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Beilage zrrr „Weißeritz-Leitung" Montag, am 15. Oktober 1934 Nr. 241 100. Jahrgang Kurze Notizen , Die Münchener Juristentagung wurde mit der Enthül lung der Ehrentafel für den am 9. November 1923 vor der Feldherrnhalle gefallenen Rat am Obersten Landesge- rickt München, Theodor von der Pfordten, würdig abge- schlossen. * Präsident Roosevelt lehnte in einer Pressekonferenz in Washington jede Auskunft über das weitere Schicksal des Dollars mit dem Bemerken ab, er sei weder Kartenleser noch Sterndeuter. Dagegen wandte er sich gegen all« Ge rüchte, denen zufolge er eine weitere Abwertung des Dollars vorbereite. Fortgang der ArbettsschlaA Ehestandshilfe bleibt. — Bau von Kleinwohnungen. Der Staatssekretär im Reichsfinanzministerium Reinhardt teilt in der „Deutsä-en Steuer-Zeitung" mit, daß die Steuerermäßigungen für Hausgehil finnen für immer gewährt werden wird. Die Vor schrift, daß der Arbeitgeber für jede Hausgehilfin im Monat 50 NM abziehen darf, ist danach unter Beseitigung der Begrenzung der Steuerermäßigung auf drei Hausgehilfin nen in das neue Einkommensteuergesetz übernommen wor den, das am 1. Januar 1935 in Kraft treten soll. Bestehen bleibt ferner das unter bestimmten Voraus setzungen gewährte Ehestandsdarlehen. Wie Reinhardt mit teilt, sind nunmehr bereits rund 320 000 Ehestandsdarlehen gewährt. Die Entlastung des Arbeitsmarktes, die sich dar aus ergebe, betrage 400 000 bis 500 000 und die Verminde rung des Finanzdedarfs der Arbeitslosenhilfe 200 bis 250 Millionen RM jährlich. Die Zahl der Eheschließungen sei im ersten Vierteljahr 1934 um 43 752 gleich 46,2 o. H. höher gewesen als im ersten Vierteljahr 1933. Der Staatssekretär nimmt an, daß die Zahl der Ehe schließungen in den nächsten 12 Monaten in noch viel grö ßeren Ausmaß zunehmen wird als bisher. Die Ehestands- Hilfe wird aber in das neue Steuergeseh mit einigen Aen- derungen übernommen. So soll bestimmt werden, daß die künftige Ehefrau innerhalb der letzten zwei Jahre vor Stel lung des Antrages mindesten» neun Monate lang (statt bisher sechs) im Inland in einem Arbeilnehmerverhältnis gestanden hat. Ferner wird das Ehestandsdarlehen nicht mehr auch an verheiratete gewährt, sondern nur an solche Antragsteller, die erst heiraten werden. Da infolge der> Zunahme der Beschäftigtenziffer und der Summe de» Ar beitseinkommen» auch da» Aufkommen an Eheslandshilfe zunimmt, soll der Durchschnittsbetrag des Darlehens, der zuletzt 500 RM ausmachte, durch einen neuen Erlaß wieder auf 600 RM erhöht werden. Spätestens für den Sommer 1935 rechnet Staatssekre tär Reinhardt mit einem Mangel an Kleinwohnungen, und zwar mit einem Fehlbetrag von etwa 200 000 Wohnungen. Deshalb wird, cMe er erklärt, schon sehr bald die Frage! der Finanzierung des verstärkten Baue» von Kleinwohnun gen geprüft werden müssen, damit spätestens im Frühjahr 1935 die Arbeitsschlacht im Kleinwohnungsbau beginnen kann. Nie Kulturbeziehunsen mit Ungarn Zu den Besprechungen Rust» in Budapest. Einer Einladung des Königlich Ungarischen Kultusmini sters Dr. Balint Homan Folge leistend weilt« Reichsmini ster für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Bern hard Rust, in der Zelt vom 7. bis zum 15. d. M. in Budapest. Reichsminister Rust benutzte diese Tage, um sich gründlich mit den ungarischen kulturellen Einrichtungen ver traut zu machen und persönliche freundschaftliche Fühlung mit denjenigen Persönlichkeiten aufzunehmen, die bei der Förderung der kulturellen Entwicklung des Landes eine Roll« spielen. Gelegentlich dieses Besuches, der entspre chend den freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten besonders harmonisch und herzlich verlief, wurden zwischen dem Reichsminister Rust und Kultusminister Homan die gesamten kulturellen Beziehungen »wischen Deutschland und Ungarn durchgesprochen. Dabei kam von beiden Sei ten die aufrichtige Bereitwilligkeit zum Ausdruck die aus alter Tradition erwachsenen wechselseitigen Kulturbeziehun- gen und den Austausch von Kulturgütern zwischen d«n beiden Ländern weiterzufahren und aus allen Gebieten möglichst lebhaft zu gestalten. L» wurde ein Programm festgestellt, da, der Sicher- - stellung diese» Ziele» für die Zukunft dienen soll. Besonderer Wert wurde drauf gelegt, durch Förderung des Stipendlenwesens und des Studentenaustausches die bei derseitige akademische Jugend in verständnisvoll«, enge Füh-! lung miteinander zu bringen. Der Professorenaustausch,! die Förderung der beiderseitigen wissenschaftlichen Arbeiten! und der bestehenden kulturellen Einrichtungen, die der Pflege der deutsch-ungarischen Kulturbeziehungen dienen,! sind weiter« Punkte dieses Programms. Me «eisetzimg »arthous Unter dem bewölkten Himmel eines trüben Oktobermit tags fand die Ueberführung der sterblichen Hülle Barthous vom Außenministerium in die Kirche im Jnoalidenhaus in Pari» statt. Der Sarg stand auf einer Geschützlaffette, die von sechs Pferden gezogen wurde. Hinter zwei Reihen von Offizieren folgten die Angehörigen des Verstorbenen. Eine riesige Menschenmenge hatte sich eingefunden. Schweigend standen die Masten hinter den sparlierbildenden /Soldaten und der Garde Rövuvncainr. Es veraina über Sachsens Stahlhelmer in Dresden Aus Anlaß des zehnjährigen Bestehens der Ortsgruppe Dresden des NSDFB (Stahlhelm) fand am Sonnabend eine große Kundgebung statt, der der Bundesführer, Reichs arbeitsminister Franz Seldte, und das Ehrenmitglied des Stahlhelm, Generalfeldmarschall von Mackensen, teil- nahmen. Generalfeldmarschall von Mackensen und Bundesführer Seldte wurden auf der Fahrt durch die Stadt zum Hotel Bellevue herzlich begrüßt. Nach dem Abschreiten der Front nahm der Generalfeldmarschall mit den Führern des NS- DFB vor dem Opernhaus den Vorbeimarsch der Kompanien entgegen und begab sich Ins Hotel Bellevue; hier fand anschließend ein Empfangstee statt, bei dem Reichsminister Seldte die Gäste herzlich willkommen hieß; man bemerkte u. a. mehrere Minister der Staatsregierung, die Spitzen der Behörden sowie zahlreiche Offiziere der Reichswehr und der alten Armee mit dem Befehlshaber im Wehrkreis IV, Generalleutnant List, an der Spitze. Am Abend fand in dem bis auf den letzten Platz gefüll ten Zirkusgebäude eine gewaltige Kundgebung des NSDFB statt. Der Lanoesführer des Stahlhelm, Haupt mann a. D. Hauffe, begrüßte die Vertreter der Staats- regierung, der PO und der Reichswehr, den Kapitän a. D. Kirchheiß und den Feldmarschalleutnant der alten Kgl. Ungarischen Armee, Grafen Taka ch-Tolvay, Präsident des ungarischen Frontkämpferbundes. Das Frontsoldatentum müsse die Grundlage des neuen Staates bilden. In der ehr würdigen Gestalt des greisen Feldmarschall von Mackensen erblicke das heutige Geschlecht die Verkörperung der alten ruhmreichen Armee, den Uebermittler des Frontsoldaten- erbes an die heutige Jugend. Nicht endenwollende stürmische Heil- und Hurrarufe umbrausten den in schwarzer Husarenuniform eintreffenden Marschall, und stehend hörte die riesige Versammlung mit erhobener Rechten den Parademarsch des 2. Preußischen Leibhusarenregiments, der Stammtruppe Mackensens. Bundesführer, Reickminister Seldte, teilte mit, daß auf das von ihm und dem Landessührer an den Reichs kanzler gesandte Begrüßungstelegramm folgende Antwort eingegangen sei: „Für das freundliche Meingedenken herzlich dankend, erwidere ich Ihre Grüße in kameradschaftlicher Verbundenheit. Adolf Hitler." Fast dreihundert Tote und Tausende von Verwundeten habe der Stahlhelm auf seinem Freiheitsweg geopfert. Sein Ziel war von Anfang an nie die Macht im Staat sondern ein machtvoller Staat. Die soldatischen Leistungen des Bundes habe der Führer anerkannt und bestätigt. Politiker sind wir alten Stahlhelmer bewußt nicht geworden; aber richtiger als die vielen Parteiführer erkannten wir: Einer bringt einmal-die Freiheit, nicht die Vielen, ein König, ein Soldat oder Voltsmann. Und wir Stahlhelmer haben nicht gezögert, dann dem Befehl des Einen, der da kommen mußte und nun gekommen ist, zu folgen und ihm unsere Kräfte zur Verfügung zu stellen. Wenn ich als Gründer und Bun desführer diesen Weg gegangen bin, so habe ich vor Gott und meinem Gewissen diese Bahn als das Selbstverständliche und Pflichtmäßige angesehen. Nur einer der Unsrigen, ein Frontsoldat, konnte der Führer sein, der über Not und Tod hinausgewachsen, nur ein Ziel noch kennt: „Deutschland". Mir ersehnen heiß unter der Führung de» Frontkameradcn Hitler unsere vetätigungsmöglichkeit, die wir nicht in der Vorbereitung eines neue» Krieges sondern in der friedliche« Aufbauarbeit erblicken. In diesem Geist sind wir auch au« dem Sozialismus de» Frontsoldaten heraus bereit, de« Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, gegen Hunger und Kälte in diesem Winter zu führen. Unsere Auffassung von Sol-« datenehre aber ist es. die uns seht dem Führer Adolf Hitlev folgen läßt. Zur Erreichung seiner hohen Ziele muß er sich aus die besten Eigenschaften seine» Volke» stützen können« Der Minister schloß mit den Worten: Im Kamps ums die deutsche Freiheit. Arbeit und Zukunst wird das Fronte soldatemum nie fehlen. Und der RSDFB gelobt auch heute und an dieser Stelle soldatische Treue der Ration und ihrem Führer. , Mit stürmischem Beifall begrüßt, übermittelte der unga» rische Feldmarschalleutnant Graf Tackach-Tolvoy dem Stahlhelm die kameradschaftlichen Grüße des ungarischen! Frontkämpferbundes. Mit dem Zapfenstreich und dem Fah» nenausmarsch fand die eindrucksvolle Kundgebung ihr Ende« Festgollesdlenst und Appell aus der Ilgenkampfbahn An dem am Sonntagvormitlag abgehaltenen Feld», gottesdienst und Appell nahmen etwa 8500 Bundeskamei raden aus ganz Sachsen teil. Bundcsführer Seldte unds Generalfeldmarschall von Mackensen wurden auch hiev wieder stürmisch begrüßt. Ein großartiges Bild bot dev Einmarsch der 220 Bundesfahnen. Am Schluß des Feld» gottesdienstes wurde der gefallenen Kameraden gedacht. Nachdem Seldte und Mackensen mit Landesführev Hauffe und den Gästen die Fronten abgeschritten hatten^ hielt Landesführer Hauffe eine kurze Ansprache: Hehn Jahre sächsischer Stahlhelm — ein langer, aber herrlicher! Marsch I Was wir erlebten, hat seine geschichtliche Bedeutung erhalten. Heute sind wir zum Appell angetreten. Ich danke Euch, Kameraden, für Eure Treue. Wir wollen uns heute stillln die Augen schauen und uns die Hände drücken. Unser stilles Gebet ist die Größe und Freiheit Deutschlands. W i v halten zum Vaterland und zu seinem Füh» re r! Auch Bundesführer S e l d t e gedachte der Gründung der Dresdener Ortsgruppe und des Kampfes der Kameraden, der immer ein Kampf für Deutschland gewesen sei. Der Führer Adolf Hitler habe diesen Kampf wiederholt aner kannt. Der Dank der Kameraden an den Führer liege in ihrem Versprechen, dem Führer bei seiner Aufbauarbeit zu helfen. Gott gebe, daß Deutschland blühe, wachse und ge deihe und daß das Werk seines Führers mit Erfolg gekrönt sein möge! Deutschland und seinem Führer: Front Heilt Nach dem Appell traten die Bundeseinheiten zu einem Marsch durch die Stadt an. Vor dem Rathaus erfolgte der Vorbeimarsch an Bundesführer Seldte, Landessührer Hauff» und den Gästen. Vor dem Vorbeimarsch hatte Oberbürgermeister Zörnev die Gäste, an ihrer Spitze Bundesführer Seldte und General feldmarschall von Mackensen, im Neuen Rathaus empfangen. Die Gäste nahmen dann in der Wandelballe den Eintopft Imbiß des ersten Winterhilfe-Sonntags ein. eine halbe Stund«, bis die in- und ausländlschen'Würden- träger, die Vertreter der Behörden und Deroänd«. die Fah nenabordnungen, Kriegsteilnehmergruppen, Abordnungen der Universitäten und Akademien vorbeigezogen waren, um an dem Katafalk Aufstellung zu nehmen, bzw. auf den Tribünen Platz zu suchen. Dann ergriff Ministerpräsident Doumergue das j Wort, um im Ramen der Regierung das Gedächtnis des Verstorbenen zu ehren. Alle seine Taten, so führte er u. a. aus, seien von seiner leidenschaftlichen Vaterlandsliebe be stimmt gewesen. Er habe einer Generation angehört, di« die Niederlage miterlebt und ihren Schmerz mitempfunden habe, aber das Vertrauen in die Zukunft behalten und auf die berechtigte Wiedergutmachung einer Gerechtigkeit gehofft hab«, in der das Recht di« Ueberhand über die Ge walt gewinn«. Di« Männer dieses Zeitabschnittes hätten während ihrer Laufbahn von verschiedener Ansicht sein und verschiedenen Dingep dienen können, aber sie seien immer wieder einig gewesen, sobald die Größe Frankreichs auf dem Spiel« gestanden habe. Als Frankreich Gefahr droht«, habe Barthou al» Ministerpräsident nicht gezög«rt, den un entschlossenen Kammern heroische Maßnahmen oorzuschlagen und st« durch seine Tatkraft durchzudrücken. Die Vater landsliebe, von der Barthou in jenen schweren Stunden beseelt war, könn« den jungen Generationen als Beispiel hingestellt werden. Barthou habe der Arbeit für Frankreich sein ganzes Leben gewidmet, Indem er mit den Leitern der europäischen Kanzleien unmittelbare Fühlung ausgenommen habe. In einigen Tagen sollte er sich In das Land begeben, dem Frankreich blutmäßig am nächsten stehe, um vorübergehende Mißverständnisse zu beseitigen und gemeinsame Anstren gungen zu verabreden. Mit Freuden habe Barthou den Könsa Alexander empfangen, um mit ihm zusammen an d«r Festigung des Friedens an der Adria und in Osteuropa zu arbeiten. An seiner Seite sei er gefallen. In diesem Zusammenhang betonte der französische Ministerpräsident, daß die tragischen Ereignisse von Marseille die Freundschaft der beiden betroffenen Völker nur noch «nger gestalten werden und gedachte des verstorben«« Königs, seines Soh nes und seiner Gemahlin. Nach der Rede des Ministerpräsidenten begann der Vorbeimarsch der Truppen an dem Sarg. Anschließend an di« Parade bildete sich der Trauerzug hinter der Geschütz lafette, auf die der Sarg des Außenministers gestellt war. Zuerst kam die Familie oes ^erstorbenen, -er Präsident der j Revublik. die Vertreter der fremden Mächte und die aus ¬ ländischen Sondermissionen, unter ihnen der deutsche Bot schafter Dr. Köster, die Kabinettsmitglieder und die Präsi denten der Kammer und des Senats. Auf dem Hofe des Jnoalidenhauses hielt der Zug einen Augenblick an, und die Trompeter der Republikanischen Garde bliesen dem Toten das Abschiedssignal. Dann wurde der Sarg in den Jnvalidendom getragen, wo al» Vertreter des abwesenden Erzbischofs von Paris dessen Koadjutor die» Einsegnung der Leich« oornahm. Nach Beendigung des religiösen Zeremoniells wurde der Sarg, begleitet von einem engen Kreis dem Verstorbenen besonders nahestehen der Persönlichkeiten durch die von einer dichten Menschen menge gesäumten Straßen auf den Pariser Friedhof Peres Lachaise gebracht, wo er im Erbbegräbnis d«r Familie Bar-s thou beigesetzt wurde. Frankreichs StaatsprSfideul au den Führer Der Führer und Reichskanzler hat auf sein Beileids^ telegramm aus Anlaß der Ermordung des Außenministers Barthou vom Präsidenten der französischen Revublik foft gendes Antworttelegramm erhalten:' „Für di« sehr wohft tuende Teilnahme, die Eur« Exzellenz mir im Namen des deutschen Volkes anläßlich des tragischen Trauerfalles zum Ausdruck gebracht haben, der Frankreich betroffen hat, sages ich Ihnen aufrichtigen Dank, gez.: Albert Lebrun." , MiuettMWW ui Mir Laval Barthous Nachfolger pari». 18. Oktober. Im französischen Ministerrat wurde dl« erwarte»« Um-» bildung der Regierung vollzogen. Außenminister wurde an Stelle des dem Marseiller Anschlag zum Opfer gefalle nen bisherigen Außenministers Barthou der bisherige ko- ionialminister Laval. An Stelle de» zurückgetretenea Innenminister» Sarraut tritt der bisherige Bürgermeister von Reim», Marchandeau (Radikalsozlalifl). Der ehe malige Mrtschaft»minifier und Abgeordnete Loui» Rol- l i u wurde zum Rachfolger Laval» in» Koloulalmluifieriumi berufen. Iustizmiuister Lhörou hat dem Ministerpräsiden ten feinen Rücktritt angeboteu, um ihm felue Aufgabe zul erleichtern. Der Miulfterpräfideul nahm den Rücktritt au^