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- Beilage Mr „Weißeritz-Zeitung" Nr. 266 Mittwoch, am 14. November 1934 1V0. Jahrgang »««IM Gegen Preistreiberei V»llt8vkl»väs Vlrt8ebakt8poUt1k 6ru»SsSHlL<Le ^uskül»ru»gv» ües kinsuLMürMers 8 3 unterlagt, den Weg der Ware vom Erzeuger zum Verbraucher durch Einschaltung volkswirtschaftlich entbehr licher Zwilchenstellen aller Art zu erschweren, zu verlang samen oder zu verteuern. Damit soll selbstverständlich nicht tue volkswirtschaftlich notwendige Funktion des großen Ein zelhandels angetastet werden. Sie ist im Gegenteil unent behrlich. Wenn jeder Verbraucher seinen gangen Waren- tet. Auch hierbei mußte er von dem Versailler Diktat aus gehen, das all die Schwierigkeiten auf dem Gebiet der De visen und Rohstoffe heraufbeschworen hat. Durch dieses Diktat wurde Deutschland zum rohstoffarmsten und zum kapi talärmsten Land der Welt. Aber nicht genug damit, daß man ohne Rücksicht auf die weltwirtschaftlichen Rückwir kungen Deutschlands Rohstoffbasis zerstörte, verlangte man von ihm die Bezahlung politischer Schulden, die selbst nach der Versailler These nur von den Ueberschüssen seiner Außenhandelsbilanz zu decken waren. Man hat sich aber an diese These nicht gehalten sondern von Deutschland et was ganz Widersinniges verlangt, nämlich aus seiner Sub stanz all die „Gläubiger" zu befriedigen, die willkürlich ihre Forderungen anmeldeten. So konnte es nicht ausbleiben, daß Deutschland nicht nur die Zahlung der politischen Schulden, der Reparatio nen, einstellte, sondern-daß die Abtraguna seiner privaten Schulden davon abhängig wurde, welche Möglichkeiten die einzelnen Länder Deutschland bei dem Absatz seiner Wa ren boten. Politische und wirtschaftliche Kurzsichtigkeit hat aber das Ausland bewogen, den deutschen Waren den Ein tritt in seine Länder zu verwehren. Was war selbstver ständlicher, als daß durch das lanaiame Versiegen der De- de-arf bei den verschiedenen Erzeugern decken würde würde er ein Mehrfaches seines Einkommens verreisen müssen. Be- s troffen werden sollen hiermit aber diejenigen Zwischenschal- tungen auf dem Wege der Ware vom Erzeuger zum Äer- ! brauch», die entbehrlich sind und lraendeine Volkswirtschaft- - Verordnung voerdelers gegen Preisbindungen Im Reichsgesetzblatt wir- eine Verordnung des Reichs kommissars für Preisüberwachung Dr. Goerdeler über Preis bindungen und gegen Verteuerung der Bedarfsdeckung ver öffentlicht. Lm § 1 ist sie Im wesentlichen eine Wiederholung der vom Reichswirtschaftsminister erlassenen Verordnung vom 16. 5. 1934. Sie bestimmt in 8 1. daß Verbände und andere Zusammenschlüsse öffentlichen oder bürgerlichen Rechts Preise, Mindestspannen, Höchstnachlässe und Mindest- zuschläge nur noch mit Einwilligung des Reichskommissars oder seiner Beauftragten festsetzen, verabreden, empfehlen oder zum Nachteil der Abnehmer des Kleinhändlers ver ändern dürfen. 8 2 verbietet Erzeugern und Großhändlern, ohne vor herige Einwilligung de» Reichskommissars Kleinhandels preise festzusehen oder zum Nachteil der Abnehmer zu ver ändern. Damit wird der unbegrenzten Herausgabe neuer Markenartikel eia Riegel vorgeschoben. Der Reichskommis sar wird die Genehmigung für neue Markenartikel nur er teilen. wenn die Ware hinreichende Qualität für einen mar- kenwürdigen Schuh ausweist und die preisstellung in allen Teilen angemessen ist. In Aachen sprach der Reichsminister der Finanzen Graf Schwerin von Krosigk über „Oeffentliche Finanzen und Wirtschaft". Der Minister erklärte u. d., wirtschaftlich sei es einer der unfaßbarsten Irrtümer der Nachkriegsjahre gewesen zu glauben, die Arbeitslosigkeit könne durch Ver minderung der Kinderzahl bekämpft werden. Wenn das neue Einkommensteuergesetz nicht überall volle Zufriedenheit her vorgerufen habe, so sei das zu verstehen, aber jede Steuer senkung habe ihre Grenzen hier liege die Gierig in der Vor belastung der kommenden Jahr« durch die Rückzahlung der Kredite, die zur Finanzierung der zusätzlichen Arbeitsbeschaf fung ausgenommen worden sind. Die oft gestellte Frage, wo her das Geld für die Finanzierung der Arbeitsbeschaffung genommen wurde, beantwortete der Minister dahin, daß es in Wechseln von den Sparkassen und Banken, u. a. auch von der ReiHsbank, gegeben worden sei. Die Einlösung dieser Wechsel velaste zwar die kommenden Jahre, aber abgesehen davon, daß im Jahre 1933 gar keine andere Wahl gegeben war, sei es eine einfache Rechnung zu beweisen, daß die Rückzahlung der Wechsel durch die Ersparnisse aus Aufwen dungen für die Arbeitslosenhilfe und Steuermehreinnahmen aus -er Wirtschastsbelebung gesichert sei. Aus dem Gebiete der Finanzwirtschaft würden wir be stimmt nicht pleite gehen, erklärte der Minister, machte aber aus Gefahrenherde aufmerksam. Alte Weiber beiderlei Ge schlechts machten aus einer leicht verständlichen Knappheit die Uebertreibung eines Mangels Es sei ganz selbstverständlich, daß die Deckung des neu geweckten Mehrbedarfs auch eine vermehrte Einfuhr von Rohstoffen erfordere. Die Devisenschwierigkeiten seien eine Folge des Versailler Diktats. Wir hätten stets unseren Gläubigern gesagt: Wir wollsn zahlen, laßt uns zahlen mit dem, was Deutschland leisten kann, mit Waren und mit Diensten. Aber Waren von Deutschland ablehnen und gleich zeitig Bezahlung von Deutschland z» fordern, das lei ein oisenauellen Deutschland sich gezwungen sah, die Einfuhr ausländischer Waren aus das Mindestmaß zu beschränken. Bei gewissen Auslandsmächten hat genau so wie vor und nach dem Kriege die Ueberlegung mitgesprochen den deutschen Konkurrenten auf dem Weltmarkt möglichst zu- rückzudrängen. Nur hat man eines nicht überlegt, daß ein mal die Ausschaltung eines 65-Millionen-Volkes vom Welt markt die ganze weltwirtschaftliche Struktur zerrütten mußte und zum andern, daß ein von fanatischem Frei heits- und Aufbauwillen erfaßtes 65-Millionen-Bolk Mit tel und Wege zu finden weiß, um der Rohstoffschwierig keiten durch Erschließung eigener Hilfsquellen Herr zu wer den. Als von feiten der deutschen Regierung vor Mona ten solche Ueberlegungen angekündigt wurden, hat man im Ausland darüber überlegen gelächelt. Man hatte geglaubt, Deutschland würde wieder auf „Ersatzstoffe" zurückgreifen müssen, die eben nur primitiver Notbehelf für eine ge wisse Zeit sein konnten. Man hat aber das eine übeffehen, daß die systematische Rohstoffbeschaffung im eigenen Lande mit Hilfe der deutschen Wissenschaft und Technik zu Ergeb nissen führen könnt«, die alle wirtschaftlichen und politi schen Berechnungen gewisser Boykottstaaten über den Hau fen werfen müssen. Heute steht Deutschland vor der Tatsache, -gß es den Kampf gegen -en Rohstoff, und Deoisenboykott des Aus landes aufzunehmen bereit ist, um ihn nicht wieder in ab- sehbarer Zeit avzubrechen. Deutschlands Wirtschaft stellt sich um und überläßt es -en übrigen Ländern, für ihren Roh- stoffüberfluß die geeigneten Absatzmöglichkeiten ausfindig zu machen. Deutschland wird kein« Ersatzstoffe hervor-- bringen sondern vollwertige Werkltvfse, die ihm die Möglichkeit bieten, nicht nur jeglichen Bedarf im Lande zu befriedigen sondern darüber hinaus auch mit dem Aus land« in Wettbewerb zu treten. Es ist ein« letzt« Mahnung und Warnung, die der Relchsfinanzminister in Aachen an -äs boykottsüchtige Ausland gerichtet hat: Wir sind bereit, untere Gläubiger zu befriedigen, jedoch mit Waren, also mit unserer Hän-e Arbeit. Mr sind aber nicht bereit, uns unter das Deoisenjoch bestimmter jüdischer War«nipekulanten zu beugen. Es liegt beim deutschen Volk, ob wir diesen Kampf gegen den neuen Vorstoß Versailler Geistes erfolgreich be stehen. Minister von Krosigk hat jedem einzelnen das Stich wort gegeben: Die Nerven behalten uyd jede Ham sterei un- Preistreiberei vermeiden! Auch Versailles ist nicht ein ewig gültiges Gesetz; stärker als dieses sind das Lebens recht un- der Lebenswille eines Volkes. Kurze Notizen err von Ribbentrop wurde im englischen Auswärti gen Amt von Staatssekretär Sir John Simon empfangen. Der Herzog von Kent überreichte in London dem -eut- schen Chemiker Professor Dr. Friedrich Bergius aus Heidel- berg di« Melchett-Medaille. Bergius hat auf dem Gebiet« der Gewinnung von Oel aus Kohle Pionierarbeit geleistet. Bei der Unterredung zwischen dem französischen Außen minister Laval und dem sowjetrussischen Geschäftsträger Ro- jenberg ist auch die Frage -es Ostpaktes einer eingehenden Prüfung unterzogen worden. Im Außenministerium ist eine Note in Vorbereitung, die demnächst nach Warschau abgehen wird. 300 Arbeiter der französischen Luftführtgesellschaft „Aire France", die auf dem Pariser Flugplatz Le Bourget beschäftigt sind, traten in den Streik. Oer Luftverkehr ist nicht unterbro chen, da der Dienst von der Fliegertruppe versehen wird. Der rumänische Generalstabsches General Ioan Antonescu ist in Prag eingetroffen, um an der üblichen Konferenz der Gc> neralstabschefs der Kleinen Entente teilzunehmen. General Ho-Pao-Tsu vom Generalstab der Nationalarmee wurde zum ersten chinesischen Gesandten in der Türkei ernannt Wie die Behörden der Kantonregierung Mitteilen, hat die erste kommunistische Armee un Südostaebiei der Provinz Hanan eine schwere Niederlage erlitten. Die Zahl der gefangenen Kom- . muni.slen wird aul mehrere tausend angegeben. Hochrufe ms LMchlaad Demonstrationen in Agram. Belgrad, 14. November. Di« nationalen Organisationen un- Verein« in Agram! hatten die Absicht, vor dem italienischen Konsulat große! Kundgebungen gegen -en Abschluß des Vertrages von Ra-I pallo zu veranstalten, der am 12. November 1920 zwischen? Italien un- Südslawien unterzeichnet wurde und durch den- von feiten Sü-slawlens Fiume als Freistaat anerkannt wer den mußte. Die Polizei war jedoch in Bereitschaft und er-j stickt« -le Kundgebungen schon Im Kelm«. l Die Demonstranten zogen daraufhin vor da» französische un- da» deutsche Konsulat, wo sie ihre Veranstaltung unter Hochrufen auf Deutschland und auf Frankreich und Schmäh- j rufen auf Italien abhielten, In volitischen Kreisen erregt der Umstand, daß auch vor dem deutschen Konsulat Snm- pathiekundgebuugen stattgefunden halten, große» Aufsehen.! sich berechtigt« und nützliche Wirkung nicht mehr habend Da mit auch hier keine Unklarheiten in der Praxis entstehen, hat sich -er Reichskommissar die Entscheidung darüber Vorbehal ten, ob -ie Zwischenstelle Im einzelnen Falle volkswirtschaft lich entbehrlich ist oder nicht. Liejerungsoerttöge find einzuhatten Beim Reichskommissar für Preisüberwachung gehen täglich Klagen ein, daß bei Verträgen, die vor einigen Wo chen oder Monaten fest abgeschlossen sind, der Verkäufer jetzt die Lieferung nur zu erhöhtem Preis« oder zu sonsti gen verschlechterten Lieserungs- oder Zahlungsbedingungen ausführen will. Es wird darauf hingewiesen, daß ein solches Verhal ten bei zu festen Bedingungen abgeschlossenen Verträgen vollkommen rechtswidrig ist und Einhaltung abgeschlosse ner fester Verträge zu den selbstverständlichen Gepflogen heiten eines ehrbaren Kaufmannes gehört. Auch Verbände, die Preise bestimmt haben, haben häufig versucht, auf ihre Verbandsangehörige» einen Druck dabin auszuüben, daß selbst solche Waren zu den neuen höheren Preisen abzusetzen sind, die noch zu einer Zeit ein- aekauft sind, als Preisbindungen oder Auflagen nicht be standen. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß nach Auf- assung des Reichskommissars die e Versuche, „Alt-Ware" päteren Preisbindungen oder oer chärften Absatzbedingun- jen zu unterwerfen, unzulässig sind. Schlächterläden ln Stuttgart geWofiev Das württemberglsch« Wirtschaftsministerium als wurt- tembergische Preisüberwackungsstelte hat die Läden mehre rer Stuttgarter Metzgermeister vorläufig aus die Dauer von vier Tagen geschlossen. Ein« Nachprüfung hat ergeben, daß verschiedene Metzgermeister die festgelegten Höchstpreise nicht einhalten. wirtschaftlicher Irrsinn un- nicht durchführbar. Er hoff», daß wir schließlich -och einmal mit diesen ganz sMstverstmw» lichen und ganz klaren Beweisgründen Gehör finden wer den. Vorläufig bleibe uns nichts weiter übrig, als den bis herigen Weg zu gehen; je-en Versuch zu machen, unser« Aus fuhr zu fördern, aber auch unsere Einfuhr aus d«m Ausland einzuschränken. Dabei bat der Minlst«r, ein Wort nicht an zuwenden, das er hass«: das Wort Ersatzstoffe. Was wir selbst erzeugen, sind nicht Ersatzstoffe. Ebenso wie der Rü benzucker kein Ersatzstoff war für den Rohrzucker. Der neue Devlscnplan wird zweifellos Schwierigkeiten, bereiten, niemals aber fühlbaren Maygel bringen, wenns nicht das deutsche Volk selbst die Nerven verliert und durch? ungerechtfertigte Hamsterei Schäden herbeiführt, zu denen kein Anlaß vorliegt. Hamsterei würde nur zur Preistreibe rei führen. Daß die Regierung jeder Preistreiberei scharf enlgegentritt, hat sie durch die Ernennung Dr. Goerdeler» zum preiskommiffar und durch dessen Sofortmaßnahmen be wiesen. Alle diese Finanz- un- Wirtschastsmahnahmen der Regierung bedeuten nicht das Ende der freien Wirtschaft. Der Staat schreibt nicht jedem Betrieb die Einzelheiten sei nes handelns vor, sondern er gibt nur die Richtlinien, mik denen er die Wirtschaft lenkt und leitet, um aus der marxi stischen Entstellung der Begriffe von der Ehre der Arbeit und der Ehre des handelns herauszukommen. Stürmischen Beifall fand der Minister, als er erklärte: Der königliche Kaufmann war in dem Augenblick verschwun den, als über dem Hauptbuch nicht mehr stand „Mit Gott". Falsch wie der ganze Marxismus war auch sein Glaube an ein Primat -er Wirtschaft vor der Politik. Mit dieser Lehr« machte der Staat selbst der Wirtschaft Konkurrenz. Je stär-^ ker ein Staat ist, um so weniger hat er es nötig, selbst Wirt-, sä;aft zu treiben. Darum ist unser Staatsziel: ein starker, ehrbarer Staat, und in -er Hut dieses Staates eine freie, ehr bare Wirtschaft. Mn »ieder MWes In diesen Wochen macht die ganze Welt eine nem Nervenkrise durch. Man hat den Eindruck, als wollten bestimmte europäische Mächte prüfen, welcher Belastungs probe heute die europäischen Nerven ausgesetzt werden können. Man schreibt und spricht mit einer gewissen ge suchten Selbstverständlichkeit von Krieg, legt sich keinerle Beschränkungen aus in der Hervorbringung neuer Kriegs maschinen und in der Aufrüstung an Menschen und Waf fen. Die Tatsache, daß man vor wenigen Tagen durch du Welt Nachrichten und Gerüchte jagte, als sei eine Neube setzung des Saargebietes durch französisä)e Truppen ein: ganz selbstverständliche Sache, liegt ebenfalls in der Rich tung der „Prüfung der Tragfähigkeit der europäischen Ner ven". Und eine gewisse Presse macht sich ein besondere- Vergnügen daraus, mit dem Kriegsgedanken zu spielen, als handele cs sich um die harmloseste Sache der Welt Während die Diplomaten und Staatsmänner der europäi- schen Regierungen in ernster und sachlicher Aussprache sick gegenseitig versichern, daß man alles tun wolle, um beste hende Streiffragen auf gütlichem Wege zu beseitigen, muß die Nachricht eines französischen Blattes wie ein Peitschen hieb wirken, daß Frankreich, falls der Völkerbund die fran zösische These über die künftige Gestaltung des Saargebiet- nicht annehmen sollte, sich „sein Recht selbst nehmen" würde. Das ist Versailler Geist, wie er schroffer und zynische: kaum gedacht werden kann. Gerade di« Auseinandersetzun gen in der europäischen Oeffentlichkeit auf Grund der fran zösischen Vormarschbestrebungen haben deutlich erkennen la sen, daß die Mehrzahl der Völker endlich von dem Ver sa ller Geist befreit sein möchte. In Aachen hat Reichs- ister Graf Schwerin v. Krosigk sich über das der öffentlichen Finanzen und Wirtschaft verbrei- i