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<2S.F»rH«tzim») .Haden I" sagte Zoe schlicht — und ihre blanken, dmiklen Jndianeraugen funkelten. Herr Deiken zuckte die Achseln. Man schwieg, und auch Joe schien ihrem Wunsch nicht weiter Nachdruck geben zu Wollen. Am anderen Tage fuhr man in zwei der elegantesten Wagen nach Hildesheim. Zoe allerdings blieb zurück. Sie versicherte, kein Interesse an alten Städten zu haben, und für Kultur besitze sie sowieso kein Organ. Sie saß den ganzen Tag im Pferdestall, unterhielt die Knechte durch ihr lebhaftes Geplauder und zeigte ihnen, auf dem Rücken Veterles, der sich willig von ihr ausnutzen ließ, wie man Reiterkunststücke machen kann, ohne Kunstreiter zu sein. Sie erzählte von ihrer großen Farm in Kalifornien, von dem Weißen Marmorschloß, das sie vom rechten Vater geerbt habe, und in dem es nicht so jämmerlich arm aussähe wie Puf diesem alten, verrotteten deutschen Rittergut, an dem Hr nichts gefalle, als das eine Pferd — .und das gehört picht hierher.' ' Die Burschen verstanden nur Lie Hälfte von vcm, was He sagte — die andere Hälfte glaubten sie nicht. Sic hielten das Mädchen, das in einem phantastischen Cowboyanzug stuf einer Häckselkiste saß, für viel jünger, als es war — und zudem für nicht ganz richtig im Kopf. Daß cs mit der Herrschaft nicht verwandt war, beruhigte sie ordentlich. Sie würden es als einen Schandfleck angesehen Haven: solch ein kleines, gelbes, katzenhaftes Geschöpf in der Familie ihrer Herrin. Sonst aber mochten sie sie wohl leiden und begrüßten die Abwechslung durch das muntere, wenn auch wunderliche kleine Wesen. Der „Uebcrlüufcr" — der unerkannte Peterle aber — verdarb sich fast seinen doch recht widerstandsfähigen Pferdemagen an den Haufen Zucker, die sie an ihn verfütterte, bis sie selbst einsah, der ölte Pferdeknecht habe mit seinem Einspruch recht und das bettelnde, schnuppernde Tier, das sich bei ihr sehr innig zu Hause fühlte, nur noch mit zärtlichen Liebkosungen über schüttete. ! Als der Abend sank, wurde sie nachdenklich. Plötzlich verstummend, schlich sie sich davon. > Kopfschüttelnd sahen sich die Burschen an. Der eine geigte mit mehrfachem, energischem Klopfen auf seine Stirn, ein paar andere nickten zustimmend. Nur der alte Pferdeknecht zuckte zweifelnd die Achseln. .So eine fremde Rasse — da steckt manch wunderlicher - Kram in den Adern. Die scheint mir nicht verrückt, die ' scheint mir bloß — anders als die Leute hier. Man muß ' das erst mal abwarten.' „Morgen macht sic ja wieder weg!' Schade!' ' Schade, ja! DaS fanden sie alle. Schade! Das fand auch Herr Kopesch. Vor Zoe schämte er sich seiner Verstümmelungen gar nicht mehr. Sie lachte ihn aus. „Ich bin doch auch häßlich!' sagte sie. „Gelbe Katze, nennt mich Edith. Und wenn sie böse ist: Negerin. Bei uns in Amerika ist es eine große Schande, Negerblut I in den Adern zu haben. Sogar wenn man so reich ist wie ! ich. Ich weiß gar nicht, wieviel Millionen Dollar ich habe. ! vack verwaltet sie. vack ist selbst reich. Aber — meinst j du nicht, daß er mich heftig betrügen wird?' Der Verstümmelte schüttelte entsetzt den Kopf. „Er ist doch dein Vater!' Zoe lachte ihr unbändiges Cowboylachen. „Vater? Gesetzlich ist er mein Vater. Sonst habe ich nichts mit ihm zu tun. Meine Mama ist meine Mama. Aber sie ist in Dock noch immer so furchtbar verliebt. Sie rührte keinen Finger, wenn sie merkte, daß er mich betröge. Sie hat Edith viel lieber als mich. Edith ist ja so fein und blond und sanft. Nur dumm ist sie. Furchtbar dumm. Sonst fehlt ihr wirklich nichts. Sie ist ein Engel, aber ein dummer Engel. Willst du sie nicht einmal sehen? Sie ist wunderhübsch!' Kopesch schüttelte den Kopf. „Sie würde vor mir erschrecken!' Ueber Zoes Gesicht huschte eine kleine triumphierende Bosheit. „Das — vielleicht. Aber es lohnt, sie anzuschaucn. So blond, so weich, so sük ^^-k,ut,. Verstehst ou das?' Kopesch nick. „Und morgen reist Ihr weg! Alle! Du auch! Und für mich fängt wieder der gräßliche, ununterbrochene Alllag an. Mein Diener — meine Frau — meine Frau — mein Diener. Sonst niemanden...' „Ist sie — schlecht zu dir?' fragte Zoe mit brennender Neugier. „Um Gottes willen — nein! Aber — sieh, Kind, man fühlt sich zur Last. Und ist es Wohl auch.' „Du kannst doch noch sehen und deine linke Hand ge brauchen. S o schlimm bist du noch nicht einmal dran. Es gibt Leute, die sind auch noch blind und haben alle vier Glieder verloren.' „Das kannst du gut sagen, die du springst und rettest wie eine Wildkatz'.' „Hal man's dir erzählt?' „Der alte Jakob!' G-.- .'N anderes Wort mehr als das der Klage über sein L kam, vergaß sein eigenes Unheil über die verwirrt^ dieses jungen Wesens, das bisher aufgewachsen z^ schien wie eine kleine Wilde — trotz vieler Schulbrtt und großem Luxus. Der — dachte er —, die sich vor deinem furchtbci die mich .schwarzen Teufel' nennt? Er hat ein bö wissen!' „Kind! Wie mißtrauisch!' Kopesch, über dessen zerschossene Lippen son »Ich red' nie von meinem Können. Es klingt so un-? bescheiden. Ich rede nur von meinem Geld. Bald bin ich» mündig. Wenn V«6 mich betrogen hat: ich werde es schon I 'rauskriegen! Dann muß er alles zurückzahlen — un/» wenn er bankrott machte', sagte Zoe, und ihre SsimnEe klang wie finsteres Drohen. „Wenn du doch so reich bist...' „Mir kommt's nicht aus das Geld an, aber auf hie El ir- lichkeit. Ich traue vack nicht. Warum ist er immer so Hut zu mir? Besser als irgendeiner? Besser als meine Muttes, Aussehen so gar nicht scheut, könntest du nun einmal etw Hs sein. Und sie geht fort und vergißt dich — und verwildcht immer mehr. — Er seufzte unwillkürlich. „Hast du Schmerzen?' fragte Zoe wieder, mit dicsesr furchtbaren Neugier im Blick, der nach peinlichen Senü-s- tionen geradezu lüstern erschien. Kopesch schüttelte den Kopf. „Warum kannst du nicht glauben, daß dein Vater die s einfach lieb hat?' „Mich?' lachte Zoe, und cs klang beinah roh. „Wenn du wüßtest, wie ich manchmal bin. Du würdest nicht etwas! so Dummes sagen. Neger, Indianer, Spanier, Franzose^ und Nordländer kämpfen zusammen in meinem Blut. De» kannst du dir wohl denken, was ich für eine Person bin Nein, mich kann man nicht liebhaben. Und ich verlam-c c - auch nicht. Wenn man mich nur gewähren läßt.' / Sie sah Kopesch herausfordernd an. Der schwieg. Er,, meinte r, könne sie Wohl liebhaben. Gern haben. Schon, weil sie ihm Abwechslung brachte. Gott ja. Alle Zu-t Neigung ist ja irgendwie selbstsüchtig. Da hatte der Wild I! ling recht. Aber — warum auch nicht? Es war ja alles gegenseitig. Er sprach es aber nicht aus. Sie würde es wohl kaum verstanden haben. Er sagte nur: „Mach', oaß> sie sich untereinander vertragen — die Rassen in deinem Blut. Sie sind alle Menschen.' (Fortsetzung folgt.) iw ick >le 'S Kamps gegen Arbettsnot Arbeitsbeschaffungs-Lotterie! Ziehung 22. und 23. Dezember 1934