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UMM r-on Urlioberroclitsrckutr: künk Türm«. Verlag llaste <8»»l«> * * * * Ende. zur wie gc- mit lieben", gab sie znrüek. „und Nachdem sich die Tür hinter Peter Konstantin schlossen hatte, löste sich Regina sacht von Holm, sagte deoeuder Stimme: „Ich danke dir für dein Kommen, du kamst gerade rechwn .seit: ich war schon halb tot vor Angst. Oh, graut mir jetzt vor dem Menschen!" Er lächelte traurig, fragte: „Was wollte er den» überhaupt hier?" Nachdruck verboten. Er heirat ein Cafe, trank einen „Schwarzen" und einen Kognak, begann zu überlegen. Er glaubte damit rechnen zu dürfen, daß Regina Graden und Doktor Meerhold Schweigen bewahren würden. Aber er mutzte nun bei Frau von Stübnitz über den Verlauf seines Besuches bei Regina Graven lügen — er, der nur die frommen Lügen hatte gelten lassen wollen. Er fühlte Ekel in sich aussteigen, Ekel vor sich selbst, und dabei sah er noch immer Regina Graven vor sich, fühlte ihre weichen Lippen unter den seinen. Ob er das Verlangen nach dem lockenden Jungmädchen- mund überhaupt jemals im Leben loswerdcn würde? Er senkte tief den Kops und dachte mit fest aufeinander- gebissenen Zähnen, diesen Tag würde er wohl sobald nicht vergessen. sonst überkorreki scheinender lassen! Ich siche vor einem Tic Frage klang so, als sagte er: Warum bestelltest du ihn denn hierher? Regina ließ sich, immer noch erschöpft, in einen Jessel lallen und erzählte in kurzen Nmrisscn, aus welchem Gninve Pcier Konstantin gekommen war und wie sich olles zugetragcn hatte. Holm war matzlos empört. Ein paar Jahre verflogen. Längst war Lutz Gärtner aus Indien hcimgekehrt und hatte Doralies zum Altar geführt, wohnte mit ihr in Frankfurt am Main. Längst war Regina Graven die Frau Holm Meerholds geworden. Glück und Zufrieden heit aber waren hier wie dort daheim. Manchmal be suchten sie sich gegenseitig, die beiden jungen Paare, und manchmal, zur Sommerzeit, trafen sie sich im Schlößchen, das in dem kleinen württembcrgischen Städtchen Moos hausen steht. Fritz Wolfram freute sich stets über den Besuch. „Hänschen" aber tischte auf, was Küche und Keller Hergaben. Je.desmal wurde dann von einem tollen Plan gesprochen, der anfangs unter sehr ungünstigem Stern gestanden und doch so gut ausgegang-n sei, und dem sie beide ihr jetziges Glück verdankten: die echte und die falsche Doralies da packte er mich und küßte mich Es war gräßlich! Wenn das die Liebe ist Sie hatte ganz vergessen, daß sich Holm und sic ja nur ein paar Tage lang mit dein Vornamen und dem ver traulichen „Tu" angesprochen hatten, beides schien ihr jetzt selbstverständlich. Er aber nahm das hin wic ein »n- crwartctcs, großes Geschenk. Er blickte sie nachdenklich an. „Ich glaube, die Liebe kann auch anders sein Du Höst ihn jedenfalls nicht wirklich geliebt, Regina, denn hättest du das getan, konnte dich sein Wesen nicht so erschrecken." Er nahm ihre Rechte: „Armes Ting! Dem Himmel sei Dank, der mich heute hierher geschickt hat! Ich wollte dich mahnen, mir mir zusammen die hinterlassene Arbeit Jobst Freeses wieder aufzunchmcn." Sic neigte den Kopf. „Gern, Holm, gern! Morgen können wir beginnen." Er lächelte sie an: „Ich freue mich darauf. Und für dich ist's auch an- .enehmer, wenn wir recht bald beginnen, um so eher sind wir fertig. Dann kannst du mit deiner Vorbereitung für das Abitur anfängen." Sic trocknete sich die letzten Tränen ab, erwiderte etwas abgerissen: „Ich weiß gar nicht, ob ich es überhaupt tue; vielleicht ist's wirklich schade um die Jahre, die ich brauche bis zur Vcllendung des ganzen Studiums." Ein scheu fragender Blick traf ihn. Er fühlte ein seltsames Erbeben. Durch sesnen Kooper lies es, bis in die Fingerspitzen hinein spürte er es, und ein glückliches Ahnen ließ sein Herz fast stillstehen. , Er fragte hauchlcise: „Willst du den Plan, zu studieren, meinetwegen fallen lassen, Regina?" Sie neigte kaum merklich den Kopf, und da war er auch schon bei ihr, der große, schlanke Mann, kniete vor ihr nieder, drückte seine heißen Lippen auf ihre Hände und stammelte übersclig: „Wiedcrgcfundcn habe ich dich, Liebste, wiedergefunden mit freiem Herzen. Mein schönes Weib mit dem Hellen Flammenhaar wird keines anderen Mannes Bild in ihrem Herzen tragen." Regina strich leise über sein Haar, sprang überschnell auf, eilte zur Tür, rief von dort her: „Warte, bitte, auf mich im Arbeitszimmer, ich werde sogleich wicderkommcn." Er erhob sich von den Knien, dachte etwas verwundert: Weshalb lief sic nur gerade jetzt fort? Gerade jetzt! Aber er ging hinüber in das hohe, dunkel getäfelte Arbeitszimmer, und ein glückliches Lächeln lag um seine Lippen. .Er schritt dann in dem großen Naum hin und her, immer hin und her, und wartete ungeduldig auf Regina. Sagte mehrmals laut vor sich hin: „Ich liebe dich! Ich liebe dich!" Er fand, das Ovaren die schönsten Worte der Welt. Nack ungefähr zehn Minuten trat Regina wieder ein; nc sah noch etwas bleich, aber wunderschön aus. Das Herr- Uche Haar war frisch gebürstet, die letzten Tränenspuren waren mit Wasser weggcspült worden. Sic stand nun vor Holm Meerhold, lächelte ihn an: „Du, Holm, ich habe eben cin halbes Fläschchen Mund wasser verbraucht! Mein Mund war ja unsauber von Pcicr Konstantins Küssen." Sic hob den Kopf, und die weichen, frischen Lippen borcn sich dem Manne dar, der die seinen daraus preßte und beseligt den Gegendruck der anderen Lippen spürte. Regina schmiegte sich noch fester an Holm Mecrhold, raunte ihm leise wie cin Geheimnis zu: „Dein Kuß bedeutet Glück für mich. Holm, d i ch liebe ich, dich!" Sie dachte jetzt daran, daß ihr Doralies letzthin bei ihrem Besuch geraten hatte: Verliebe dich in den anderen! Der andere war Holm. Nun liebte sie ihn. Zwei strahlende Augcnpaare tauchten ineinander, und Regina sagte mit frohbeweg r Stimme: „Es war doch gut, daß ich damals auf den tollen Plan von Doralies einging, als ihre Stellvertreterin nach Berlin zu reisen, sonst säße ich noch jetzt stellungslos in Moos hausen, so aber fand ich hier das ganz große Glück." „Wie kann sich nur ein Mensch so weit hinrcißcn Näti. l " «er» bcbauplctc, mich zu Lr SrMte fie an sich, ä« wollte er sie nie mehr lassen.! „Ich liebe dich über alles, du mein wunderschön«-.! gvldhaarigeS Mädel!* Draußen schneite eS jetzt in dichten, weißelt Flocken; fie fielen leise und sanft nieder auf däs frische Grab eines VorstadtfrtedhoseS, und zwei glückliche Menschen dachten an ihn, der darunter auSruhte — an ihn, durch den fie sich gefunden hatten. Sie dachten an den gütigen alten Herrn, dcr sie beide freundschaftlich und väterlich geliebt hatte. Sie blickten in das Flockenmeer, das vor den Fenstern bin und her zu wogen schien. Holm sagte nachdenklich: „Wir sind reich. Ich werde ein RechtSberatungsbüro für ganz Arme einrichten, und du hilfst mir, wirst meine kluge Sekretärin sein." Sie sah strahlend zu ihm auf: „Alles will ich dir sein, Holm! Alles: deine Frau, deine Geliebte, deine Kameradin und deine Sekretärin alles!" Er lächelte: „So soll es werden, und so wird es richtig sein." Regina mußte an ihren Traum denken, den sie in der ersten Nacht hier in Berlin gehabt hatte. Sie zog den, Geliebten auf das Ledersofa nieder und erzählte ihm den Traum. Erzählte: „Ich träumte, ich stand neben einem Herrn, dessen Gesicht sich hinter einer Maske verbarg; er kam mir be kannt vor, und ich wußte doch nicht, wer er war. Er hängte mir ein talarähnliches Kleidungsstück um; es konnte eine Anwaltsrobe sein. Dann nahm er meine Hand und sagte etwas, was ich nicht verstand, und dann küßte er mich." Sie schloß: „Der Maskierte ähnelte Peter Konstantin; dich kannte ich doch damals noch gar nicht. Aber d u warst der Mann im Traum, und der Talar, den du mir umhängtest, bedeutete, daß du mich in deinem Beruf zur Gehilfin nehmen willst, mir zutraust, dir zur Seite stehen zu können. Jetzt erst kann ich den seltsamen Traum richtig deuten. Frau von Stäbnitz riet mir damals, mir zu merken, was ich in der ersten Nacht in ihrem Hause träumen würde, denn es ginge in Erfüllung, was man in jo einer ersten Nacht unter fremdem Dach träume." Er sah ihr tief in die wundervollen, dunkelblauen Augen. „Wirklich ein seltsamer Traum. Aber ^roch seltsamer scheint es mir, daß ich dich finden durfte, du Schöne, Liebe, Kluge!" Sie ließ sich küssen und lachte: „Inzwischen habe ich auch begriffen, daß zu einer Ver lobung überhaupt zwei Ringe gehören, und saß weder unser guter alter Freund noch ich auf das eine Ringlein 'reinfallen dursten." Er lachte auch: „Die zwei Ringe be sorge ich bestimmt noch heute, Regina!" „ch wieder die berühmte ist doch niemand anders Di» .Hopfenstange" «nd die Utlatschrofe", wie sie von der übermütigen Stadljugend tituliert wurde«, und daß diese 2-Mstrdim Jiecht Mren,^ab jeder aukden ersten Blick. Re^Hat Der Lehrer kehrt Rechnen. Wählt leichtverständliche Bei- spiele. „Für fünf Pfennige Brot, für zehn Pfennige Butter, für zwanzig Pfennige Schinken — was macht das?" Der Schüler antwortete: , „Ein belegtes Brot, Herr Lehrer. mochten. Ungeniert plauderte Lore weiter. „Natürlich enthält dein Gedicht am Anspielung: den Sonnenstrahl! DaS i als Stitz Gruber!" Milchen Lenzing sah sich der Mühe enthoben, LoreS kühne hauptung aus das energischste zu vemenneren, denn just in fern Augenblick stellte« sich zwei «eu« Gäste ein: Anni »war, und Paula Oerltkon. „Der Alemannen?!" kam es da ganz wehmütig von Mil chens Lippen, und trotzdem strahlte ihr Gesicht vor Glück. Die Männerstimme töntS weiter: „Freilich, die Alemannen. MilchenI Und das weißt du nicht? Eine Unmenge von Alten Herren ist da. Sie machen einen Wagenbummel nach Brinkmanns Mühle. Weißt du auch, wer... ?' Entsetzt starrte Milchen die Berichterstatterin an und ihre schönen Augen flehten: „Bitte, nicht weiter!" ^ber In ihrem Feuereifer, die große Neuigkeit an die richtige Adresse gelangen zu lassen, begriff Aurora das nicht. Wie eine kalte Dusche ging es über Milchen Lenzing nieder. „Gehcimra, Gruber aus Berlin ist dabei! Oh, ich habe ihn wiedcrerkannt, obwohl ich zu Anfang im Zweifel war!" „Fritz? Der ist doch unverkennbar, Aurora!" „Der? — Dein blaues Wunder würdest du sehen! Du bistj gerächt, Milchen!" „Aber wie meinst du das bloß?" „Wie ich das meine?" Die Göttin der Morgenröte setzte sich in Positur. Da ih Körpergewicht den Kilozentner streifte, stöhnten die Dielen, als sie nun beide Hände in die Hüften stemmte, um Milchen die äußere Erscheinung ihres Ideals plausibel zu machen. „Einfach scheußlich ist er geworden, sage ich dir. Der Falstaff ist cin Adonis im Vergleich mit Professor Gruber: Hängcbanch und Triefaugen — brrr!" Aurora triumphierte. Sie leerte den Becher der Rache bis aus die Neige, und es sah gerade so aus. als ob Fritz Gruber sie selbst und nickt Milchen Lenzing hätte sitzenlasscn. Nun nahm sie am Tische Platz, legte sich ein großes Stück Apsel- kuchen ans den Teller, bedeckte cs mit Schlagsahne und ver- sicherte schmatzend noch einmal: „Ja, ia — aus deinem Sonnenstrahl ist eine Hundstags- hitzc geworden, mein Kind!" Das ganze Kränzchen der Verschmähten lachte über Auroras! schlagfertig-" Rütz. Nur Milchen Lenzing weinte lcile vor sich bin. Der SmMW. «... An jedem Donnerstag um fünf Uhr gab es bet Milchen Lenzing einen Tee. Dann lachte die DreuZimmer-Wohnung, Vie das alte Jüngfcrchen am Marktplatz der Kleinstadt inne hatte, noch freundlicher, als sie das schon immer zu tun pflegte, denn Milchen halte den Tisch mit eigenen Händen ge deckt. Nach der Jahreszeit unter Verwendung von viel Blumen oder auch Tanncngrün. Zwischen den Tassen und Bestecken grüßte der lebendige Schmuck. Auch eben wieder, da Lore Ebner als erste der geladenen Freundinnen über die Schwelle rrat, und die Gastgeberin gerade ein Stückchen Zucker ihrem „Hänschen ,um Knabbern zwischen die Stäbe seines Bauers Lore Ebner, der die in der vorigen Woche angelretenen B erzig frauliche Rundung verliehen, klatschte in die Hände. Sie deutete auf den Tisch. „Wie du das verstehst, Milchen! So leicht macht dir das keiner nach! Und dann: mit jeder Woche wirst du einen Monat jünger!" Milchen Lenzing, die sich zu Lores neidvoller Bewunderung die gertenschlanke Statur einer Achtzehnjährigen bewahrt hatte, lachte glockenhell: „Das macht der Sonnenstrahl, Lore!" „Ich weiß, ich weiß! Im letzten .SonnwgSblatt' ba» Wieder eines deiner Gedichte gestanden l" „Aber nemk" „Leugne nicht! Es tst von dir, wenn auch .Mauerblümchen' verantwortlich zeichnet." Da bekam Milchen ein hochrotes Köpfchen und schwieg. Das «and ihr gar nicht Übel aus der noch faltenlosen HanN Zu Lem aschblonden Haar, tn daS sich noch kein graues Fädchen mischte, und den graublauen Augen, die diese schöne Wett noch immer mit dem erstaunten Blick des Kindes ,u mustern n-,. Milchens Wohnung lag im dritten Stockwerk. Die Treppe war steil. Kein Wunder also, daß die „Hopfenstange" für ein' Augenblickchen des Verschnaufens in sich zusammenknickte und die „Klatschrose" ihr Leuchten sozusagen übertraf. Das vierblättrige Kleeblatt grnpplcrte sich um den Tisch. Milchen Lenzing goß ein. „Eigentlich sind wir doch fünf", bemerkte Paula. „Ich weiß wirklich nicht, wo Aurora bleibt." Die soeben von Milchen mit dem poetischen Namen der Göttm der Morgenröte Bezeichnete bildete den Schlußstein im „Kränzchen der Verschmähten". Diese rücksichtslose Be zeichnung dieses FraueNklübchens, die den Nagel auf den Kops traf, stammte natürlich aus Milchens Wörterbuch. Sie war der Meinung, sich solche Selbstironte leisten zu dürfen, weil ja ihr Jugendroman mit Fritz Gruber notorisch war. Das wußte hier in der Stadt jedes Kind. Ganz abgesehen von dem „Tagebuch einer Liebe", das sie als Zwetundzwanzig- jährige verfaßt und veröffentlicht hatte. Regelrecht war sie mit Fritz verlobt gewesen, als der sich hier des Studiums der Rechte befleißigte. Und solches vermochte keine der Freundinnen von sich zu behaupten. Weder Lore, noch Anni, geschweige denn Paula oder gar „die mit den Rosenfingern", von der schon der alte Homer tn seiner JliaS sang. Die alte Geschichte, von der Heine behauptete, daß sie ewig neu bliebe! Ein Sommersemester des Glücks, auf das bei dem Studenten ein langes Winterhalbjahr der nüchternen Ab- wägnnq aller Zukunftsaussichten gefolgt war. Milchen Lenzing war so das Opfer, indessen Fritz Grnber nun als wohlbestallter Professor an der Berliner Universität Pandekten dozierte, nachdem er sich als Privatdozent durch die Heirat mit ver Tochter seines Ordinarius' die Wege zur Lehrkanzel geebnet hatte. Wieder einmal dachte Milchen darüber nach. Mit herz gewinnendem Lächeln. Ohne ote mindeste Bitterkeit, denn was den anderen mangelte, das blieb ihr: der süßen Erinne rung holder Sonnenstrahl. Süß wie das Sahnenbatsser, an dem st» gerade lösselte „Endlich!" „Aurora I" „Wo bleibst du denn?' «Einen so lang» warten zu lassens- Es dauerte fast eine Minute lang, kiS die nun glücklich im -Kränzchen" Erschienene zu' Wone zu kommen und ven Grund ihrer Verspätung vorzubringen vermochte. Eine tiefe Altstimme, aus die ein bescheidener Bariton hätte eifersüchtig werden können, Nang erklärend: -Aber beute tst dock Stiftungsfest der Alemannen!"