbstverständlichkeit seines Auf tretens verrieten seine Herkunft. „Preberg!' sagte er bei der Begrüßung. „Sie...' „Sie vergessen schon wieder, daß ich hier Hästern heiße!" unterbrach ihn der andere gelassen. Aufburg seufzte. Er war kein häßlicher Mann, doch der allzu reichliche Genuß von Alkohol hatte deutliche Spuren in seinem Antlitz hinterlassen. Die Augen leuch teten verschwommen. „Also schön — Hästern. Werde es nicht mehr vergessen. Aber mögen Sie nun heißen, wie Sie wollen — Sie sind der böse Geist meines Lebens, der Mann, der mich zu allen Lastern verleitete." „Nicht doch! Bloß der Mann, der Ihnen mit Geld half, Ihren immerwährenden Durst nach Herzenslust zu stillen, und der darum nur eine Kleinigkeit verlangte — Auskunft über das Ehepaar Westin." „Wenn ich nur wüßte, was Sie bei der ganzen Ge schichte im Schilde führen." Sobald Aufburg nüchtern war, befand er sich in kriti scher Stimmung; er zeigte sein Mißtrauen unverhohlen. Das paßte natürlich nicht in den Kram. „Kommen Sie herauf zu mir und hören Sie bei einem Glas guten Weines an, was ich zu sagen und zu fragen habe." Aufburg grinste. „Sie packen die Geschichte immer beim richtigen Ende an, Pre... Pardon — wollte sagen Hästern, und da ver mag ich natürlich nicht zu widerstehen! Also los!" Nach dem dritten Glase wurde Aufburg gesprächig. „Also — um des schnöden Mammons willen, den Sie mir lieferten, unterzog ich mich der Aufgabe, das Haus Westin ein wenig zu bespitzeln. Ich sprach das — über dies sehr hübsche — Stubenmädchen der Frau Westin an und erfuhr allerlei. Daß die Ehe die glücklichste sei, die man sich nur vorstellen könne, daß Herr Westin seine Gattin auf Händen trage und sie ihm jeden Wunsch von den Augen ablese. Ganz unmodern — nicht wahr?' Aufburg stärkte sich mit einem vierten Glase Wein. Und Preberg hatte dafür gesorgt, daß es eine besonders starke Marke war, die ihm vorgesetzt wurde. „Ihrem Befehl gemäß hielt ich mich von Frau Westin fern, doch einmal sah ich sie. Donnerwetter, ist das eine Schönheit — und von einem Liebreiz! Ich muß gestehen: Ich kenne keine Frau auf Erden, die sich mit ihr auch nur annähernd zu vergleichen vermag." Daisy, die im Nebenzimmer horchte, ballte die Fäuste. Immer nur Renate und immer wieder Renate! Ihr Groll gegen die junge Frau kannte keine Grenzen. Wo waren ihre Auge, gewesen, als sie sie damals hervor geholt hatte aus Weltabgeschiedenheit und Alltag? Warum hatte sie, die ausgezeichnete Menschenkennerin, nicht gleich erfaßt, daß sie einer gefährlichen Rivalin Gelegenheit gab. ihre Schönheit erstrahlen zu lassen? Indessen sprach Aufburg weiter. „Mir wäre es bedeutend lieber gewesen, Sie hätten mir den Auftrag erteilt, der blendenden Renate Westin den Hof zu machen, anstatt der Zofe." Preberg lächelte dünn. „Trösten Sie sich: Was nicht ist, kann werden. Doch berichten Sie weiter. Hat Frau Westin Sie je zu Gesicht i bekommen?" „Niemals!" „Sind Sie ganz sicher?" - . „Ganz sicher!" - ' „Unv Wcstins fahren nun nach N.?" „Ja — in den nächsten Tagen!" „Geht das Stubenmädchen mit?" „Nein! Sic wünschten es ja nicht. Und da blieb ich einige Male mit ihr so lange aus, daß Frau Westirr l schließlich die Geduld riß und sie sie nach unzähligen Er- j Mahnungen kündigte. Uebrigens bin ich kein ganz ft» ' schlechter Ker!, wie man meinen sollte, denn ..." ? Er goß sich neuerdings ein Glas Wein voll un.> i. -nZ es auf einen Zug. Preberg ließ ihn gewähren. Er kannte Aufbucgs Charakter und wußte, daß er in betrunkenem Zustande vollkommen willenlos und zu jeder Schandtat bereit war, während er unlauteren Plänen energischen Widerstand entgegenzusetzen pflegte, wenn er nüchtern war. „Gewiß sind Sie kein schlechter Kerl!' pflichtete er ihm beruhigend bei. „Ich habe dem Mädchen einen anderen Posten ver schafft, denn sie tat mir leid. Einen ganz guten Posten. Sie tritt ihn an dem Tage an. an dem WestinS nach N. reisen." Preberg entnahm feiner Brieftasche einen Geldschein und reichte ihn dem anderen, der gierig danach griff. „Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen, Aufburg, und ...!' Er unterbrach sich. „Halt — noch eins: Hat das Stuben mädchen vielleicht Frau Westin gegenüber Ihren Namen erwähnt?' Aufburg grinste. „Glauben Sie denn, ich hätte mich ihr unter meinem richtigen Namen genähert? Schulze nannte ich mich — Gustav Schulze. Suchen Sie mal einen Gustav Schulze im ganzen Deutschen Reich, und Sie werden deren so viele finden, daß Sie erst recht nicht klug werden." Preberg erhob sich. „Nochmals, Aufburg: Sie haben patent gearbeitet, Sie sind Ihr Geld wert. Und Sie werden noch viel mehr verdienen, wenn Sie sich weiter meiner Führung anver- trauen.', Aufburg leerte den Rest der Flasche. „Ich bin immer dabei, ich bin überall dabei, ich tue, was Jie wünschen, denn Gott verdamm' mich, bei Ihnen bekommt man einen Tropfen, wie man ihn "elten wo findet." Obwohl seine Sinne stark umnebelt sein mußten, stand er doch kerzengerade auf den Beinen, als er sich nun erhob, und seine Stimme schwankte kein bißchen. Mühelos ver beugte er sich vor Preberg und schritt zur Tür hinaus, als habe er auch keinen einzigen Tropfen zuviel getrunken. Wohlgefällig blickte ihm Preberg nach. Dann wandte er sich um. „Daisy, hast du alles gehört?" Sie nickte. „Natürlich! Ich horchte doch!" „Und was sagst du dazu?" „Ich denke, wir haben in Aufburg das beste Werkzeug gefunden, das wir uns nur wünschen können." „Ganz meine Meinung! Er sieht repräsentabel aus, und Renate Westin gefällt ihm. Der Racheplan muß ge lingen und uns nebenbei noch ein hübsches Sümmchen eintragen." Nachdenklich schlang sie die Finger ineinander. „Das ist Zukunftsmusik. Hast du auch an den Augen blick gedacht? Wir brauchen in den nächsten Tagen Bar geld, damit wir weiter operieren können." Er lächelte spöttisch. „Ich habe schon meine Spielpartie beisammen — heute verliere ich noch, doch von morgen an wird mich Fortuna so begünstigen, daß wir das nötige Kapital beisammen haben werden, wenn wir mit Aufburg in N. eintreffen." Sie lächelte. „Du denkst an alles, Ulrich! Mit dir zu arbeiten i^ wirklich ein Vergnügen." „Das Kompliment kann ich dir zurückgeben', meinte er galani. ' „Westin und Renate werden nichts zu lachen haben." „Das sollen sic auch nicht!" Renate schlenderte, in glüayafte Gedanken versunken,, durch den Park. Von weither ertönten die Klänge der Kurkapelle; sie drangen eben noch deutlich an ihr Ohr. Renate liebte es nicht, sich unter die Menge zu mischen, wenn sie sich nicht in Gesellschaft ihres Gatten befand. Sie wußte, daß unzählige bewundernde Blicke ihr folgten, wenn sie dahinschritt, daß unzählige Männer sich mühten. Bekanntschaft mit ihr zu schließen. Und das war ihr pein lich; sie suchte die Einsamkeit, um nicht belästigt zu werden. Westin vertraute ihr zwar vollkommen, doch oft glühte ver Funke der Eifersucht in seinen Augen. Am liebsten hätte er die schöne Renate verborgen gehalten vor aller Welt; niemandem gönnte er den Anblick ihrer bezaubern den Gestalt. Renate wußte das und schaute weder rechts noch links, ob sie nun mit ihm oder allein ging. Lieble sie doch ihren Gatten mehr denn je, und das L^ben an seiner Seite erschien ihr als einziger Sonnentag, der Freude. Jetzt saß er über Geschäftsbriefe gebeugt, als sie ihn, verlieb, »M Mater al für eine Arbeit im Gobelinstich zw holen. Nun Renate eine reiche Frau geworden war, die es zwar gründlich verstand, einen Hausstand zu leiten» doch nicht mehr selbst zuzugreisen brauchte, hatte sie sich in Mußestunden ihrer Lieblingsbeschäftigung, der Hand arbeit, zugewandt und verfertigte kunstvolle Wandteppiche und Bilder, die allgemeine Begeisterung hervorriefen. Auch ihre klare, weiche Stimme ließ sie ausbtlden, und die Meisterin, die ihr Unterricht erteilte, bedauerte bei jeder Unterrichtsstunde, daß solch köstliches Material bloß „für den Hausgebrauch" geübt werden sollte. Als Renate aus dem Geschäft, in dem sie die Seide für ihre Handarbeit besorgt hatte, heraustrat, rollte ein Ball zwischen ihre Füße — sie stolperte, und wäre gewiß zu Fall gekommen, wenn nicht starke Arme sie gehalten hätten. Erschrocken blickte sie aus und sah in die verwüsteten, doch keineswegs rohen Züge des Mannes, der sie vor Unheil bewahrt hatte. Errötend befreite sie sich auS seiner Umschlingung. (Fortsetzung folgH