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»«"LWw ^K-oni«^vmi^Na^ dNs^Mmm,. / (24.F»rts«tz»ng.) ( „Set nicht so laut, du. Das tut mir weh. Woher kannst Du deutsch?" „Ich — kann alles. Vielleicht komm ich wieder. Du bist «ett. Ich mag dich leiden. Bist du ein Geheimnis?" ) Er lächelte wieder, und sic sah grob und interessiert zu, »sie sich sein Gesicht dabei verzerrte. „Ich — bin ein Geheimnis. Sag niemandem, daß v« laich gesehen hast, daß ich überhaupt da bin!" Kopesch hatte, ohne es zu ahnen, mit diesen Worten Zoe, die phantasiegefüllte, wilde, kleine Zoe, ganz und gar ür sich gewonnen. Wenn jemand ihr etwas anvertraute, wenn es wo ein Geheimnis gab, dann war sie Feuer und Flamme — treu wie Gold, verschwiegen wie ein Grab. ! »Ich schwöre dir, ich sage nichts. Aber: ich komme ! wieder! Nicht wahr, du willst, daß ich wiedertommc? Du würdest sehr unglücklich sein, wenn ich sortbliebe?" ( Kopesch sah das Feuer in ihren Augen leuchten, dachte /unbestimmt dasselbe wie die meisten: daß dieses Wesen 'nicht ganz richtig im Kopf sein könne und, um sie nicht zu verletzen, ihr vielmehr eine kleine Freude zu machen, sagte er ihr: „Ja, gewiß, komm wieder. Ich warte auf dich!" Zoe zog ihre Mütze, machte eine groteske, tiefe Per» bcugung und lief hinaus, forgfältig die Tür schließend. Er konnte sehen, wie sie sich über die Brüstung der Veranda schwang. Er wußte, daß es ziemlich lief dahinter hinunter ging und sagte sich, daß sie klettern und springen könne, wie eine kleine Katze. Wunderliche Gäste hat die Ursula!, dachte er. Aber er fühlte sich erfrischt und lebensmutiger § als seit langem. Schweigen würde dieser kleine Kobold — § und auch er würde nichts verraten. Wie — sich das wohl entwickelte, zwischen ihm und jener eigenartigen Person? Und plötzlich wurde er sehr traurig. Ein Kind. Ein Wildfang. Sie würde ihn vergessen. Und seine Tage wieder dahingehen in dieser gräßlichen, abwechslungs losen Einförmigkeit. Warum, warum nur lebte er noch? Zoe, schleichend wie auf Wildpfaden, durchquerte den kleinen Park, gewann der Landschaft keine Reize ab und geriet, herumlaufend, auf den Hof. Frau Kopesch hatte ihren Vetter und Edith auf gefordert, sich das Anwesen zu betrachten. Es war, ves klaren Wetters wegen, noch ziemlich hell, und Dietrich und Urban gingen mit den Deikens und der Gutsherrin über den Hof und durch die Ställe. Wie winzig f, dachte Deikcn verwundert. Das ist also eines der berühmten deutschen Rittergüter, von denen der Großvater so viel zu schwärmen wußte? Aber als höflicher Mann lobte er alles, fand alles prachtvoll und unterhielt sich nebenbei mit der Kusine über die Familiengeschichte. Er nahm ohne weiteres an, daß Frau Ursula Witwe sei und fragte nicht nach deren Gatten, so daß ihr erspart blieb, die Lüge, die Kopesch von ihr verlangt hatte, auszusprechen. Edith plauderte, so gut es, gehen wollte, mit Dietrich. Er hatte sein halbvergessenes Englisch mutig wieder hervorgeholt und redete mit vielen Fehlern, mit für Edith unverständlichen Wendungen auf sie ein. Zoe war inzwischen durch die Pferdeställe gelaufen und hatte dem Bestand derselben eine leise Anerkennung nicht vorenthalten können. Jetzt hatte sie Peterle entdeckt, der sich an den Namen „Ucberläufer" bereits ziemlich gewöhnt hatte, ohne jedoch den Klang seines eigentlichen Namens vergessen, ohne die leise Sehnsucht nach ihm und nach dem, der ihn zuerst so genannt, überwunden zu haben Zoe fand das Tier schön, und der Wunsch, cs sogleich zu reiten, kam in ihr auf. Sie ritt gern und gut ohne Sattel. Deshalb löste sie das Tier los und war im Begriff, es hinauszuführen, als einer der Pferdeknechte sie bemerkte. In dem wunderlichen Nock vermutete er keineswegs eine Verwandte seiner Herrschaft. Zoes Aeußeres bestärkte ihn in der Ansicht, es mit einem kleinen Zigeunerbuben zu tun zu haben, der das schöne Tier zu stehlen beabsichtige. Er lauerte hinter einem Pfeiler, und als das Mädchen, Peterle am Halfter haltend, ihn herausführen wollte, packte er sie derb am Arm und schüttelte sie heftig, grob in seinem deftigen Platt auf sie einredend. Hätte er Zeit gehabt — wer Weitz, ob er ihr nicht gleich ein paar ordent liche Püffe versetzt. Aber ehe es soweit kam, hatte Zoe ihm einen Kinnhaken beigebracht, datz er hintenüber fiel und, in der Furcht, der „Zigeunerjunge" werde das Pferd ent führen, laut schrie. Zoe kümmerte sich nicht um den Ge fallenen. Zielbewutzt brachte sie Peterle an die Stalltür, öffnete sie und — stand ihrem Vater und Frau Kopesch gegenüber, die eben eintreten wollten. „Zoe", sagte erstaunt Herr Detken zu dem Mädchen, „ich denke, du schläfst?!" „I cannot be dotkereckl" erwiderte unartig die junge Dame. („Latz mich in Ruhl") Wer — ist denn das?, wollte Frau Kopesch erschreckt fragen, denn sie erkannte in dem wunderlich ausstaffierten Cowboy die Stieftochter ihres Vetters nicht wieder. Dann ober klärten die Worte deS amerikanischen Herrn sie auf. „Willst du denn — den Ueberläufer — retten?" fragte sie verwundert. „Meinst du, ich will ihn spazieren führen?" antwortete patzig Zoe, auf englisch. „Fräulein", trat Dietrich hinzu, „daS Tier ist schwer zu reiten. Ich möchte Ihnen raten..." Zoe schnitt ihm eine greuliche Fratze, klopfte Peterles Nüstern — flüsterte ihm zärtlich zu — und ehe einer es sich versah, sah sie oben, schnalzte mit der Zunge und zwang das leicht ausbockende Tier mit dem Druck ihrer Schenkel, der kräftiger war, als ihr schmächtiges Aeußeres vermuten ließ. Die Gesellschaft und die Pserdeburschen sahen ihr verblüfft nach. Nur Herr Deiken und Edith blickten sich kopfschüttelnd und ärgerlich an. WaS sollte das werden — mit diesem Unband auf der Reisel „Es ist schon dunkel — sie wird sich den Hals breche» I" lagte Frau Kopesch besorgt. „Die? Zoe springt wie eine Katze vom galoppierenden Pferd! Sie wird schon heil wiederkommen. Aber das Pferd.. „Es gehört nicht mir. Es ist mir zugelaufen. Ich suche noch den rechtmäßigen Besitzer!" sagte ängstlich Frau Kopesch. Deikcn winkte ab. „Sie paßt schon auf. Pferde sind ihre Leidenschaft. Sie läßt dem Tier nichts geschehen." Erst beim Abendessen sah man Zoe wieder Ihre Augen leuchteten. Sie wär hübsch gekleidet und benahm sich manierlich. Mit den Pferdeburschen hatte sie hinterher noch Freundschaft geschloffen. Denen hatte ihr Kinnhaken sowie ihr schneidiges Reiten mächtig imponiert. Sie waren ganz zu ihren Diensten bereit. Zoe hatte auch etwas von Dollars gesägt. „katlrer", sagte sie, in die Unterhaltung der „Er wachsenen" hinein, „I vant to bu^ tke doroel" („Vater, ich Will das Pferd kaufen!") „Das wird nicht gehen. Es gehört nicht der Tante!" erwiderte der auf deutsch. „Bitte, Zoe, sprich doch deutsch. Du kannst es ja ganz gut reden!" „Ich möchte das Pferd haben!" wiederholte die ganz gehorsam, wie sie zuweilen sein konnte, wenn sie ihren guten Tag hatte. Auch Frau Kopesch erklärte ihr nun, datz ein Verkauf nicht gut getätigt werden könne. „Ein Bekannter, Herr Wegmann, will noch einmal alle Hebel in Bewegung setzen, den Stall festzustellen, aus dem das Tier stammt. Wenn es gelingt — vielleichl... könntest du es haben." „Man könnte doch das Geld für den Besitzer an irgend einer Bank einlegen', meinte Zoe nachdenklich. „Wenn er es nun aber nicht verkaufen will?" „Warum hat er es ausretßen lassen?" gegenfragre Zoe — wieder auf englisch, da sie diesen schweren Gedanken in der deutschen Sprache nicht ausdrücken konnte. „Wie denkst vu vir vas überhaupt: mit einem Pferd auf Reise»? Wir gehen von hier in die Schweiz, hoch auf die Berge — Edith will Wintersport treiben. Dir wird es auch Spatz machen. Was willst du mit dem Tier?"