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<31. ) ES wird alles verloren sein. Man wird Ihren Mann zur Rechenschaft ziehen, das heißt, er wird für die Schuldenlast Dietmars aufkommen müssen. Sie beträgt » etwa eine halbe Million Mark. Es ... es ist aber noch Schlimmeres zu befürchten. D Wenn Ihr Mann diese Summe nicht aufbringen kann — U er wird es nicht können, fürchte ich —, dann wird sich I das Gericht mit ihm befassen ..." U Zuerst konnte Monika das nicht fassen, was sie hörte. M Eine halbe Million! Ihr schauderte vor dieser Summe. Dann, plötzlich, kam ihr das andere zum Bewußtsein. Mit dem Gericht? Bert sollte mit dem Gericht zu tun be kommen? Das war nicht auszudenken. Wie sollte man '» ^.das Bert nur alles mitteilen? „Gnädige Frau, vielleicht ist es das beste, wenn ich mit Ihrem Gatten spreche. Er wird es ja erfahren müssen." Monika war mit einem Male ruhig geworden. „Nein, Herr Bertold! Ich danke Ihnen, daß Sie zu mir gekommen sind. Mit meinem Manne will ich^elbst sprechen, er soll das Entsetzliche von mir erfahren. Ist es Ihnen möglich, heute nacht noch hierzubleiben?" „Ich werde im Gasthof unten im Dorfe übernachten. Morgen früh komme ich, wenn ich inzwischen nichts anderes höre, zu Ihnen. Es tut mir so schrecklich leid, daß ich Ihnen so böse Nachrichten bringen mußte. Und noch Mehr, daß ich Ihnen 4 nicht helfen kann. Ich selbst sehe, wie gesagt, in der ganzen Sache auch , nicht recht klar. Dietmar West muß von irgendeiner Seite . verführt worden sein. Irgend jemand wollte ihn zu- * gründe richten, zugleich mit Ihrem Mann. Anders kann ich mir das Ganze nicht erklären. Aber es hat keinen Sinn, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Später werden die Fäden dieses finsteren Planes vielleicht aufgedeckt werden und die Verführer zur Rechenschaft gezogen werden können." Bertold verabschiedete sich mit einem stummen Hände druck, dann war Monita allein. Wartete, bis ihr Mann nach Hause kam. Bert, der seit dem Tode der Mutter sichtlich ruhiger ^geworden war, sah jetzt wieder besonders blaß und elend ^us; es schien, als ob er Aerger gehabt habe. Man merkte ihm an, daß ihm vieles und Unangenehmes durch den Kopf ging. Myntka -Wang sich, äußerlich ruhig zu erscheinen. I sÄtte zuerst zu Abend essen, sich erholen, ehe da- Unheil Aber ihn hereinbrach. «ach de» «sstn sagt« Bert: „verzeih, Monika, wenn ich mich heute in mein Zimmer zurückziehe s Ich habe viel Aerger drüben in Paddyscholle. Ich weiß nicht, was l-S ist. Ich hab« das Gefühl, als ob irgendeine Macht gegen mich arbeitete. ES sind auf einmal so viel geheime Widerstände da, die ich weder erklären noch aufdecken kann. Ich muß ein paar Stunden allein sein, alles genau durchdenken, irgend etwas muß geschehen; ich bin mir nur noch nicht klar darüber, was." Monika schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie: „Bertl, es tut mir leid, daß ich dir zu deinen Sorgen noch eine viel größere bereiten muß. Aber — ich muß es dir sagen, es duldet keinen Aufschub. Wir sind ruiniert, Bertl...!" Mit fliegendem Atem berichtete die erregte Frau alles, was sie gehört hatte. Einen Augenblick saß Bert West regungslos da, dann sagte er mit tonloser Stimme: „Bitte, Monika, laß den Mann kommen! Ich muß ihn selbst sprechen, heute noch." Einige Minuten später erschien der alte Heimo unten im Dorfgasthause, und Herr Bertold — er mochte auf den Ruf gewartet haben — war sofort bereit, ihn auf den Westhof zu begleiten. Bertold sagte dem Westhofer alles; es hatte hier keinen Sinn, etwas zu verschleiern oder zu beschönigen. Zu retten war nichts mehr; ob Herr Bert West jetzt erfuhr, daß alles zu Ende war, oder später, das war einerlei. Und cs war immer noch besser, er brachte es ihm einigermaßen schonend bei, als ein anderer, der brutaler verfahren würde., Bert West wußte, nach einer halben Stunde schon, das alles war Wahrheit. Sein Bruder hatte ihn betrogen, die ganze Zeit über, hatte sein Vertrauen in der schnläh- tichsten Weise mißbraucht, hatte ihn, seine Frau und sein Kind an den Bettelstab gebracht. „So, Herr vom Westhof, nun wissen Sie alles! Ein einziges nur bleibt mir noch. Es fällt mir nicht leicht, davon anzufangen. Aber — es kann Ihnen und Ihrer Gattin vielleicht Rettung bringen. Ich weiß einen Käufer für den Westhof — den Staat. Man beschäftigt sich mit dem Erdölvorkommen auf Ihrem Gelände; man möchte Bohrungen anstellen und deshalb das Gelände kaufen. Wenn Sie das nötige GÄände abtreten, würden Sie viel leicht einen so guten Preis bekommen, daß Sie alle die Wechsel eiulösen könnten. Und ich halte es nicht einmal für ausgeschlossen, daß man Ihnen ein Bleiben auf dem *Westhof selbst ermöglicht; das Gutshaus könnte vielleicht stehenbleiben." Bert sah aus umflorten Augen auf, reichte Bertold die Hand. „Ich danke Ihnen, Herr Bertold! Sie sind mir sicher nicht böse, wenn ich Sie jetzt bitte, uns allein zu lassen. Ich muß das alles erst in mir verarbeiten. Einige Lage nur lassen Sie mir Zeit, ich gebe Ihnen dann Nachricht." Als Bertold gegangen war, brach Bert zusammen. Sein Kopf sank auf den Tisch, ein stille-, trostlose« Schluchzen erschütterte seinen Körper. Eine Weile ließ Monika ihn gewähren. Dann ging sie leise hin zu ihm, strich ihm weich über daS Haar. Lr richtete sich auf. „Ika, man will uns unsere Heimat nehmen! Aus- einandergertssen soll sie werden. Froh müssen wir sein, wenn man uns als Bettler weiter hier duldet, wo wir jahrhundertelang geherrscht hatten. Und daS alles — weil mein Bruder ein Schuft ist." Eine heiße Welle war in Monika emporgestiegen, trotz des ungeheuren Schmerzes, der sie erfüllte. Ika hatte er gesagt, zum ersten Male, seitdem sie nach Hause zurück gekommen war. Den Kosenamen aus der Kinderzeit hatte er hervorgeholt, den alle ihr gegönnt hatten außer ihm. Jetzt, in der Stunde der tiefsten Not, halber ihn gefunden Jetzt erst gehörte er ganz ihr, sie wußte es. Und sie wußte auch, daß sie stark genug sein würde, alles, auch das Schwerste, mit ihm zu tragen. Mit leisen, zärtlichen Worten sprach sie auf ihn ein, so lange, bis er ruhiger geworden war. Er zog sie an sich, küßte sie innig. Dann plötzlich richtete er sich auf; hart war sein Gesicht und ganz weiß, als er sagte: „Jetzt mutz ich zu Dietmar gehen, Ika!" Monika fuhr zusammen. „Denk' an Mutter, Bertl, wenn du bei ihm bist!" „An Mutter! Gott sei gedankt, datz sie das nicht mehr zu erleben brauchte. Nicht mehr erfuhr, daß ihr Liebling ein Ehrloser geworden ist. Gewiß, ich werde an sie denken; aber die Abrechnung wird trotzdem furchtbar werden." „Darf ich nicht mit dir kommen, Bertl?" „Nein, Ika! Du hast heute genug Schweres erlebt. Und das, was ich mit Dietmar abzumachen habe, geht niemandem etwas an; nicht einmal du kannst dabei sein. Es wird hart auf hart gehen, Monika, das weiß ich. Was dann kommt, wenn ich von ihm alles gehört habe, das Weitz ich noch nicht. Es wird nicht so furchtbar sein, weil wir es gemeinsam tragen. Einmal sagtest du mir, daß du alle Wege gemeinsam mit mir gehen wolltest, auch die schwersten. Heute ist es so weit, daß du dein Wort einlösen kannst. Gib mir deine Hand, Ika, ich kann sie nicht mehr missen!" . Stumm sahen sie sich in die Augen. Ein inniger Kutz, dann war der Mann aus dem Zimmer gegangen. Monika sah ihm nach, bis er in der Dunkelheit ve» schwunden war. Müde, wie zerbrochen ließ sie sich dann in einen Sessel sinken. Ihr armer, gequälter Kopf konnte kaum mehr einen Gedanken fassen. . . .. .