Volltext Seite (XML)
— ISO — wie du dir dann emmon großen Wunsch erfüllen kannst." Sie kramte solange rn der alten wurm stichigen Kommode in der Ecke, bis sie noch ein kleines Sparbüchslein aus ihrer Kinderzeit fand und einen winzigen Schlüssel dam. So versenkte Werner sein blinkendes Geldstück in das Dunkel seiner Spardose. Am Abend konnte er nicht recht ein schlafen. Er rechnete und rechnete, wie viele dieser Zehnpfennigstücke er Wohl haben müsse, bis er diese Eisenbahn kaufen könne, die da so Protzig im großen Schaufenster stand. Ww er so rechnete, daß es eigentlich noch recht viele, viele dieser blitzenden Zehnpfennigstücke sein müßten und daß ein einziges ein recht kleiner Anfang sei, schlief er ein. Und er erwachte am anderen Morgen mit einem besonderen Gefühl der Freude. Er kam sich so unendlich reich vor mit seiner Sparbüchse. Nun begann Werner wirklich zu sparen. Er wurde ein richti ger kleiner Kaufmann, der sich hin und her überlcgie, wie er seine Sparbüchse füllen könnte. Er trug Brötchen aus, half Zeitungen tragen und machte Boten gänge, und immer wieder klimperte ein Geldstück zum andern. Es war mühsam, das „Sparen". Werner dachte cs oft. Es galt, sich so manchen Wunsch zu versagen, so man ches Opfer zu bringen. Und als er eines Tages wirklich soviel zusammen halte, daß er sich diese puf fende flinke Eisenbahn hätte kaufen kön nen, — da war er schon innerlich ein wenig reifer, ein wenig über dies Spiel zeug hinausgewachsen, und er lächelte tatsächlich über diesen damals so sehn lichen Wunsch. lSchlul, auf der mn-n Ader aus oes Knaden gestammelte Entschuldigung kam nichts von alledem. Der alte Herr dankte freundlich und nun, mit einem Blick auf das blasse Ge sicht des Knaben und das schmale Kör perchen, meinte er: „Wirst du mir viel leicht ein wenig eines meiner Pakete tragen können? Schwer ist es nicht." Werner bejahte freudig, um damit wenigstens sein Versehen wieder gut machen zu können. Schweigsam gingen beide über die Straße. Der alte Herr machte große Schritte, und Werner ver suchte, es ihm gleichzutun. Und an der nähten Straßenkreuzung war der Weg zu Ende. Der alte Herr drückte dem Jungen ein Geldstück in die Hand und verschwand dann mit seinen Paketen in einem der Häuser. Werner sah in seine Hand. Da lag blinkend zwischen den etwas schmutzigen Knabenfingern ein Zehnpfennigstück. „Wie es blitzt", dachte Werner, „es muh ganz neu sein, ganz neu." Und da fiel ihm ein, daß er in seiner Freude und Ueberraschung sogar das „Danke" vergessen, — das ärgerte ihn sehr. Er lief zu dem Hause und zu der Tür, in die er den alten Herrn hatte gehen sehen und rief in den dnnklcn Hausflur hinein „Danke schön", — aber niemand antwortete. Alles blieb ganz still und stumm. Dann ging Werner heimwärts, ganz angefüllt mit frohen Gedanken. Seine Mütter war arm, aber voll Liebe und Verständnis für den Jungen. Wie nun Werner das blinkende Geld- Hückchen der Mutter brachte und erzählte, wie er es bekommen hatte, da meinte sic Mr: „Das mußt du dir sparen. Und Menn du immer weiter sparst, wer weiß,