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Verlage zue „Weißerch-Leitung Sonnabend, am 27. Oktober 1934 100. Jahrgang Nr. 252 rell bedeutende Dinge in unsere 'Lage yineinrettcten: ins Bauhandwerke. Bis ins 9. Jahrhundert reichen un,er« ältesten Nachrichten zurück über die Bauleute, bis in die Zeit. In der nachher Einführung des Christentums übe,"'' "Nrchen und Klöster erbaut wurden. Wir wissen, daß sich aus diesen Bauleuten die Bauhütten und Gilden entwickelten, die bis in das Mittelalter eine große.Macht darstellten. Die ersten kirch lichen Bauten zeigen Jniportkunst. Bald aber schaffen deutsche Steinmetzen solche Werkstücke. Und da finden wir, daß der deutsche Bildhauer das ihm'fremde Formengut nicht einfach nachäffte, sondern daß er sehr schnell dazu überging, seine eigene Gedankenwelt in den Stein hineinzuarbelten. So ist es erklärlich, daß wir an alten Kirchen, an Säu lenknäufen und Türstürzen der ganzen romanischen Zeit, ja, bis in die Gotik hinein, Dinge finden, di« mit der christlichen Glaubenswelt nichts zu schaffen haben. Es sind uns auf diese Weise uralte Sinnbilder germanischer Weltanschau ung und Gotteserkenntnis erhalten geblieben, di« in her völ kischen Symbolik wurzeln. Und wir sind jenen Steinmetzen Dank dafür schuldig, daß sie uns so etwas überliefert baden, was zum ältesten Kulturgut unseres Volkes, unserer Rasse gehört. Da finden wir an alten Kirchenbäuten das Radkreuz, daneben unser erhabenes Sinnbild, das Hakenkreuz. Da fin den sich Lilie und Raute, uralte Sinnbilder der Fruchtbarkeit, die Sonnenspirale, die Hagalrune und das Pentagrimm, und daneben können wir noch Dinge entdecken, me vollkom-, men in der Gedankenwelt der Germanen wurzeln. ' Nicht nur der Steinmetz bewahrte uns derartige alte Dinge. Auch das Volk der Zimmerleute bewahrte sie uns bis fast in unsere Tage hinein in bewunderungswürdiger Ueberlieserungstreue. An den alten Fachwerkbauten in Stadt und Lynd finden sich Sinnbilder, die in das älteste Kulturgut unseres Volkes zurückreichen. Schon Tacitus berichtet m sei ner „Germania" von der Baukunst -er Germanen: „Ueber- all verwenden sie ungefüges Holz, unbekümmert um Gefal len und Aussehen. Doch überstreichen sie einzelne Teile recht sorgfältig mit einer Erde von so reinem Glanze, daß es wie Bemalung und farbige Zeichnung wirkt." Der Römer kannte die Symbolik und die Runen nicht. Es fielen ihm aber doch die sorgfältig verwendeten Zeichen auf, in denen wir sicher lich die Vorgänger der Sinnbilder erkennen können, die wir noch heute an Giebeln, an Hausecken oder Haustüren finden. Wenn auch wohl der Sinn der Zeichen im Laufe der Jahr hunderte sich wandelte, angebracht wurden sie doch immer wieder. Ihre Verwendung vererbte sich vom Vater auf den Sohn und von einer Generation der Handwerker auf die andere, so daß sie schier unsterblich wurden. Die gesamte Or namentik schöpft« aus diesen Zeichen, die weit älter sind als irgendein Baustil und sich daher auch stilistisch gar nicht er fassen lassen. Auch die Weißbinder (Tüncher), die Schiefer decker kannten und brauchten die gleichen Sinnbilder. Es ändert sich wohl die Landschaft und die bodenständige Bau weise. Die Zeichen aber bleiben die gleichen, wenn auch Stil und Material wechseln. „ Gehen wir durch unser« Heimatmus«en, so finden wir all diese lebensnahen Sinnbilder dort wieder an Geräten, an Einrichtungsgegenständen, an alten Webarten, an Trachten und Schmuck. Ueberall lebt das alte Misten, überall hat das deutsche Handwerk uns das überliefert und bewahrt, was oorj Hunderten, ja, vor Taufenden von Jahren als Sinnbild ver wendet wurde, wie uns steinzeitliche Geräte und Gefäße be weisen. Die ältesten geistigen Urkund«» unseres Volkes und unserer Rasse sind uns auf diese Art und Weise erhalten geblieben. Es ist wichtig zu wissen, daß tatsächlich diese Zeichen! überallda zu finden sind, wo Germanen lebten. Wir, finden die gleichen Zeichen an den frühromanischen Bauten! Oberitaliens, der Normandie und Burgunds. Wir wissen,! -aß hier Niederschläge germanischen Geistes zu finden sind.! Freilich, erst der Engländer Picton mußte darauf Hinweisen, daß die langobardisch« Kunst germanischen Ursprungs ist! und gleichzeitig seine Verwunderung darüber ausdrücken, daß! deutsche Gelehrte davon nichts missen wollen, und deutsche! Kunsthistoriker die Arbeiten langobardischer Bauhütten in Deutschland als italienische Arbeit bezeichnen. Deutsches Blut findet sich ebenfalls in gewissen Mittelmeerkulturen, und auch dort haben sich die gleichen Sinnbilder niedergeschlagen. Der deutsche Steinmetz, der deutsche Zimmermann und alle die anderen Handwerker sind Träger uralter Kulturgüter . germanischen Ursprungs und germanischen Wesens. In der Woche des Deutschen Handwerks sollten wir daher ihrer be sonders nach der Seite hin einmal gedenken Ewiges Handwerk Ein tausendjähriges Handbuch des Kunsthandwerks. Von Dr. O. D. Potthoff. Man schrieb das Jahr 1774. Gotthold Ephraim Les sing, Deutschlands kritisches Genie, saß in Wolfenbüttel verwaltete di« Bestände der herzoglichen Bibliothek un! fühlte sich inmitten der alten Pergamente und Handschrif ten so wohl, wie ein „Büchernarr", der er war, sich ebei fühlen mußte. Da gelang ihm eines schönen Tages on Fund, wie sich der junge Kritiker ihn nicht schöner erträu men konnte. Vor ihm lag eine altersgraue Handschrift, -ü bei näherer Untersuchung, nicht mehr und nicht wenige enthielt, als das älteste Handbuch des Kunsthandwerks: dei Benediktiners Theophilus Presbyter „Schedula diversarun artium". Wer war der Verfasser dieses „Handbuches des Kunst gewerbes", wie wir zwar nicht ganz genau, aber doch zu treffend übersetzen wollen? Wir wissen nicht gerade oie von Theophilus Presbyter. Nur eben, daß seine Hand schrift an der Schwelle des 11. Jahrhunderts entstanden aus dem St. Pantaleonskloster in Köln stammt, aus den Kloster also, das, im Jahre 947 von Bischof Bruno gegrün det, das Studium antiker Technik und Kunst eifrig betrieb Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß Theophilus der vieler Herren Länder gekannt haben muß, diese Stu dien an Ort und Stelle betrieben und die Ergebnisse danr in Köln niedergelegt hatte. , ' Die Absicht, die er bei der Niederschrift seiner Erfah rungen hatte, drückt er in seiner Vorrede mit rührend de mütiger Bescheidenheit aus: „Theophilus, der niedrige Prie ster, Knecht der Knechte Gottes, unwert des Namens unk Berufes eines Mönches, wünscht allen, die die Untätigkeit des Geistes und das Umherschweifen der Seele durch eine nützliche Handbeschäftigung und eine ergötzende ! Betrachtung der Neuerungen ablenken und aneifern wollen, sden Empfang himmlischen Lohnes." Das entspricht ganz und gar dem obersten Grundsatz der Benediktiner: ,;Ora j et labora!" — Bete und arbeite! Verraten schon die Anweisungen in seinen beiden Bü chern über die Technik der Malerei und der Glas cher st ellung zumindest einen gründlichen Kenner und Beobachter, so bringt seine Abhandlung über die verschie denen Met a l l a r b e i te n so ins einzelne'gehende und genaue Beschreibungen des Arbeitsganges, eine so gute sMaterialkenütnis. daß moderne Technologen die Ueberzeu- gung aussprachen. Theophilus müste selbst Goldschmied >ge- ! wesen sein. Nur einer, der selbst Bescheid weiß, kann zum Beispiel die Technik der ausgeschnittenen Randborten so ^außerordentlich anschaulich, Handgriff für Handgriff, be schreiben: „Mache dir dünne Streifen aus Kupfer, nachdem du sie mit beliebigen Umrissen versehen hast. Nimm dann dünne und etwas breite Eisen, die an einem Ende dünn und spitz, am anderen stumpf sind und Meißel genannt wer den. Lege nun den Streifen auf den Amboß und schlage mit jenem Eisen alle Gründe durch, indem du mit dem Hammer darauf pochest. Wenn dann alle Gründe auf solche Art durchstoßen sind, so arbeite sie mit feinen Feilen bis zu den Umrissen gründlichst aus. Genau so werden Tafeln und Silberleisten auf Büchern mit Bildnissen. Blumen, Tieren und Vögeln gemacht." Nichts erscheint ihm nebensächlich. Vor allem lehrt er, wie eine Werkstatt beschaffen sein sollte, wobei er der Sitzgelegenheit des Werkenden seine besondere Aufmerksam keit züwendet. Dann behandelt er, je nach Wichtigkeit des Gegenstandes, kurz oder eingehend,- den Werkofen, die Bälge, die Ambosse, die Hämmer, die Zangen, beschreibt die Eisen „durch welche die Drähte gezogen werden sollen". Feilen. Grabeisen, Schabeisen, — kurz: alle irgend wie be nötigten Instrumente, unterläßt auch nicht alle möglichen Arten von Gußformen und Schmelztiegeln zu erklären und erörtert dann alle möglichen Ausführungen und Techniken. Er gibt förmliche Rezepte an, wie etwa die schwarze Füll masse, die man als „Niello" kennt, aus Schwefel, Silber, Kupfer, Blei und Borax in Pulversorm zuerst auf die Sil berplatte gebracht, wie die Platte sodann erhitzt wird, bis jene Masse schmilzt, und wie man dann die gravierte und mit Niello vorbehandelte Platte mit ihrer Zeichnung glät tet. Dann beschreibt er zuerst ganz einfache Goldarbeiten, um zu prachtvoll ziselierten und mit Edelsteinen geschmück ten Kelchen vorzuschreiten. Bei alledem schmückt er sich nicht etwa mit fremden Federn, sondern er erklärt ganz unbefangen, woher er das alle, weiß.- „Wenn du sie — seine Anweisungen nämlich, — -fleißig ourcysvricyeii, wir,l ou sinoen, was nur Griechen land von verschiedenen Gattungen der Farben und deren Mischungen besitzt; was nur Toscana vom Gewerbe der Elektren und an Mannigfaltigkeit des Niello kennt; was Arabien von Geschmiedetem und Gegossenem oder der Ar beit des Schabens verschiedenes bietet; was Frankreich an kostbarer Vielfalt der Fenster schätzt; was das in feiner Gold-, Silber-,! Kupfer-, Eisen-, Holz- und Steinarb.eit tüch tige Deutschland lobet." Ueber die persönlichen Schicksale des kunst- und kennt- ! nisreichen Theophilus Presbyter wissen wir nichts! aber 1 sein Werk ist ein kostbares Vermächtnis, das der Nachwelt Bericht über den Stand des Kunsthandwerks im irühmittel- , alterlichsn Deutschland gibt. AeberWerMg Wer die Zeitei» Hinmeg Das deülsche Handwerk als Wahrer uralter Kultur. Von Gaupresseamtsleiter K. Th. Weigel. Der Tag des Deutschen Handwerks soll zeigen, welche wichtige Rolle das Handwerk in einem Volkskörper über haupt und im deutschen Volke ganz besonders zu erfüllen hat. Bei all den vielen Würdigungen aber ist eines übersehen worden. Nämlich die Tatsache, daß das Handwerk in seinen Zünften und Innungen Dinge bewahrt und gepflegt hat, die in weit ältere Zeiten zurückreichen als die ältesten Darstel lungen der Buchdruckerkunst, die ursprünglich ja auch das Erze- ms- ü-a-rn Hrmbwr-.-ts war. Wenn ich hier an die alten Dinge erinnerte, die das Handwerk so lang« bewahrte, so meine ich nicht etwa die alten Zunftbräuche, die selbstverständlich auch ein hohes Al ter haben, sondern ich meine die Ueberlieferungen, die ve- sonders in einem Handwerkszweig« uns hochwichtige, kultu- -andwerksarbeit in 150 Meter höhe. Klempner beim Ausbessern der Regenrinnen am Turm des - Kölner Doms >1»